Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108455/2/Bi/Ri

Linz, 16.08.2002

 

VwSen-108455/2/Bi/Ri Linz, am 16. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J, , vom 1. August 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 23. Juli 2002, VerkR96-4860-2001, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 14 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahr-gesetz 1967 eine Geldstrafe von 70 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I GmbH und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser GmbH verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass diese Gesellschaft als Zulassungsbesitzerin des Kfz mit dem Kennzeichen trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshaupt-mannschaft Ried/Innkreis vom 2. August 2001, VerkR96-4860-2001, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 16. April 2001 um 8.10 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne, weil er lediglich am 14. August 2001 bekannt gegeben habe, dass dieses Fahrzeug von mehreren Personen benutzt werde.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, am fraglichen Tag sei der Mitarbeiter H zusammen mit noch drei weiteren Personen auf dem Weg von Budapest nach Hause gewesen. Sie hätten sich beim Fahren abgewechselt, niemand habe jedoch eine Geschwindigkeitsmessung mitbekommen. Sie könnten auch den Zeitpunkt und den genauen befahrenen Streckenabschnitt nicht mehr nennen. Da die Behörde nicht in der Lage sei, professionelles Beweismaterial vorzulegen, könne er den Fahrer nicht benennen. Auch könne von ihm als gesetzlichen Vertreter der Zulassungsbesitzerin keine Aufzeichnungspflicht verlangt werden, weil dies in der Praxis nicht möglich sei. Außerdem habe das Unternehmen zwei gesetzliche Vertreter, sodass unklar sei, warum gerade er in die Verantwortung genommen werde.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass das auf die I GmbH, zugelassene Kfz Daimlerchrysler, Kz, am 16. April 2001, 8.10 Uhr, auf der A8 Innkreisautobahn bei km 53.025, Peterskirchen, in Richtung Suben mit einer Geschwindigkeit von 165 km/h - entgegen den erlaubten 130 km/h - mittels geeichtem Radargerät Multanova 6F Nr. 511 gemessen wurde. Die - wie in Österreich üblich von hinten angefertigten - Radarfotos wurden ausgearbeitet und das Kennzeichen war eindeutig abzulesen.

Die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis richtete mit Schreiben vom 2. August 2001 ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 an die Zulassungsbesitzerin, wobei unter Hinweis darauf, dass eine Anzeige gegen den Lenker wegen Übertretung der Verkehrsvorschriften vorliege, die Zulassungs-besitzerin aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens bekannt zu geben, wer das Kfz/den Anhänger am 16. April 2001 um 8.10 Uhr in Peterskirchen, A8 bei km 53.025 in Richtung Suben gelenkt bzw vor diesem Zeitpunkt abgestellt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 wurde wörtlich zitiert und darauf hingewiesen, dass eine ungenaue oder unvollständige Auskunft oder das Verweigern der Auskunft als Verwaltungsübertretung (Strafrahmen bis 2.180,19 Euro oder bis sechs Wochen Arrest) - auch für ausländische Fahrzeughalter bzw Zulassungsbesitzer - strafbar sei.

Das Schreiben wurde laut Rückschein zugestellt, wobei dieser vom Rechtsmittel- werber unterzeichnet, jedoch kein Datum angeführt wurde.

Mit Schreiben von 14. August 2001 teilte der Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf ein Schreiben vom 29. Juni 2001, das in der Beilage angeschlossen war, mit, es sei leider nicht möglich, festzustellen, wer zur fraglichen Zeit gefahren sei, da das Fahrzeug von mehreren Personen benutzt werde. Es werde nochmals um Beweismittel ersucht.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 21. August erging unter Vorlage eines Radarfotos noch ein Ersuchen um Lenkerauskunft, das in der gleichen Weise beantwortet wurde.

Die gegen den Rechtsmittelwerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der genannten GmbH gerichtete Strafverfügung vom 14. Oktober 2001 wegen Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG wurde fristgerecht beeinsprucht; sodann erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverwei-gerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung - und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes der StVO 1960 - begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991, Nr.23 der Spruchbeilage).

Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf die GmbH, deren Rechtsvertreter der Rechtsmittelwerber ist, zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Rechtsmittelwerber hat auf die Lenkeranfrage vom 2. August 2001 nur insofern reagiert, als er mitteilte, er sei nicht mehr in der Lage, den Fahrer zu ermitteln. Eine Auskunft im Sinne des Ersuchens wurde somit nicht erteilt und auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können. Der Rechtsmittelwerber hat zwar mittlerweile auf insgesamt vier Personen, darunter eine namentlich genannte, hingewiesen, jedoch bleibt im Ergebnis nur die Tatsache, dass eine Auskunftserteilung im Sinne einer genauen Bezeichnung des Lenkers nach Name und Anschrift nicht erfolgt ist. Er hat auch niemanden angeführt, der die gewünschte Auskunft hätte erteilen können.

Seinem Einwand, er sehe nicht ein, warum gerade ihm eine derartige Übertretung vorgeworfen werde, wenn doch die GmbH zwei gesetzliche Vertreter habe, ist entgegenzuhalten, dass er selbst auf das Lenkerauskunftsersuchen reagiert hat, was den unbestritten gebliebenen Schluss zulässt, dass dieser Verantwortungsbereich nach internen Regeln auch ihm selbst im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zugeordnet ist.

Zum Einwand, es sei praktisch unmöglich, Aufzeichnungen zu führen, ist zu sagen, dass das Führen eines Fahrtenbuches gerade bei Firmenfahrzeugen eine gängige Methode für solche Aufzeichnungen darstellt, zumal nicht erwartet werden kann, dass bei mehreren Mitarbeitern, die ein Firmenfahrzeug lenken, ein Lenker zu einem bestimmten Zeitpunkt nachträglich auf eine andere Weise ermittelt werden kann. Auch wenn für das genannte Kfz in Deutschland keine ausdrückliche Anordnung zur Führung eines solchen Fahrtenbuchs besteht, ist doch vorauszusetzen, dass sich die Zulassungsbesitzerin bzw der zuständige gesetzliche Vertreter über die bei Auslandsfahrten zu beachtenden Rechtsvorschriften, insbesondere bei der Fahrt durch Österreich über die Verpflichtung zur Erteilung von Lenkerauskünften, ent-sprechend informiert und Vorsorge trifft, um diese Verpflichtung gegebenenfalls erfüllen zu können.

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer KFZ - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmissverständlich. Hätte der Rechtsmittelwerber tatsächlich fristgerecht vier Personen namentlich als Auskunftspersonen genannt, hätte die Behörde eine beliebige Person wählen können und diese wäre dann zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen. Er hat daher bei Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 2180 Euro bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers geschätzt und weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe gefunden. Der Schätzung hat der Rechtsmittelwerber nicht widersprochen, sodass diese auch dem Rechtsmittelverfahren zugrunde zu legen war (unter 1.000 Euro monatlich netto, keine Sorgepflichten, kein Vermögen).

Mildernd war mangels gegenteiliger Angaben im von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt die Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers, erschwerend kein Umstand.

Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und ist auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen. Eine Herabsetzung der Strafe in Anbetracht des genannten Milderungsgrundes ist deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Strafe bereits im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe entsprechend dem gesetzlichen Strafrahmen bemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Beilagen

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: deutscher Zulassungsbesitzer - Lenkerauskunft nicht erteilt

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum