Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108296/3/SR/Ri

Linz, 05.06.2002

VwSen-108296/3/SR/Ri Linz, am 5. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des F K, W, S i.A.; gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck, Zl. VerkR96-4381-2002 vom 22. April 2002 wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Zund § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

Sie haben am 10.01.2002 um 16.12 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen V auf der Lstraße in Fahrtrichtung ortseinwärts gelenkt, wobei Sie im Ortsgebiet von S. G i.A. bei KM die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h überschritten haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

94,00 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

60 Stunden

gemäß §

99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

9,40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 € angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 103,40 Euro)."

2. Gegen dieses dem Bw am 3. Mai 2002 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung hat die Behörde erster Instanz ausgeführt, dass der Bw den gegenständlichen Kombi auf der Landesstraße im Ortsgebiet gelenkt und dabei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h überschritten habe.

2.2. Der Bw hat in der Berufung u.a. dargelegt, dass "die auf dieser Landesstraße angebrachte Ortstafel durch ein Zusatzschild (Salzkammergut tut kaiserlich gut) gemäß Gesetz außer Kraft gesetzt wird und so der Ortsanfang nicht eindeutig erkennbar ist". Er ersuche daher um Einstellung des Verfahrens.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufungsschrift und den Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.2. Über Ersuchen hat die Behörde erster Instanz am 4. Juni 2002 mitgeteilt, dass die Zusatztafel "Salzkammergut tut kaiserlich gut" an der Ortstafel S. G. zum Zeitpunkt der Übertretung angebracht war und sich auch derzeit noch an der Ortstafel befindet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Ortsgebiet ist das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO). Nur die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" haben die rechtliche Bedeutung der Begrenzung des Ortsgebietes.

§ 53 Abs.1 Z17a StVO "Ortstafel" (auszugsweise):

Dieses Zeichen gibt den Namen des Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. ... Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift "Erholungsdorf" unterhalb der Ortstafel angebracht werden.

§ 48 StVO weist in Abs.1 unter Straßenverkehrszeichen auf die §§ 50, 52 und 53 hin.

§ 48 Abs.4 StVO:

Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger u. dgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht für eine Kundmachung nach § 25 Abs.2 oder § 44 Abs.4 sowie für die Anbringung der Hinweiszeichen Wegweiser oder die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.2.1996, Zl 95/17/0153 auf seine bisherige Rechtsprechung (E. vom 28.10.1981, Zl 81/17/0047) Bezug genommen und ausgeführt:

"Es ist jede Kombination von Straßenverkehrszeichen und Hinweisschildern anderer Art - also solcher, die in der StVO nicht vorgesehen sind - auf einer Anbringungsvorrichtung im Grunde des § 48 Abs.4 StVO in der Fassung vor der am 23. Juni 1982 in Kraft getretenen 9. StVO-Novelle unzulässig und belastet die betreffende Straßenverkehrsverordnung mit einem Kundmachungsmangel. Für diesen Kundmachungsmangel ist nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Erkennbarkeit des Anordnungsinhaltes des Straßenverkehrszeichens durch das der Straßenverkehrsordnung fremde Hinweisschild beeinträchtigt wird. Mit der 9. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 275/1982, wurde § 48 Abs.4 StVO nur insofern geändert, als Kundmachungen nach § 25 Abs.2 nicht zusätzlich als Straßenverkehrszeichen zählen. Damit ist aber keine Änderung der Rechtslage in bezug auf Hinweisschilder anderer Art - also solchen, die in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen sind - eingetreten."

4.3 Das gegenständliche "Hinweisschild" stellt kein Hinweiszeichen im Sinne der StVO dar. Die Kombination des Hinweisschildes "Salzkammergut tut kaiserlich gut" mit dem Straßenverkehrszeichen "Ortstafel" auf der Anbringungsvorrichtung bewirkt einen Kundmachungsmangel, der der Verordnung ihre Geltung genommen hat.

Da als Ortsgebiet nur das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO) betrachtet werden kann, konnte dem Bw mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nicht zu Recht vorgeworfen werden, dass er als Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren durfte.

4.4. Der Bw hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Das Straferkenntnis war zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich dieses Vorwurfes gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Ob der Bw allenfalls gegen § 20 Abs.1 StVO verstoßen hat, ist von der Behörde erster Instanz - innerhalb der Verfolgungsverjährung - zu klären.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Kundmachungsmangel, Ortsgebiet

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum