Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108502/5/Ki/Ka

Linz, 24.01.2003

 

 

 VwSen-108502/5/Ki/Ka Linz, am 24. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn Dr. HS, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. JP und Dr. JK, J vom 13.8.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24.7.2002, VerkR96-2625-1-2000/Her, wegen Übertretungen der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

I. Bezüglich der Fakten 1 und 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Bezüglich der Fakten 3 und 4 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

III. Bezüglich Fakten 1 und 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 87,20 Euro, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

 

Bezüglich der Fakten 3 und 4 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber (Bw) mit Straferkenntnis vom 24.7.2002, VerkR96-2625-1-2000/Her, Nachstehendes zur Last gelegt:

"Sie haben als Geschäftsführer der A W GesmbH für Außenwerbung und somit als der gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 3.4.2000 im Gemeindegebiet von Marchtrenk an der B 1 Wiener

1.) auf einer Werbetafel welche 29 m vom Fahrbahnrand der B 1 Wiener Straße, auf Höhe von Strkm 200,905 re.i.S.d.K. entfernt ist, die Werbung "Eternit. Bis zu 100 l m2"

2.) auf einer Werbetafel welche 29 m vom Fahrbahnrand der B 1 Wiener Straße, auf Höhe von Strkm 200,905 re.i.S.d.K. entfernt ist, die Werbung "Milka. Jeder hat das Recht auf eine Pause"

3.) auf einer Werbetafel, welche mind. 16,5 m vom Fahrbahnrand der B1 Wiener Straße zwischen Strkm 200,878 und Strkm 200,884 entfernt ist, die Werbung "der neue MAN ist da"

4.) auf einer Werbetafel, welche mind. 16,5 m vom Fahrbahnrand der B 1 Wiener Straße zwischen Strkm 200,878 und Strkm 200,884 entfernt ist, die Werbung "GOLDFISCH Rubbeln und im Geld schwimmen"

außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war."

Er habe dadurch § 84 Abs.2 StVO und § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 3 Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 87,20 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Der Bw erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 13.8.2002 Berufung, diese ausschließlich mit der Begründung, dass im Unternehmen des Einschreiters für den Bereich Aufstellung und Bewirtschaftung von Werbeanlagen Dir. Ing. JD zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 bestellt worden sei und der Einschreiter daher nicht Adressat der Strafnorm wäre. Daher ergehe der Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Angeschlossen wurde dieser Berufung ein mit 20.7.2000 datiertes Schreiben, wonach Ing. D zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG für die operativen Tätigkeiten im Unternehmen (Aufstellung von Plakattafeln, Anbringung von Werbung) bestellt wurde.

 

In einer Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren brachte der Bw vor, dass sich die in Frage stehenden Werbungen nicht an einer Straße außerhalb, sondern an einer Straße innerhalb des Ortsgebietes befinden würden und nach dem Wortlaut wie der ratio des § 84 Abs.2 StVO es nicht auf die Entfernung zu irgendeiner Straße ankomme, sondern auf die Entfernung zu jener Straße, auf welche die Werbung ausgerichtet sei, an der sie also liege.

 

Weiters vertrat der Bw die Auffassung, dass die inkriminierten Aufschriften lediglich Feststellungen, aber kein Güteurteil enthalten würden. Mangels Hinweises auf einen anderen Ort oder Verweis auf die Zukunft handle es sich auch nicht um eine Ankündigung. Mangels Vorliegens einer Werbung oder Ankündigung komme also eine Bestrafung gemäß § 84 Abs.2 nicht in Betracht.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine jeweils 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Darüber hinaus erging zunächst an den Verfassungsgerichtshof der Antrag, dieser wolle die Wortfolge "Werbungen und" im ersten Satz des § 84 Abs.2 StVO als verfassungswidrig aufheben. Mit Erkenntnis vom 12.12.2002, G 177/02-9, G 205/02-7, G 265/02-9, G 292/02-9 und G 316/02-7, hat der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag abgewiesen.

 

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb eine Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f..

 

 

 

I.5.1. Zu den Fakten 1 und 2:

Der von der Erstbehörde erhobene Vorwurf, dass die im Straferkenntnis bezeichneten Werbungen zu der festgestellten Tatzeit an den festgestellten Tatorten angebracht waren, bleibt unbestritten.

 

Der Bw vermeint jedoch, er sei nicht Adressat der Strafnorm, zumal im Unternehmen für den Bereich Aufstellung und Bewirtschaftung von Werbeanlagen eine andere Person zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG bestellt sei und versucht dies durch Vorlage eines mit 20.7.2000 datierten Schreibens zu belegen. Dem ist entgegen zu halten, dass laut ständiger Rechtsprechung des VwGH die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten nur dann zulässig ist, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (VwGH 17.5.1988, 87/04/0131 ua). Der vorgelegte Nachweis über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stammt vom 20.7.2000 und stand somit nicht aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung (3.4.2000), weshalb in diesem Falle die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ins Leere geht. Der Bw hat sohin die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu vertreten und es sind auch, was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche ihn entlasten würden.

 

Zum Vorbringen, die in Frage stehenden Werbungen würden nicht an einer Straße außerhalb, sondern an einer Straße innerhalb des Ortsgebietes situiert sein und es komme nach dem Wortlaut wie der ratio des § 84 Abs.2 StVO nicht auf die Entfernung zu irgendeiner Straße an, sondern auf die Entfernung zu jener Straße, auf welche die Werbung ausgerichtet ist, wird festgestellt, dass dies laut ständiger Rechtsprechung des VwGH nicht der Fall ist. Mit Erkenntnis vom 6.6.1984, Zl. 84/03/0016, hat der VwGH klargestellt, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Zweck der Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO unmissverständlich ergibt, dass jeweils auf alle Straßen, in deren Blickfeld, welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus gerechnet festlegte, die Werbung oder Ankündigung fällt, abzustellen ist. Eine Werbung, die sich hinsichtlich der einen Straße in einem Bereich befindet, der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet (§ 2 Abs.1 Z15 StVO) gehört und daher dem Verbot des § 84 Abs.2 StVO nicht unterliegt, hinsichtlich der zweiten aber in einem Bereich, der nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet im Sinne des § 2 Abs.1 Z15 StVO festgelegt ist, fällt unter das Verbot des § 84 Abs.2 StVO. Wenn die Werbung in Ansehung von zwei oder mehreren Straßen jeweils im Bereich innerhalb von 100 m vom jeweiligen Straßenrand liegt, haben die Voraussetzungen hinsichtlich aller Straßen vorzulegen. Mit Erkenntnis vom 22.2.2002, Zl. 2000/02/0303, hat der VwGH ausgesprochen, er sehe keinen Grund, von der im oben zitierten Erkenntnis vertretenen Ansicht abzugehen (vgl. ebenso Erkenntnis des VwGH vom 23.11.2001, Zl. 2000/02/0338).

 

Zum Einwand, eine Werbung sei stets mit einem Güteurteil verbunden und dazu gehöre zwangsläufig die Verwendung eines Adjektives, die inkriminierten Aufschriften würden jedoch lediglich Feststellungen und kein Güteurteil enthalten und es liege daher keine Werbung vor, wird festgestellt, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter Werbung allgemein die absichtliche und zwangfreie Form der Beeinflussung menschlicher Willensentschließung und Meinungsbildung zu verstehen ist (Meyers Lexikon). Es kann wohl nicht in Abrede gestellt werden, dass durch die gegenständlichen Plakatte eine Beeinflussung der menschlichen Willensentschließung und Meinungsbildung beabsichtigt ist und daher sehr wohl eine Werbung im Sinne des § 84 Abs.2 StVO 1960 vorliegt.

 

Zur Strafbemessung enthält die Berufung keine Ausführungen, sodass die Annahme gerechtfertigt erscheint, der Rechtsmittelwerber habe diesbezüglich nichts Entscheidendes vorzubringen.

 

Im Übrigen halten die verhängten Geldstrafen in Höhe von 218 Euro bzw Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils drei Tagen einer Überprüfung anhand der Kriterien des § 19 VStG ohne Weiteres stand, dies auch unter Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw. Angesichts der Tatsache, dass der Bw jedenfalls zur Tatzeit Geschäftsführer eines Werbeunternehmens war, kann nicht mehr von einem geringen Verschulden gesprochen werden, wenn er sich nicht an die einschlägigen Bestimmungen hält, zumal verlangt werden muss, dass er in seiner Stellung auch in Kenntnis dieser Rechtsvorschriften war; eine Übertretung derselben konnte damit nicht mehr lediglich in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden.

 

Im Übrigen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bw weder durch den Schuldspruch noch durch die Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb der Berufung keine Folge gegeben werden konnte.

 

I.5.2. Zu den Fakten 3 und 4:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

Im vorliegenden Falle hat die Erstbehörde zwar festgestellt, dass die Werbetafel, auf welcher die jeweilige Werbung angebracht war, in einer bestimmten Entfernung zum Fahrbahnrand der B1 Wiener Straße im Bereich einer bestimmten Kilometrierung situiert war, es findet sich jedoch - im Gegensatz zu den übrigen Fällen - kein Hinweis darauf, auf welcher Seite der Fahrbahn die Werbetafel tatsächlich situiert war. Nach Auffassung der Berufungsbehörde ist durch diese Angaben der Tatort nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entsprechend konkretisiert und somit der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf die Fakten 3 und 4 hinsichtlich des Tatortes mit einem qualifizierten Mangel belastet. Dieser ist, da mittlerweile Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist, einer zulässigen Korrektur des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht mehr zugänglich.

 

Bezüglich der Fakten 3 und 4 liegt daher ein Umstand vor, der eine Verfolgung des Bw im Hinblick auf diese angelasteten Verwaltungsübertretungen ausschließt, weshalb diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

 

 
 

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