Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107534/2/BI/KM

Linz, 04.09.2001

VwSen-107534/2/BI/KM Linz, am 4. September 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S      

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, vom 26. Februar 2001 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 15. Februar 2001, S 3710/ST/00, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:    

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, in Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe jedoch auf 1.500 S (entspricht 109 €) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.   II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 150 S (entspricht 10,90 €); ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.   Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 42 Abs.1 iVm 99 Abs.2a StVO 1960 iVm § 20 VStG zu II.: §§ 64 und 65 VStG     Entscheidungsgründe:   zu I.:
  1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 42 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er, wie am 24. April 2000 um 16.45 Uhr in S, festgestellt worden sei, als Lenker des Lkw mit dem Kennzeichen den Anhängewagen mit dem Kennzeichen an einem Feiertag gezogen habe, obwohl das höchst zulässige Gesamtgewicht des Lkw oder des Anhängers mehr als 3.500 kg betragen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.   2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).   3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Milchtransporte seien vom Wochenendfahrverbot für Lkw mit Anhänger ausgenommen. Er habe vor Ort darauf hingewiesen, dass er am Anhänger Milch transportiert habe.   4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht - auch vom Bw unbestritten - hervor, dass dieser als Lenker der im Spruch genannten Fahrzeugkombination, Zulassungsbesitzer A Ö HandelsAG, S, am 24. April 2000, Ostermontag, um 16.45 Uhr in S, vom Meldungsleger BI R im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle beanstandet wurde, weil er gegen das Wochenendfahrverbot verstoßen habe. Festgestellt wurde, dass der Bw keine Ausnahmebewilligung für die Fahrt mit einem Kraftwagenzug hatte und dieser zum Großteil mit leicht verderblichen Lebensmitteln wie Milch und Milchprodukten in allen Variationen beladen war - die Lieferlisten für die im E bzw in K, H, E, D, A, W, G und S zu beliefernden Geschäfte wurden vorgelegt.   Der Bw verantwortete sich dahingehend, er habe von seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Fuhrparkleiter der Fa A, den Auftrag zur Auslieferungstour am Ostermontag in dieser Zugzusammenstellung erhalten. Er fahre ständig in dieser Zusammenstellung, weil der Anhänger auf Grund der Liefermengen unbedingt benötigt werde. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass dies mit dem Lkw-Zug unzulässig sei.   In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt. Gemäß § 42 Abs.1 StVO 1960 ist an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen mit Lkw mit Anhängern verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lkw oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen sind ua die Beförderung von Milch.   Auf dieses Argument, nämlich der Beförderung von Milch, hat sich der Bw gestützt, indem er im Rechtsmittel betonte, er habe überwiegend Milch und Milchprodukte geladen gehabt, wobei er erst am Beginn seiner Lieferfahrt gewesen sei. Aus den Lieferlisten geht hervor, dass die Ladung zum überwiegenden Teil aus Milch und Milchprodukten, nämlich ua Käse, Joghurt mit oder ohne Fruchtzusatz, Topfen und Butter, aber auch aus Obst, Gemüse und Fleischwaren bestand.   Als "Milchtransport" im Sinne des § 42 Abs.1 StVO war diese Ladung nach h Auffassung nicht zu bezeichnen. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist wohl vor allem die Sicherstellung der Beförderung von Milch von den Landwirten zu den Milchverarbeitungsbetrieben (insbesondere Molkereien) während der Zeit des Wochenendfahrverbotes, um zum einen ein Verderben der Milch zu verhindern und zum anderen aus hygienischen Überlegungen. Die vom Bw transportierten Milchprodukte sind Erzeugnisse, die aus Milch gewonnen werden, dh diese wurde bereits weiterverarbeitet und "veredelt". Der Bw hat weder Rohmilch noch Werkmilch noch wärmebehandelte Konsummilch im Sinne der Milchhygieneverordnung (BGBl.Nr.1998/II/40) transportiert, sondern Erzeugnisse auf Milchbasis, eben Milchprodukte, die vom Ausnahmetatbestand des § 42 Abs.1 StVO nicht mehr erfasst sind (vgl auch Erk d UVS vom 13.3.1997, VwSen-104239/8/Ki/Shn).   Die transportierten Güter sind vielmehr unter den Begriff "leicht verderbliche Lebensmittel" im Sinne des im § 42 Abs.3 StVO normierten Ausnahmetatbestandes vom Verbot gemäß § 42 Abs.2 leg.cit. zu subsumieren: Gemäß dieser Bestimmung ist in der oben genannten Zeit das Befahren von Straßen mit Lkw, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten. Die in den Lieferlisten angeführten Produkte sind allesamt Lebensmittel, deren Haltbarkeit und Genießbarkeit ohne besondere Vorsorge begrenzt ist. Allerdings enthält § 42 Abs.2 keine Ausnahme für Lkw mit Anhänger, sodass im Ergebnis zwar die Fahrt mit dem Lkw durchgeführt werden durfte, aber für den Anhänger eine Ausnahmebewilligung erforderlich gewesen wäre, die der Bw nicht vorweisen konnte.   Zur subjektiven Vorwerfbarkeit ist festzustellen, dass von einem Berufskraftfahrer und Lenker eines Kraftwagenzuges, der nach eigenen Angaben auch sonst mit einer solchen Fahrzeugzusammenstellung unterwegs ist, zu erwarten ist, dass er die konkreten Vorschriften des Wochenend- bzw Feiertagsfahrverbotes kennt und sich dieser Bestimmung gemäß verhält. Auch wenn er vom Fuhrparkleiter seines Arbeitgebers, dem im Übrigen diese Bestimmungen ebenfalls geläufig sein müssten, einen Lieferauftrag mit einem bestimmten Kraftwagenzug an einem Feiertag erhält, wäre es seine Angelegenheit gewesen, diesen darauf hinzuweisen bzw eine Ausnahmegenehmigung zu verlangen und die Fahrt entsprechend einzuteilen. Der Bw hat aus all diesen Überlegungen den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.   Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2a StVO 1960 von 3.000 S bis 30.000 S Geldstrafe (48 Stunden bis 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) reicht. Die Übertretung wurde nicht innerhalb eines 2-Stunden-Zeitraumes ab Beginn des Fahrverbotes begangen, sodass der Strafrahmen des § 99 Abs.2b StVO nicht anzuwenden war.   Der Bw ist nach Auskunft der Erstinstanz ebenso wie seiner Wohnsitzbehörde verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, bezieht ein Einkommen von ca 18.000 S monatlich, hat kein Vermögen und ist sorgepflichtig für die Gattin und zwei Kinder. Er hat im Rahmen eines von seinem Arbeitgeber erteilten Auftrages gehandelt und es wurde ihm laut Anzeige angesichts des transportierten Gutes die Weiterfahrt mit der Auflage der besonderen Vorsicht gestattet. Abgesehen davon ist eher befremdend, dass die A Ö HandelsAG nicht für gerade solche Fahrten mit den genannten Fahrzeugkombinationen (nach Auskunft des Amtes der Landesregierung, Abteilung Verkehr) nicht um Ausnahmegenehmigung angesucht hat.   Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist unter Bedachtnahme auf die genannten Milderungsgründe und dem Fehlen von straferschwerenden Umständen die Anwendung des § 20 VStG im gegenständlichen Fall noch gerechtfertigt. Gemäß dieser Bestimmung kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen ... , die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf general- sowie vor allem spezialpräventive Überlegungen den Kriterien des § 19 VStG. Ebenso ist die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis dazu bemessen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Mag. Bissenberger       Beschlagwortung: Wochenendfahrverbot (Ostermontag) für LKW mit Anhänger über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht, Ladung leicht verderbliche Lebensmittel, aber kein Milchtransport § 20 VStG.

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