Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108253/2/WEI/Ni

Linz, 28.11.2002

VwSen-108253/2/WEI/Ni Linz, am 28. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des A T, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 5. April 2002, Zl. VerkR96-4045-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 (BGBl Nr. 267/1967, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 146/1998) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 42 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. T M GmbH und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser GmbH verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass diese Gesellschaft als Zulassungsbesitzerin des Kfz trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 9.7.2001, VerkR96-4045-2001, nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung, das war bis 27.7.2001, der Behörde Auskunft darüber erteilt hat, wer dieses Fahrzeug am 16.4.2001 um 12.52 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 103 Abs 2 KFG 1967 iVm § 9 VStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 210 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von 21 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 15. April 2002 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte und rechtfreundlich verfasste Berufung vom 29. April 2002, die am 2. Mai 2002 bei der belangten Behörde einlangte. Ihr Inhalt lautet:

"Namens und in Vollmacht des Betroffenen/Beschuldigten beantrage ich das Straferkenntnis vom 05.04.2002 aufzuheben und den Betroffenen/Beschuldigten freizusprechen.

Begründung:

Der Beschuldigte hat das Straferkenntnis zum Anlass genommen, weiter zu recherchieren.

Bei dem PKW amtliches Kennzeichen BOR - T 1090 handelt es sich um ein Fahrzeug der Firma T Maschinenbaugesellschaft mbH.

Zum Tatzeitpunkt, am 16.04.2001, gegen 12.52 Uhr wurde das vorerwähnte Fahrzeug von Herrn A T gefahren.

Der Beschuldigte/Betroffene war im Übrigen der Auffassung, nicht auskunftsverpflichtet zu sein.

Die Vorschrift des § 103 Abs. KFG 1967, die offensichtlich auch für ausländische Zulassungsbesitzer gilt, war dem Beschuldigten/Betroffenen selbstverständlich nicht bekannt.

Gleiches gilt für die Rechtssprechung des VwGH."

1.3. Mit Vorlageschreiben vom 7. Mai 2002 hat die belangte Behörde ihren Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Schreiben vom 9. Juli 2001 hat die belangte Behörde die Firma B. T M GmbH, als Zulassungsbesitzer des PKWs gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung bekannt zu geben, wer dieses Fahrzeug am 16. April 2001 um 12.52 Uhr in P auf der A 8 bei StrKm 53.025 in Fahrtrichtung Suben gelenkt hat.

Gleichzeitig hat die belangte Behörde auf die Pflichten des Zulassungsbesitzers gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 detailliert hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass die Verweigerung der Auskunft oder eine ungenaue oder unvollständige Auskunft als Nichterteilung gilt und als Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 strafbar ist. Schließlich findet sich der ausdrückliche Hinweis:

ACHTUNG: Es wird darauf hingewiesen, dass die Strafbarkeit auch für ausländische Zulassungsbesitzer bzw. Fahrzeughalter gegeben ist.

Mit Antwortschreiben vom 17. Juli 2001 gab die Zulassungsbesitzerin unter Verwendung des von der belangten Behörde beigelegten Formblatts unter der Rubrik "Sonstige Mitteilungen" lediglich Folgendes bekannt:

"Da kein Fahrtenbuch geführt wird, läßt sich im nachhinein nicht feststellen wer der Fahrzeugführer war."

2.2. Die belangte Behörde erhob in weiterer Folge unter Hinweis auf den Vertrag zwischen Österreich und Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen im Wege des Landratsamts des Kreises B bzw des Amtsgerichts G die Geschäftsführer der Firma B. T M GmbH.

Mit Strafverfügung vom 21. August 2001 wurde der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. T M GmbH dafür verantwortlich gemacht, dass diese Gesellschaft nicht binnen zwei Wochen die gewünschte Lenkerauskunft erteilt hat. Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig den Einspruch vom 6. September 2001.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Dezember 2001, zugestellt am 17. Dezember 2001, lastete die belangte Behörde dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters abermals die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis an und übermittelte eine Kopie der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 7. Mai 2001. Da der Bw binnen der gesetzten Frist von zwei Wochen weder zur Einvernahme erschien, noch ein Schriftsatz bei der belangten Behörde einlangte, erließ diese schließlich das angefochtene Straferkenntnis vom 5. April 2002.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der oben dargestellte Sachverhalt unbestritten feststeht.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach § 134 Abs 1 KFG 1967 idF BGBl I Nr. 32/2002 (Euroumstellung) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen,

wer dem KFG 1967, den auf Grund des KFG erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, Abl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt.

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde vom Zulassungsbesitzer Auskunft darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt von einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, haben den Namen und die Anschrift der betreffenden Person zu enthalten. Kann der Zulassungsbesitzer diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die diese Auskunft erteilen kann, welche dann die Auskunftspflicht trifft. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück (Verfassungsbestimmung).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes als mit den Baugesetzen des B-VG sowie mit Art 6 EMRK vereinbar angesehen (vgl VfGH vom 29.09.1988, G 72/88 u.a. Zlen. = VfSlg 11.829/1988). Auch die europäischen Instanzen im Rahmen der EMRK leiten aus Art 6 (Abs 2) EMRK ein Verbot zur Selbstbezichtigung nicht ab (vgl unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 103 Abs 2 KFG 1967 mwN Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar2, 1996, 283 RN 159).

4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Nichterfüllung der Auskunftspflicht ein Unterlassungsdelikt, wobei Erfüllungsort der Sitz der anfragenden Behörde ist. § 103 Abs 2 KFG 1967 sieht keine bestimmte Form für die Erfüllung der Auskunftspflicht vor. Der Zulassungsbesitzer kann die Auskunft mündlich, schriftlich durch Abgabe in der zuständigen Kanzleistelle, durch Einwurf in einen Einlaufkasten, mit der Post oder auch fernmündlich erteilen, wobei er sich auch eines Bevollmächtigten oder Boten bedienen kann. Die Auskunftspflicht wird aber nur dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist somit der Sitz der anfragenden Behörde (vgl u.a. verst. Sen. VwGH 31.1.1996, 93/03/0156 = ZVR 1996/74; VwGH 10.5.1996, 96/02/0055; VwGH 5.7.1996, 96/02/0023).

§ 103 Abs 2 KFG soll sicherstellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (VwGH 29.9.1993, 93/02/0191). In dieses Konzept einer effizienten Verkehrsüberwachung müssen auch ausländische Fahrzeuge einbezogen werden. Ausreichender Inlandsbezug für die Lenkeranfrage an den ausländischen Zulassungsbesitzer ist dabei die Begehung einer Verwaltungsübertretung mit dessen Fahrzeug auf österreichischen Straßen (Staatsschutzprinzip). Anknüpfungspunkt ist die vom Willen des Zulassungsbesitzers getragene Verwendung des Kraftfahrzeuges im Bundesgebiet der Republik Österreich. Daraus leiten sich Ingerenzpflichten gegenüber der österreichischen Rechtsordnung ab (vgl VwGH 11.5.1993, 90/08/0095).

4.3. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw, der gemäß § 9 Abs 1 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. T M GmbH für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, nicht dafür gesorgt hat, dass diese juristische Person als Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs auf die Anfrage der belangten Behörde vom 9. Juli 2001, zugestellt laut Poststempel spätestens am 14. Juli 2001, nicht binnen zwei Wochen die Auskunft darüber erteilte, wer am 16. April 2001 um 12.52 Uhr auf der A 8 bei Straßenkilometer 53.025 in Fahrtrichtung S Lenker des PKWs war bzw wer diese Auskunft erteilen kann. Eine solche Auskunft wurde erst wesentlich verspätet in der rechtsfreundlich verfassten Berufung erteilt, indem nunmehr der Bw angibt selbst gefahren zu sein. Die Zweiwochenfrist zur Auskunftserteilung ab Zustellung des Auskunftsersuchens ist ungenützt verstrichen, womit die Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 bereits erfüllt wurde.

Mit seinem Vorbringen in der Berufung hat der Bw keine Umstände aufgezeigt, die an der Strafbarkeit der unterlassenen Auskunft etwas ändern könnten. Nach der oben wiedergegebenen Verfassungsbestimmung treten nämlich Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, ausdrücklich zurück. Im Auskunftsersuchen der belangten Behörde ist darüber und über die Strafbarkeit der Nichterteilung der Auskunft eine eingehende Belehrung zu finden, wobei ausdrücklich auch auf Strafbarkeit ausländischer Zulassungsbesitzer bzw. Fahrzeughalter hingewiesen worden ist. Die offensichtlich aktenwidrige Einlassung des Bw in der Berufung, wonach er die Vorschrift des § 103 Abs 2 KFG 1967 nicht gekannt hätte und der Auffassung gewesen wäre, nicht auskunftsverpflichtet zu sein, muss als unbeachtliche Schutzbehauptung zurückgewiesen werden. Im Übrigen war es auch Sache des Bw, sich über die Pflichten eines Zulassungsbesitzers im Ausland zu erkundigen, wenn er als handelsrechtlicher Geschäftsführer ein Kraftfahrzeug seiner Gesellschaft im Ausland lenkt. Von einem relevanten Rechtsirrtum kann demnach keine Rede sein, weshalb der Schuldspruch zu bestätigen war.

4.4. Im Rahmen der Strafbemessung ging die belangte Behörde hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw mangels einer Angabe von einem geschätzten Monatseinkommen von 1.450 Euro, keinem relevanten Vermögen und fehlenden Sorgepflichten aus. Dem ist der Bw nicht entgegengetreten, weshalb diese Einschätzung auch im Berufungsverfahren maßgeblich war. Die Unbescholtenheit wurde mildernd gewertet, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Die verhängte Geldstrafe in Höhe von 218 Euro und damit 10 % des anzuwendenden Strafrahmens bis 2.180 Euro bewegt sich im unteren Bereich des Strafrahmens und kann bei den von der belangten Behörde aufgezeigten Strafzumessungsgründen nicht beanstandet werden. Die Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden ist verhältnismäßig milder ausgefallen. Es erübrigen sich daher weitere Erörterungen und war auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in Höhe von 20% der Geldstrafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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