Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240296/2/WEI/Bk

Linz, 07.12.1998

VwSen-240296/2/WEI/Bk Linz, am 7. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des K gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. November 1997, Zl. SanRB 96-69-1997-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 63/1998) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 120,-- zu leisten. Der Ersatz der Untersuchungskosten von S 1.687,50 der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz zu UZ.: 6470/1996 war gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 vorzuschreiben.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 18. November 1997 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG verantwortlicher Beauftragter der Firma P GesmbH, verantwortlich für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften für den Vertrieb - Einzelhandel - zu verantworten, daß am 14.11.1996 in der Filiale N der vorgenannten Firma in S Packungen des Produktes "L" (deren Mindesthaltbarkeitsfrist - 08.96 - bereits beträchtlich abgelaufen war), welche laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 30.12.1996, UZ.: 6470/1996, als wertgemindert zu beurteilen waren, zumal diese infolge von Überlagerungen nachteilige Geruchs- und Geschmacksveränderungen aufwiesen, wodurch eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Eigenschaften eingetreten ist, durch Feilhalten im SB-Regal, ohne diesen Umstand (Wertminderung) deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht zu haben, verbotenerweise in Verkehr gebracht wurden." Dadurch erachtete die belangte Behörde § 7 Abs 1 lit b und § 8 lit g iVm § 74 Abs 2 Z 1 LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 2 LMG 1975 eine Geldstrafe von S 600,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 60,-- und als Barauslagenersatz für Untersuchungs-kosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz zu UZ.: 6470/1996 wurden S 1.687,50 vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 24. November 1997 zugestellt wurde, richtet sich die am 9. Dezember 1997 noch rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, die am 11. Dezember 1997 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision vom 14. November 1996 in der Filiale N, der Firma P Ges.m.b.H. wurden 3 Proben in Originalpackungen zu je ca 200 g der Teigware "L" genommen und der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in L im Hinblick auf das überschrittene Ablaufdatum zur Untersuchung auf Genußtauglichkeit übermittelt. 2 weitere Originalpackungen wurden als Gegenproben zurückgelassen. Die Ware in der Menge von insgesamt 5 Packungen wurde vom Lebensmittelaufsichtsorgan im Selbstbedienungsregal im Verkaufsraum vorgefunden (vgl Anzeige des Aufsichtsorganes vom 24.03.1997 samt Probenbegleitschreiben). Das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz vom 30. Dezember 1996 zu UZ.: 6470/1996 ergab, daß die Ware durch Überlagerung nachteilige Geruchs- und Geschmacksveränderungen aufwies, wodurch eine erhebliche Minderung der wertbestimmenden Eigenschaften eingetreten ist. Die Proben waren als wertgemindert zu beurteilen. Außerdem wurde angemerkt, daß ein warenkundiger und fachlich geschulter Händler im Hinblick auf das beträchtlich abgelaufene Mindesthaltbarkeitsdatum (08.96) Verdacht schöpfen und die Ware einer eingehenden Prüfung hätte unterziehen müssen.

2.2. Nach Aufforderung durch die belangte Behörde gab Herr Mag. G der P Ges.m.b.H., bekannt, daß der Vertriebsleiter K zum verantwortlichen Beauftragten für den räumlichen Bereich Vertrieb-Einzelhandel bestellt wurde, wobei er auch die unterschriebene Bestellungsurkunde vom 3. November 1993 in Ablichtung vorlegte. Diese Urkunde enthält auch die Einräumung einer dem übernommenen Verantwortungsbereich entsprechenden Anordnungsbefugnis.

Die belangte Behörde lastete in der Folge dem Bw mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Juni 1997 die Tat wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses an. In der rechtfertigenden Stellungnahme wurde zwar der Sachverhalt nicht bestritten, aber näher ausgeführt, warum den Bw kein Verschulden iSd § 5 Abs 1 VStG träfe. Im Rahmen des ordentlichen Ermittlungsverfahrens ersuchte die belangte Behörde, Zeugen im Rechtshilfeweg zu im einzelnen vorgegebenen Beweisthemen zu vernehmen.

2.3. Einvernommen wurden die Filialleiterin des N Marktes V sowie die namhaft gemachte Filialbetreuerin oder Bezirksleiterin, die diese Tätigkeit allerdings erst am 13. November 1996 übernommen hatte.

Die Zeugin H, Filialleiterin in der Filiale V der P Ges.m.b.H., erklärte, daß sie als Marktleiterin auch für die Überwachung der Mindesthaltbarkeitspflichten zuständig war. Die Kontrollen wären von ihr und ihren Mitarbeiterinnen durchgeführt worden. Da sie für die ganze Filiale verantwortlich war, hätten oft ihre Mitarbeiterinnen diese Kontrollen durchgeführt, die sie stichprobenartig überprüfte. Sie hätte Listen mit Haltbarkeitsdaten von Waren anlegen lassen, wobei die beanstandeten Frittaten höchstwahrscheinlich "durchgerutscht" wären. Wöchentlich habe ein Filialbetreuer ihre Filiale besucht, wobei über Bestellungen und Organisation gesprochen worden sei. Eine lebensmittelrechtliche Überprüfung ihrer Tätigkeit sei ihr nicht aufgefallen. Wenn der Filialbetreuer abgelaufene Waren in Regalen feststellte, hätten alle verderblichen Waren überprüft werden müssen. Der Bw hätte ihre Tätigkeit nie kontrolliert und auch die Filiale nie besucht. Er hätte zwar von der Feststellung abgelaufener Waren erfahren, Konsequenzen wären daraus nie gezogen worden. Der Bw, den sie nur von monatlichen Sitzungen bei der Firma P in T kannte, hätte nie entsprechende Anweisungen erteilt.

Die Zeugin M, Bezirksleiterin oder Filialbetreuerin, gab an, daß Filialkontrollen alle 2 Wochen erfolgten und daß ihre Hauptaufgabe darin bestand, die Einteilung des Personals und die Kassagebahrung zu prüfen. In weiterer Folge werde auch das Ablaufdatum einzelner Warengruppen vorgenommen. Die Zeugin habe eine abgeschlossene Lehre und jahrelange Erfahrungen im Lebensmittelhandel. Die Filialleiterin wäre noch von ihrem Vorgänger unterrichtet worden. Bei Überschreitung der Ablauffrist einer Ware werde sofort eine Eintragung in das Filialbuch vorgenommen und eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt. Die Zeugin gab an, daß der Bw ihre Tätigkeit nicht überprüfe. Es sei ihr auch nicht bekannt, welche Konsequenzen er setze.

2.4. Zu diesen Zeugenaussagen erklärte der Bw in der von seinen Rechtsfreunden eingebrachten Stellungnahme vom 7. Oktober 1997, daß die Zeuginnen im wesentlichen seinen Standpunkt bestätigten. Er habe die Filiale V allerdings entgegen den Angaben der teilzeitbeschäftigten Filialleiterin auch persönlich zu Tageszeiten besucht, als diese nicht anwesend war. Ansonsten würden die Zeuginnen die Einrichtung eines Systems bestätigen, wonach Verwaltungsübertretungen mit größter Wahrscheinlichkeit hintangehalten werden. Die notwendige Arbeitsteilung in der weitverzweigten Organisation der Firma P Ges.m.b.H. lasse nicht zu, daß sich der Bw um sämtliche Belange des Lebensmittelrechts selbst kümmere. Es müsse ihm daher die selbstverantwortliche Besorgung durch andere Personen und die Beschränkung auf eine angemessene Kontrolle zugebilligt werden. Es könne ihn allenfalls nur ein geringfügiges Verschulden treffen. Tatfolgen seien nach dem unbestrittenen Sachverhalt überhaupt nicht eingetreten. Der Verkauf lediglich wertgeminderter und nicht verdorbener Frittaten wäre im übrigen unbedeutend. Der Bw sei auch aus dem Betrieb der Firma P ausgeschieden und derzeit beschäftigungslos. Er werde auch keine Tätigkeit im Lebensmittelbereich mehr aufnehmen. Es sei daher gesichert, daß er keine weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art unternehmen könne. Im Ergebnis wird die Einstellung des Strafverfahrens oder hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG beantragt.

Im angefochtenen Straferkenntnis hat sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Bw näher auseinandergesetzt und im Ergebnis die Ansicht vertreten, daß der Bw kein taugliches Kontrollsystem glaubhaft machen konnte.

2.5. In der Berufung wird unter Hinweis auf die Aussagen der einvernommenen Zeuginnen die Ansicht vertreten, daß ausreichende Kontrollmaßnahmen eingerichtet gewesen wären. Daß auf festgestellte Mißstände reagiert worden wäre, folge schon aus der Anordnung der Kontrolle der Mindesthaltbarkeitsfristen und deren tatsächlicher Durchführung, wie sich aus den Aussagen der Zeuginnen ergäbe. Eine Kontrolle nur um der Kontrolle willen widerspreche jeder Lebenserfahrung. In einem profitorientierten Unternehmen könne nicht von sinnlosen Kontrollen ausgegangen werden, deren Ergebnisse nicht beachtet oder verwertet werden. Sämtliche Mitarbeiter wären angewiesen, bei Feststellung der Überschreitung von Haltbarkeitsfristen die Waren aus dem Regal zu nehmen.

Der Ansicht der belangten Strafbehörde, daß stichprobenartige Kontrollen den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem grundsätzlich nicht genügen, hält die Berufung entgegen, daß ein anderes als ein stichprobenartiges Kontrollsystem im Hinblick auf die weitverzweigte Organisation der Firma P Großhandel nicht möglich bzw zumutbar wäre. Außer einer stichprobenartigen Kontrolle wäre nur eine ständige Kontrolle vorstellbar, die aber aufgrund der Gegebenheiten schlichtweg unmöglich gewesen wäre.

Der Bw vertrete daher nach wie vor die Auffassung, daß ihn kein Verschulden treffe. Hilfsweise werde weiterhin behauptet, daß ein allfälliges Verschulden geringfügig iSd § 21 VStG sei. Folgen wären keine eingetreten. Der Bw sei nunmehr bei der Firma H Baumarkt GmbH, T, beschäftigt. Da er nicht mehr im Lebensmittelbereich tätig sei, könne er keine strafbaren Handlungen gleicher Art begehen.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt von der belangten Behörde ausreichend erhoben und dargestellt wurde. Im wesentlichen sind nur mehr strittige Rechtsfragen zu beurteilen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 2 Z 1 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach §§ 56 bis 64 LMG 1975 oder anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Gliedsatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, die unreif oder wertgemindert sind, wenn dieser Zustand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist oder wenn sie auch mit einer solchen Kenntlichmachung nicht in Verkehr gebracht werden dürfen (§ 7 Abs 2), in Verkehr bringt.

Nach § 7 Abs 1 lit b) LMG 1975 ist es verboten, Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe in Verkehr zu bringen, die verdorben, unreif, nachgemacht, verfälscht oder wertgemindert sind, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wird.

Nach § 8 lit g) LMG 1975 sind Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe wertgemindert, wenn sie nach der Herstellung, ohne daß eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit nicht Verdorbenheit vorliegt.

Das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz hat die 3 Proben der Teigware "L Frittaten" wegen der infolge Überlagerung nachteiligen Geruchs- und Geschmacksveränderungen als wertgemindert eingestuft. Das Mindesthaltbarkeitsdatum war mit 08.96 angegeben und daher am 14. November 1996, dem Tag der lebensmittelpolizeilichen Revision, nahezu 2,5 Monate abgelaufen. Es steht auch fest, daß die Ware in der Menge von 5 Packungen im Selbstbedienungsregal des N feilgeboten wurde, ohne auf den Umstand der Wertminderung deutlich und allgemein verständlich hinzuweisen. Damit ist der Straftatbestand des § 74 Abs 2 Z 1 LMG 1975 erfüllt worden, was vom Bw auch nicht in Abrede gestellt wurde.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im heutigen Wirtschaftsleben Arbeitsteilung notwendig und daher auch die Delegierung von Angelegenheiten auf andere Personen zulässig. Der strafrechtlich Verantwortliche kann die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich übertragen und sich auf mögliche und zumutbare Maßnahmen beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl dazu die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, E 52 ff, insb E 58, 59, 64, 66 und 72 zu § 5 VStG und weiter E 50a ff zu § 9 Abs 1 VStG).

Der Bw bestreitet sein Verschulden und beruft sich begründend auf entsprechende Maßnahmen, die die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems bedeutet hätten. Dazu führt er entsprechend den Angaben der Zeuginnen aus, daß die Mindesthaltbarkeitsfristen von der Filialleiterin und ihren Mitarbeiterinnen laufend kontrolliert und von der Filialbetreuerin bei überschrittenem Haltbarkeitsdatum eine Frist zur Mangelbehebung gesetzt worden sei. Die Berufung führt unschlüssig fort, daß sich die Reaktion auf festgestellte Mißstände schon aus der angeordneten Kontrolle der Mindesthaltbarkeitsfristen ergäbe. Sinnlose Kontrollen dürfe man nicht unterstellen. In gewissem Widerspruch zu den Angaben der Zeuginnen bringt die Berufung nunmehr auch erstmals vor, daß die Mitarbeiter generell angewiesen wären, Waren bei Überlagerung aus dem Regal zu nehmen. Dieses ergänzende Vorbringen, zu dem sich der Bw offenbar erst nach Lektüre des Straferkenntnisses entschlossen hat, erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat als reine Schutzbehauptung. Abgesehen davon ist die generelle Entnahme von abgelaufenen Waren aus dem Regal lebensmittelrechtlich gar nicht notwendig, zumal lediglich auf die Wertminderung deutlich und allgemein hingewiesen werden müßte.

Die Berufung wendet sich weiters gegen die Ansicht, daß stichprobenartige Kontrollen noch kein wirksames Kontrollsystem ausmachen. Damit wendet sich der Bw gegen die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die die bloße Erteilung von Weisungen verbunden mit stichprobenartigen Überprüfungen nicht für ein wirksames Kontrollsystem ansieht (vgl neben VwGH 2012.1996, 93/02/0306 die Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, E 52, 58, 59, 66, 67 und 71, 72, 77 zu § 5 VStG). Die dem Bw wegen des gegenständlichen Ungehorsamsdeliktes gemäß dem § 5 Abs 1 VStG obliegende Entlastung kann nicht nur darin bestehen, daß er die Verantwortung auf andere taugliche Personen übertragen hat. Vielmehr hat er initiativ darzulegen, daß er auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung der Aufgaben beauftragten Personen gesorgt hat (vgl ua VwGH 16.11.1995, 95/09/0108; VwGH 23.4.1996, 96/04/0053).

Wie die belangte Strafbehörde völlig richtig erkannte, hat der Bw nicht einmal ausreichend dargelegt, welche Maßnahmen er getroffen hat, um zu verhindern, daß Waren mit überschrittener Haltbarkeitsfrist einfach weiterhin in den Selbstbedienungsregalen verbleiben und dem Konsumenten ohne Überprüfung der Genußtauglichkeit und ohne klaren Hinweis auf eine Wertminderung angeboten werden. Darüber hinaus steht fest, daß der Bw keine angemessene Kontrolle ausgeübt hat. Die von ihm beauftragten Zeuginnen haben nach ihren eigenen Angaben selbst bestenfalls stichprobenartig kontrolliert und ausgesagt, daß sie nicht den Eindruck gehabt hätten, vom Bw kontrolliert zu werden. Dieser habe auch keinerlei Konsequenzen gezogen, wenn er von Waren mit überschrittener Haltbarkeitsfrist erfuhr. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid mit zutreffender Begründung ein angemessenes Kontrollsystem verneint. Im einzelnen kann daher auf ihre Ausführungen verwiesen werden.

4.3. Auch die vom Bw geforderte Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kommt von vornherein nicht in Betracht. Schon der Umstand, daß im gegenständlichen Fall nicht einmal eine Überschreitung der Mindesthaltbarkeitsfrist um nahezu 2,5 Monate aufgefallen ist, spricht für sich. Er läßt darauf schließen, daß eine Kontrolle der Waren bestenfalls in völlig unzureichenden Zeitabständen erfolgte. Bei einer solchen Nachlässigkeit ist an geringes Verschulden überhaupt nicht zu denken. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem geringen Verschulden schon dann nicht mehr gesprochen werden, wenn ein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht eingerichtet wurde (vgl etwa VwGH 25.1.1996, 95/07/0130; VwGH 24.3.1994, 92/18/0461). Dazu kommt noch, daß der Bw uneinsichtig ist, was einerseits ebenfalls gegen eine geringe Schuld spricht und andererseits in präventiver Hinsicht bedeutsam erscheint. Der Umstand, daß der Bw derzeit nicht mehr im Lebensmittelhandel tätig ist, vermag eine spezialpräventive Indikation nicht zu verhindern, zumal er die Branche wieder wechseln könnte. Außerdem kommt es darauf gar nicht mehr an, weil die Fahrlässigkeitsschuld des Bw schon als nicht unerheblich anzusehen ist.

4.4. Die in der Berufung nicht ausdrücklich bekämpfte Strafbemessung kann nicht beanstandet werden. Die belangte Behörde hat den Schutzzweck des gegenständlich mißachteten Verbotes und damit die iSd § 19 Abs 1 VStG verletzten öffentlichen Interessen richtig dargestellt. Der Zweck der Kennzeichnung besteht im gegebenen Fall darin, daß Konsumenten ohne nähere Prüfung die für den Kaufentschluß entscheidende Eigenschaft der Wertminderung einer Ware sofort erkennen können. Damit wird der Unternehmer in der Regel auch gezwungen sein, wertgeminderte Waren billiger anzubieten, wenn er sie noch verkaufen will. Es liegen weder erschwerende, noch mildernde Umstände (im Hinblick auf aktenkundige Vorstrafen auch keine Unbescholtenheit) vor. Den von der belangten Behörde angenommenen persönlichen Verhältnissen (S 25.000,-- monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) ist der Bw nicht entgegengetreten. Die Geldstrafe von S 600,-- liegt angesichts des Strafrahmens gemäß § 75 Abs 2 LMG 1975 von bis zu S 50.000,-- ohnehin im untersten Bereich. Auch die gemäß § 16 Abs 1 und 2 Satz 1 VStG innerhalb von 2 Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe steht mit 4 Stunden im angemessenen Verhältnis zur Geldstrafe. Es war daher auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 120,-- (20 % der Geldstrafe) zu leisten. Der Ersatz der Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz ist gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 eine Folge des Schuldspruches.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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