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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240267/2/Gf/Km

Linz, 21.07.1997

VwSen-240267/2/Gf/Km Linz, am 21. Juli 1997 DVR. 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des F H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E P und Dr. G H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. Mai 1997, Zl. SanRB96-330-1996-Fu, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. Mai 1997, Zl. SanRB96-330-1996-Fu, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 27 Stunden) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH&CoKG zu vertreten habe, daß diese am 25. September 1996 im Kundenbereich Lebensmittel ohne Schutz gegen Anhusten, Anniesen oder unbefugten Zugriff zum Verkauf angeboten und damit nicht wirksam gegen deren hygienisch nachteilige Beeinflussung vorgesorgt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 20 i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 3 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 762/1996 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 28. Mai 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Juni 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines Aufsichtsorganes anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle als erwiesen anzusehen sei. Im Zuge der Strafbemessung seien seine bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd und seine - mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzten - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß grundsätzlich sämtliche zum Verkauf angebotenen Lebensmittel durch Plexiglasscheiben vor hygienisch nachteiliger Beeinflussung geschützt gewesen seien, daß aber nicht ausgeschlossen werden könne, daß ein Kunde einzelne Waren - nicht jedoch, wie im Straferkenntnis angeführt, nahezu das gesamte Frühstücksbuffet - hinter dieser Schutzvorrichtung hervorhole. Derartige Manipulationen seien jedoch nicht vorhersehbar, sodaß dem Rechtsmittelwerber eine Vorkehrung dagegen auch nicht zumutbar gewesen sei. Schließlich entspreche auch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zum einen deshalb, weil er einen alternativen Tatvorwurf enthalte, und andererseits, weil bei einem Unterlassungsdelikt seitens der belangten Behörde das gebotene Tun zu konkretisieren gewesen wäre, nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Linz-Land zu Zl. SanRB96-330-1996; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 20 i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, ohne gleichzeitig dafür vorzusorgen, daß diese nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden, soweit dies nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung zumutbar ist.

Nach § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde; verantwortlicher Beauftragter für einen räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens kann nur eine Person sein, die ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

4.2. Diese gesetzlichen Anforderungen der letztgenannten Bestimmung erfüllt im gegenständlichen Fall das im Akt der belangten Behörde erliegende, auf den Berufungswerber bezügliche "Bestellungsdekret zum Betriebsleiter" vom 10. April 1995 in mehrfacher Weise nicht.

So ist zum einen die Umschreibung der Verantwortlichkeit für "das gesamte Personal" zu allgemein gehalten, um i.S.d. geforderten klaren Abgrenzung dienlich zu sein; zum anderen ist mit der Verantwortlichkeit für die "Einhaltung ..... der gesetzlichen Vorschriften und insbesondere der Arbeitnehmerschutzvorschriften" keineswegs mit der notwendigen Klarheit ausgedrückt, daß damit auch die Verantwortung für die Einhaltung des Lebensmittelgesetzes übernommen wird (vgl. dazu jeweils z.B. VwGH v. 25. März 1994, 93/02/0267). Und schließlich ist - vom Fehlen der Einräumung jeglicher Anordnungsbefugnis abgesehen - mangels irgendeines Indizes darauf auch aus dem Gesamteindruck dieser Urkunde nicht abzuleiten, daß mit dieser über die Ernennung zum Filialleiter hinaus auch eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten i.S.d. § 9 VStG intendiert war, werden doch in jedem zielstrebig geführten Unternehmen den einzelnen Mitarbeitern Aufgaben übertragen, ohne daß deshalb gleichzeitig eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erfolgt (vgl. z.B. VwGH v. 11. März 1993, 91/19/0158; v. 28. Oktober 1993, 91/19/0134).

4.3. Liegt damit aber eine wirksame Bestellung des Rechtsmittelwerbers i.S.d. § 9 Abs. 4 VStG nicht vor, so besteht auch der gegen ihn erhobene Tatvorwurf nicht zu Recht, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit gegenständlich nicht ihn, sondern die Außenvertretungsbefugten der KG - d.s., was in Hinblick auf die noch offene Verjährungsfrist im fortgesetzten Verfahren zu beachten sein wird, mangels eigenständiger Organstellung wohl nicht die Prokuristen (vgl. z.B. VwGH v. 8. Oktober 1992, 90/19/0532 u. vom 24. März 1994, 92/18/0176; s. aber VwGH v. 12. November 1970, 1459/69), sondern nur der (die) Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH - trifft.

4.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

Beschlagwortung: inhaltlich mangelhafte Bestellungsurkunde

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