Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108407/5/Bi/Ri

Linz, 19.08.2002

 

VwSen-108407/5/Bi/Ri Linz, am 19. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S, , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. V, , vom 2. Juli 2002 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. Mai 2002, GZ 101-5/3-330135525, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch mit der Maßgabe folgender Änderung bestätigt wird: "Sie haben am 23. August 2001, 7.19 Uhr, in Leonding, Hartackerstraße, einer Straße im Sinne der StVO, Ihren Pkw, Chrysler Voyager, weiß, ohne Kennzeichentafeln abgestellt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung zu sein. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: §§ 82 Abs.1 und 2 iVm 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 ... ", die Geldstrafe jedoch auf 30 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt werden.
  2. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 3 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 2 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 eine Geldstrafe von 72 Euro (2 Tagen EFS) verhängt, weil er zumindest am 23. August 2001 in Leonding, Hartackerstraße (hierbei handle es sich um eine Straße im Sinne der StVO), seinen Pkw - Marke Chrysler Voyager, Farbe weiß, ohne polizeiliches Kennzeichen abgestellt habe, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung gewesen zu sein.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7,20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, den Ausführungen der Erstinstanz könne nicht gefolgt werden. Zunächst sei bereits eine schriftliche Rechtfertigung abgegeben worden, nämlich der Schriftsatz vom 1.2.2002. Es sei daher nicht richtig, dass keine Äußerung im Rahmen des Erstverfahrens erstattet worden sei.

Das Straferkenntnis sei in sich widersprüchlich. Es sei nämlich zunächst die Rede davon, das Fahrzeug habe kein Kennzeichen aufgewiesen; dann werde im Straferkenntnis das Kennzeichen aber angeführt. Der Tatvorwurf, nach welcher Bestimmung ein Verstoß gesetzt worden sei, fehle.

Erneut weise er darauf hin, dass es sich um ein Wechselkennzeichen handle, sodass die Voraussetzungen des § 82 zum Vorfallszeitpunkt nicht gegeben gewesen seien.

Es sei auch davon auszugehen, dass ein schuldhaftes Verhalten nicht gesetzt worden sei. Außerdem sei die Geldstrafe überhöht. Bei objektiver Beurteilung des Sachverhalts habe kein Grund zur Verhängung einer Geldstrafe bestanden, weshalb beantragt wird, das Straferkenntnis zu beheben, in eventu eine Ermahnung auszusprechen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Kombi am 23. August 2001 um 7.19 Uhr in Leonding/Berg, Hartackerstraße auf Höhe des Hauses, ohne Kennzeichentafel abgestellt gewesen sei, obwohl der Bw, der Zulassungsbesitzer des Kfz ist, dafür keine Bewilligung besessen habe. Der Zulassungsbesitzer konnte laut Anzeige des Meldungslegers Insp. F anhand der Begutachtungsplakette ermittelt werden.

Die Anzeige erging an die Tatortbehörde, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, die das Verfahren gemäß § 29a VStG zunächst an die BPD Linz abtrat. Diese übermittelte die Anzeige unter Hinweis auf § 27 VStG wegen Unzuständigkeit an die Tatortbehörde, die das Verfahren mit 8. Oktober 2001 gemäß § 29a VStG an die sachlich zuständige Wohnsitzbehörde, den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz, abtrat. Von diesem erging die - rechtzeitig beeinspruchte - Strafverfügung vom 18. Oktober 2001, mit der dem Bw zur Last gelegt wurde, er habe insofern eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.3 lit.d iVm 82 Abs.1 StVO 1960 begangen, als er zumindest am 23. August 2001 in Leonding, Hartackerstraße, Haus - eine Straße im Sinne der StVO - seinen Pkw Chrysler Voyager, weiß, ohne polizeiliches Kennzeichen abgestellt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung gewesen zu sein.

Der mittlerweile rechtsfreundlich vertretene Bw wurde daraufhin mit Schreiben vom 14. Jänner 2001 zur Rechtfertigung aufgefordert. Der Rechtsvertreter nahm laut Aktenvermerk vom 25. Jänner 2002 Akteneinsicht.

Eine Rechtfertigung war im erstinstanzlichen Verfahrensakt nicht zu finden, wohl aber das mit 29. Mai 2002 ergangene und nunmehr angefochtene Straferkenntnis, das zwar die Strafnorm (§ 99 Abs.3 lit.d StVO ), nicht aber die übertretene Norm, und im Übrigen den wörtlich gleichen Tatvorwurf wie die Strafverfügung enthält.

Auf Grund des Rechtsmittelvorbringens wurde dem Bw seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates die Möglichkeit eingeräumt, den - angeblich abgesendeten aber nicht im erstinstanzlichen Akt befindlichen - Schriftsatz vom 1. Februar 2002 vorzulegen, was der Bw getan hat, allerdings ohne Nachweis der Absendung.

Da dieser Schriftsatz inhaltlich zum Bestandteil der Stellungnahme vom 8. August 2002 gemacht wurde, war der Inhalt beider Schriftsätze in das Rechtsmittelverfahren einzubeziehen. Dem Bw erwuchs somit durch das Fehlen der Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahrensakt keinerlei Nachteil.

Er hat inhaltlich geltend gemacht, die Kontrolle des Pkw durch den Meldungsleger habe offensichtlich zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als er den Wechsel des Kennzeichens vorgenommen habe. Die Voraussetzungen einer Bewilligungsnotwendigkeit hätten nicht bestanden. Der Beamte habe auch erkennen müssen, dass es sich um ein Wechselkennzeichen gehandelt habe. Auch sei keine Verkehrsbehinderung eingetreten. Der Tatvorwurf sei unberechtigt, gegebenenfalls wegen Geringfügigkeit nicht notwendig.

Weiters wird Verfolgungsverjährung eingewendet, zumal die Strafverfügung unvollständig in Bezug auf den Zeitpunkt sei, ebenso wie die Aufforderung zur Rechtfertigung. Es bestehe ein Widerspruch insofern, als von einem Fahrzeug gesprochen werde, das ohne Kennzeichen abgestellt worden sei, andererseits werde auf Daten des Fahrzeuges mit Kennzeichen hingewiesen. Der zur Last gelegte Tatvorwurf könne daher nicht angenommen werden.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.d StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach § 82 bewilligungspflichtige Tätigkeit ... vornimmt ...

Gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs ... unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. ... Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist eine Bewilligung nach Abs.1 auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichen-tafeln erforderlich.

Für die Aufstellung des zweiten Fahrzeuges bei Vorhandensein eines Wechselkennzeichens ist eine Bewilligung nach § 82 Abs.1 erforderlich (vgl VwGH v 17.6.1963, 1635/62). In den Fällen eines Wechselkennzeichens nimmt befugtermaßen nur das Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teil, welches das Kennzeichen führt (vgl VwGH v 10.9.1971, 786/70).

Auf der Grundlage dieser Judikatur besteht kein Zweifel, dass eine Bewilligung nach § 82 Abs.1 StVO auch für das Abstellen des beim Wechsel des Wechselkennzeichens kennzeichentafellosen Fahrzeuges für dieses eine solche Bewilligung erforderlich ist. Ist der Zulassungsbesitzer nicht im Besitz einer solchen Bewilligung, hat er dieses Fahrzeug von der Straße mit öffentlichem Verkehr zu entfernen, zB in einer Garage abzustellen. Abgesehen davon ist auf die Bestimmung des § 89a Abs.2 lit.a StVO zu verweisen.

§ 82 Abs.2 enthält ausdrücklich den Begriff "Aufstellen", dh für die Erfüllung des Tatbestandes muss kein "Halten" oder "Parken" von bestimmter Dauer vorliegen.

Das Argument des Bw zum (vermeintlichen) Widerspruch zwischen dem Tatvorwurf (Pkw ohne Kennzeichentafel) und der Anführung des Kennzeichens im Spruch ist insofern unzutreffend, als der Pkw seine Zulassung durch das vorübergehende Fehlen der Kennzeichentafeln nicht verloren hat, dh über das Kennzeichen zu konkretisieren war.

Die Verfolgungsverjährungsfrist begann im gegenständlichen Fall mit 23. August 2001 und endete mit 23. Februar 2002. In der Anzeige wird das Fehlen von Kennzeichentafeln beim abgestellten Kombi ausdrücklich angeführt. Der erstinstanzliche Tatvorwurf umfasst den gesamten 23. August 2001, dh 24 Stunden von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Eine Stellungnahme dazu war im Schriftsatz vom 1. Februar 2002 nicht enthalten.

Der Bw wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 14. Jänner 2002 (Zustellung 17. Jänner 2002) aufgefordert, zur Tatanlastung Stellung zu nehmen. Die Akten/Anzeigen-Einsichtnahme durch den Rechtsanwalt mit der Fristgewährung bis 1.2.2002 erfolgte am 25. Jänner 2002.

Durch die Akteneinsicht innerhalb der sechsmonatigen Frist, verbunden mit der auch hinsichtlich der verletzten Gesetzesbestimmung konkretisierten Anlastung laut Aufforderung zur Rechtfertigung, war der Bw in der Lage, sich konkret zum Tatvorwurf zu verantworten und darauf bezogen Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen.

Eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG stellt insbesondere dar: Das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung (vgl VwGH (verst Sen) v 19.9.1984, Slg 11525A, uva) oder auch wenn dem Rechtsanwalt, der schon vorher für den Beschuldigten in dieser Eigenschaft eingeschritten war, der Bericht des Meldungslegers mit dem übrigen Akteninhalt mit der Aufforderung, dazu schriftlich Stellung zu nehmen, zur Kenntnis gebracht wird (vgl VwGH v 20.2.19856, 85/02/0244, uva)

Auf dieser Grundlage war die numehr gemäß § 44a Z1 und 2 VStG vorgenommene Spruchänderung im Sinne einer Einschränkung hinsichtlich der Tatzeit - die Anzeige bezog sich lediglich auf den darin genannten Zeitpunkt und lässt keinerlei Schlüsse auf den ganzen 23. August 2001 oder gar einen längeren Zeitraum ("zumindest") zu - und einer näheren Konkretisierung im Sinne des Tatvorwurfs laut Strafverfügung und Anzeige zulässig.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates hat der Bw den ihm nunmehr zur Last gelegten Tatvorwurf zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal es sich dabei um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, eine Verkehrsbehinderung kein Tatbestandsmerkmal darstellt und der Bw nicht glaubhaft machen konnte, dass ihn an der Begehung der Übertretung kein Verschulden trifft.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro bzw bei Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw zutreffend als mildernd und nichts als erschwerend gewertet. Die finanziellen Verhältnisse des Bw wurden - von diesem unwidersprochen - geschätzt, sodass sie auch dem Rechtsmittelverfahren zugrunde zu legen waren.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates war schon aufgrund der zeitlichen Reduzierung des Tatvorwurfs die Strafe entsprechend herabzusetzen. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Bw. Sie liegt nunmehr im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Hinkunft zur genauesten Beachtung der für die Verwendung von Wechselkennzeichen geltenden Bestimmungen anhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde im Verhältnis zur Geldstrafe herabgesetzt.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG waren wegen der (einen unverschuldeten Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs.2 VStG ausschließenden) Erkundigungspflicht des Bw einerseits und seinem nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibenden tatbildmäßigen Verhalten andererseits nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: PKW ohne (Wechsel)Kennzeichen bedarf kein Abstellen auf einer Straße iSd § 1 StVO eine Bewilligung nach § 82 Abs.1 StVO - Bestätigung jedoch Einschränkung auf Beobachtungszeit des Meldungslegers - Strafherabsetzung

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