Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107539/9/Sch/Rd

Linz, 16.05.2001

VwSen-107539/9/Sch/Rd Linz, am 16. Mai 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S    

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Dr. Leitgeb; Berichter: Dr. Schön; Beisitzer: Mag. Gallnbrunner) über die Berufung des H vom 8. März 2001, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19. Februar 2001, VerkR96-2918-2000, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 4. Mai 2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.   Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.   Entscheidungsgründe:   Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 19. Februar 2001, VerkR96-2918-2000, über Herrn H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 20.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen verhängt, weil er am 28. Juni 2000 um ca. 18.25 Uhr in T den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Forststraße Wendbach talwärts Richtung Kreuzung Wendbachstraße gelenkt habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt 19.35 Uhr, 0,77 mg/l Atemluftalkoholgehalt).   Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 2.000 S verpflichtet.   2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Strafbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.   3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:   Eingangs ist festzuhalten, dass der Berufungswerber weder seine Lenkereigenschaft zum Vorfallszeitpunkt noch das Ausmaß der bei ihm festgestellten Alkoholbeeinträchtigung in Abrede gestellt hat. Ein diesbezüglich näheres Eingehen erübrigt sich somit und kann der Sachverhalt - unter Hinweis auf die Ermittlungsergebnisse laut erstinstanzlichem Verwaltungsstrafverfahren - als hinreichend erwiesen angesehen werden.   Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Übertretung der StVO 1960 mit dem Einwand, es handle sich bei der in Rede stehenden Verkehrsfläche, der Forststraße Wendbach, um keine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO 1960. Gemäß dieser Bestimmung gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht (§ 1 Abs.2 leg.cit.).   Die Behörden dürfen daher für solche Straßen keine Verkehrsregelung anordnen und die Organe der Straßenaufsicht dürfen auf solchen Straßen niemanden beanstanden, selbst wenn er Straßenverkehrsvorschriften verletzt haben sollte (AB 60).   Zu den Begriffen "Straße mit öffentlichem Verkehr" bzw "Straßen ohne öffentlichen Verkehr" kann auf eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.   Für die Wertung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich; es kommt hiebei vielmehr darauf an, dass die Straße nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht (VwGH 14.2.1985, 84/02/0296).   Die Einschränkung der Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis allein entzieht der Straße nicht den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche. (VwGH 25.4.1985, 85/02/0122).   Im konkreten Fall hat der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung auf einer Forststraße gesetzt, die, wovon auszugehen ist, wie auch die übrigen Zufahrtsmöglichkeiten in das Waldinnere - der Rechtsmittelwerber benützt die Forststraße zur Jagdausübung - durch eine Schrankenanlage von außerhalb befindlichen Verkehrsflächen abgegrenzt ist. Die Schranken sind an und für sich funktionsfähig, die Fixierung eines geschlossenen Schrankens bzw dessen Absperrung ist aber schon seit längerem nicht möglich. Dies deshalb, da insbesondere die Lenker von Fahrzeugen zur Holzbringung, die über keine Schlüssel für das Schloss des Schrankens verfügen, die Absperrung wiederholt mit Gewalt geöffnet hatten. Offenkundig hatten Reparaturen in der Vergangenheit die Verschließbarkeit des Schrankens nicht lange bewirken können, sodass vom Waldeigentümer, den Ö, in den letzten Jahren hierauf verzichtet wurde. Die erwähnten Schrankenanlagen - eine davon wurde anlässlich der Berufungsverhandlung in Augenschein genommen - sind damit auch für die Lenker von mehrspurigen Kraftfahrzeugen kein unüberwindbares Hindernis; zudem ist davon auszugehen, dass zumindest der besichtigte Schranken auch des Öfteren überhaupt offen bleibt.   Weiters befinden sich auf den erwähnten Waldzufahrten noch Fahrverbotstafeln mit der Aufschrift "Forststraße" und Zusatztafeln mit der Ausnahme für Radfahrer in einem auf den Tafeln angegebenen eingeschränkten zeitlichen Umfang.   Der Berufungswerber verweist im Hinblick auf die seiner Meinung nach nicht gegebene Öffentlichkeit der gegenständlichen Forststraße noch darauf, dass er mit den Ö eine Vereinbarung zur Wegbenützung abgeschlossen habe, welche anlässlich der Verhandlung vorgelegt wurde. Die darin angeführten Forststraßen sind als "Privatwege" bezeichnet. Überdies ist die Benützung mit der "Jagdperiode 1.4.1998 bis 31.3.2001" zeitlich eingeschränkt. Als Zweck der Benützung ist "Jagd" angeführt. Auch wurde ihm ein Schlüssel zum Sperren der Schlösser der Schranken ausgehändigt. Das Benützen des Schlüssels war in der Folge, auch schon zum Vorfallszeitpunkt, aber nicht erforderlich, da keine Reparatur der immer wieder beschädigten Schlösser bzw Fixierungseinrichtungen der Schranken erfolgt ist.   Schließlich steht auch noch außer Zweifel, dass sich innerhalb des relevanten Waldstückes noch mehrere Wohnobjekte, insbesondere bewohnbare Hütten, befinden, die ebenfalls durch diese Forststraßen zu erreichen sind.   Für den Oö. Verwaltungssenat ergibt sich sohin für die Frage der Öffentlichkeit der Tatörtlichkeit folgender zu beurteilender Sachverhalt:   Ohne Zweifel hat der Waldeigentümer durch die Anbringung der Fahrverbotstafeln und der Schrankenanlagen Akte gesetzt, die seinen Willen zur Nichtöffentlichkeit der Forststraßen zum Ausdruck bringen. Durch diese Maßnahmen wurde auch für potenzielle Straßenbenützer ein gewisser diesbezüglicher äußerer Anschein erweckt. Andererseits wurde aber Radfahrern das Benützen der Forststraßen - wenn auch tages- und jahreszeitlich eingeschränkt - erlaubt. Des weiteren kann auch jederzeit und erlaubterweise Fußgängerverkehr stattfinden.   Angesichts der letztgenannten Umstände kann daher wohl nicht von einer Straße ohne öffentlichen Verkehr iSd eingangs erwähnten Bestimmung der StVO 1960 (und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) ausgegangen werden.   Im konkreten Fall kommt aber der subjektiven Tatseite besondere Bedeutung zu.   Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Einen relevanten Schuldausschließungsgrund stellt der Tatbildirrtum dar. Beim Tatbildirrtum irrt der Täter über jene Umstände, die zum Tatbild gehören, also über die äußere Tatseite. Der Täter erkennt sohin nicht, dass er einen Sachverhalt verwirklicht, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, wobei genügt, dass er sich über ein einziges von mehreren Tatbildmerkmalen irrt.   Dem Berufungswerber war nach Abschluss einer Vereinbarung zur Wegbenützung vom Jagdverpächter ein Schlüssel für die erwähnten Schrankenanlagen ausgehändigt worden. Diese Vereinbarung enthält mehrere Beschränkungen und Auflagen und insbesondere auch den Benützungszweck "Jagd". Wenngleich zum Öffnen der Schranken schon zum Vorfallszeitpunkt die Benützung eines Schlüssels nicht (mehr) erforderlich war, so kann die Aushändigung eines solchen an den Berufungswerber deshalb nicht als ohne Sinngehalt betrachtet werden. Vielmehr durfte bei ihm der nachvollziehbare Eindruck entstehen, dass er zu einem eingeschränkten Benützerkreis, noch dazu auf einen Benützungszweck festgelegt, der Forststraßen gehörte, und damit auch der Eindruck, dass er eine nicht-öffentliche Straße benützt. Allein die angebrachte Zusatztafel mit der Ausnahmeregelung für Radfahrer musste bei ihm an dieser Ansicht nichts ändern, da bekanntlich ein gewisser Fahrzeug- und Fußgängerverkehr auf jeder Forststraße stattfindet. Zumal er sich im Besitze der erwähnten Benützungsregelung mit den Ö und eines Schrankenschlüssels befand, würde man den Sorgfaltsmaßstab für einen rechtlichen Laien wohl unangebracht hoch ansetzen, wenn man ihm auch nur fahrlässiges Verhalten zur Last legen würde, dass er nicht erkannt hat, sich deshalb schon auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr zu befinden.   Mangels gegenteiliger Nachweisbarkeit ist davon auszugehen, dass er im Wissen, dass dieses Sachverhaltselement bzw Tatbildmerkmal doch erfüllt ist, das Fahrzeug dort nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hätte. Dafür spricht seine nicht widerlegte Verantwortung, seine Abholung aus dem Jagdrevier durch einen Bekannten organisiert zu haben, welcher sich aber verspätet hatte, weshalb es zu seiner - kurzen - Fahrt auf der Forststraße gekommen sei, um dem etwas verspäteten Bekannten entgegenzufahren.   Zusammenfassend vertritt der Oö. Verwaltungssenat sohin die Ansicht, dass im vorliegenden Fall das Vorliegen des erwähnten Schuldausschließungsgrundes noch nachvollziehbar angenommen werden kann, weshalb der Berufung im Ergebnis Erfolg beschieden zu sein hatte. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.       Dr. Leitgeb
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