Linz, 08.06.2001
VwSen-107609/13/Br/Bk Linz, am 8. Juni 2001 DVR.0690392
ERKENNTNIS
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, AZ. VerkR96-58-2000-GG, vom 2. April 2001, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 6. Juni 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:
- Begründend erwog die Behörde erster Instanz auszugsweise wie folgt:
"Gemäß § 7 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden oder bei Gegenverkehr am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hiebei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Gemäß § 99 Abs.2 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500,00 Schilling (entspricht 36,34 Euro) bis 30.000,00 Schilling (entspricht 2.180,19 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen,
- wird beantragt, dieser Berufung Folge zu geben, und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2.4.2001, VerkR96-58-2000-GG ersatzlos zu beheben und das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;
- in eventu wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen,
- in eventu wird beantragt, die verhängten Geldstrafen tat- und schuldangemessen entsprechend herabzusetzen.
- wird ausdrücklich beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem UVS durchzuführen.
L, am 2001-04-12/Dr.Hö/HS G" 3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist, da jeweils keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. 3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des Verfahrensaktes, insbesondere der Erörterung der vom Berufungswerber vorgelegten Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und den Bericht der Straßenmeisterei Unterweißenbach hinsichtlich des Straßenzustandes und der Witterung am 25. Dezember 1999. Ferner wurde Beweis erhoben durch Beischaffung von Luftbildern der bezughabenden Wegstrecke und des sich daraus ergebenden Straßenverlaufes und der Straßenkilometrierung, sowie im Rahmen eines Ortsaugenscheins an den jeweiligen Örtlichkeiten anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Juni 2001. Dabei wurde der Meldungsleger RevInsp. P als Zeuge im Detail und konkret zu seinen Wahrnehmungen einvernommen. Von den spezifischen Örtlichkeiten wurden mittels Digitalkamera Fotos angefertigt und die Gefahrensichtweiten mittels Laserentfernungsmesser festgestellt. Ebenfalls wurden die Abbildungen spezifischer Örtlichkeiten im Rahmen der Berufungsverhandlung zur Erörterung gestellt (siehe Beilage). Auch der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen und auch ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Freistadt nahm an der Berufungsverhandlung teil. Außerhalb der Berufungsverhandlung wurden mit Blick auf die Erledigung der im Zusammenhang mit diesem Vorfall gebrachten schadenersatzrechtlichen Ansprüche im Wege der Straßenmeisterei Unterweißenbach und des Haftpflichtversicherers des Berufungswerbers, der W Versicherungsanstalt, Informationen eingeholt und den Parteien noch per E-Mail zur Kenntnis gebracht. Auf eine Äußerung dazu wurde bereits im Rahmen der Berufungsverhandlung einvernehmlich verzichtet. 4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 4.1. Der Berufungswerber lenkte am 25. Dezember 1999 zwischen 18.05 Uhr bis 18.09 Uhr seinen Toyota Celica mit dem Kennzeichen auf der B 124 in Richtung Linz. Etwa einen bis zwei Kilometer vor dem östlichen Ortseingang P überholte er das vom Zeugen P gelenkte Gendarmeriefahrzeug, wobei der Zeuge die Fahrgeschwindigkeit auf Grund der Fahrbahnverhältnisse überhöht einschätzte und sich aus diesem Grund zur Nachfahrt an diesem Fahrzeug entschloss. Das Kennzeichen war ihm bekannt und er vermutete als Lenker den Berufungswerber. Letzterer war jedoch dem Meldungsleger nicht als "verkehrsauffällig" bekannt. Zum Vorfallszeitpunkt lag die Temperatur unter dem Gefrierpunkt und teilweise gab es Eisregen oder gefrierenden Regen. Laut Bericht der Straßenmeisterei wurde zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr Salz gestreut, sodass auf Grund dieses Umstandes erfahrungsgemäß überwiegend von salznasser Fahrbahn auszugehen ist. Der Meldungsleger folgte dem Fahrzeug des Berufungswerbers in nicht einsatzmäßiger Fahrt bis zum Strkm 25,21, beobachtete dabei zum Teil an den oben angeführten Örtlichkeiten, jedoch aus einem nicht näher feststellbaren Abstand, dass der Berufungswerber teilweise die Fahrbahnmitte überfuhr und teilweise auch ins Schleudern geraten sein soll. Schließlich wurde bei Strkm 25,21 die Nachfahrt abgebrochen. In der Folge rekonstruierte er auf der Rückfahrt die von ihm beobachteten vermeintlichen Tatbestände und bemerkte dabei bei Strkm 26,245 einen umgefahrenen und im Wiesengrundstück liegenden Leitpflock und eine Schneestange. Die Verursachung dieses Sachschadens ordnete er auf Grund der angeblichen sichtbaren Fahrspur auf Grund einer dünnen Schnee- oder Raueisschicht dem vor ihm fahrenden Fahrzeug des Berufungswerbers zu, wobei er jedoch nicht das vermeintliche Ereignis - den Unfall - als solchen wahrzunehmen vermochte. Nach Einrücken des Meldungslegers beim Gendarmerieposten rief er am Wohnort des Berufungswerbers an und erhielt von dort dessen Handynummer. Diesen erreichte er schließlich etwa eine halbe Stunde nach diesem Vorfall in L, wobei der Berufungswerber sich bereit erklärte, am nächsten Tag, nicht jedoch noch am 25.12.1999, zum Gendarmerieposten K zu kommen. Dies wurde vom Meldungsleger als nicht zweckmäßig zurückgewiesen. Eine Besichtigung des Fahrzeuges des Berufungswerbers im Hinblick auf allfällige, der vermeintlichen Kollision mit der Schneestange schlussfolgerbare Schäden an diesem, erfolgte in weiterer Folge nicht. Der Berufungswerber bestritt auch gegenüber seiner Haftpflichtversicherung die Schadensverursachung, letztere liquidierte jedoch irrtümlich den geringfügigen Schaden von knapp 1.000 S, wobei in weiterer Folge der Berufungswerber zur Wahrung seiner hohen Bonusstufe dem Versicherer diese Leistung rückerstattete (siehe Schreiben vom 8.6.01, Subzahl 11). 4.2. Die B 124 verläuft im hier verfahrensgegenständlichen Bereich kurvenreich. Die Fahrbahnbreite beträgt zwischen sechs und sieben Meter, im Bereich des Kurvenbogens der sogenannten Friedhofskurve ist die B 124 mehr als zehn Meter breit, dort jedoch nicht (mehr) erkennbar durch eine Leit- oder Sperrlinie gekennzeichnet. Im Übrigen sind die Fahrstreifen an den fraglichen Örtlichkeiten, gegenwärtig jedoch zum Teil kaum mehr sichtbar, durch Mittelmarkierungen (Leitlinien) gekennzeichnet. Bei Strkm 25,21 liegt in Fahrtrichtung des Berufungswerbers die Gefahrensichtweite bei 74 m und bei Strkm 25,82 bei ca. 200 m. Bis zum zuletzt genannten Punkt verläuft der Straßenzug in einer mäßigen Steigung, wobei der Scheitelpunkt deutlich vor der genannten Örtlichkeit liegt. Der Strkm 26,245 liegt am Eingang einer Linkskurve, wobei die Sichtweite in Fahrtrichtung des Berufungswerbers auf Grund zwischenzeitig stattfindender "Straßenbegradigungsarbeiten" nicht mehr feststellbar war. Im Bereich der Friedhofskurve ist die Gefahrensichtweite aus der Fahrerposition bei Einhaltung einer üblichen Fahrlinie zum rechten Fahrbahnrand punktuell auf 40 m eingeschränkt. Die Annäherung eines Gegenverkehrs ist bei Dunkelheit auf Grund des Lichtkegels auf der linken Straßenseite wohl früher zu erkennen. Auf Grund des am Vorfallstag bereits vier Tage im Abnehmen stehenden Mondes ist außerhalb des Ortsgebietes von gänzlicher Dunkelheit auszugehen. Eine Sichtbarkeit der konkreten Fahrlinie des Berufungswerbers für den Meldungsleger kann als unwahrscheinlich bezeichnet werden, wobei ein Ausleuchten des Nachfahrabstandes durch das Abblendlicht wohl mit Sicherheit auszuschließen ist. Geht man von der Annahme der hier verfahrensgegenständlichen Tatzeit aus, ergibt sich für die durchfahrene Gesamtstrecke von 2,61 km eine Durchschnittsgeschwindigkeit des Berufungswerbers von knapp 40 km/h. Daraus folgt angesichts dieses Streckenverlaufes, dass die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers in diesem Bereich stellenweise durchaus höher aber auch wesentlich niedriger gewesen sein muss, wobei es durchaus nachvollziehbar ist, dass punktuell dem Kurvenverlauf dem Fahrbahnrand nicht exakt gefolgt werden konnte, sondern eine dynamische und insbesondere zur Vermeidung eines Schleuderns - es musste ja von erhöhter Glättegefahr ausgegangen werden - eine möglichst geradlinig verlaufende Fahrlinie gewählt worden sein dürfte. Bei der sogenannten Friedhofskurve beträgt der Kurvenradius lediglich 27 m, sodass bereits bei griffiger Fahrbahn an dieser Stelle bei 50 km/h die Kurvengrenzgeschwindigkeit erreicht würde. Die Fahrbahn weist im Kurveneinlauf eine Breite von etwas mehr als 10 m auf. Die Länge des geradlinigen Verlaufes der B124 vor der Friedhofskurve beträgt 197 m (Messpunkt bis zur Plakatwand am Ende des Sichtpunktes, d. h. am Übergang in eine Rechtskurve in entgegengesetzter Fahrtrichtung). Hinsichtlich der Beschädigung des Leitpflockes liegen keine objektiven Anhaltspunkte dahingehend vor, dass diese zweifelsfrei dem Berufungswerber zuzuordnen wären. Dies wurde insbesondere nicht in Form entsprechender Schäden oder Spuren am Fahrzeug festgestellt. 4.2.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung vermochte der Zeuge RevInsp. P im Hinblick auf seine Beobachtungsmöglichkeit nicht schlüssig und auch nur wenig überzeugend darzulegen, dass für ihn die Fahrlinie des Berufungswerbers je authentisch feststellbar gewesen wäre. Der Zeuge erklärte selbst, dass er zum Teil keine direkte Sicht auf den offenbar schneller fahrenden Berufungswerber hatte. Ein über weite Teilbereiche relativ rascher Verlust des unmittelbaren Sichtkontaktes ist auf Grund der kurvenreichen Strecke durchaus logisch, zumal sich, wie selbst vom Meldungsleger ausgeführt, der Abstand zum Vorderfahrzeug doch relativ schnell vergrößerte. Wenn er daher demzufolge, die aus unerfindlichen Gründen nicht einsatzmäßig vorgenommene Nachfahrt selbst aufgab und nachfolgend die Vorfallsörtlichkeiten zu rekonstruieren versuchte, so vermögen die darauf gestützten schlussgefolgerten Inhalte nur wenig überzeugen. Seine Ausführungen mögen daher nicht als ein für einen Schuldspruch taugliches Beweismittel herhalten. Insbesondere ergaben sich, wie auch von der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Begründung der Einstellung eines Tatvorwurfes durchaus zutreffend festgestellt wurde - mit Blick auf den Bericht der Straßenmeisterei und der Wetterdaten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik - doch recht erhebliche Ungereimtheiten. Mit dem zusammenhanglosen Hinweis auf die ständige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes zur Würdigung von zeugenschaftlichen Aussagen unter der Strafdrohung des § 289 StGB wird verkannt, dass mit dieser Judikatur weder eine Beweisregel postuliert noch die freie Beweiswürdigung als solche in Frage gestellt wird. Dabei ist durchaus nicht abwegig, dass ein Zeuge etwa eine Schlussfolgerung als Wahrnehmung darstellt, wobei es diese vor allem mit Bezug auf die reale Lebenswelt und nicht bloß auf Formeln reduziert zu würdigen gilt! Wenn die Behörde erster Instanz in Würdigung der Angabe des Meldungslegers gesondert hervorhob, der Meldungsleger hätte das zur Last gelegte Verhalten mit "eigenen Augen" beobachtet, musste im Rahmen des Berufungsverfahrens vielmehr ein gänzlich gegensätzlicher Eindruck gewonnen werden, wobei dies zum Teil selbst vom Meldungsleger im Ergebnis durch Einbekennen des Ziehens "bloßer Schlussfolgerungen" bestätigt wurde. Wenn die Behörde erster Instanz schließlich mit Blick auf den auch von ihr erkannten Widerspruch betreffend die Ausführungen des Meldungslegers zu den Wetter- und Straßenzustandsberichten auch noch darlegte und diesbezüglich schlussfolgerte, wonach die Angaben des Meldungslegers keinen derartigen Mangel darstellte, dass "deswegen" dessen Aussage "völlig unglaubwürdig" wäre, belegt dies die dünne Beweiskraft des Meldungslegers. Daher sprechen schon diese bloß plakativ hervorgehobenen Feststellungen auch durch die Behörde erster Instanz doch recht deutlich gegen die Schlüssigkeit der Anzeigefakten bzw. die mangelhafte Beweiskraft der subjektiven Beurteilung des Meldungslegers. Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnte, wie oben schon ausgeführt, gerade nicht der Eindruck gewonnen werden, dass der Meldungsleger das Fahrverhalten des Berufungswerbers so weitgehend beobachten hätte können, dass darauf konkret der Tatvorwurf der Verletzung des Rechtsfahrgebotes im Sinne des § 7 StVO (wohl eher Abs.1 als Abs.2) unter Einbeziehung des Tatbestandselementes hinsichtlich einer sachlichen Bezugnahme auf die "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" beurteilbar geworden wäre. Die Bezeichnung der Unübersichtlichkeit hat darüber hinaus in Bezug zur Fahrgeschwindigkeit gesetzt zu werden. Auch die im Rahmen der Berufungsverhandlung festgestellten Gefahrensichtweiten lassen die Notwendigkeit eines äußersten Rechtsfahrens nicht erkennen. Aus einer Sichtentfernung von mehr als 100 m kann es auch nicht gesichert angesehen werden, ob der Berufungswerber etwa bei der Rechtskurve beim Friedhof tatsächlich über die Mitte der im Kurvenscheitel etwa 10 m breiten Fahrbahn hinausdriftete. In der Kurve ist keinerlei Mittelmarkierung erkennbar. Trotz der dort vorhandenen Straßenbeleuchtung kann auch diesbezüglich der Tatvorwurf nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufrecht erhalten werden. Wenn der Berufungswerber bereits bei Strkm 27,82 einen Vorsprung von mehr als 100 m zum Meldungsleger hatte, scheint es nur logisch, dass er auf der weiteren Strecke zumindest weitestgehend aus dem Sichtbereich des Meldungslegers gelangte. Bei kritischer Betrachtung sowohl der Anzeige, als auch der Aussage des Meldungslegers vor der Behörde erster Instanz und vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, muss der Eindruck gewonnen werden, dass hier mehr schlussgefolgert als tatsächlich wahrgenommen werden konnte. Während jedoch in der Aussage vor der Behörde erster Instanz am 29. Juni 2000 von einem "Beobachten" des Rechtsabkommens und der dadurch bedingten Beschädigung der Schneestange die Rede ist, stützte der Meldungsleger dieses vermutete Ereignis im Rahmen der Berufungsverhandlung auf den Verlauf der (vermeintlich) auf der Fahrbahn ersichtlichen und dem Berufungswerber zuzuordnenden Fahrspuren. Es sei dahingestellt, ob solche Spurabzeichnungen auf anzunehmender salznasser Fahrbahn überhaupt möglich und wenn ja, diese ausgerechnet dem Fahrzeug des Berufungswerbers mit Sicherheit zugeordnet werden könnten. Warum sich der Meldungsleger angesichts eines so schwerwiegenden Tatvorwurfes, nämlich des Verursachens eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden und anschließender Fahrerflucht, im Gegensatz zur akribischen Rekonstruktion von vermeintlichen Verletzungen des Rechtsfahrgebots, nicht auch der Mühe unterzog das Fahrzeug des vermuteten Täters wenigstens zu besichtigen, sollte in diesem Kontext nicht verschwiegen werden. 4.2.2. Der Berufungswerber bestritt von Anfang an das ihm zur Last gelegte Verhalten, wobei er im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens im Ergebnis auch durch die Zeugenaussage seines damals im Fahrzeug mitfahrenden Bruders inhaltliche Unterstützung erhielt. Dieser müsste eine Kollision mit einer Schneestange wohl bemerkt haben. Offenbar erachtete auch die Behörde erster Instanz diese Angabe ebenfalls nicht als wissentliche Falschaussage. Sehr wohl wird dem Meldungsleger zuerkannt, dass er die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers für den Straßenzustand zutreffend als überhöht beurteilen durfte, woraus durchaus die von ihm nachfolgend gemachten Schlussfolgerungen als legitim motiviert qualifizierbar sein mögen. Geht man ferner davon aus, dass der Berufungswerber schon eine halbe Stunde später in L gewesen wäre, hätte dies wohl auf eine "halsbrecherische" Fahrt schließen lassen. Im Ergebnis war daher auch mangels Sachbeweis hinsichtlich des vermeintlich vom Berufungswerber verursachten Verkehrsunfalls dessen bestreitenden Verantwortung zumindest Zweifel zu seinen Gunsten zu folgen. Auch die auf einem Missverständnis basierende Leistung des Schadenersatzanspruches durch den Haftpflichtversicherer vermag in diesem Zusammenhang nicht zu seinem Nachteil ausschlagen, zumal vielfach aus ökonomischen Überlegungen Bagatellschäden unpräjudiziell des Rechtsstandpunktes liquidiert werden. Im Rahmen dieser Beweiswürdigung wurde insbesondere auch auf den Umstand Bedacht genommen, dass der schon seit mehreren Jahren im Besitz einer Lenkberechtigung befindliche Berufungswerber in evidenter Weise im Verkehrsverhalten bislang noch nie negativ in Erscheinung trat. 5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen: 5.1. Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122). Wenngleich im Lichte eines ausreichenden Tatbeweisergebnisses weitere Ausführungen auf sich bewenden könnten, wird insbesondere mit Blick auf den plakativen Hinweis auf Seite 7 unten in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch ausgeführt: 5.1.1. Nach § 7 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr. Er darf hierbei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen. Als wesentliches Tatbestandselement gilt es dabei in den Spruch aufzunehmen, WESHALB es die Verkehrssicherheit erfordert, in den bestimmten Bereichen am rechten Fahrbahnrand zu fahren (VwGH 27.9.2000, 98/12/0057 mit Hinweis auf VwGH 12.11.1992, 91/19/0046). Da hier mit Blick auf die anzunehmen gewesene Fahrgeschwindigkeit im Bereich von kaum mehr als 50 km/h von durchaus ausreichenden Gefahrensichtweiten auszugehen ist, erweisen sich schon mit Blick darauf diese Tatvorwürfe als schwer haltbar. Im Übrigen hat weder der Meldungsleger noch die Behörde erster Instanz je auf diese Fakten hin das Beweisverfahren geführt. Die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung sind von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind (siehe dazu auch das h. Erkenntnis v. 14. März 2001, VwSen-106826/2/WEI/Bk). Ob ein zur Vermeidung einer erhöhten Querbeschleunigung, um damit eines potentiell möglichen Schleuderns ein punktuelles Überfahren der Fahrbahnmitte im Kurvenscheitel überhaupt tatbestandsbegründend wäre, kann hier mangels hinreichenden Beweises an sich auf sich bewenden! Eine bloß formelhafte Betrachtung von Regelungsinhalten vermag dem Sinn der StVO nicht zugesonnen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170). Dieser Hinweis sei mit Blick auf eine rechtlich mögliche Umsubsumtion hinsichtlich des Tatbestandes nach § 7 Abs.1 StVO gemacht, wobei das Beweisergebnis nicht einmal ausreichend für diese Bestimmung angesehen werden kann. Es konnte hier auch dahingestellt sein, dass - wie der Ortsaugenschein ergeben hat - allenfalls § 7 Abs.1 StVO heranzuziehen gewesen wäre, weil in Bezug zur Fahrgeschwindigkeit in Verbindung mit der Verkehrssicherheit ein Gebot für ein "äußerstes Rechtsfahren" nicht erkennbar wurde. Aus Abs.1 des § 7 ergibt sich (nur) das Gebot, auf der rechten Fahrbahnseite zu fahren, wobei ein bestimmter Abstand, je nach den Umständen verschieden groß, einzuhalten ist. Nur Abs.2 leg.cit. legt dem Fahrer die Verpflichtung auf, an bestimmten Stellen der Straße ausnahmslos am rechten Fahrbahnrand zu fahren (1,4 m wurden etwa jedenfalls zu weit vom Fahrbahnrand entfernt qualifiziert [VwSlg 13348 A/1990]). Ein auf diese Vorschrift gestütztes Rechtsfahrgebot konnte - wie oben mehrfach dargelegt - zumindest hinsichtlich der hier anzeigespezifischen Örtlichkeiten nicht abgeleitet werden. Der Bestimmung des § 7 StVO kann ansonsten nur entnommen werden, sich bei Benützung der Fahrbahn entsprechend dem Sicherheitsabstand rechts zu halten. Auch die Wendung "ohne Beschädigung von Sachen" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand; Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO erfordert daher einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war. Dabei ist, wie ebenfalls oben schon dargetan, auch auf die Leichtigkeit des Verkehrs, den Fahrbahnverlauf und gegebenenfalls auch die Fahrbahnbeschaffenheit Bedacht zu nehmen. Die vereinfachte Formulierung, der Beschuldigte habe "die rechte Fahrbahnseite nicht eingehalten", wurde etwa dem Konkretisierungsgebot nicht gerecht erachtet (VwGH 15.12.1993, 92/03/0249 mit Hinweis auf 22.11.1985, 85/18/0101). Auch die bloße Bezugnahme auf das Überfahren der Fahrbahnmitte - wie dies hier geschehen ist - könnte etwa mit Blick auf je verschiedene Fahrbahn- und Fahrzeugbreiten für eine Umschreibung des Tatvorwurfes nicht ausreichend sein, weil sowohl mit bestimmten Fahrzeugen als auch unter bestimmten Umständen das Überragen der Fahrbahnmitte unvermeidbar sein kann. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Rechtsfahrgebot