Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108378/2/Br/Rd

Linz, 11.07.2002

VwSen-108378/2/Br/Rd Linz, am 11. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10. Mai 2002, Zl. VerkR96-22-2002, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 36 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden ermäßigt wird. Der Schuldspruch wird jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, und § 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 65/2002 - VStG;

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 3,60 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO eine Geldstrafe von 145 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden verhängt, weil er am 13.12.2001 um 22.30 Uhr, den Kombi mit dem Kennzeichen, im Gemeindegebiet von L. auf dem Güterweg Hart lenkte, und indem er einen Zaun niederfuhr, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe, wobei er in der Folge nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt habe, obwohl kein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten stattgefunden habe.

2. Die Erstbehörde erblickte lt. Begründung den Verstoß nach § 4 Abs.5 StVO, weil die Gendarmerie nicht ohne unnötigen Aufschub von diesem Vorfall verständigt wurde. Die Kontaktnahme mit dem Geschädigten am nachfolgenden Tag, sei nicht mehr als zeitgerecht anzusehen gewesen.

Bei der Strafzumessung wurde trotz eines Arbeitsloseneinkommens von täglich 434 S (entspricht 31,54 Euro), keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten die hier verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen erachtet.

2.1. In der dagegen vom Berufungswerber (folglich Bw) fristgerecht erhobenen Berufung wird Folgendes ausgeführt:

"Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10.05.2002, VerkR96-22-2002, wurde mir aufgrund der Verletzung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO die Bezahlung einer Geldstrafe von EUR 145,-- zuzüglich Kostenbeitrag von EUR 14,50, insgesamt daher EUR 169,50, vorgeschrieben.

Mir wird vorgeworfen, ich habe am 13.12.2001, um 22.30 Uhr, den Kombi, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von L. auf dem Güterweg Hart gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, indem ich einen Zaun niedergefahren habe. In der Folge habe ich es unterlassen ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl ich dem Geschädigten meinen Namen und meine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10.05.2002, VerkR96-22-2002, wird im vollen Umfang dem Grunde und der Höhe nach angefochten und innerhalb offener Frist wird gegen dieses Straferkenntnis das Rechtsmittel der

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben und gestellt die

ANTRÄGE,

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

1. den angefochtenen Bescheid der BH Perg vom 10.005.2002, VerkR96-22-

2002, ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen;

2. in eventu gem. § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen, weil

das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der

Übertretung unbedeutend sind

3. in eventu gem. § 20 VStG aufgrund des beträchtlichen Überwiegens der

Milderungsgründe die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschreiten

4. in eventu aufgrund der Einkommens- und Vermögenssituation die Strafe

schuld- und tatangemessen herabsetzen.

 

Die Berufung wird begründet wie folgt:

1.

Wie sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg ergibt, habe ich am nächsten Tag um 10.00 den Geschädigten vom Verkehrsunfall informiert und ihm als Schadenswiedergutmachung einen Betrag von ATS 3.500,-- übergeben. Beim Verkehrsunfall ist lediglich ein geringer Sachschaden entstanden, und zwar wurden ca. 15 m Weidenzaun und 5 kleine Christbäume beschädigt.

Der Verkehrsunfall selbst ereignete sich am 13.12.2001 um ca. 22.30 Uhr. Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse kam ich mit meinem PKW ins Schleudern, wodurch ich von der Straße abkam und oben genannten Schaden verursachte. Meinen PKW, Kennzeichen, habe ich an der Unfallstelle zurückgelassen. Ich war der Ansicht, dass ich -aufgrund des Zurücklassens meines PKW's - meiner Pflicht des Nachweises der Identität zu meiner Person nachkommen würde, weil damit jederzeit meine Person ausgeforscht hätte werden können, was ja schließlich auch gelungen ist, zumal mich die Gendarmerie um ca. 1.30 Uhr zu Hause aufsuchte.

Zudem haben sowohl ich als auch mein Beifahrer DI R. uns davon überzeugt, welcher Schaden eingetreten ist. Nachdem wir festgestellt haben, dass nur .ein geringfügiger Sachschaden entstand und wir uns aufgrund der Dunkelheit und schlechten Witterung dazu entschlossen haben, den PKW an der Unfallestelle zu hinterlassen, damit am nächsten Tag der Schaden sofort gutgemacht und der PKW geborgen werden können, ging ich davon aus, dass ich hiemit meiner Nachweispflicht ausreichend nachgekommen bin und war nicht im Bewusstsein eine strafbare Handlung zu begehen.

Es ist daher unrichtig, dass ich die nächste Gendarmeriedienststelle hätte verständigen müssen, weil der Geschädigten, für den Fall, dass ich den Schaden nicht ersetzt hätte, aufgrund des Hinterlassens meines Fahrzeuges jederzeit Schadenersatzansprüche gegen mich geltend hätte machen können.

2.

Nachdem im gegenständlichen Fall die Folgen so geringfügig sind bzw. die eingetretenen Folgen bereits gutgemacht sind, hätte die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen können. Zudem ist wohl davon auszugehen, dass ich meiner Meldepflicht aufgrund des Hinterlassens meines Fahrzeuges nachgekommen bin. § 4 Abs. 5 StVO bezweckt, dass ein Geschädigter seine Schadenersatzansprüche gegenüber dem Schädiger geltend machen kann. Dem Geschädigten wäre dies ohne weiteres möglich gewesen, weshalb ein formeller Nachweis hier nicht verlangt werden kann.

3.

Die Milderungsgründe überwiegen die Erschwerungsgründe beträchtlich, weshalb die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Erschwerungsgründe liegen keine vor. Als Milderungsgründe sind zu werten, dass ich den Schaden sofort gutgemacht habe und unbescholten bin bzw. davon ausgegangen bin, dass ich die Polizei nicht verständigen muss, wenn ich mein Fahrzeug an der Unfallstelle zurück lasse, weil damit der Nachweis meiner Identität ausreichend festgestellt werden kann.

4.

Mit Strafverfügung vom 10.01.2002, VerkR96-22-2002, wurde eine Geldstrafe von EUR 181,-- festgelegt. Gegen diese Strafverfügung habe ich am 23.01.2002 Einspruch erhoben und dargelegt, dass ich lediglich ein Einkommen, und zwar Arbeitslosengeld, von EUR 31,--/tgl. beziehe. Der Betrieb, wo ich beschäftigt war, ging in Konkurs. Es stehen noch immer die Löhne ab Oktober 2001 sowie das Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld aus, weshalb meine finanzielle Situation sehr angespannt ist. Die erstinstanzliche Behörde ist darauf überhaupt nicht eingegangen und hat eine Geldstrafe von EUR 169,50 verhängt, um EUR 11,50 weniger als in der Strafverfügung. Der Schaden selbst betrug EUR 254,35, welcher von mir persönlich bezahlt wurde. Die Angelegenheit lief nicht über die Haftpflichtversicherung. Ich ersuche eine meiner finanziellen Situation angemessene Geldstrafe von höchstens EUR 70,-- zu verhängen.

Beweis: Arbeitslosennachweis

DI R., R.

Ich zeichne

Mit freundlichen Grüssen

R."

(e.h. Unterschrift)

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Den Ausführungen zur Tat- und Schuldfrage kommt inhaltlich teilweise Berechtigung zu.

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 zweiter Fall und Abs.3 Z3 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Unbestritten ist hier, dass der Berufungswerber als Lenker eines Pkw am 13.12.2001 um 22.30 Uhr, im Gemeindegebiet von L. auf dem Güterweg Hart, wohl auf Grund eines Fahrfehlers von der Fahrbahn abkam und dabei - was sich nicht aus der Anzeige, jedoch aus der Aktenlage ergibt - einen Weidezaun und einige Pflanzen beschädigte. Er ließ folglich sein Fahrzeug an der Unfallstelle zurück, um sich am nachfolgenden Tag mit dem Geschädigten in Verbindung zu setzen. Dies geschah laut Anzeige um 10.00 Uhr des 14. Dezember 2001. Nicht erwähnt findet sich in der Anzeige ferner, dass auf Grund seines an der Unfallstelle verbliebenen Fahrzeuges der Bw noch während der Nacht (lt. Berufung um 1.30 Uhr) von der Gendarmerie aufgesucht und zum Vorfall befragt wurde.

Mit Blick darauf, ist dem Berufungsvorbringen durchaus zu folgen, dass mit dieser Tat weder eine Verschleierung des Unfallgeschehens noch sonst nachteilige Folgen für die Schadenserledigung verbunden waren. Vielmehr schien ihm die Auslegungsstrenge des Gebotes der Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle "ohne unnötigen Aufschub" nicht hinreichend evident gewesen zu sein.

5.1. Der § 4 Abs.5 StVO 1960 lautet:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

5.2.1. Der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" ist auf den Einzelfall bezogen zu beurteilen, wobei jedoch die Zeitdauer von vier Stunden keinesfalls als noch dieser Vorschrift entsprechend erachtet werden kann (vgl. VwGH 23.2.1990, 85/18/0185 mit weiteren Judikaturhinweisen). Hier erhielt die Gendarmerie offenbar durch Zufall - entgegen der Feststellung der Behörde erster Instanz - bereits drei Stunden nach dem Unfall von diesem Kenntnis. Dies macht, wie ebenfalls die Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten um 10.00 Uhr des Nachfolgetages, die wohl durchaus plausibel klingende Verantwortung des Bw dennoch nicht als Verständigung ohne "unnötigen Aufschub" qualifizierbar. Es kommt dabei nicht vordergründig auf die objektive Dauer bis zur Meldung, sondern auf die Nutzung der Zeit bis zur Meldung an (VwGH 24.2.1993, 92/02/0292). Die genannten Umstände kommen dem Berufungswerber aber dennoch zu Gute, weil er wohl keine wie immer geartete Verschleierungsabsicht gehegt haben konnte und letztlich, mit Ausnahme der Interventionsnotwendigkeit der Gendarmerie zur Nachtzeit an seiner Wohnadresse, für die Schadensregulierung keinerlei nachteiligen Folgen verbunden waren.

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Indem hier die Unterlassung der Meldepflicht, wenn auch nicht ohne unnötigen Aufschub, aber immerhin bei gleichzeitigem Zurückbleiben des Fahrzeuges am Unfallort schon am Vormittag des Folgetages die Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten erfolgte, kann hier auch mit einem erheblich geringeren Strafausmaß das Auslangen gefunden werden.

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe absehen. Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nachdem hier unter Würdigung des als erwiesen anzunehmenden Sachverhaltes von bloß unbedeutenden Tatfolgen nicht ausgegangen werden kann, konnte der Ausspruch einer bloßen Ermahnung hier wegen Fehlens zumindest einer Bedingung nicht in Betracht kommen (vgl. VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, sowie VwGH 28.10.1980, 263 u. 264/80). Die nicht bloß unbedeutenden Tatfolgen werden angesichts der Interventionsnotwendigkeit der Gendarmerie wegen eines in der "Landschaft zurückbleibenden Unfallfahrzeuges" erblickt. Nicht zuletzt könnten dadurch auch andere Fahrzeuglenker irritiert werden, was wiederum Gefahrenkomponenten mit sich bringen könnte.

Der § 20 VStG gelangt insofern nicht zur Anwendung, weil der hier vorgesehene Strafrahmen keine Mindeststrafe vorsieht (§ 99 Abs.3 lit.b StVO).

Im Übrigen müssten die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher sein, sodass die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden könnte.

Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100).

Wenngleich hier dem Berufungswerber der strafmildernde Umstand der Unbescholtenheit zuerkannt werden könnte, würde die Säumigkeit bei der Meldung - die von einem Fahrzeuglenker grundsätzlich erwartet werden muss - vom Milderungsgrund nicht überwogen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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