Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108389/8/Le/Ni

Linz, 30.09.2002

VwSen-108389/8/Le/Ni Linz, am 30. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2.7.2002, Zl. VerkR96-2278-2002, wegen Übertretung des Tiertransportgesetzes-Straße nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24.9.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2.7.2002 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen Übertretung des § 4 Abs.1 Z4 und Z6 iVm § 16 Abs.1 Z1 Tiertransportgesetz-Straße (im Folgenden kurz: TGSt) eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe es als persönlich haftende Gesellschafterin der Firma "H" als Verfügungsberechtigte zu verantworten, dass Herr B am 11.1.2002 um 16.45 Uhr im Ortsgebiet von M auf der Gemeindestraße zwischen der Landesstraße und der H Bundesstraße B 4 in Fahrtrichtung B 4, einen Tiertransport, bei dem ein (näher bezeichnetes) Kalb transportiert wurde, durchgeführt habe, obwohl der Zweck des Transportes und der Zeitpunkt des Transportbeginnes und der letzten Fütterung und Tränkung, nämlich die Anführung des Datums, in der Transportbescheinigung nicht eingetragen gewesen wären.

2. Dagegen richtet sich die mündlich am 8.7.2002 vor der Erstbehörde erhobene Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung wies die Berufungswerberin darauf hin, dass im Viehverkehrsschein eine Rubrik enthalten sei, die auf "Schlachtung" laute. Diese sei nicht angekreuzt worden, was wohl nur bedeuten könne, dass dieses Tier eben nicht zur Schlachtung bestimmt war und zu einem anderen Zweck transportiert worden wäre.

Was das Datum der letzten Fütterung und Tränkung betreffe, so wies sie darauf hin, dass sämtliche Viehverkehrsscheine mit dem Ausstellungsdatum versehen wären. Da ein Tiertransport nie über mehrere Tage gehe, habe dieses Datum auch für Tränkung und Fütterung Geltung.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat für 24.9.2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt.

An dieser Verhandlung nahmen die Berufungswerberin und ein Vertreter der Erstbehörde teil; Herr Alexander Brand-Hochrainer wurde als Zeuge einvernommen.

3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Die Berufungswerberin betreibt am Standort W das Gewerbe des Viehhandels. Dazu kauft sie von den Bauern aus der Umgebung Kälber an, die sie an Schlacht- oder Mastbetriebe weiterverkauft. Wenn einer von den Landwirten ein Kalb verkaufen will, bietet er ihr dies an. Wenn die Berufungswerberin einen Abnehmer dafür hat, kauft sie es, lässt es von einem ihrer Mitarbeiter mit einem eigenen Fahrzeug abholen und bringt es zu ihrem Standort, wo die Tiere getränkt werden. Von hier werden die Kälber dann vom Schlacht- oder Mastbetrieb abgeholt. Von diesem bekommt sie sodann das Geld überwiesen, worauf sie dann den Landwirt bezahlt, von dem sie das Kalb bezogen hat.

So hat es sich auch im vorliegenden Fall verhalten:

Der Angestellte der Berufungswerberin S holte am 11.1.2002 mit einem LKW vom Landwirt S in W das im Spruch genannte Kalb ab und brachte es zum Standort des Betriebes, wo es getränkt wurde. Herr Schübl füllte den Viehverkehrsschein / Lieferschein aus und unterfertigte diesen in Vertretung für die Berufungswerberin.

Das Tier wurde sodann von einer anderen Firma mit einem anderen Fahrzeug (Fahrer: B, Kennzeichen) abgeholt und zur Firma S (in Niederösterreich) gebracht. Der Seniorchef dieser Firma, Herr S, fuhr bei diesem Transport mit.

Für den Transport vom Unternehmen der Berufungswerberin zur Firma S in Niederösterreich (oder zu einem anderen Mastbetrieb) wurde keine Transportbescheinigung ausgestellt, sondern gab die Berufungswerberin Herrn B den von Herrn S ausgestellten Viehverkehrsschein mit. Diesen wies Herr B bei der Kontrolle im Ortsgebiet von M vor.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Der Transport von Tieren wird durch das Tiertransportgesetz-Straße, BGBl. Nr. 411/1994 idF BGBl. I 32/2002 geregelt.

§ 4 normiert das Erfordernis der Transportbescheinigung wie folgt:

"(1) Der Verfügungsberechtigte oder der beigezogene Tierarzt hat eine Transportbescheinigung auszustellen; in diese sind folgende Angaben einzutragen:

1. Die Gattung der Tiere,

2. deren Herkunft,

3. der Name und die Anschrift des Verfügungsberechtigten,

4. der Zweck des Transports,

5. die Bestätigung ihrer Transportfähigkeit,

6. der Zeitpunkt des Transportbeginns und der letzten Fütterung und Tränkung sowie

7. gegebenenfalls die Angabe, wann die Tiere zum letzten Mal gemolken wurden, sowie bei Schlupfküken den Zeitpunkt des Schlüpfens.

(2) In die Transportbescheinigung sind überdies vom Lenker des Transportfahrzeuges einzutragen:

1. Der Ver- und Entladeort,

2. das Kennzeichen des verwendeten Kraftfahrzeuges und

3. bei Schlachtviehtransporten, ob das Fleisch der transportierten Tiere im Inland verbleibt.

(3) Diese Bescheinigung ist während des Transports der Tiere mitzuführen und den zuständigen Organen auf Verlangen vorzuweisen. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat durch Verordnung die näheren Bestimmungen über Form und Inhalt der Bescheinigung zu erlassen.

In Ausführung des § 4 Abs.3 leg.cit. hat der Bundesminister die Tiertransport-Bescheinigungsverordnung BGBl. 129/1995 erlassen, in der in einer eigenen Anlage das Formular "Transportbescheinigung" vorgeschrieben wurde.

§ 1 Abs.1 der Verordnung legt fest, dass die Bescheinung die in § 4 Abs.1 und 2 TGSt genannten Angaben zu enthalten hat. Soweit hierbei Zeitangaben einzutragen sind, haben diese sowohl das Datum als auch die Uhrzeit zu umfassen.

Wer als "Verfügungsberechtigter" anzusehen ist, wird in § 2 Abs.1 Z6 TGSt definiert als der, der im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches berechtigt ist, das Eigentum an den transportierten Tieren zu übertragen.

4.3.1. Wie aus der Schilderung der Berufungswerberin anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgeht, kauft sie von Landwirten aus der Umgebung u.a. Kälber auf, die sie dann an Schlacht- oder Mastbetriebe weiter verkauft. Dabei kommt auf telefonischem Wege zwischen ihr und dem betreffenden Landwirt ein Kaufvertrag zustande; durch die (körperliche) Übergabe des Kalbes an sie bzw. ihren Angestellten, der in ihrem Auftrag das Kalb holt, geht das Eigentum über. Damit aber ist sie Verfügungsberechtigte im Sinne des § 4 TGSt, was zur Folge hat, dass sie (oder ein allenfalls beigezogener Tierarzt) auch die dafür vorgesehene Transportbescheinigung auszustellen hat.

4.3.2. Im vorliegenden Fall wurden der Berufungswerberin Mängel beim Ausfüllen der Transportbescheinigung angelastet, die anlässlich einer Kontrolle eines Transportes von Tieren im Gebiet der Gemeinde M festgestellt worden waren.

Eine Überprüfung ihrer Verfügungsberechtigung für diesen Transport ergibt jedoch, dass sie diesbezüglich nicht als Verfügungsberechtigte auftritt, weshalb sie auch nicht die Transportbescheinigung auszufüllen hat:

Wie die Berufungswerberin glaubhaft dargelegt hat, ist es ihr Gewerbe, mit Vieh zu handeln. Wenn sie also von einem Landwirt - wie im vorliegenden Fall - ein Kalb kauft, so verkauft sie dieses wiederum weiter. Dies geschieht auf dem gleichen Wege wie der Ankauf des Kalbes: Sie bietet einem Mastbetrieb (im vorliegenden Fall der Firma S in Niederösterreich) eines oder mehrere Kälber zum Kauf an. Wenn dieses Angebot angenommen wird, so wird von diesem Betrieb das Kalb vom Betrieb der Berufungswerberin abgeholt und zu seinem Bestimmungsort gebracht.

Verfügungsberechtigt im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs.1 Z6 TGSt ist somit der Inhaber des Mastbetriebes. Dieser ist daher auch verpflichtet, die gemäß § 4 TGSt erforderliche Transportbescheinigung für den Transport vom Verladeort W zum Entladeort auszustellen.

4.3.3. Im vorliegenden Fall wurden die Kälber von der Firma S gekauft und abgeholt. Es hätte für den Transport von W nach N eine neue Transportbescheinigung im Sinne des Musters der Tiertransport-Bescheinigungsverordnung ausgestellt werden müssen, weil für diesen Transport eine andere Person verfügungsberechtigt war, verschiedene Ver- und Entladeorte gegeben waren, ein anderes Fahrzeug verwendet wurde und überdies verschiedene Transportbeginnzeiten gegeben waren.

Da für diesen Transport also nicht mehr die Berufungswerberin verantwortlich war, erweist sich der Tatvorwurf als verfehlt.

4.4. Die Bestimmung des § 2 Abs.3 TGSt bezweckt, dass der Schutz der Tiere vor überlangen Transporten gewährleistet ist, auch wenn diese auf einem Transport umgeladen oder nur kurzfristig ausgeladen werden.

Diese Bestimmung kann aber nicht dazu verwendet werden, eine einmal ausgestellte Transportbescheinigung zu perpetuieren, wenn sich während des Transportes so maßgebliche Umstände wie die Person des Verfügungsberechtigten, Ver- und Entladeorte, Transportbeginn, Kennzeichen des verwendeten Fahrzeuges usw. ändern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG der Berufungswerberin nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Verfügungsberechtigter; Transportbescheinigung

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