Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108327/2/Fra/Ka

Linz, 24.09.2002

VwSen-108327/2/Fra/Ka Linz, am 24. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau SB, vertreten durch die Herren Rechtsanwälte H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6.5.2002, VerkR96-27721-2001, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 334 Euro (EFS 144 Stunden) verhängt, weil sie am 17.11.2001 um 11.23 Uhr den PKW mit dem Kz: auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt hat, wobei sie im Gemeindegebiet von Innerschwand bei Km 257,679 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 66 km/h überschritten hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

3.1. Aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö. vom 11.12.2001, wonach der Lenker des PKW´s, Kz.: , verdächtig ist, auf der A 1 bei Strkm.257,679, die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 66 km/h überschritten hat, forderte die belangte Behörde die Bw als Zulassungsbesitzerin dieses Kraftfahrzeuges mit Schreiben vom 11.12.2001 gemäß § 103 Abs.2 KFG auf, den Lenker bekannt zu geben. Die Bw teilte mit, sie selbst habe dieses Fahrzeug zur angeführten Zeit gelenkt. Mit Stellungnahme vom 13.3.2002 teilten die Vertreter der Bw der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit, dass von der Bw versehentlich bekannt gegeben worden sei, sie selbst habe das in Rede stehende Kraftfahrzeug an der im Spruch des angeführten Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit gelenkt. Tatsächlich sei dieses Fahrzeug von Herrn B, gelenkt worden. Mit Schreiben vom 22.4.2002 legten die Vertreter der Bw eine eidesstättige Erklärung des Herrn JB vor. Diese lautet wie folgt: "Ich, JB, erkläre hiemit an Eides statt, dass ich am 17.11.2001 um ca. 11 Uhr 23 den PKW Mercedes mit dem pol.Kz. auf der A1 in Fahrtrichtung Salzburg auf Höhe Straßenkilometer 257.679 gelenkt habe. Die Geschwindigkeitsübertretung wurde daher von mir begangen. JB".

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird ua ausgeführt, die Mitteilung der Bw werde als Schutzbehauptung gewertet, da bis zum heutigen Tage keine Stellungnahme des Herrn JB einlangte.

3.2. Rechtliche Beurteilung:

Wenn die Bw ausführt, dass die belangte Behörde gemäß § 37 AVG verpflichtet gewesen wäre, den für die Erledigung einer Verwaltungsstrafsache maßgeblichen Sachverhalts festzustellen und die Urkundenvorlage sowie die Verantwortung des Zeugen B nicht weiter hinterfragt worden ist, weshalb diesbezüglich eine formelle Rechtswidrigkeit festzustellen, ist dieser Argumentation zuzustimmen.

Das Verwaltungsverfahren und auch das Verwaltungsstrafverfahren ist von den Grundsätzen der materiellen Wahrheit sowie von der Offizialmaxime (§§ 37 und 39 Abs.2 AVG) geprägt. Es ist Pflicht der Behörde, den maßgebenden Sachverhalt (hier: ua den Lenker) festzustellen. Richtig ist, dass sich die Bw vorerst selbst als Lenkerin bezeichnet hat. Sie hat auch in ihrer Stellungnahme vom 13.3.2002, wonach Herr BJ als Lenker bekannt gegeben wurde, nicht begründet, weshalb sie sich versehentlich selbst als Lenkerin bekannt gegeben hat. Dennoch muss festgestellt werden, dass diese Stellungnahme während der Verfolgungsverjährungsfrist vorgelegt wurde. Hätte die belangte Behörde Herrn BJ darüber befragt, ob er tatsächlich das Fahrzeug gelenkt hat, wie er dies in seiner eidesstättigen Erklärung angibt, hätte die belangte Behörde ohne weiteres noch ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn BJ einleiten können. Sie hätte auch Recherchen darüber führen können, weshalb sich die Bw - wie sie behauptet - vorerst versehentlich selbst als Lenkerin bekannt gegeben hat. Nunmehr nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist es aus verfahrensökonomischen Gründen weder zweckmäßig noch sinnvoll, Herrn JB zeugenschaftlich zur Lenkereigenschaft zu befragen, zumal dieser wegen Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist keine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung mehr zu befürchten hat und es daher naheliegend ist, dass er die Aussage, welche er noch innerhalb der offenen Verfolgungsverjährungsfrist getroffen hat, umso mehr nach Ablauf dieser Frist treffen wird. Da somit das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine ausreichenden und sicheren Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass die Bw tatsächlich das Kraftfahrzeug gelenkt hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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