Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108340/14/SR/Ri

Linz, 23.09.2002

VwSen-108340/14/SR/Ri Linz, am 23. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Wolfgang K-V, vertreten durch Z & M, Rechtsanwälte KEG, G, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10. Mai 2002, Zl. VerkR96-2449-2000-Br, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) und des Führerscheingesetzes (im Folgenden: FSG), nach der am 20. September 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen Spruchpunkt 1 wird betreffend der Schuldfrage abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als anstelle des angeführten Kennzeichens "L-" das Kennzeichen "L-" eingefügt wird und weiters der Spruchpunkt 1 nach "erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h" wie folgt zu lauten hat: "laut Geständnis eine Geschwindigkeit von ca. 100 km/h gefahren sind, sowie".

Der Berufung gegen die Strafe wird insoweit stattgegeben, als die Strafe mit 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, festgesetzt wird.

Die Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat zu Spruchteil I keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren der ersten Instanz beträgt 7,20 Euro. Zu Spruchteil II hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20% der Geldstrafe, d.s. 7,20 Euro, entrichten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 19, § 44a, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu III.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 06.03.2000 um 23.15 Uhr als Lenker des Kombi L- auf der A bei Autobahnkm im Gemeindegebiet von U, Fahrtrichtung F,

1) das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" missachtet, in dem Sie bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h laut Lasermessung eine Geschwindigkeit von 134 km/h gefahren sind, sowie

2) auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 52 lit.a Ziff.10a StVO 1960 idgF
  2. § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Ziff.1 FSG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

  1. 363 Euro
  2. 36 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

5 Tagen

12 Stunden

gemäß

99/3 lit.a StVO 1960 idgF

37 Abs.1 FSG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

39,90 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro bzw 200 ATS angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 438,90 Euro."

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 17. Mai 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis hat sich die Behörde erster Instanz im Wesentlichen auf die Zeugenaussage des Messorgans gestützt.

2.2. In der Berufungsbegründung hat der Vertreter des Bw das Nichtmitführen des Führerscheins und eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (ca. 20 km/h) nicht bestritten. Das Messergebnis und die somit vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mangels Einhaltung der Verwendungsbestimmungen in Frage gestellt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und im Vorlageschreiben mitgeteilt, dass über den Bw keine Verwaltungsvorstrafen aufscheinen würden.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte ursprünglich für den 31. Juli 2002 die mündliche Verhandlung anberaumt. Da die Zeugen aufgrund dienstlicher Verpflichtungen (Einsatz im Zuge eines Sonderkommandos) den Termin nicht wahrnehmen konnten, wurden die Parteien des Verfahrens und die Zeugen Insp. E und Rev.Insp. J für 20. September 2002 zur mündlichen Verhandlung geladen. Die Behörde erster Instanz ist der Verhandlung entschuldigt ferngeblieben.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevante Sachverhalt fest:

Der Bw hat entsprechend der ursprünglichen Tatanlastung den Kombi mit dem Kennzeichen L- am Tatort gelenkt und die gefahrene Geschwindigkeit hat dabei ca. 100 km/h betragen.

Im Messbereich hat die Autobahn zwei Fahrstreifen aufgewiesen. Es hat geringer Fahrzeugverkehr geherrscht und die Autobahn war im Messbereich nicht beleuchtet.

Im Akt hat sich kein Messprotokoll befunden. Es konnte in der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden, ob ein solches überhaupt angelegt worden ist. Der Zeuge Rev.Insp. J konnte zur Amtshandlung keine Aussage machen. Dem Zeugen Insp. E war der Messvorgang und die Amtshandlung ebenfalls nicht mehr in Erinnerung.

Der Bw weist keine einschlägigen Verwaltungsstrafen auf.

Das Nichtmitführen des Führerscheins wurde nicht bestritten und die Berufung nur auf die Strafe eingeschränkt. Der Spruchpunkt 2 ist somit zu diesem Zeitpunkt betreffend der Schuld in Rechtskraft erwachsen.

3.3. Der Bw hat eingestanden, dass er am Tatort im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung - erlaubte Höchstgeschwindigkeit 80 km/h" mit ca. 100 km/h gefahren ist.

Der Zeuge Rev.Insp. J wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht als Zeuge einvernommen. In der mündlichen Verhandlung konnte er sich weder an die Amtshandlung, die Vorgangsweise bei der Messung, die Gerätekontrolle noch an den Zeugen erinnern.

Insp. E war die Amtshandlung aufgrund vieler gleichgelagerter Vorgänge nicht mehr in Erinnerung. Da er bei der Zeugenbefragung vor der Behörde erster Instanz keine Aussagen zur Gerätekontrolle gemacht hatte, wurde er - mangels Erinnerung an die gegenständliche Messung - allgemein zu seiner Vorgangsweise bei vergleichbaren Amtshandlungen gefragt. Dabei hat er glaubwürdig vorgebracht, dass bei Geschwindigkeitsmessungen in der Nacht an der Tatörtlichkeit (unbeleuchtetes Autobahnteilstück) eine Kontrollmessung an einem stillstehenden Ziel nicht möglich gewesen ist. Eine solche hätte nur fallweise bei einem beleuchteten Zielgegenstand vorgenommen werden können. Dieser Zeuge konnte auch nicht mehr darlegen, ob die halbstündlichen Gerätekontrollen eingehalten worden sind. Er ist grundsätzlich davon ausgegangen, dass diese schon deshalb eingehalten worden sind, da Messungen meistens nicht länger als 15 Minuten an der genannten Örtlichkeit vorgenommen worden sind. Nachdem Probemessungen bei Dunkelheit am Tatort generell nicht entsprechend der Verwendungsbestimmung vorgenommen worden sind, konnte der Zeuge nicht sagen, ob er vor dieser Amtshandlung das verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät geprüft hat.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG war der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten, die im Spruch vorgenommene Änderung (Korrektur des Kennzeichens) durchzuführen.

4.2. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

4.2.1. Das Beschränkungszeichen gemäß § 52 lit.a Z10a StVO: "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit - 80 km/h)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

§ 99 Abs.3 lit. a StVO (auszugsweise):

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

4.2.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

4.2.3. Das Beweisverfahren hat erbracht, dass nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass bei der gegenständlichen Messung die Verwendungsbestimmungen eingehalten worden sind. Das Messergebnis kann daher zur Beurteilung der Schuldfrage nicht herangezogen werden. Rückschlüsse auf das Messprotokoll konnten nicht gezogen werden, da ein solches nicht vorliegt.

Grundsätzlich ist die Anfertigung und Vorlage des Messprotokolls keine Bedingung für die Richtigkeit einer Verkehrsgeschwindigkeitsmessung. Das Protokoll dient lediglich dem Zweck, die durchgeführten Kontrollen dazutun und bildet so ein Beweismittel neben anderen Beweismitteln. Weitere Beweise, die auf die gemessene Geschwindigkeit Rückschlüsse zulassen würden, sind in der Verhandlung nicht hervorgekommen. Der die Messung durchführende Beamte konnte nicht darlegen, dass bei der gegenständlichen Amtshandlung die Verwendungsbestimmungen eingehalten und beispielsweise Probemessungen durchgeführt worden sind.

Mangels Einhaltung der Verwendungsbestimmungen konnte somit die Geschwindigkeitsüberschreitung in der angelasteten Höhe nicht erwiesen werden.

4.2.4. Schlussendlich war nur mehr auf das Geständnis des Bw abzustellen.

Ein mangelndes Verschulden kann der Verantwortung des Bw nicht entnommen werden. Das Vorbringen des Bw in der Berufung - Einbrecher im Haus - wurde teilweise von ihm selbst in der Berufungsverhandlung zurückgenommen, da in der ursprünglichen Fassung seine Vorgangsweise und sein Verhalten jeder Lebenserfahrung widersprochen hat.

Es steht daher fest, dass der Bw die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um ca. 20 km/h überschritten hat. Der Bw hat somit das objektive Tatbild erfüllt. Rechtfertigungsgründe sind keine hervorgekommen.

4.2.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Was die Strafhöhe anbelangt, ist der unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass die nunmehr festgesetzte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen ist. Die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe war auf die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, der ein nunmehr nicht mehr verwertbares Messergebnis zugrunde gelegen ist, bezogen.

Aufgrund der veränderten - vorwerfbaren - Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, der Verkehrslage, der Straßenverhältnisse und dem Fehlen einschlägiger Vorstrafen war der unabhängige Verwaltungssenat gehalten, die Geldstrafe auf das nunmehrige Maß zu reduzieren.

Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurückbleibt, war die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

4.3. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Was die Strafhöhe anbelangt, ist der unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen ist. Ein Ermessensfehler war nicht zu erkennen.

Das Tatverhalten des Beschuldigten bleibt keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurück. Seine ursprüngliche Verantwortung war im Beweisverfahren mangels Glaubwürdigkeit nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Rechtswohltat des § 21 VStG war somit nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Die Kosten waren spruchgemäß festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Messprotokoll, Geständnis

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