Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107505/3/SR/Ri

Linz, 02.07.2001

VwSen-107505/3/SR/Ri Linz, am 2. Juli 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S      

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des D L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, Rstraße , W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von K a.d. K vom 1. Februar 2001, Zl. VerkR96-10728-2000, wegen Übertretungen nach dem Führerscheingesetz 1997 (im Folgenden: FSG), zu Recht erkannt:   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.   Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten zu leisten.   Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2000 - VStG. zu II.: § 66 VStG.     Entscheidungsgründe:   1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von K a.d. K wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt, weil er am 2.10. 2000 um ca. 08.25 Uhr, am 3.10.2000 um ca. 08.00 Uhr, am 9.10.2000 um ca. 08.00 Uhr und am 10.10.2000 um ca. 07.00 Uhr jeweils das vierrädrige Leichtkraftfahrzeug, Kennzeichen K auf der Mstraße im Ortsgebiet von K a.d. K vom Parkplatz beim Hause Nr. in Richtung G gelenkt hat, obwohl ihm mit Bescheid vom Bezirkshauptmann von K a.d. Krems vom 17.8.2000, VerkR21-163-2000 das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten worden war. Wegen dieser Übertretungen wurde er zu jeweils 1.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit mit einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft.   2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 5. Februar 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Februar 2001 - somit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.   2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass die Behörde auf Grund der Zeugenaussagen in freier Beweiswürdigung zum Schluss gekommen wäre, dass der Bw zu den im Spruch angeführten Tatzeiten sein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug gelenkt habe, obwohl ihm das Lenken von Leichtkraftfahrzeugen bescheidmäßig verboten worden wäre. Die Rechtfertigungsangaben hätten als Schutzbehauptung gewertet werden müssen.   2.2. Dagegen bringt der Vertreter des Bw vor, dass jener Bescheid, der dem Bw das Lenken von Leichtkraftfahrzeugen verboten hatte, nur dem Vertreter und nicht dem Bw zugestellt worden sei.   3. Die Bezirkshauptmannschaft K a.d. K hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.   3.1. Auf Grund der Begründungsangaben der Behörde erster Instanz und der Berufungsbegründung wurden vom unabhängigen Verwaltungssenat ergänzende Erhebungen durchgeführt. Das Erhebungsergebnis wurde der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht.   3.2. Auf Grund der Einsicht in den Verwaltungsstrafakt und der erhebenden Ergänzungen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:   Die Behörde erster Instanz hat den Bescheid vom 17. August 2000, VerkR21-163-2000, mit dem dem Bw das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten worden war, an den Vertreter des Bw zugestellt.   Der Vertreter des Bw hat aus Versehen diese Entscheidung dem Bw nicht zur Kenntnis gebracht.   Der Bw hat ohne Kenntnis, dass ihm das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges verboten ist, das bezeichnete Fahrzeug zu den Tatzeiten an den Tatorten gelenkt.   3.3. Die Angaben des Vertreters des Bw sind schlüssig und nachvollziehbar und werden durch die rechtzeitigen Informationen an die Behörde erster Instanz schlüssig belegt. So hat der Vertreter des Bw bereits am 12. Oktober 2000 der Bezirkshauptmannschaft K a.d. K mitgeteilt, dass er durch eine Amtshandlung der Gendarmerie mit dem Bw zur Erkenntnis gelangt sei, dass er den BW nicht vom verhängten Verbot des Lenkens eines Mopedautos informiert habe. Erst nach dieser Mitteilung an die Bezirkshauptmannschaft, die am 16. Oktober 2000 eingelangt ist, wurde dem Vertreter des Bw am 25. Oktober 2000 eine Aufforderung zur Rechtfertigung betreffend der Tatanlastungen des angefochtenen Straferkenntnisses zugestellt.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   4.2. Das VStG versteht unter "Schuld" die subjektive Tatseite, dh jene tatsächlichen Vorgänge in der Psyche des Täters, die vorliegen müssen, um das Delikt zu verwirklichen ("psychologische Schuldauffassung"). Sie kann in der Absicht oder im Bewusstsein bestehen, das rechtswidrige objektive Verhalten zu setzen, oder in der fehlenden Aufmerksamkeit bei dessen Verwirklichung. Die Rechtsordnung typisiert diese psychischen Einstellungen in die Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Das VStG geht von einer erforderlichen - in Vorsatz und Fahrlässigkeit vertypten - psychischen Beziehung des Täters zu den Merkmalen des Tatbestandes und der Pflichtwidrigkeit aus. Die Annahme des Erfordernisses der Kenntnis (oder schuldhafter Unkenntnis) der Rechtswidrigkeit verwandelt die zu Grunde liegende psychologische Schuldauffassung nicht zu der - derzeit für das gerichtliche Strafverfahren weiterhin vertretenen - normativen Schuldauffassung. Das dem VStG zugrunde liegende Konzept trennt klar zwischen den psychischen Tatsachen und der - für die normative Schuldauffassung kennzeichnenden - Zumutbarkeit, sich gebotsgemäß zu verhalten (Walter Thienel, die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. neu bearbeitete Auflage, zu § 5 VStG Anmerkung 1, Seite 49f).   Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt.   4.3. Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt, ist glaubwürdig davon auszugehen, dass der Bw bis zum 12. Oktober 2000 keine Kenntnis von dem gegen ihn erlassenen Lenkverbot hatte. Es kann auch nicht erkannt werden, dass der Bw sich in schuldhafter Unkenntnis befunden hat. Er konnte darauf vertrauen, dass der ihn vertretende Rechtsanwalt unverzüglich von einer Entscheidung des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf a.d. Krems in Kenntnis setzen und ihm eine vollständige Entscheidung zukommen lassen würde. Mangels tatsächlicher Kenntnis und schuldloser Unkenntnis des behördlichen Lenkverbotes hat der Bw nicht schuldhaft gehandelt.   Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen. Durch das Fehlen der subjektiven Tatseite war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.   5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG hat der Bw keinen Kostenbeitrag zu leisten.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Mag. Stierschneider     Beschlagwortung: Subjektive Tatseite, schuldlose Unkenntnis

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