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VwSen-108432/2/Br/Rd

Linz, 31.07.2002

VwSen-108432/2/Br/Rd Linz, am 31. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 20. September 2001, Zl. VerkR96-9384-2001, zu Recht:

I. Die Berufung wird im Punkt 2), 7), 9), 10) und 11) als unbegründet abgewiesen und der Schuldspruch bestätigt. Im Punkt 7) und 11) wird die Geldstrafe jedoch auf je 72,67 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 24 Stunden ermäßigt.

Im Punkt 3) bis 6) und 8) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002- AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 65/2002 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren im Punkt 2) 8,72 Euro, im Punkt 9) und 10) je 7,27 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Im Punkt 7) und 11) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf je 7,27 Euro; im Übrigen entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 u. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

  1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der nachstehend angeführten Tathandlungen und der Subsumierung dieser Verhaltensweisen unter

1) §§ 49 Abs.6 und 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967)

2) § 52 lit.c Z.24 und § 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO1960)

3) § 11 Abs.2 erster Satz und § 99 Abs.3 lit. 1 StVO 1960

4) § 11 Abs.2 erster Satz und § 99 Abs.3 lit. 1 StVO 1960

5) § 11 Abs.2 erster Satz und § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

6) § 20 Abs.1 und § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

7) § 7 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

8) § 11 Abs.2 erster Satz und § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

9) § 102 Abs. 5 lit.b und § 134 Abs.1 KFG 1967

10) § 14 Abs.1 Z1 iVm § 37 Abs.1 FSG

11) § 97 Abs.5 und § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960,

Geldstrafen von insgesamt 10.100 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 336 Stunden verhängt und wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie haben am 18.04.2001 um 17.45 Uhr das Motorrad, zugelassen auf das pol. Kennz., im Gemeindegebiet von Leonding, auf der Lugwiesstraße in Fahrtrichtung Holzheim gelenkt, wobei

1) Sie als Lenker des Motorrades die Kennzeichentafel nicht vorschriftsmäßig angebracht hatten,

2) Sie als Lenker bei der Kreuzung Aichbergstraße - Holzheimerstraße entgegen dem Vorschriftszeichen "Halt" nicht vor der Kreuzung angehalten haben,

3) Sie als Lenker bei der Kreuzung Aichbergstraße - Holzheimerstraße die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt haben, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellten konnten,

4) Sie als Lenker bei der Abzweigung von der Holzheimerstraße links in die Zufahrt zu den Häusern Holzheim 6 und 7 die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt haben, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten,

5) Sie als Lenker nach ca. 50 Meter rechts in den Kulturwanderweg einbogen, ohne die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung so rechtzeitig anzeigten, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten,

6) Sie als Lenker des oa. Motorrades die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen angepasst hatten und dadurch beim abbiegen aus einem Fußweg neben der Tagesheimstätte Holzheim rechts in die Zaubertalstraße Fahrtrichtung Holzheim auf die Gegenfahrbahn gerieten und anschließend von der Fahrbahn abkamen,

7) Sie als Lenker des Motorrades, bei der 90 Grad Rechtskurve, nähe des Peinherrhofes, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert hätte in einer unübersichtlichen Kurve nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sind und dabei die Fahrbahnmitte überfahren haben,

8) Sie als Lenker des Motorrades bei der Kreuzung Zaubertalstraße - Peinherrweg rechts in den Peinherrweg einbogen, wobei die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt wurde, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten,

9) Sie als Lenker den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Motorrad auf der Fahrt nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung aushändigt haben,

10) Sie als Lenker des Motorrades auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung aushändigt haben,

11) Sie als Lenker des Motorrades der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels rotem Lichtkegel des Anhaltestabes, sowie Blaulicht und Folgetonhorn gegebenen Aufforderungen zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge leisteten."

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung im Ergebnis auf die Anzeige des GP Leonding, wonach im Verlaufe einer Nachfahrt dienstliche Wahrnehmungen von zwei Gendarmeriebeamten gemacht wurden. Den Tatvorwürfen sei der Berufungswerber im Rahmen seiner Rechtshilfeeinvernahme am 20.7.2001 nicht entgegengetreten, sodass sich eine Begründung in der Sache erübrige. Bei der Strafzumessung wurde eine spezifizierte Einkommensannahme nicht getätigt. Die Geständnisbereitschaft wurde als strafmildernd gewertet.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führte der Berufungswerber aus:

" aus 3 Gründen möchte ich Berufung einbringen:

1. Zu den Pkt. im Einzelnen:

1 .Dieser Pkt. ist völlig richtig da ich kein Kennzeichen am Motorrad hatte.

2. Bei dieser Kreuzung hatte ich auf Schrittempo reduziert.

3. Die Fahrtrichtungsänderung habe ich meines Erachtens bei dieser Kreuzung mit Blinker angezeigt und rechtzeitig angezeigt !

4. Die Fahrtrichtungsänderung habe ich meines Erachtens bei dieser Zufahrt mit Blinker angezeigt und rechtzeitig angezeigt !

5. Ich denke daß ich mich erinnern kann, daß ich hier keine Fahrtrichtungsänderung anzeigte. Dieser Pkt. ist daher völlig gerechtfertigt.

6. u. 7. Diese beiden Pkt. sind völlig falsch !

Dieser Bereich wurde erst letzten Sommer neu asphaltiert und verbreitert. Zuvor und somit auch zum Zeitpunkt meiner angezeigten Fahrt fand man nur eine Gemeindestraße mit einer Gesamt-Fahrbahnbreite von etwa 3,8 m vor. Da gab es schlicht hin einfach keinen Gegenverkehrsbereich sondern da gab es bei Gegenverkehr nur ein Stehenbleiben oder ein Ausweichen auf das Bankett. Folglich konnte ich auch auf keine Gegengenfahrbahn kommen da es damals keine Gegenfahrbahn gab. Das muß doch noch prüfbar sein.

Also das wäre mir völlig neu daß es strafbar ist wenn du auf einer Gemeindestraße fährst in einem völlig übersichtlichen Bereich und sich absolut kein anderer Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn befindet, daß es hier verboten sein soll ein wenig zur linken Seite zu fahren aus irgend einem Grund, sei es wegen besserer Einsicht in den nächsten Straßenabschnitt oder aus irgend einem anderen Grund.

Das wäre mir völlig neu und für mich auch absolut nicht nachvollziehbar wo da ein Strafvergehen vorliegt. Nicht nachvollziehbar vor allem deswegen, da ich genau die gleiche Spur fuhr die dort jeder KFZ Benützer fuhr, und die, wenn man die örtlichen Gegebenheiten kannte, absolut STVO - gemäß war!!!

Und daß ich ein wenig von der Fahrbahn abkam das lag nicht an zu hoher Geschwindigkeit sondern daran daß ich mit normaler Geschwindigkeit auf Rollsplitt kam und so etwas über die Fahrbahn hinauskam, aber ich denke daß kann doch jedem mal passieren.

Ich bin mir bei diesen beiden Pkt. (Pkt.6.u.7.) absolut keines strafbaren Verhaltens im Sinne der STVO bewust!!!

8. Die Fahrtrichtungsänderung habe ich meines Erachtens bei dieser Kreuzung vielleicht

nicht ganz rechtzeitig mittels Blinker angezeigt, aber ich hab sie angezeigt !

9.u.10. Es ist richtig daß ich keinen Führerschein und keinen Zulassungsschein bei mir hatte. Als mich die Exekutive anhielt sagte ich daß ich die Papiere auch zu Fuß in 10 min vom Haus meiner Großmutter holen kann. Daraufhin brachten mich die Beamten mit ihrem Fahrzeug zum Haus meiner Großmutter in der Z und ich zeigte ihnen die Papiere und die Kennzeichentafel und sie konnten sehen daß Papiere und Kennzeichen in Ordnung waren.

11. In diesem Pkt. bin ich mir absolut keines falschen Verhaltens bewusst !

Als mich die Beamten aufhielten fragten sie mich ob ich sie nicht schon früher gesehen habe. Die müssen mir schon einige Zeit gefolgt sein.

Aber wie ich schon zu den Beamten sagte sah ich das Polizeiauto mit Blaulicht das erste mal bei der Tagesheimstätte herauskommen, ich sah sie da nur ganz kurz als ich kurz vor dem Einbiegen in die Zaubertalstrasse ein Polizeiauto mit Blaulicht im Rückspiegel sah.

Da dachte ich noch nicht im Entferntesten daß das mir gelten solle, zu irgend einem anderen Zweck oder so. Als ich dann die Zaubertalstraße lang fuhr und ich sah daß das Polizeiauto auch die Zaubertalstrasse Richtung Holzheim fuhr verringerte ich die Geschwindigkeit da ich da dann an meine fehlende Nummerntafel dachte und da dachte ich daß es vielleicht mir gelten könne.

Als ich das nächste mal in den Rückspiegel schaute sah ich dann auch den roten Lichtkegel und hörte das Folgetonhorn. Da fuhr ich dann rechts ran (in Peinherrweg) und hielt an.

Daß ich das Polizeiauto nicht früher sah das können sie mir glauben oder nicht aber es war einfach so das ich das Polizeiauto das erste mal bei der Tagesheimstätte sah. Daß läßt sich für mich nur so erklären, daß das Polizeiauto zu weit hinter mir gewesen ist als daß ich es bemerkt hätte. Aber ich muß auch zugeben, daß ich auf Feldwegen o.ä. relativ wenig in den Rückspiegel schaue, da man da wegen der Vibrationen meißt eh nicht sehr viel sieht und wer soll da auf einem Feldweg schon hinter dir nachkommen ?

Also ich sehe nicht wo ich mich da groß falsch verhielt, geschweige denn wo ich hier ein strafbares Verhalten hatte!!!

2. Wegen maßloser Übertreibung.

Ich weiß wenn man sich die Liste anschaut die die Beamten niederschrieben dann denkt man daß das weis Gott für schlimme Sache war. War es aber nicht.

Was hab ich denn schon gemacht ! Ich fuhr ein wenig in der Nachbarschaft vom Haus meiner Großmutter ohne Nummerntafel da ich die gerade vom Motorrad runternahm um sie zu kleben, und während des trocknen des Klebers fuhr ich halt wie gesagt ein wenig in der Nachbarschaft herum. Ich hielt mich im wesentlichen an STVO-Gesetze.

Ich bitte zu bedenken:

- Ich war nicht alkoholisiert

- Ich war freundlich zu den Beamten

- Ich gefährdete keinen einzigen anderen Verkehrsteilnehmer - Ich machte keine Geschwindigkeitsübertretung!

- Ich hielt mich im wesentlichen an die Verkehrsregeln (gab Blinker immer raus vielleicht nicht ganz so vorzeitig wie vorgeschr. - bei Stoptafel hatte ich Schrittempo) !

Gut ich hielt bei Stop-Tafel nicht ganz an - reduzierte nur auf Schrittempo, gab vielleicht da oder dort den Blinker zu spät raus oder vergas einmal den Blinker; hatte keine Nummerntafel oben -war aber nur in Nachbarschaft von dem Ort wo ich die Nummerntafel liegen hatte, und hatte keine Papiere mit - waren aber ebenfalls in Nachbarschaft.

Für völlig aus der Luft gegriffene Vorwürfe S 11.000,-- zu verlangen ist maßlos überhöht und völlig ungerechtfertigt.

Was hab ich denn schon gemacht, S 2.000,-- sind hier auch noch zu hoch.

3. Der Höhe nach:

Ich hatte die letzen drei Jahre nur Einkünfte als Kinder-Skilehrer. Darüber hinaus arbeitete ich voll als Aktivist für Umweltschutz- und Tierschutzorganisationen (G./ R u. G Österreich sowie Verein gegen T u. ä.) wo ich jedoch immer ehrenamtlich gegen Kost u. Unterkunft arbeitete.

So war mein Jahreseinkommen in den letzten 3 J. jeweils etwa S 40.000,-- bis S 70.000,--. Weiters bekam ich etwas Unterstützung von Privaten. Um jedoch damit durchzukommen, glauben Sie mir muß man wirklich sehr sparsam leben.

Ich befürchtete, daß die Strafe vielleicht S 2.000,-- ausmacht. S 11.000,-- sind für mich einfach unfinanzierbar. Ich muß Ihnen ehrlich sagen ich weiß wirklich nicht woher ich so viel Geld nehmen soll. Ich denke ich müßte mich ins Gefängnis setzen und die Ersatzstrafe absitzen.

Ich sag Ihnen ganz offen, ich bin weltweit schon in vielen Gefängnissen gesessen aber bis jetzt nur wegen gewaltfreier Umweltschutz- und Tierschutzaktionen (gegen Atomkraftwerke, gegen Tropenwald-abholzung, gegen Tiertransporte, gegen Massentierhaltungen, gegen Wal- u. Delphinmorden).

Ich denke bei jeder Strafe über S 4.000-- müßte ich mich wirklich ins Gefängnis setzen, da ich wirklich nicht wüßte woher ich das Geld nehmen sollte.

Ich bitte Sie daher höflichst vor allem in Anbetracht meiner fast Taschengeld ähnlichen finanziellen Situation einen Großteil der Strafhöhe, nachzulassen.

Mit freundlichen Grüßen

(mit e. h. Unterschrift) N"

2.1. In objektiver Auslegung der Berufungsschrift wird von der Erhebung einer Berufung im Punkt 1. nicht ausgegangen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Entscheidung vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigenden Strafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da einerseits eine Berufungsverhandlung nicht gesondert beantragt wurde und jeweils auch keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, andererseits der Sachverhalt zumindest in Teilbereichen unbestritten bleibt, konnte die Anberaumung einer Berufungsverhandlung unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis geführt durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems.

Am 18. April 2001 um 17.45 Uhr lenkte der Berufungswerber ein von ihm entliehenes Motorrad vom Zaubertal kommend über die Holzheimstraße bis zum Haus Peinherrweg Nr. 4. Auf der zeitlich nicht näher determinierten, jedoch mit einer Länge von 1,5 km einzuschätzenden Wegstrecke wurden im Zuge einer Nachfahrt durch eine Gendarmeriepatrouille mehrere Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften festgestellt. Diese wurden jedoch zum Teil nur so plakativ umschrieben, dass darauf - im Gegensatz zur Behörde erster Instanz - ein Schuldspruch nicht lückenlos gestützt werden kann.

Unbestritten ist der Umstand der fehlenden Kennzeichentafel. Ebenfalls als unbestritten ist das nicht vollständige Zumstillstandbringen des Motorrades vor dem Verkehrszeichen HALT, wenngleich dem Berufungswerber geglaubt wird, dass er die Geschwindigkeit durchaus auf Schrittgeschwindigkeit reduziert hatte. Weiter ist unbestritten das Nichtmitführen eines Führerscheines und des Zulassungsscheins. Als erwiesen kann auch gelten, dass der Berufungswerber zumindest beim ersten Wahrnehmen des Blaulichtes im Zweifel anhalten hätte müssen. Hier ist zumindest von fahrlässiger Begehungsweise auszugehen, zumal dem Berufungswerber bewusst gewesen sein muss, dass er ohne Kennzeichen unterwegs war, wobei er im Falle der Wahrnehmung einer Nachfahrt mit Blaulicht dieses nur unschwer auf sich bezogen zu sehen war.

Nicht näher lässt sich aus der Anzeige nachvollziehen, inwiefern die Anzeige der Änderung der Fahrtrichtung einen anderen Verkehrsteilnehmer nachteilig betraf, indem sich dieser auf diesen Vorgang nicht hätte einstellen können. Darüber lassen sich aus der Anzeige keinerlei nachvollziehbare Aspekte ableiten. Weiters lässt sich eine auf Grund der Straßenverhältnisse überhöhte Geschwindigkeit nicht schon dadurch annehmen, wenn der Berufungswerber auf die Gegenfahrbahn gelangte. Dies kann bei einem Motorrad eine vielfältige Ursache haben, wie etwa in einem bloßen Fahrfehler begründet sein.

Bei lebensnaher Würdigung dieser im Zuge einer offenbar relativ kurzen Nachfahrt "gesammelten" Verwaltungsübertretungen, muss die Schlussfolgerung gezogen werden, dass damit nicht ein im Tatunwert mit 11.000 S - nunmehr 807 Euro - zu ahndendes Fehlverhalten erblickt werden kann. Die relativ kursorisch abgefasste und in der Zeitabfolge nicht nachvollziehbare Anzeige lässt darüber hinaus zum Teil eine den Tatbestand begründende Tatumschreibung nicht zu. Dies wird hier insbesondere in den Vorwürfen der nicht angepassten Fahrgeschwindigkeit und deren Subsumption nach § 20 Abs.1 StVO, sowie der dreimaligen Vorwürfe der unterbliebenen Anzeige der Fahrtrichtung so beurteilt.

Ansonsten war den auf dienstlicher Wahrnehmung beruhenden Angaben zu folgen.

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Die hier bestätigten Tatbestände wurden von der Behörde erster Instanz in zutreffender Weise subsumiert, sodass zwecks Vermeidung von Wiederholungen diesbezüglich auf die oben wiedergegebenen und von der Behörde erster Instanz zitierten Tatbestände zu verweisen ist.

6.1. Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der Übertretung nach § 11 Abs.2 StVO liegt in dem Vorwurf, dass der Fahrzeuglenker die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt hat, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, weshalb dieses Tatbestandsmerkmal Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung sein muss (VwGH 22.3.1995, 94/03/0319).

Die hier vom Meldungsleger in der Anzeige genannten Umstände der unangezeigt gebliebenen Abbiegevorgänge lassen nicht erkennen, inwiefern sich dadurch andere Verkehrsteilnehmer auf diesen Vorgang einstellen können hätten müssen. Der hier aus der Anzeige nicht ableitbare Umstand, wonach die "Fahrtrichtungsänderung aufgrund der Verkehrslage eindeutig notwendig gewesen wäre", ist nämlich nicht gleichbedeutend mit der Feststellung, dass sich andere Verkehrsteilnehmer mangels Anzeige der bevorstehenden Änderung der Fahrtrichtung nicht darauf einstellen konnten.

Letztlich läge hinsichtlich dieses Tatbestandselementes auch keine taugliche Verfolgungshandlung vor, sodass - ungeachtet der hier für einen Tatbeweis fehlenden Feststellungen - das Verfahren in diesem Punkt auch aus dem Grund gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG zur Einstellung zu bringen gewesen wäre.

Nach § 20 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, dass er den übrigen Verkehr behindert.

Auch diesbezüglich lässt der Umstand des Abkommens von der Fahrbahn nicht grundsätzlich auf eine erhöhte Fahrgeschwindigkeit schließen. Hier wurde weder festgestellt, wie schnell der Berufungswerber tatsächlich fuhr und ob das Geraten auf die Gegenfahrbahn nicht in einem bloßen Handlingfehler - was bei einer Probefahrt durchaus auch realistisch sein könnte - gründete. Auch dieses iSd Bestimmtheitsgebotes des § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Judikatur bestehende Erfordernis hätte die Anlastung nach den Umständen dieses Falles einen Sachverhalt beschreiben müssen, aus dem dieses Faktum eindeutig hervorgeht (vgl. h. Erk. vom 31. Jänner 2001,VwSen-107418/2/Ga/La, mit Hinweis auf AzR vom 23.6.2000).

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Die hier nunmehr verbleibenden Geldstrafen im Ausmaß von immer noch über 300 Euro sind angesichts der in den Fehlverhalten zu vermutenden nachteiligen Auswirkungen durchaus angemessen zu erachten. Es sollte nicht übersehen werden, dass hier scheinbar mit Akribie das Fahrverhalten des Berufungswerbers im Zuge einer Nachfahrt analysiert zu werden schien, wobei die zur Last gelegten Fehlverhalten in kurzer Zeitabfolge begangen wurden und sich die Fehlverhalten zumindest teilweise im Tatunwert überschnitten haben. Dieser Umstand war ebenfalls bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, um eine vertretbare Gesamtstrafe zu verhängen. In diesem Sinn darf nicht übersehen werden, dass eine Geldstrafe in der Höhe von 11.110 S in der Höhe des Monatseinkommens eines Kleinverdieners liegt. Bedacht genommen wurde hier vor allem auch darauf, dass es der Intention des Strafrechtes nicht entspricht, durch die Kumulation einer Vielzahl sogenannter Ungehorsamsdelikte unter gleichzeitigem Hinweis auf die jeweils vorgesehenen Höchststrafsätze, im Ergebnis wirtschaftlich ruinöse Geldstrafen zu verhängen.

Dies auch unter Bedachtnahme auf den Milderungsgrund der hier weitgehend vorliegenden Schuldeinsichtigkeit und der glaubhaft anzunehmenden eher ungünstigen wirtschaftlichen Situation des Berufungswerbers.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Kumulation, angemessene Bestrafung

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