Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108437/2/WEI/Ni

Linz, 03.10.2003

 

 

 VwSen-108437/2/WEI/Ni Linz, am 3. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des K T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Juni 2002, Zl. VerkR 96-12767-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 iVm § 99 Abs 1 lit.b) StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 128/2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungwerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 22.06.2001 um 1.30 Uhr den Kombi im Gemeindegebiet von E, Bezirk Wels-Land, auf der Westautobahn bei km 200,900 in Richtung Wien in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Obwohl vermutet werden konnte, dass Sie ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand lenkten - es wurden an Ihnen deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung wie deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, schwankender Gang, lallende Aussprache, deutliche Rötung der Augenbindehäute festgestellt - haben Sie sich am 22.06.2001 um 2.00 Uhr in E an der Westautobahn bei km 200,900, Richtungsfahrbahn Wien, insoferne gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen als Sie trotz vier Blasversuchen kein gültiges Messergebnis zustande brachten."

 

Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde den § 5 Abs 2 StVO 1960 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte gemäß "§ 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960" eine Geldstrafe in Höhe von 1.162 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurden 116,20 Euro (10 % der Geldstrafe) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 4. Juli 2002 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 15. Juli 2002 zur Post gegebene Berufung vom 14. Juli 2002, die am 22. Juli 2002 bei der belangten Behörde einlangte.

 

Die als Einspruch fehlbezeichnete Berufung bezeichnet den Strafbescheid der belangten Behörde. Sie lautet inhaltlich:

 

"Ich T K, erhebe Einspruch gegen den Bescheid, da ich wahrheitsgemäß meine Aussage machte, und Frau E, wohnhaft am S, O, persönlich bei Ihnen, über den Vorfall aussagen wird."

 

Mit dieser Eingabe hat der Bw zumindest sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass er die Schuldfrage bekämpft und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens anstrebt.

 

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende S a c h v e r h a l t :

 

2.1. In der Anzeige der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Außenstelle H, vom 23. Juni 2001, Zl. 1054/01-Schw, wird berichtet, dass der Bw den Kombi, am 22. Juni 2001 um 01.30 Uhr auf der A 1-Westautobahn im Gemeindegebiet E, Bezirk Wels-Land, bei km 200,900 gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hätte. Der Bw habe in diesem Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht.

 

Im Zuge der Anhaltung zur Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durch Gendarmeriebeamte der Streife H 1, RI S und RI G, wurden Anzeichen einer Alkoholbeeinträchtigung wahrgenommen. Laut Beilage zur Anzeige waren Symptome wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft, schwankender Gang, lallende Sprache, enthemmtes Benehmen und deutliche Bindehautrötung festzustellen. Trinkangaben machte der Bw zunächst keine.

 

Die Gendarmeriebeamten führten im Dienstfahrzeug, einen Alkomaten der Marke Dräger Alcotest 7110 A, Seriennummer ARLM-0469, mit. Nach Schilderung in der Anzeige forderte RI S, der im Besitz einer Ermächtigung (BH Wels-Land vom 18.05.2000, Zl. Pol01-2000) zur Vornahme von Untersuchungen der Atemluft auf Alkoholgehalt gewesen ist, den Bw am 22. Juni 2001 um 02.00 Uhr in E auf, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen. Der Alkomattest sei in der Folge verweigert worden, weil trotz 4 Blasversuchen kein gültiges Ergebnis erzielt wurde. Diese Verweigerung sei trotz Belehrung über die Folgen bis zum Ende der Amtshandlung um 02.23 Uhr aufrecht erhalten worden. Daraufhin wurde dem Bw, der auf Grund seines alkoholbeeinträchtigten Zustands keine sinnvollen Angaben machen konnte, gemäß § 39 Abs 1 FSG der Führerschein abgenommen.

 

Nach dem aktenkundigen Messstreifen vom 22. Juni 2001, auf dem der Bw die Unterschrift verweigert hatte, begann die Atemluftuntersuchung um 02.20 Uhr (Startzeit). Der 1. Fehlversuch um 02.21 Uhr weist eine Blaszeit von 1 Sekunde und ein Blasvolumen von 0,1 l aus, der 2. Fehlversuch um 21.21 Uhr eine Blaszeit von 1,9 Sekunden und 0,1 l Blasvolumen, der 3. Fehlversuch um 02.22 Uhr eine Blaszeit von 1,1 Sekunden und 0,1 l Blasvolumen und der 4. Fehlversuch um 02.23 Uhr weist keinerlei Werte aus. Als Grund für die ersten 3 Fehlversuche wird unkorrekte Atmung angeführt. Eine gültige Messung kam offenbar mangels ausreichender Blaszeit und Blasvolumens nicht zustande.

 

2.2. Nach Abtretung des Verfahrens gemäß § 29a VStG durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erging die Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 31. Juli 2001, in deren Punkt 2. dem Bw angelastet wird, am 22. Juni 2001 um 02.00 Uhr in E an der Westautobahn den Atemalkoholtest verweigert zu haben, da er trotz 4 Blasversuchen kein gültiges Messergebnis zustande gebracht habe.

 

Mit Schreiben vom 18. August 2001 brachte der Bw zur Sache vor, dass von einer Alkotestverweigerung keine Rede sein könne, weil er den Beamten ausdrücklich gesagt hätte, dass er starke Halsschmerzen und eine Verkühlung hätte und deshalb nicht in der Lage wäre, sehr stark in den Alkomaten pusten zu können. Die Beamten hätten zur Klärung einen Arzt beiziehen können. Den Alkoholgeruch bestreite er nicht, da er kurz vorher mit einem Freund und seiner Freundin 1 Liter Wein getrunken hätte. Durch die Halsschmerzen hätte er eine nicht ganz reine Aussprache gehabt und die Rötung der Bindehäute wäre auf die Verkühlung zurückzuführen gewesen.

 

Die belangte Behörde ließ daraufhin die Gendarmeriebeamten im Rechtshilfeweg von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einvernehmen und brachte das Ergebnis dem Bw mit Schreiben vom 9. Oktober 2001 zur Kenntnis. RI S bestritt bei seiner Einvernahme als Zeuge am 4. September 2001 die Behauptungen des Bw und bestätigte die Richtigkeit der Angaben in der Anzeige. Dieser hätte keinerlei Angaben gemacht, dass er den Alkomattest wegen Kopf- oder Halsschmerzen nicht ordnungsgemäß durchführen könnte. Er habe auch nichts über Einnahme von Medikamenten (Kopfwehtablette) gesagt. Er hätte auf Grund seiner Alkoholisierung nicht einmal einen verständlichen Satz herausgebracht. Der am 1. Oktober 2001 einvernommene RI G bestätigte ebenfalls die Anzeigedarstellung und erklärte, dass der Bw keinerlei Angaben gemacht hätte, den Alkotest wegen angeblicher Halsschmerzen nicht durchführen zu können.

 

Am 6. Dezember 2001 langte ein Schreiben der M E bei der belangten Behörde ein, mit dem sie die Aussage des Bw, er hätte eine starke Verkühlung und Halsschmerzen und somit Beschwerden beim Hineinpusten gegenüber den Gendarmen, bestätigte. Späteren Ladungen der belangten Behörde leisteten weder der Bw noch Frau E Folge. Die belangte Behörde erließ daraufhin das angefochtenen Straferkenntnis vom 24. Juni 2002.

 

2.3. In der Begründung des Straferkenntnisses nahm die belangte Strafbehörde die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen an und folgte im Wesentlichen der Gendarmerieanzeige bzw den Angaben der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten, zumal keine Veranlassung bestehe, an der Richtigkeit der Angaben der Meldungsleger, die unter der Strafdrohung des § 289 StGB stünden, zu zweifeln. Die Aussage der Frau E, die trotz mehrmaliger Ladungen nicht erschienen war, könnte nicht als Zeugenaussage gewertet werden.

 

Das Verhalten des Bw sei angesichts der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Verweigerung anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Verweigerung dann gegeben, wenn mehrere Versuche (Erkenntnis vom 20.4.2001, Zl. 2001/02/003 - vier Blasversuche) zu keiner gültigen Messung geführt haben und das Zustandekommen eines entsprechenden Messergebnisses durch das Verhalten des Probanden verhindert wurde (VwGH vom 25.6.1999, Zl. 99/02/0158). Jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme des Alkotests verhindert, sei, sofern das Wacheorgan nicht hierzu seine Zustimmung erklärt hat, als Verweigerung der Atemluftprobe zu werten, auch wenn der Lenker vor diesem Verhalten seine Zustimmung zur Vornahme des Alkotests erklärt hat (Hinweis auf VwGH vom 7.11.1977, 1201/77). Jedes Verhalten, das die Atemluftprobe faktisch verhindert, stelle eine Verweigerung dar, auch wenn die Atemluftprobe nicht ausdrücklich abgelehnt wurde (Hinweis auf VwGH vom 20.11.1979, 2579).

 

 

3. Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats folgt der Beweiswürdigung der belangten Behörde und hält die Einlassung des Bw für nicht maßgeblich. Wie beim Oö. Verwaltungssenat aus anderen Verwaltungsstrafverfahren (vgl etwa h. Erk. vom 12.10.1999, VwSen-106351/12/Wei/Bk) amtsbekannt ist, sind die körperlichen Anforderungen zur Erzielung eines ordnungsgemäßen Blasergebnisses als gering anzusehen. Es sind nach den einschlägigen Bedienungsanleitungen lediglich 1,5 l Blasvolumen über eine Mindestausatmungszeit von 3 Sekunden erforderlich. Sie werden ohne Anstrengung bereits aus der Ruheatmung heraus zustande gebracht. Eine Person, die diese Mindestanforderungen nicht zustande bringt, befindet sich in sehr schlechter Allgemeinverfassung und verfügt grundsätzlich nicht über die notwendigen körperlichen Voraussetzungen zum Lenken eines Kraftfahrzeuges. Die auffälligen klinischen Symptome wie schlechte Gesamtverfassung, massive Atemnot und Blaufärbung im Gesicht wären auch für einen medizinischen Laien sofort erkennbar und es wäre sofortige ärztliche Hilfe erforderlich. Nur eine massive Lungenfunktionsstörung könnte eine derart schwere Beeinträchtigung erklären. Derart schwer erkrankte Personen würden ihre Beschwerden bei der Amtshandlung sofort angeben.

 

 

3.1. Das nachträgliche Vorbringen des Bw, er wäre krankheitshalber (Halsschmerzen, Verkühlung) nicht zum ordnungsgemäßen Blasen in der Lage gewesen, läuft auf eine reine Schutzbehauptung hinaus. Den amtshandelnden Polizeiorganen hätte eine die Blasunfähigkeit bewirkende Erkrankung des Bw, die mit Atemnot und Blaufärbung im Gesicht verbunden gewesen wäre, auffallen müssen. In der Anzeige wird darüber kein Wort verloren. Einem geschulten Organ der Straßenaufsicht ist auch zuzumuten und zuzutrauen, dass es schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die eine Atemalkoholuntersuchung unmöglich machen, erkennen kann und bei solchen in der Person des Probanden gelegenen Gründen für eine unterbliebene Atemluftuntersuchung die nach § 5 Abs 4a StVO vorgesehene ärztliche Bestimmung des Blutalkoholgehalts herbeiführen wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist einem geschulten Organ der Straßenaufsicht die einwandfreie Beurteilung der Frage, wieso bei der Atemluftuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zustande gekommen ist, zuzumuten (vgl ua VwGH 29.1.1992, 92/02/0074; VwGH 19.10.1994, 93/03/0316; VwGH 12.7.1995, 95/03/0029).

 

3.2. Obwohl das Vorbringen des Bw betreffend seine Blasunfähigkeit als unbeachtliche Schutzbehauptung anzusehen war, hatte die Berufung im Ergebnis Erfolg, weil der teilweise unrichtige Tatvorwurf von Amts wegen zu beachten und einer Korrektur durch den Oö. Verwaltungssenat nicht zugänglich war.

 

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 2 StVO sind besonders geschulte und von der Behörde ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

 

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben,

 

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist nach § 5 Abs 3 StVO mit einem Alkomat vorzunehmen.

 

Nach § 5 Abs 4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkohol untersucht werden soll (§ 5 Abs 2 StVO) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

 

Gemäß § 99 Abs 1 StVO begeht im Fall der lit b) eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe von 1.162 bis 5.813 Euro (Euroumstellung Art 6 des BGBl I Nr. 32/2002), im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

 

wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031).

 

Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 971).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

4.3. Mit der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ebenso wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31. Juli 2001 gewählten Formuierung "... haben Sie sich am 22.6.2001 um 2.00 Uhr in E an der Westautobahn ... insoferne ... geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen als Sie trotz vier Blasversuchen kein gültiges Meßergebnis zustande brachten.", hat die belangte Strafbehörde die Tatzeit leider unzutreffend umschrieben. In der Anzeige der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 23. Juni 200, Zl. 1054/01-Schw, wird demgegenüber von einer Verweigerung am 22. Juni 2001 um 02.20 Uhr und von der Aufforderung zum Alkomattest um 02.00 Uhr gesprochen. Die Amtshandlung wurde erst um 02.23 Uhr nach dem vierten fehlgeschlagenen Blasversuch beendet. Aus dem beiliegenden Messstreifen des Alkomats Dräger Alcotest 7110 A, Seriennummer ARLM-0469, betreffend die Blasversuche des Bw ergibt sich auch eindeutig ein Zeitraum zwischen 2.20 Uhr und 2.23 Uhr für die gegenständlichen Fehlversuche. Erst mit dem letzten Fehlversuch um 2.23 Uhr wurde die Amtshandlung beendet und das Verhalten des Bw als Verweigerung gewertet. Die Tatanlastung hätte daher richtigerweise auf dieses Ende der Amtshandlung oder zumindest auf einen geeigneten Zeitraum abstellen müssen. Die Angabe "um 2.00 Uhr" war dagegen falsch, weil zu diesem Zeitpunkt die Aufforderung zum Alkotest erfolgte und die Amtshandlung erst eingeleitet wurde. Der Atemalkoholtest wurde erst viele Minuten später durch schlüssiges Verhalten des Bw verweigert.

Die belangte Behörde hat das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Tatzeit beim Delikt der Verweigerung des Alkotests nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechend umschrieben. Da die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 StVO bereits mit der Verweigerung der Vornahme der Alkomatuntersuchung vollendet ist (vgl etwa VwGH 16.4.1999, 98/02/0391; VwGH 27.5.1999, 99/02/0099; VwGH 30.6.1999, 99/03/0188; VwGH 7.6.2000, 2000/03/0102) kommt es für die konkrete Tatzeit auf die Angabe der richtigen Minute bzw des richtigen Zeitraums der Verhaltensweise an, aus der die Verweigerung folgt, um die Tat zuverlässig identifizieren und zu allfälligen weiteren Verweigerungen abgrenzen zu können. Bei einer so eindeutig unrichtigen Tatzeitangabe im Spruch des Straferkenntnisses wie im gegenständlichen Fall, die keiner berichtigenden Auslegung zugänglich ist, erscheint der Täter nicht vor Doppelverfolgung wegen der Übertretung nach § 5 Abs 2 StVO geschützt. Deshalb hat die belangte Behörde ein wesentliches Tatbestandsmerkmal unrichtig konkretisiert, dessen Abänderung im Berufungsverfahren auf eine unzulässige Auswechslung der Tat hinausliefe.

Da auch die Aufforderung zur Rechtfertigung die unrichtige Tatzeitangabe "um 02.00 Uhr" enthält und dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung zu entnehmen ist, war im Hinblick auf die mittlerweile nach Ablauf der Sechsmonatefrist des § 31 Abs 2 Satz 1 VStG eingetretene Verfolgungsverjährung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß

 

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum