Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107447/8/Fra/Ka

Linz, 27.04.2001

VwSen-107447/8/Fra/Ka Linz, am 27. April 2001 DVR.0690392

E R K E N N T N I S      

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn NA, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 29.12.2000, AZ. VerkR96-239-2000/Win, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.4.2001, zu Recht erkannt:     Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.     Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.     Entscheidungsgründe:   1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 400 S (EFS 12 Stunden) und 2.) wegen Übertretung des § 8 Abs.4 1. Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er am 4.12.1999 von 14.27 Uhr bis 14.34 Uhr in Linz, Graben, vor dem Haus Nr.32 als Lenker des Kombi mit dem behördlichen Kz.: dieses Kraftfahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt und 2.) hiebei verbotenerweise den Gehsteig benützt hat, indem er das Fahrzeug mit dem linken Räderpaar auf dem Gehsteig abstellte.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).   3. Unstrittig steht fest, dass der Bw als Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges an der im Spruch angeführten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit dieses Kraftfahrzeug wie beschrieben abgestellt hatte. Laut Bescheid der Landeshauptstadt Linz, Magistrat - Bezirksverwaltungsamt, vom 28.1.1999, GZ. 101-5/19-330088199, wurde dem Bw an der Nordseite des Grabens zwischen Graben 22 und Graben 32 von dem an dieser Örtlichkeit verordneten Halteverbot und vom Verbot der Benützung des Gehsteiges eine Ausnahmebewilligung, geltend für Kraftfahrzeuge von Lieferanten und Firmenfahrzeuge des Berechtigten zur Durchführung einer Ladetätigkeit, gültig bis 28.1.2001, erteilt.   Aufgrund der Anzeige des Meldungslegers, Herrn Rev.Insp. GW, BPD Linz, vom 24.1.2000 und dessen im erstinstanzlichen Verfahren getätigten zeugenschaftlichen Aussagen ist die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, dass während des spruchgegenständlichen Zeitraumes keine Ladetätigkeit durchgeführt wurde. Dem Vorbringen des Bw, er betreibe mit Standort Linz, G, ein Schuhgeschäft, wobei die Belieferung mit Schuhen teilweise durch Lieferanten und teilweise durch ihn persönlich erfolge, eine Einschränkung der Ladetätigkeit auf größere Gegenstände nicht gegeben sei, sodass das Be- und Entladen von Schuhschachteln erlaubt sei und er im konkreten Fall mindestens 30 bis 50 Schuhschachteln zu entladen gehabt habe, sodass die Tatsache der Ladetätigkeit unbestritten wäre, entgegnete die belangte Behörde, dass das im Geschäftstandort des Bw hauptsächlich in Form von Schuhschachteln anfallende Ladegut, wenn es sich um größere zu verladende Mengen handelt, im Geschäft soweit vorbereitet werden könne, dass ein zügiges Aufladen möglich ist. Die im oben zitierten Bescheid unter Ziffer 4 angeführte Auflage: "Nach der Ladetätigkeit ist das Fahrzeug sofort wegzubringen" sei streng auszulegen und umfasse der Begriff "Ladetätigkeit" nicht auch für Verrichtungen innerhalb eines Zeitraumes von sieben Minuten, in der nur das Schlichten und Zusammenstellen der Ladung erfolge und während dieser Tätigkeit praktisch keine Beladung des Fahrzeuges stattfindet. Ein Umschlichten etc. des Ladegutes könne im Geschäftsraum auch vor dem Be- bzw nach dem Entladen des Fahrzeuges erfolgen, ohne dass dieses vor dem Geschäft abgestellt sein müsse. Die belangte Behörde nahm es sohin als erwiesen an, dass im oben angeführten Zeitraum keine Ladetätigkeit durchgeführt wurde und der Kombi verbotenerweise im deutlich beschilderten "Halte- und Parkverbot" abgestellt war, wobei widerrechtlich der Gehsteig befahren wurde.   Dagegen wendet der Bw ein, dass die von der belangten Behörde hier "gewünschte" Vorgangsweise aufgrund der räumlichen Situation des Geschäftslokales absolut unmöglich sei. Vom Eingang aus gesehen sei das Geschäftslokal relativ eng, es befinde sich unmittelbar nach dem Eingangsbereich auf der linken Seite die Verkaufstheke, an der die Kassa untergebracht ist und dergleichen. Auf der rechten Seite befinden sich an der Wand entlang gestapelte Schuhschachteln zur Präsentation. Im Bereich zwischen den rechts an der Wand befindlichen Schuhschachteln und dem Kassabereich seien in der Mitte noch in der Breite von zwei Schuhschachteln stapelweise Schuhschachteln mit darauf befindlichen Schuhen gestapelt, sodass links und rechts dieser in der Mitte befindlichen gestapelten Schuhschachteln Platz bleibt, der es einem erlaubt, gerade noch durchzugehen. Wenn man nun in diesem Bereich auch noch Schachteln stapeln würde, so wäre eine Durchgangsmöglichkeit in den hinteren Bereich des Geschäftslokales absolut unmöglich und würde man das Geschäft zur Gänze blockieren. Insbesondere sei es im Hinblick auf die räumliche Enge nicht möglich, hier eine größere Anzahl von Schuhschachteln zu stapeln, da man bei diesen Stapelversuchen bzw dem Hinräumen oder Wegräumen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die in der Mitte gestapelten Schuhschachteln umstoßen würde. Der Bw stellt sohin den Beweisantrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines in den Geschäftsräumlichkeiten G, 4020 Linz, zum Beweis dafür, dass die von der belangten Behörde angezogene Vorgangsweise, nämlich das Stapeln von Schuhkartons im Eingangsbereich zur Vorbereitung von Ladetätigkeiten technisch absolut unmöglich bzw zumindest untunlich ist.   Weiters bringt der Bw vor, dass für ihn Punkt 2 des Straferkenntnisses nicht nachvollziehbar sei, da der oa Bescheid unter den Auflagen in Punkt 2 ausdrücklich festhält, dass bei der Durchführung einer Ladetätigkeit mit einem Räderpaar auf dem Gehsteig und mit einem Räderpaar auf der Fahrbahn das Fahrzeug abgestellt werden müsse, dies insbesondere deshalb, damit zwischen der Häuserfront und dem ladenden Fahrzeug eine Durchgangslichte von mindestens 1 m für die Fußgänger freizubleiben hat. Nachdem das Fahrzeug schon alleine auf den Spruch des Straferkenntnisses genau auf diese Weise abgestellt war, sei die diesbezügliche Bestrafung nicht nachvollziehbar. Sollte die Behörde - in der Begründung sei von diesem Punkt nichts ausgeführt - davon ausgehen, dass Punkt 2 deshalb zur Anwendung komme, weil im Sinne des Punktes 1 keine Ladetätigkeit vorliegt, so wäre dennoch selbstverständlich eine Bestrafung wegen des Punktes 2 nicht möglich, da das eine Verhalten das andere selbstverständlich inkludiert und dies jedenfalls einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot darstellen würde. Der Bw stellt sohin den Antrag, der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen. Außerdem beantragt er eine mündliche Berufungsverhandlung.   Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat aufgrund des oa Vorbringens eine mündliche Berufungsverhandlung für 24.4.2001 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Weiters wurde in Stattgebung des Beweisantrages des Bw ein Lokalaugenschein an der Tatörtlichkeit durchgeführt. Als Ermittlungsergebnis ist festzuhalten, dass die von der belangten Behörde angezogene Vorgangsweise, nämlich das Stapeln von Schuhkartons im Eingangsbereich zur Vorbereitung von Ladetätigkeiten technisch untunlich ist. Die vom Bw geschilderte räumliche Situation des Geschäftslokales entspricht den Tatsachen.   Im Hinblick auf die räumliche Beengtheit des Geschäftslokales würde beim Stapeln einer größeren Anzahl von Schuhschachteln die Durchgangsmöglichkeit in den rückwärtigen Bereich des Geschäftslokales behindert bzw blockiert werden. Aufgrund des Umstandes, dass auch in der Mitte des Geschäftslokales zwei Reihen Schuhschachteln mit darauf befindlichen Schuhen gestapelt sind, wäre das Umstoßen dieser Schachteln durch das Ein- und Wegräumen von weiteren Schachteln sehr wahrscheinlich. Bei der Berufungsverhandlung brachte der Bw glaubhaft vor, 30 bis 50 Schuhschachteln entladen zu haben und dann leere Schuhschachteln, die im Keller gelagert waren, wieder in das Fahrzeug eingeräumt zu haben. Zur Tatzeit war er Inhaber von zwei Geschäften, das zweite Geschäft befand sich in der Uno-City. In beiden Geschäften waren Schuhschachteln gelagert und wurden teilweise von einem Geschäft zum anderen befördert. Manche Firmen lieferten die Schuhschachteln zu dem Geschäft an der Tatörtlichkeit. Eine Lieferung könne 300 bis 400 Schuhschachteln umfassen. Teilweise musste er dann diese Schachteln bei der Durchführung der Ent- und Beladetätigkeit am Gehsteig stapeln. Was den oa Bescheid des Magistrates Linz betrifft, räumte der Bw ein, dass dieser unter dem Scheibenwischer befestigt war. Wenngleich der oa Bescheid als Auflage vorsieht, dass dieser Bescheid hinter der Windschutzscheibe abzulegen ist, wird eine Befestigung dieses Bescheides unter dem Scheibenwischer auch dem Auflagenzweck gerecht.   Aufgrund des Vorbringens des Bw im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren sowie aufgrund seines Vorbringens bei der Berufungsverhandlung (dieses kommt dem Grunde des § 51i VStG deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil nach dieser Bestimmung, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen ist, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist [Grundsatz der Unmittelbarkeit ]), kann der Oö. Verwaltungssenat das Ermittlungsergebnis der belangten Behörde insoferne, als der Bw keine Ladetätigkeit durchführte, nicht teilen. Der Oö. Verwaltungssenat geht in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" von einer Ladetätigkeit zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit aus, was rechtlich zur Folge hat, dass der Bw aufgrund des Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 28.1.1999, GZ. 101-5/19-330088199, die ihm zur Last gelegten Tatbilder nicht erfüllt hat, zumal er den Bescheid auch dem Zweck der Auflage 1.) entsprechend am Fahrzeug angebracht hatte.   Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.   4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.       Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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