Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107475/2/Le/La

Linz, 21.05.2001

VwSen-107475/2/Le/La Linz, am 21. Mai 2001 DVR.0690392           E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des H F, F 13, F, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. M S, H 102, 4 F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4.1.2001, Zl. VerkR96-12569-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.     Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4.1.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (36,34 Euro) (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 11.9.2000 gegen 7.30 Uhr einen näher bezeichneten Kombi in T auf der W Bundesstraße in Fahrtrichtung V gelenkt, wobei er bei km 248,700 beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre und wäre es dadurch zu einem Zusammenstoß gekommen.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 16.1.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Straferkenntnis aufzuheben und die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:   Die Unfallbeteiligte B G hatte am 11.9.2000 gegen 7.30 Uhr ihren PKW verkehrsbedingt vor einem Fußgängerübergang angehalten. Der nachkommende Lenker, der nunmehrige Berufungswerber, übersah dies und fuhr auf den stehenden PKW von Frau G auf. Vor der Gendarmerie gab der Berufungswerber an, dass er die stehende Kolonne zwar gesehen hätte, aber wahrnehmen konnte, dass die ersten Fahrzeuge der Kolonne bereits wieder am Wegfahren waren. Er hätte deshalb angenommen, dass er ohne anzuhalten aufschließen könnte. Durch eine am Fahrbahnrand befindliche Person dürfte er abgelenkt gewesen sein, sodass er zu spät wahrgenommen hätte, dass der unmittelbar vor ihm befindliche PKW noch gestanden sei. Dies bestätigte Frau B G, die angab, im Ortszentrum von T in einer Kolonne hinter zwei vor dem Fußgängerübergang anhaltenden Fahrzeugen angehalten zu haben. Plötzlich sei ihr ein nachkommender PKW aufgefahren.   4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. Aus der Anzeige des Gendarmeriepostens T sowie aus den Aussagen des nunmehrigen Berufungswerbers sowie der Mitbeteiligten B G geht eindeutig hervor, dass Frau G mit ihrem PKW nicht in Bewegung war, sondern in einer Kolonne vor einem Fußgängerübergang angehalten hatte, also ihr Fahrzeug schon einige Zeit vor dem Anstoß zum Stillstand gebracht hatte.   Insofern ist der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses, "beim Fahren hinter dem nächsten, vor Ihnen fahrenden Fahrzeug ..." aktenwidrig! Aus der Gendarmerieanzeige geht eindeutig hervor, dass der PKW von Frau Graf stand.   Nach § 18 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Das Auffahren auf ein angehaltenes Fahrzeug erfüllt nicht den Tatbestand des § 18 Abs.1 StVO, wenn sich dieser Vorgang nicht im Zuge eines Hintereinanderfahrens ereignet hat (VwGH vom 5.7.2000, 97/03/0081).   Dies hat zur Folge, dass der Tatvorwurf einer Verletzung des § 18 Abs.1 StVO im vorliegenden Fall unzutreffend ist.   Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   Zum Eventualantrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen, wird bemerkt, dass gemäß § 24 VStG die mit diesem Antrag angesprochene Bestimmung des § 66 Abs.2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar ist.   Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.   Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.     Dr. L e i t g e b       Beschlagwortung: Auffahren auf stehendes Fahrzeug
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