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VwSen-108370/3/BR/Rd

Linz, 09.07.2002

VwSen-108370/3/BR/Rd Linz, am 9. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr, Zl. S 3703/ST/01, vom 7. Juni 2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 58 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwanzig Stunden verhängt, weil er am 10.4.2001 um 20.50 Uhr in Wolfern, auf der L 564, bei Strkm 22.716, in Fahrtrichtung Linz, als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h überschritten habe.

2. Gegen dieses, dem Bw am 13. Juni 2002 durch Hinterlegung mittels RSa-Sendung zugestellte Straferkenntnis, erhob der Bw fristgerecht, per E-Mail unter Hinweis auf ein Anbringen einer Tafel unter dem Hinweiszeichen Ortstafel gemäß § 53 Abs.1 Z17a StVO mit dem Text 'www.wolfern.at' Berufung.

Damit kommt seiner Berufung Berechtigung zu!

3.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat den Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.2. Über fernmündliche Rückfrage beim Gemeindeamt Wolfern am 9. Juli 2002, 09.05 Uhr wurde mitgeteilt, dass die Zusatztafel "www.wolfern.at" an der Ortstafel von Wolfern zum Zeitpunkt der hier angelasteten Verhaltensweise angebracht war.

Auch auf einem im Akt erliegenden Foto ist eine Zusatztafel am unteren Rand der "Ortstafel" erkenn- aber nicht lesbar.

Das über diese Tatsache hinausgehende Vorbringen des Berufungswerbers, worin er zusätzlich die Tatzurechnung in Abrede stellt, kann hier auf sich bewenden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Ortsgebiet ist das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO). Nur die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" haben die rechtliche Bedeutung der Begrenzung des Ortsgebietes.

§ 53 Abs.1 Z17a StVO "Ortstafel" (auszugsweise):

Dieses Zeichen gibt den Namen des Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. ... Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift "Erholungsdorf" unterhalb der Ortstafel angebracht werden.

§ 48 StVO weist in Abs.1 unter Straßenverkehrszeichen auf die §§ 50, 52 und 53 hin.

§ 48 Abs.4 StVO:

Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger udgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht für eine Kundmachung nach § 25 Abs.2 oder § 44 Abs.4 sowie für die Anbringung der Hinweiszeichen Wegweiser oder die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.2.1996, Zl 95/17/0153 auf seine bisherige Rechtsprechung (E. vom 28.10.1981, Zl 81/17/0047) Bezug genommen und ausgeführt:

"Es ist jede Kombination von Straßenverkehrszeichen und Hinweisschildern anderer Art - also solcher, die in der StVO nicht vorgesehen sind - auf einer Anbringungsvorrichtung im Grunde des § 48 Abs.4 StVO in der Fassung vor der am 23. Juni 1982 in Kraft getretenen 9. StVO-Novelle unzulässig und belastet die betreffende Straßenverkehrsverordnung mit einem Kundmachungsmangel. Für diesen Kundmachungsmangel ist nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Erkennbarkeit des Anordnungsinhaltes des Straßenverkehrszeichens durch das der Straßenverkehrsordnung fremde Hinweisschild beeinträchtigt wird. Mit der 9. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 275/1982, wurde § 48 Abs.4 StVO nur insofern geändert, als Kundmachungen nach § 25 Abs.2 nicht zusätzlich als Straßenverkehrszeichen zählen. Damit ist aber keine Änderung der Rechtslage in bezug auf Hinweisschilder anderer Art - also solchen, die in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen sind - eingetreten."

4.3. Das gegenständliche "Hinweisschild" stellt kein Hinweiszeichen im Sinne der StVO dar. Die Kombination des Hinweisschildes "www.wolfern.at" mit dem Straßenverkehrszeichen "Ortstafel" auf der Anbringungsvorrichtung bewirkt einen Kundmachungsmangel, der der Verordnung ihre Geltung genommen hat.

Da als Ortsgebiet nur das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO) betrachtet werden kann, konnte dem Bw mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nicht zu Recht vorgeworfen werden, dass er als Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren durfte (siehe u.a auch h. Erk. v. 5.6.2002, VwSen-108296/3/SR/Ri).

Nicht übersehen wird, dass dieser Umstand für die Rechtssicherheit im Allgemeinen und die Unzulässigkeit einer Verfolgung eines insbesondere in Ortsgebieten sich sehr nachteilig auswirkenden Geschwindigkeitsdeliktes im Besonderen, unbefriedigend ist.

4.4. Der Bw hat daher, sollte er - was aus der Aktenlage durchaus wahrscheinlich gilt - das diesbezügliche Tatbild verwirklicht haben, die ihm angelastete Verwaltungsübertretung dennoch nicht begangen. Das Straferkenntnis war zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich dieses Vorwurfes gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Kundmachungsmangel, Ortsgebiet

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