Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108368/2/Fra/Ka

Linz, 16.08.2002

VwSen-108368/2/Fra/Ka Linz, am 16. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau RB gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24.5.2002, Zl. S 1022/St/02, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z3a StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z3a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 16 Stunden) verhängt, weil sie am 13.12.2001 um 17.33 Uhr in Steyr, Kreuzung Holubstraße Kreuzung mit der Ennser Straße, das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Einbiegen nach links verboten" nicht beachtet hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Steyr - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

3.1. Aufgrund der Anzeige der BPD Steyr vom 13.12.2001 ist der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kz.: verdächtig, am 13.12.2001 um 17.33 Uhr in 4400 Steyr, Kreuzung Holubstraße - Ennser Straße, das dort angebrachte Verbotszeichen "Einbiegen nach links verboten" missachtet zu haben. Eine Anhaltung dieses Lenkers erfolgte laut dieser Anzeige nicht.

Ohne eine Lenkererhebung durchzuführen, erließ die belangte Behörde gegen die nunmehrige Bw die Strafverfügung vom 14.3.2002. Mit dieser Strafverfügung wurde der Bw der Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z3a StVO 1960 zur Last gelegt. Aufgrund eines rechtzeitig dagegen erhobenen Einspruches trat diese Strafverfügung außer Kraft. Mit Ladungsbescheid vom 15.4.2002 wurde der Bw wiederum derselbe Tatbestand zur Last gelegt. Eine Reaktion auf diesen Ladungsbescheid erfolgte nicht. Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel vor, dass sie diesen Ladungsbescheid nicht erhalten habe, insbesonders sei ihr keine Hinterlegungsanzeige übermittelt worden. Die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung habe sie, wie sie dies bereits in ihrem Einspruch festgestellt habe, nicht begangen.

3.2. Rechtliche Beurteilung:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann zwar die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist (VwGH vom 11.5.1990, Zl.90/18/0022). Dieses Judikat ist auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil die Bw zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens darüber befragt wurde, ob sie auch die Lenkerin des gegenständlichen Kraftfahrzeugs zur Tatzeit am Tatort war. Wurde sie darüber aber nicht befragt, kann ihr eine mangelnde Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung nicht vorgeworfen werden. Die Bw hat fristgerecht gegen die vorangegangene Strafverfügung Einspruch erhoben. Der Einspruch muss nicht begründet werden. Der Ladungsbescheid vom 15.4.2002 wurde laut Zustellnachweis am 19.4.2002 durch Hinterlegung beim Postamt 4400 Steyr zugestellt. Zu dem vorgeschlagenen Vorsprachetermin 16.5.2002 ist die Bw offensichtlich nicht erschienen. Festzustellen ist, dass sowohl dieses Datum als auch das Datum der Erlassung des Straferkenntnisses noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist lag. Eine Lenkererhebung zu diesen Zeitpunkten wäre daher noch ohne weiteres sinnvoll und angebracht gewesen. Die Berufung langte jedoch bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein. Eine Lenkererhebung zum nunmehrigen Zeitpunkt ist weder zweckmäßig noch sinnvoll, weil die Bw jede beliebige Person als Lenker bekanntgeben kann, ohne dass diese eine verwaltungsstrafrechtliche Sanktion zu befürchten hätte.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsverfahren und auch das Verwaltungsstrafverfahren von den Grundsätzen der materiellen Wahrheit sowie von der Offizialmaxime geprägt ist (§§ 37 und 39 Abs.2 AVG). Es ist Pflicht der Behörde, den maßgebenden Sachverhalt (hier: den Lenker) festzustellen. Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten. Dies würde gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der Selbstbezichtigung (Art.90 Abs.2 BVG) verstoßen. Der Beschuldigte ist jedoch im Strafverfahren auf eine gewisse Mitwirkungspflicht gebunden. Diese erfordert es, dass er seine Verantwortung nicht darauf beschränken darf, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Die Bw hat jedoch gegen die ihr obliegende Mitwirkungspflicht - siehe oben - nicht verstoßen.

Da somit kein Beweis für die Lenkereigenschaft vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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