Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108294/2/Ga/Ka

Linz, 05.06.2002

 

VwSen-108294/2/Ga/Ka Linz, am 5. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des BM in L gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. April 2002, Zl. S-43.337/01-3, betreffend die Entscheidung über einen nur gegen das Strafausmaß gerichtet gewesenen Einspruch, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben: Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen. Gleichzeitig wird dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 21 Abs.1, § 51 Abs.1, § 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG.

Entscheidungsgründe:

Der - mit Strafverfügung rechtskräftig wegen einer Übertretung nach § 102 Abs.3 KFG (idF Novelle BGBl. I Nr.146/1998; Telefonieren als Lenker während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung) schuldig gesprochene - Berufungswerber begehrte die Herabsetzung der nach seinem Straf-Einspruch mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. April 2002 auf 30 € (von ursprünglich 36 €) geminderten (kostenpflichtigen) Geldstrafe.

Sein Begehren begründend verwies der Berufungswerber - erschließbar aus der Zusammenschau mit dem von der belangten Behörde zugleich vorgelegten Verfahrensakt in dieser Sache - auf seine ungünstige Einkommenssituation, die er durch die Vorlage des Lohnzettels für März 2002 (Nettoauszahlung: knapp 500 €) und von Belegen über diverse Zahlungen (offenbar verstanden als Fixkosten für Wohnungsmiete und Betriebskosten) zu untermauern trachtete. Die belangte Behörde zog die Richtigkeit dieser Belege im Zuge der Berufungsvorlage nicht in Zweifel.

Damit hat der Berufungswerber nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates glaubwürdig seine ungünstigen Einkommensverhältnisse bescheinigt. Schon mit seinem Einspruch (OZ 5) im Verfahren vor der Strafbehörde gab der Berufungswerber den Betrag von "ca. 500 €" als monatliches Nettoeinkommen an.

Es ist daher grob aktenwidrig, wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt, es habe der Berufungswerber seine Einkommensverhältnisse nicht bekannt gegeben. Überhaupt lässt diese Begründung den konkreten Fallbezug vermissen. Zwar behauptet die belangte Behörde,

- sie habe das "Ausmaß des Verschuldens" gewertet, gibt aber gerade nicht an, welches Verschulden sie konkret gewertet hatte;

- sie habe die "Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen", verschweigt jedoch, welche Erschwerungsgründe und welche Milderungsgründe sie festgestellt hatte;

- sie sei "von einem geschätzten Mindesteinkommen von Euro" ausgegangen, verschweigt jedoch die konkrete Höhe dieses von ihr geschätzten Einkommens.

Zutreffend ging die belangte Behörde davon aus, dass dann, wenn ein nur gegen das Strafausmaß gerichteter Einspruch vorliegt, die mit Strafverfügung verhängte Strafe von ihr dann an Hand der Kriterien des § 19 (Abs.1 und Abs.2) VStG zu überprüfen ist.

Das bescheidförmige Ergebnis dieser Überprüfung unterliegt allerdings der vollen Begründungspflicht iS des § 60 AVG (die - untechnische - Benennung der Entscheidung über den Straf-Einpruch als "Herabsetzungsbescheid" ändert nichts daran, dass in Wahrheit ein Straferkenntnis vorliegt). Begründungsmängel, auch wenn sie vom Berufungswerber nicht releviert wurden, unterliegen gundsätzlich der Kognition des Tribunals.

Die oben festgestellten Begründungsmängel bewertet der Oö. Verwaltungssenat als bereits rechtserheblich, weil sie sowohl für die Beschuldigtenpartei als auch für die Berufungsbehörde die Nachvollziehbarkeit bzw. die Kontrolle der Spruchrichtigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses an Hand seiner Begründung verhindern. Für die Ausmerzung dieser Begründungsmängel durch die belangte Behörde selbst hätte sich das Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung angeboten. Von der Berufungsvorentscheidung in Fällen wie hier nicht Gebrauch zu machen, bewirkt im

Ergebnis den Missbrauch des verfassungsmäßigen Kontrollorgans als Flickschuster der Verwaltung.

Davon aber abgesehen hat die belangte Behörde durch die offensichtliche Verwendung von - fallspezifisch nicht adaptierten - Textbausteinen verkannt, dass im Berufungsfall, wie vom Beschuldigten in seinem Strafeinspruch dargetan wurde (und welches Vorbringen von der belangten Behörde - ohne darauf konkret einzugehen - nicht als von vornherein unschlüssig hätte verworfen werden dürfen), die Annahme eines nur geringfügigen Verschuldens im Sinne des Tatbestandsmerkmals des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt war. Da nach der Aktenlage auch keine anderen als bloß unbedeutende Folgen der Tat hervorgekommen sind (jedenfalls enthält die diesem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde gelegene Anzeige vom 3.11.2001 keine gegenteiligen Hinweise), war in einer gewogenen Beurteilung von der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe auszugehen, weshalb wie im Spruch zu verfügen war.

Allerdings sprechen die Umstände des Berufungsfalles für die Erforderlichkeit einer gleichzeitigen Ermahnung. Der Berufungswerber wird zu beachten haben, dass, wenn schon die Besonderheiten seiner Berufsausübung es mit sich bringen, dass er während seiner Lieferfahrten für seinen "Chef" per Mobiltelefon erreichbar sein muss, er entweder von der Geschäftsleitung seines Betriebes hiefür eine Freisprechanlage in seinen für solche beruflichen Fahrten regelmäßig verwendeten Kombi-Pkw eingebaut erhält oder aber er im Falle eines geschäftsnotwendigen Anrufes die Lieferfahrt zur Abwicklung des Rückrufes eben zu unterbrechen hat bzw., wenn dies aus Verkehrsrücksichten nicht möglich oder nicht tunlich sein sollte, er die Annahme des Anrufes zu verweigern hat.

Dieses Verfahrensergebnis entlässt den Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner