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VwSen-108335/2/BR/Rd

Linz, 19.06.2002

VwSen-108335/2/BR/Rd Linz, am 19. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach, Zl. VerkR96-1354-2002 vom 14. Juni 2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft, wobei ihm zur Last gelegt wurde:

Der Beschuldigte hat am 13.03.2002 um 14.01 Uhr in Putzleinsdorf, auf der Hanrieder Straße (L 1527), bei Km 11,00, in Fahrtrichtung Ortszentrum, als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 18 km/h überschritten.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO 1960 in Verb. mit § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

46,00 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

23 (gemeint wohl Stunden)

Gemäß

§ 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

4,60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 50,60 Euro)."

2. Gegen dieses, dem Bw im Anschluss einer durchgeführten Strafverhandlung am 14. Juni 2002 verkündete Straferkenntnis, erhob dieser, unter Hinweis auf seine Ausführungen im Einspruch gegen die in diesem Zusammenhang auch vorgängig erlassene Strafverfügung, Berufung.

Während die Behörde erster Instanz in der Begründung des Straferkenntnisses von der Zulässigkeit des Anbringens einer Tafel am Hinweiszeichen Ortstafel gemäß § 53 Abs.1 Z17a StVO mit dem Text "Klimabündnisgemeinde" ausgeht - dies, weil auch der Zusatz "Erholungsdorf" zulässig sei, vertritt der Berufungswerber bereits in seinem Einspruch die gegensätzliche Rechtsmeinung.

Dies damit begründet, weil dies einer gesetzlichen Kennzeichnung eines Ortsgebietes zuwiderlaufe.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.2. Über fernmündliche Rückfrage bei der Behörde erster Instanz am 19. Juni 2002, 11.15 Uhr wurde mitgeteilt, dass die Zusatztafel "Klimabündnisgemeinde" an der Ortstafel von P zum Zeitpunkt der hier angelasteten Verhaltensweise angebracht war und sich auch derzeit noch an dieser befindet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Ortsgebiet ist das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO). Nur die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" haben die rechtliche Bedeutung der Begrenzung des Ortsgebietes.

§ 53 Abs.1 Z17a StVO "Ortstafel" (auszugsweise):

Dieses Zeichen gibt den Namen des Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. ... Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift "Erholungsdorf" unterhalb der Ortstafel angebracht werden.

§ 48 StVO weist in Abs.1 unter Straßenverkehrszeichen auf die §§ 50, 52 und 53 hin.

§ 48 Abs.4 StVO:

Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger u. dgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht für eine Kundmachung nach § 25 Abs.2 oder § 44 Abs.4 sowie für die Anbringung der Hinweiszeichen Wegweiser oder die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.2.1996, Zl 95/17/0153 auf seine bisherige Rechtsprechung (E. vom 28.10.1981, Zl 81/17/0047) Bezug genommen und ausgeführt:

"Es ist jede Kombination von Straßenverkehrszeichen und Hinweisschildern anderer Art - also solcher, die in der StVO nicht vorgesehen sind - auf einer Anbringungsvorrichtung im Grunde des § 48 Abs.4 StVO in der Fassung vor der am 23. Juni 1982 in Kraft getretenen 9. StVO-Novelle unzulässig und belastet die betreffende Straßenverkehrsverordnung mit einem Kundmachungsmangel. Für diesen Kundmachungsmangel ist nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Erkennbarkeit des Anordnungsinhaltes des Straßenverkehrszeichens durch das der Straßenverkehrsordnung fremde Hinweisschild beeinträchtigt wird. Mit der 9. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 275/1982, wurde § 48 Abs.4 StVO nur insofern geändert, als Kundmachungen nach § 25 Abs.2 nicht zusätzlich als Straßenverkehrszeichen zählen. Damit ist aber keine Änderung der Rechtslage in bezug auf Hinweisschilder anderer Art - also solchen, die in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen sind - eingetreten."

4.3. Das gegenständliche "Hinweisschild" stellt kein Hinweiszeichen im Sinne der StVO dar. Die Kombination des Hinweisschildes "Klimabündnisgemeinde" mit dem Straßenverkehrszeichen "Ortstafel" auf der Anbringungsvorrichtung bewirkt einen Kundmachungsmangel, der der Verordnung ihre Geltung genommen hat.

Aus diesem Grund kann, der wohl durchaus vertretbaren und für sich durchaus plausibel anmutenden Rechtsmeinung der Behörde erster Instanz, wonach es in der Substanz keinen erkennbaren Unterschied mache, ob anstatt "Erholungsdorf" der Begriff "Klimaschutzgemeinde" als Zusatztafel angebracht ist, nicht gefolgt werden.

Da als Ortsgebiet nur das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO) betrachtet werden kann, konnte dem Bw mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nicht zu Recht vorgeworfen werden, dass er als Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren durfte (siehe u.a auch h. Erk. v. 5.6.2002, VwSen-108296/3/SR/Ri).

Nicht übersehen wird, dass dieser Umstand für die Rechtssicherheit im Allgemeinen und die Unzulässigkeit einer Verfolgung eines insbesondere in Ortsgebieten sich sehr nachteilig auswirkenden Geschwindigkeitsdeliktes im Besonderen, unbefriedigend ist. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Berufungswerber mit Blick auf seine Lenkberechtigung bereits 1998 - ob einer Verkehrsauffälligkeit - nachgeschult werden musste und auch ein Verfahren zur Verlängerung der Probezeit aus dem Verwaltungsakt hervorgeht.

4.4. Der Bw hat daher, obwohl er ein diesbezügliches Tatbild verwirklichte, die ihm angelastete Verwaltungsübertretung dennoch nicht begangen. Das Straferkenntnis war zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich dieses Vorwurfes gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Kundmachungsmangel, Ortsgebiet

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