Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108438/3/Ga/Pe

Linz, 30.10.2002

 

VwSen-108438/3/Ga/Pe Linz, am 30. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des FM, vertreten durch Mag. CK, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Juni 2002, Zl. S-13.521/02 VS1, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat 120 € zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 14. Juni 2002 wurde der Berufungswerber einer Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO (erkennbar: iVm § 99 Abs.1b StVO) schuldig gesprochen. Als erwiesen wurde ihm angelastet (§ 44a Z1 VStG): Er habe am 28. März 2002 um 20.13 Uhr in Linz, in Fahrtrichtung stadtauswärts, einen durch das Kennzeichen bestimmten LKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l habe festgestellt werden können.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß

§ 99 Abs.1b StVO eine Geldstrafe von 600 € kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche festgesetzt.

Begründend verwies die belangte Behörde auf die Anzeige der BPD Linz, vom 28. März 2002 und das Ergebnis des darüber zu führen gewesenen Ermittlungsverfahrens. Danach sei an der Richtigkeit des angelasteten Sachverhaltes nicht zu zweifeln gewesen, zumal dieser von einem Organ der Straßenaufsicht im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit einwandfrei habe festgestellt werden können und die Messung des Atemluftalkoholwertes (AAW) mittels eines geeichten und den Verwendungsbestimmungen gemäß eingesetzt gewesenen Atemluftmessgerätes (Alkomat) durchgeführt worden sei. In rechtlicher Hinsicht habe dem unter Hinweis auf die jüngste Judikatur des UVS Oö. vorgetragenen Begehren des Beschuldigten auf Berücksichtigung eines Abzuges vom festgestellten AAW im Ausmaß von Fehlergrenzen nicht entsprochen werden können, weil es sich bei dem vom Beschuldigten erwähnten Erkenntnis des UVS Oö. um eine Einzelfallentscheidung handle. Die Berücksichtigung von Fehlergrenzen sei im Gesetz nicht vorgesehen, vielmehr komme es nach der Judikatur des VwGH auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Strafverfahrensakt erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet die dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatumstände nicht. Sie werden als erwiesen festgestellt. Unbekämpft blieben auch der Messvorgang und das Ergebnis der Alkomatmessung als solches. Einziges Vorbringen in der Sache selbst ist der Einwand, es habe die belangte Behörde zu Unrecht vom mittels Alkomat gemessenen AAW nicht die Eichfehlergrenze abgezogen. Wäre dies in Entsprechung der jüngsten Judikatur des UVS Oö. geschehen, hätte ein unter 0,4 mg/l liegender AAW festgestellt werden müssen. Daher beantragte der Berufungswerber eine neue Berechnung des AAW und den Ausspruch einer dem dann zur Anwendung kommenden Sanktionsrahmen entsprechend niedrigeren Strafe.

Mit dem Einwand der diesfalls zu seinen Ungunsten erfolgten Nichtberücksichtigung von Verkehrsfehlern ist der Berufungswerber grundsätzlich im Recht, wie sogleich zu begründen sein wird. Ebenso aber wird dazustellen sein, warum es - zufolge der gleichfalls gebotenen Berücksichtigung des Alko-Abbauwertes - im Berufungsfall dennoch nicht zur Anwendung des günstigeren Sanktionsregimes des § 37a FSG zu kommen hatte.

Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass der Berufungswerber laut eigenen Angaben in der Zeit vom 27. auf 28. März 2002, von 20.00 Uhr bis 03.00 Uhr sieben Halbe Bier, am 28. März 2002 zuletzt um 19.00 Uhr eine Halbe Bier getrunken hat. Aus der zit. Anzeige geht weiters hervor, dass die Atemluftuntersuchung mittels geeichtem Messgerät der Marke Dräger Alkotest 7110A, Geräte Nr. ARLL-0053, Ablauf der Nacheichfrist mit April 2002, vorgenommen wurde. Auch diese Angaben waren, weil unbestritten geblieben, als erwiesen festzustellen.

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat liegen zu vergleichbaren Fallkonstellationen aus jüngster Zeit (vgl. zB das Erkenntnis VwSen-108188/9/Bi/Stu vom 17.7.2002) als fundiert und schlüssig anerkannte gutachtliche Ausführungen ua. des einschlägig befassten Sachverständigen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (BEV) vor, aus denen Folgendes, auch mit Relevanz für den Berufungsfall, hervorgeht: Unter Hinweis auf die Zulassung zur Eichung der Messgeräte zur Bestimmung von Alkohol in der Atemluft der gegenständlichen Bauart "M52052 A15/9,4 µm (Alkomat), Zl. 41783/90, vom 27. Juni 1990 betragen die Eichfehlergrenzen nach Abschnitt H Z1 für den Bereich von 0 bis 2 mg/l +/- 5%, jedoch nicht weniger als 0,02 mg/l."

Nach Auffassung des UVS gilt diese Eichfehlergrenze = Verkehrsfehlergrenze für alle in Österreich zur Eichung zugelassenen Bauarten von Atemalkohol-Messgeräten, somit auch für den gemäß § 1 Z2 der Alkomatverordnung als eichfähig zugelassenen Alkomaten des Herstellers Dräger AG, mit der Gerätebezeichnung 7110A. Ein gültig geeichtes Gerät dieser Type wurde im Berufungsfall verwendet. Die Verwendung erfolgte, unbestritten bleibend, iSd Zulassungsbedingungen.

Aus diesen geht aber andererseits auch hervor, dass bei diesem Gerät von einer Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenze im hier verfahrensgegenständlichen Umfang von +/- 5% vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l Atemalkoholgehalt auszugehen ist.

In den Entscheidungsgründen zum h. Erkenntnis VwSen-108260/9/Br/Rd vom 17. Juni 2002 hat der UVS zudem ausgeführt: "Beim Verkehrsfehler handelt es sich um einen sogenannten messtechnisch bedingten Graubereich, innerhalb dessen der angezeigte Wert nicht endgültig garantiert werden kann. Der sogenannte 'Verkehrsfehler' ist daher als Beweis- und Tatsachenfrage verfahrensrelevant und im Rahmen der 'freien Beweiswürdigung' zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang legte auch der Sachverständige im Rahmen der unmittelbaren Beweisaufnahme erklärend dar, dass bei einem grenzwertigen Ergebnis das tatsächliche Ergebnis im Umfang des Verkehrsfehlers geringer sein kann, wenngleich in aller Regel das tatsächliche Ergebnis auch dem Angezeigten weitgehend entsprechen wird. Im Sinne des im Strafrecht geltenden Grundsatzes 'im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten' ist demnach unter gewissenhafter Würdigung von einer gesicherten Beweislage nur bei einem Messwert unter Berücksichtigung (abzüglich) des Verkehrs- bzw. Eichfehlers auszugehen.

Der sachverständige Zeuge - der für die Eichungen und Überprüfungen der Atemluftmessgeräte ständig betraute Beamte des BEV - erklärte in gut nachvollziehbarer und illustrativer Form den Verkehrsfehler dahingehend, dass etwa beim Abzählen von 100 Bausteinen durch 100 Personen Zählergebnisse eben von 95 bis 105 vorkommen könnten. Diese empirische Schwankungsbreite sei mit dem Verkehrsfehler vergleichbar. Der sachverständige Zeuge legte damit auch in einer für den Nichttechniker in nachvollziehbarer Weise diese Problematik dar, sodass letztlich (nur) im Sinne der Intention des Eichwesens 'außerhalb dieses Graubereiches' in schlüssiger Beweiswürdigung von einem gesicherten Beweis ausgegangen werden kann. Würde man dies unberücksichtigt lassen, wäre der Sinn und Zweck der Eichvorschrift ad absurdum geführt, und diente dieser wohl nur dem Selbstzweck. Es wäre auch wohl mehr als bedenklich, eine international geltende und dem Schutz des Bürgers vor Folgen falscher Messungen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr dienende Schutzvorschrift [Richtlinie der Organisation für das internationale Messwesen über die beweissicheren Atemalkoholmessgeräte - OIMLR Nr. 126, deren Umsetzungsmaßnahme in der Zulassung iVm den Verwendungsrichtlinien zu erblicken ist] zu ignorieren."

Diese Ausführungen haben nach Auffassung des erkennenden Mitgliedes auch für den vorliegenden Fall - in Anbetracht derselben sachlichen Grundkonstellation - Gültigkeit.

Vor diesem Hintergrund scheint es daher zwingend, den Verkehrsfehler eines Alkomaten im Rahmen der Beweiswürdigung zu Gunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen. Die Messtauglichkeit des Alkomaten als solche wird aber gerade nicht in Frage gestellt. Es ergaben sich nämlich für den Unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen dieses Beweisverfahrens keinerlei Hinweise, wonach das hier verwendete Messgerät nicht geeignet wäre, den Atemalkoholgehalt außerhalb der Fehlergrenzen in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit zu messen.

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 518 € bis 3.633 €, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

(Die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Wiedergabe der Vorschrift des § 99 Abs.1 lit.b StVO beruht auf einem offenbaren Versehen. Weil aber dieser Begründungsmangel auf den Schuldspruch, in Sonderheit auf den Strafausspruch nicht durchgeschlagen hat, ist dem Berufungswerber aus dem Begründungsmangel auch kein Nachteil erwachsen; einer förmlichen Richtigstellung bedurfte es nicht.)

Bei der unter unstrittigen, dem Gesetz entsprechenden Voraussetzungen durchgeführten Atemluftalkohol-Untersuchung mit einem geeichten und technisch einwandfreien Alkomaten durch einen entsprechend geschulten und ermächtigten Polizeibeamten ergab sich ein Messwert von 0,40 mg/l AAG um 21.00 Uhr, sohin 47 Minuten nach Beendigung des Lenkens (=Anhaltung). Die in den Verwendungsbestimmungen vorgesehene Wartezeit von 15 Minuten von der Anhaltung bis zur Vornahme des Alkotests wurde eingehalten; Gegenteiliges wurde nicht behauptet.

Zieht man nun unter Zugrundelegung der Kernaussage der oben wiedergegebenen Sachverständigen-Darlegungen zu der aus eichrechtlicher Sicht begründeten und zulässigen Abweichung von einem gemessenen Wert einerseits und, weil nach h. Auffassung, zumal im vorliegenden Grenzbereich, der gemessene Wert nicht starr (gleichsam "1:1") übernommen werden darf, sondern mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Beweisregel daher wie jedes andere Beweismittel auch der freien Beweiswürdigung unterliegt andererseits, daher die Verkehrsfehlergrenze zu Gunsten des Probanden ab, so ergibt sich im Berufungsfall folgender Basiswert: Messwert von 0,40 mg/l - 0,02 mg/l = 0,38 mg/l.

Zu bedenken ist aber weiters, dass der Berufungswerber laut eigenen Angaben bei der Anhaltung zuletzt um ca. 19.00 Uhr Bier getrunken und keine Nahrung aufgenommen hatte; ein Sturztrunk wurde nicht angegeben. Es ist daher unter Berücksichtigung des geringsten (in der Judikatur noch anerkannten) stündlichen Abbauwertes von 0,1 Promille BAG, der gemäß dem im § 5 Abs.1 erster Satz StVO festgelegten Umrechnungsschlüssel einem AAG von 0,05 mg/l entspricht, für die seit der Anhaltung bis zur Messzeit vergangenen 47 Minuten, das ist rund eine 3/4 Stunde, sohin 3/4 von 0,05 = 0,0375 mg/l (ergibt sich aus: 0,05 : 4 = 0,0125 x 3 = 0,375 mg/l), auf die Lenkzeit zurückzurechnen, dh es sind zu den oben errechneten 0,38 mg/l 0,0375 mg/l hinzuzuzählen; das ergibt einen AAG von 0,4175 mg/l (entspricht 0,835 Promille BAG) bezogen auf die Lenkzeit 20.13 Uhr des 28. März 2002.

Ausgehend davon aber war festzustellen, dass der Berufungswerber in diesem Fall trotz Nichtberücksichtigung des Eichfehlers durch die belangte Behörde im Ergebnis keinen Rechtsnachteil erlitten hatte.

Aus allen diesen Gründen war daher als nicht rechtswidrig zu erkennen, wenn Schuldspruch und Strafausspruch wider den Berufungswerber auf den Straftatbestand gemäß § 99 Abs.1b StVO gestützt wurden.

Da keine Anhaltspunkte bestehen, dass die belangte Behörde bei der Straffestsetzung ermessensmissbräuchlich vorgegangen wäre - einen derartigen Vorwurf erhebt die Berufung auch gar nicht -, war vorliegend (es wurde eine nur geringfügig über dem Mindestsatz liegende Geldstrafe verhängt) auch der Strafausspruch zu bestätigen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

Beschlagwortung:

Eichfehler-Judikatur zu § 5 Abs.1 StVO

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