Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240297/2/WEI/Bk

Linz, 12.01.1999

VwSen-240297/2/WEI/Bk Linz, am 12. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Dezember 1997, Zl. SanRB 96-113-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 3 Abs 2 iVm § 24 Suchtgiftgesetz - SGG 1951 zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 29. Dezember 1997 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben im Mai 1997 Hanfsamen zum Zwecke der Suchtgiftgewinnung im Garten des Hauses, angebaut, obwohl der Anbau von Pflanzen zwecks Gewinnung eines Suchtgiftes verboten ist. Von den angesetzten Samen wuchsen 6 Hanfpflanzen, welche Sie zum Zwecke der Steigerung des Suchtgiftertrages und zur Erhöhung des THC-Gehaltes mehrmals zuschnitten." Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde den § 3 Abs 2 iVm § 24 Suchtgiftgesetz 1951 (BGBl Nr. 234/1951 idF BGBl Nr. 160/1952, 175/1963, 271/1971, 532/1978, 319/1980, 184/1985 und 762/1996) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 6.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 202 Stunden. Die beschlagnahmten 6 Stück Cannabispflanzen bzw 62,9 g getrocknete Cannabispflanzenteile wurden gemäß § 24 Abs 2 SGG für verfallen erklärt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 30.12.1997 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung, die am 8. Jänner 1998 bei der belangten Behörde einlangte. Ihr Inhalt lautet:

"Sehr geehrte Frau F! Nachdem Sie mich zur Rechtfertigung aufforderten, welcher ich auch nachkam, war ich der Meinung, das es hiermit abgetan sei. Jedoch hatte ich wegen § 24 SGG und weitere § eine gerichtliche Verhandlung am 12.11.1997 in Neuhofen a.d. Krems. Darum kann ich jetzt nicht verstehen, warum ich von der BH einen Erlagschein mit 6.600 bezahlen sollte. Als ich meine letzten Gerichtsverhandlungen (die erste am 19.4.96, die zweite am 13.12.96) hatte, wurde ich am Tag der Verhandlung über mein Urteil informiert. So auch bei der Verhandlung am Gericht in Neuhofen. Es besteht die Möglichkeit, daß Sie nichts von dieser Gerichtsverhandlung wußten. Bitte klären Sie dieses Mißverständnis, da man jemanden schlecht wegen einer Sache zweimal verurteilen kann.

Mit freundlichen Grüßen O" 2.1. Die belangte Behörde hat der Bwin die Tat auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens Ansfelden vom 26. August 1997, Zl. P-2949/97-Mag, angelastet. Der wesentliche Sachverhalt geht aus dieser Anzeige hervor. Sechs Cannabispflanzen wurden am 27. Juli 1997 von der Gendarmerie Ansfelden noch vor der Ernte in einem Garten in, beschlagnahmt. Die Bwin hat nach anfänglichem Leugnen zum Vorwurf des Anbaus von Hanfsamen und der Aufzucht von Cannabispflanzen zum Zwecke der Gewinnung von Suchtmittel bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Gendarmerie am 30. Juli 1997 ausgesagt, daß sie sich mit Heilkräutern beschäftige und durch die Aussaat von Hanf lediglich die Kerne, Hanföl und die Blätter für Hanftee gewinnen hätte wollen. Die Kerne hätte sie rösten und essen wollen und das Hanföl wäre sehr gut für die Haut. Mit dem Zuschnitt der Hanfpflanzen hätte sie nur den Ölertrag, nicht aber den THC-Gehalt steigern wollen.

Die am 30. Juli 1997 genommene Urinprobe der Bwin wurde im Wagner Jauregg Krankenhaus auf Drogennachweis untersucht. Das Ergebnis war allerdings negativ. Der THC-Gehalt der 63,9 g Pflanzenteile wurde von der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle der BPD Linz mit DC2+ angegeben, was einem Cannabisharzanteil von 4 bis 8 % entspricht.

Die Bwin ist nach dem Suchtgiftgesetz 1951 (SGG) rechtskräftig vorbestraft. Sie wurde mit Urteil des LG Linz vom 19. April 1996, 28 EVr 778/96, Hv 52/96, wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 und 2 Z 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt auf drei Jahre und mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. Dezember 1996, 29 Vr 640/96, Hv 506/96, wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 und des Vergehens nach § 16 Abs 1 und 2 Z 1 SGG zu 180 Tagessätzen je S 180,-- (90 Tage EFS) Geldstrafe unbedingt verurteilt.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. Oktober 1997 hat die belangte Behörde der Bwin die Tat angelastet und ihr auch eine Einschätzung der persönlichen Verhältnisse mitgeteilt. In der schriftlichen Rechtfertigung vom 20. Oktober 1997 teilte die Bwin mit, daß sie sich mit sinnvoller Gartengestaltung beschäftigt hätte. Die Samen für den angebauten Hanf hätte man legal mit einem 1996 im "LUDWIG-VERLAG, München" erschienenen Buch erwerben können. Der Hanf in ihrem Garten wäre für Hanfsamenöl bzw für die Hauskräuterapotheke gedacht gewesen. Für die Bwin und viele andere Menschen sei der Hanf eine der ältesten Nutz- und Heilpflanzen. Sie hätte diese Pflanze nicht mit der Dummheit gesetzt, ihr Leben durch eine nochmalige Bestrafung weiter zu verbauen, obwohl sie gewußt hätte, daß ein Nachbar von ihr Polizeibeamter war.

Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Neuhofen stellte zu 15 BAZ 288/97b den Strafantrag vom 4. September 1997 nach § 16 Abs 1 SGG wegen des Ansetzens von 17 Hanfsamen und beantragte die Einziehung gemäß § 26 SGG. In der Hauptverhandlung vom 20. November 1997 vor dem Bezirksgericht Neuhofen an der Krems wurde die Bwin vom Vorwurf nach § 16 Abs 1 SGG mit der Begründung freigesprochen, daß es an der gerichtlichen Strafbarkeit fehle.

2.3. Die belangte Behörde erließ in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 29. Dezember 1997 und erachtete beweiswürdigend die Rechtfertigungsangaben der Bwin als reine Schutzbehauptungen. Wegen ihrer Vorstrafen hätte sie sehr wohl gewußt, daß der Erwerb, Besitz, Konsum, Anbau, Gewinnung und Handel mit Suchtgiften in Österreich verboten sind. Wer bereits einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist und derartige Fehler nicht mehr begehen wollte, würde derartige Pflanzen keinesfalls anpflanzen und das Risiko einer strafbaren Handlung auf sich nehmen. Da die Bwin zur fraglichen Zeit kein Einkommen und erhebliche Schulden zu tilgen hatte, sei ohne Zweifel davon auszugehen, daß sie Suchtgift herstellen und den Ertrag der Pflanzen steigern hätte wollen.

Unter Hinweis auf § 24 Abs 1 SGG, wonach das Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen der §§ 2 bis 6 SGG subsidiär strafbar ist, wurde die Bwin in Zusammenhalt mit § 3 Abs 2 SGG einer Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt. Den Vorsatz begründete die belangte Behörde damit, daß die Bwin offensichtlich aus Gründen der Finanzierbarkeit Suchtgift selbst herstellen habe wollen. Strafmildernde oder straferschwerende Umstände stellte die Strafbehörde nicht fest.

2.4. In ihrer Berufung äußerte die Bwin Unverständnis für die ausgesprochene Bestrafung und verwies darauf, daß sie bei den Gerichtsverhandlungen über das Urteil noch am Tag der Verhandlung informiert worden wäre. Im Hinblick auf die Gerichtsverhandlung in Neuhofen meinte die Bwin, daß man jemanden wegen einer Sache nicht zweimal verurteilen könne.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Nach § 3 Abs 2 SGG ist der Anbau von Pflanzen zwecks Gewinnung eines Suchtgiftes, ausgenommen für wissenschaftliche Zwecke durch Institute und Anstalten nach § 3 Abs 1 Z 2 SGG, verboten.

Nach § 24 SGG begeht eine Verwaltungsübertretung, wenn die Tat nicht mit strengerer Strafe bedroht ist, und ist mit Geldstrafe bis zu S 60.000,--, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten zu bestrafen, wer den Bestimmungen der §§ 2 bis 6 oder einer nach § 7 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Nach § 24 Abs 2 SGG kann im Straferkenntnis auf den Verfall der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Sachen erkannt werden.

Wer demnach Pflanzen zum Zwecke der Suchtgiftgewinnung anbaut, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 iVm § 3 Abs 2 SGG. Die Cannabispflanze fällt an sich noch nicht unter den Begriff Suchtgift. Als Suchtgift gelten nach Art 1 Abs 1 lit b der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 erst die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz noch nicht entzogen worden ist (vgl näher den aktenkundigen Erlaß des Justizministers vom 4.1.1996, JMZ 703 012/25-II 2/96, über die strafrechtliche Beurteilung des Anbaus von Pflanzen, aus denen Suchtgift gewonnen werden kann; ferner Foregger/Litzka, SGG, 2.A, 1985, Anm V zu § 1). Der Anbau von suchtgifthältigen Pflanzen ist nur dann verboten, wenn er zum Zweck der Gewinnung eines Suchtgiftes erfolgt, wobei unter Gewinnung die Trennung des Suchtgiftes aus den Pflanzen verstanden wird. Der Anbau zu gewerblichen (zB.: Textilien, Kosmetika, Papier, Hartfaserplatten, Baumaterialien, Ölsaat, Speiseöl, Margarine), gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Zwecken (Unkrautbekämpfung) erfüllt nicht die verbotene Zweckbestimmung (vgl abermals den zitierten Erlaß des Justizministers).

4.2. Im Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Neuhofen wurde die Bwin schon im Hinblick darauf freigesprochen, daß der Anbau von Hanfsamen und die Aufzucht der Hanfpflanzen noch nicht den strafbarkeitsbegründenden Begriff eines Suchtgiftes iSd § 1 SGG erfüllen. In solchen Fällen greift aber die subsidiäre Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 iVm § 3 Abs 2 SGG, wenn der Anbau der Suchtgiftgewinnung diente.

Die belangte Behörde sah in der Einlassung der Bwin reine Schutzbehauptungen und ging unter Hinweis auf die Vorstrafen der Bwin und wegen ihrer Arbeits- und Einkommenslosigkeit im Tatzeitpunkt "ohne Zweifel" davon aus, daß diese Suchtgift herstellen und den Ertrag durch Zuschnitt der Hanfpflanzen steigern wollte. Dieser eher pauschalen Argumentation kann der erkennende Verwaltungssenat nicht beipflichten. Die belangte Behörde hat völlig unberücksichtigt gelassen, daß die Untersuchung der Harnprobe der Bwin ein negatives Ergebnis brachte. Außerdem kann mit den Argumenten der belangten Strafbehörde nicht ausgeschlossen werden, daß die Bwin die Hanfpflanze als Nutz- und Heilpflanze nutzen wollte und lediglich die Kerne, Hanföl und die Blätter für Hanftee gewinnen hätte wollen. Auch aus der Tatsache des Zuschnittes der Hanfpflanzen kann nicht zwingend auf die beabsichtigte Steigerung des Suchtgiftertrages geschlossen werden. Ebenso denkbar ist die Behauptung der Bwin, sie hätte nur den Ölertrag, nicht aber den THC-Gehalt steigern wollen.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt nach Würdigung der Aktenlage und der Argumente der belangten Strafbehörde die Ansicht, daß der bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung strafbarkeitsbegründende Zweck der Suchtgiftgewinnung nicht erwiesen werden kann. Im Zweifel ist zugunsten der Bwin davon auszugehen, daß sie die Hanfpflanzen für legale Nutzungen wie Hanfsamenöl oä. verwenden wollte. Die gerichtlichen Vorstrafen nach dem SGG sprechen zwar für die Annahme einer gewissen Rechtskenntnis der Bwin. Dieses Argument ist aber eher geeignet die Bwin zu entlasten, da sie deshalb allenfalls wissen konnte, daß der Anbau von Hanf und die Nutzung dieser Pflanze für andere Zwecke als jene der Suchtgiftgewinnung nicht verboten ist. Auch dem Argument der Bwin, sie hätte den Hanf nicht in der Dummheit gesetzt, ihr Leben durch eine nochmalige Bestrafung weiter zu verbauen, obwohl ein ihr bekannter Nachbar Polizeibeamter sei, hatte die belangte Behörde offenbar nichts entgegenzusetzen.

Der Oö. Verwaltungssenat erachtet die Beweiswürdigung der belangten Behörde als nicht schlüssig und kann daher den Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht folgen. In dubio pro reo nimmt der erkennende Verwaltungssenat daher an, daß der Anbau des Hanfsamens nicht zwecks Gewinnung von Cannabis erfolgte. 5. Bei diesem Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels eines unzweifelhaften Schuldbeweises gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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