Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108247/5/Ki/Ka

Linz, 04.06.2002

VwSen-108247/5/Ki/Ka Linz, am 4. Juni 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des FW, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. HP, vom 16.4.2002 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.4.2002, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 10.4.2002, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 30.12.2001 um 21.20 Uhr in Enns, auf der A1, Strkm.155.000 den PKW mit Kennzeichen gelenkt, wobei aufgrund der Symptome wie lichtstarre Pupillen, unsicheres Verhalten, die Vermutung bestand, er könnte sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben, und habe sich am 30.12.2001 um 21.20 Uhr in Enns, auf der A1 bei Strkm 155.000 ggü einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen. Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 90 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis am 16.4.2002 Berufung, welche er nach einem Verbesserungsauftrag mit Schriftsatz vom 29.5.2002 insbesondere dahingehend ergänzte, dass ihm die verhängte Geldstrafe als wesentlich überhöht erscheint. Darüber hinaus argumentiert er jedoch inhaltlich, dass zwei Mal das selbe Delikt abgestraft worden sei, wobei es sich beim zweiten Mal gar nicht um eine Inbetriebnahme des KFZ im klassischen Sinne gehandelt habe.

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Nach § 5 Abs.5 iVm § 5 Abs.9 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung der Beeinträchtigung zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen. Wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen.

Zunächst wird festgestellt, dass im Hinblick auf die Berufungsbegründung, es sei zwei Mal das selbe Delikt abgestraft worden, wobei es sich beim zweiten Mal gar nicht um eine Inbetriebnahme des KFZ in klassischem Sinne gehandelt habe, sich die Berufung nicht nur gegen die Strafhöhe, sondern auch gegen den Schuldspruch selbst richtet und daher eine inhaltliche Berufungsentscheidung auch hinsichtlich des Schuldspruches zu treffen ist.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, er habe sich gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen, dies mit dem bezeichneten Tatort Enns, auf der A1 bei Strkm.155.000. Entsprechend dem Wortlaut der obzitierten gesetzlichen Bestimmungen stellt jedoch dieses dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten keine Verwaltungsübertretung dar. Die Organe der Straßenaufsicht sind nämlich lediglich berechtigt, die verdächtige Person unter den im Gesetz normierten Voraussetzungen zu einem Arzt zu verbringen, nicht aber die Person selbst aufzufordern, sich einer Untersuchung zu unterziehen. Erst die Verbringung zum Arzt löst in der Folge die Verpflichtung aus, sich vom Arzt untersuchen zu lassen. Demgemäß geht der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich gegenüber dem Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen, an der gesetzlichen Ermächtigung vorbei. Korrekt hätte vorgeworfen werden müssen, dass sich der Bw gegenüber dem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, sich (zum Arzt) vorführen zu lassen, dieser Vorwurf wurde jedoch nicht erhoben.

Da aus den dargelegten Gründen das dem Bw zur Last gelegte Verhalten von den Strafbestimmungen der StVO 1960 nicht erfasst ist, war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG in Stattgebung der Berufung von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Organe der Straßenaufsicht sind nicht berechtigt, zur Untersuchung aufzufordern, sondern lediglich dazu, die verdächtigte Person zum Arzt zu bringen.