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VwSen-108409/12/Ki/Ka

Linz, 24.09.2002

VwSen-108409/12/Ki/Ka Linz, am 24. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des AW vom 7.7.2002, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.5.2002, GZ. S-9619/02-1, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.9.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 8.5.2002, GZ. S-9619/02-1, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 18.2.2002 um 1.) 20.40 und 2.) 21.05 Uhr in Linz, 1.) A und 2.) A L den KKW, Kz. , in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, "da bei der Rückrechnung durch den Polizeiarzt ein Mindestblutalkoholgehalt bzgl. Pkt. 1) von 1,00 Promille und bzgl. Pkt. 2) von 0,96 Promille ergab." Er habe dadurch jeweils § 5 Abs.1 StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 750 Euro (EFS je 10 Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 150 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Bw erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 7.7.2002 Berufung. Darin bestreitet er den Tatvorwurf und führt im Einzelnen aus, dass er um ca. 19.00 Uhr mit seiner Lebensgefährtin und deren Enkerl ins Gasthaus L gefahren sei. Dort habe er einen Kaffee und zwei Seidel Bier getrunken. Um 20.30 Uhr ca. seien sie nach Hause gefahren. Es hätte dann einen Streit gegeben und er sei nachher ins M gefahren. Dort habe er sein Auto am Parkplatz abgestellt. Im M habe er zwei Halbe Bier und einen kleinen Cognac getrunken. Später sei die Polizei gekommen und habe ihn aufgefordert, mitzukommen. Er sei sich keiner Schuld bewusst die Rechtsvorschriften verletzt zu haben.

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.9.2002. An dieser Berufungsverhandlung nahm seitens der Parteien lediglich der Bw teil, der Vertreter der Erstbehörde hat sich wegen dienstlicher Verhinderung entschuldigt.

Als Zeugen wurden RI. KP und Frau GW einvernommen.

I.5. Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Bw im Wesentlichen den Sachverhalt, er führte jedoch aus, dass er zunächst im Gasthaus L während des Aufenthaltes lediglich zwei Seidel Bier und einen Kaffee getrunken habe. Anschließend sei es zu Hause mit seiner Exfrau zu einem Streit gekommen, er sei anschließend in das Lokal M gefahren und habe sich dort eine Stunde aufgehalten. Während dieser Zeit habe er zwei Halbe Liter Bier und ein Rüscherl (kleiner Cognac mit Cola) getrunken. Er habe dann noch einen Kaffee bestellt und nachher sei die Polizei ins Gasthaus gekommen. Er habe dem Meldungsleger gegenüber nie angegeben, dass er in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 20.40 Uhr drei bis vier Halbe Bier getrunken hätte. Wenn er drei Seidel Bier trinke, würde er nicht mehr fahren.

Der Meldungsleger führte bei seiner Einvernahme aus, dass er - im Zuge einer hier nicht relevanten - Amtshandlung den Bw im Lokal M vorgefunden habe. Unter anderem sei ihm deutlicher Alkoholgeruch aufgefallen, deshalb sei ein Alkotest durchgeführt worden. Konfrontiert damit, dass eine in der Anzeige angeführte Niederschrift mit dem Beschuldigten, wo dieser auch angegeben haben soll, er habe drei bis vier Halbe Bier getrunken, nicht im Verfahrensakt aufscheint, erklärte der Zeuge, es könne sein, dass diese Niederschrift einer anderen Anzeige, welche wegen des anderweitigen Vorfalles erstattet wurde, beigeschlossen wurde. Es könne auch sein, dass (entgegen den Ausführungen im Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung) der Beschuldigte auch bloß von zwei Bier gesprochen hat.

Frau W, die Exgattin und nunmehrige Lebensgefährtin des Beschuldigten, führte im Rahmen ihrer Aussage aus, dass ihr Exgatte im Gasthaus L (nach 19.00 Uhr) maximal zwei Seidel Bier getrunken habe, anschließend seien sie nach Hause gefahren. Konfrontiert mit den Ausführungen in der Niederschrift vom 23.2.2002, wonach die Zeugin angegeben hätte, ihr Exgatte habe im Gasthaus L drei bis vier Halbe Liter Bier getrunken, erklärte die Zeugin, dass dies nicht so gewesen sei. Er habe maximal zwei Seidel getrunken. Sie habe die Niederschrift, welche von ihr unterfertigt wurde, nur flüchtig durchgelesen und es könnte sein, dass sie diese Angabe überlesen habe.

Der durchgeführte Alkotest ergab um 23.16 Uhr einen Wert von 0,37 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Eine vom Amtsarzt der BPD Linz durchgeführte Rückrechnung ergab die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Werte zu den vorgeworfenen Tatzeiten.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 581 Euro bis 3.633 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung der unter Punkt I.5. dargelegten Angaben gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die Angaben der Zeugin W im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bezüglich der vom Beschuldigten im Gasthaus L erfolgten Alkoholkonsumation nicht zu widerlegen sind. Der Meldungsleger selbst hat im Rahmen seiner Aussage ausgeführt, dass er sich nicht sicher sei, ob der Beschuldigte, wie im Protokoll zur Atemluftuntersuchung angeführt, tatsächlich eine Trinkmenge von drei bis vier Halben Bier angegeben hat, es könnte auch sein, dass er von zwei Bier gesprochen hat.

Legt man die vom Bw im Rahmen der Berufung angegebenen Trinkmengen einer (ungefähren) Berechnung des Blutalkoholgehaltes nach der Widmark-Formel zugrunde, so lässt sich das Messergebnis um 23.16 Uhr durchaus auch aus diesen Angaben ableiten, was für eine Schlüssigkeit der Angaben des Bw spricht. Es widerspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Beschuldigte erst nach dem Streit mit seiner Gattin nochmals ins Gasthaus gefahren ist und er dort - entgegen seinen Trinkgewohnheiten - nochmals Bier und Cola mit Cognac konsumiert hat. Jedenfalls ist auszuschließen, dass er nach seinem Aufenthalt im M noch einmal das Fahrzeug in Betrieb genommen hat.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass, wenn der Sachverhalt nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit geklärt werden kann, ein Freispruch zu erfolgen hat.

Unter Zugrundelegung der im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgekommenen Fakten, insbesondere auch der Zeugenaussagen, erscheint die Rechtfertigung des Bw im gegenständlichen Falle durchaus schlüssig und nachvollziehbar.

Nach Aufnahme aller zur Verfügung stehenden Beweise steht daher in keiner Weise fest, dass der Bw tatsächlich, wie ihm vorgeworfen wird, das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. In Anwendung des oben erwähnten Grundsatzes "in dubio pro reo" kann daher der dem Bw zur Last gelegt Tatvorwurf nicht als erwiesen angesehen werden.

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

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