Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108539/31/Kei/An

Linz, 14.10.2003

 

 

 VwSen-108539/31/Kei/An Linz, am 14. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des P K, vertreten durch B, F M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. Juli 2002, Zl. S-14.578/02 VS1, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrordnung 1960 (StVO 1960), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. September 2003, zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2.  

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

     

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 120 Euro, zu leisten.

 
Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Tatort: Linz, ca. 15 m vor dem Chemiekreisverkehr, von der Aigengutstr. kommend

Tatzeit: 04.04.2002, 09.15 Uhr

Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug, Kz.

Sie haben das Sattelzugfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, da ein Mindestblutalkoholwert von 0,85 Promille) festgestellt werden konnte.

Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 600,00 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, gemäß § 99 Abs.1b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

60,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 660,00 Euro".

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Als Berufungsgründe werden unter A) die Rechtswidrigkeit des Inhalts infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie unter B) die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Missachtung des Parteiengehörs, des Rechtes auf Akteneinsicht sowie unvollständige Sachverhaltsermittlung geltend gemacht.

Zum Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis vom 12.07.2002 wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er hätte in Linz, cirka 15 Meter vor dem Chemiekreisverkehr, von der Aigengutstraße kommend, am 04.04.2002, 09.15 Uhr, das Sattelzugfahrzeug KZ, in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, da ein Mindestblutalkoholwert von 0,85 Promille festgestellt worden sei.

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO begangen und wurde gemäß § 99 Abs. 1 lit b StVO über ihn eine Geldstrafe von Euro 600,-- verhängt, dies zuzüglich 10 % Verfahrenskosten, zu zahlen daher ein Gesamtbetrag von Euro 660,--.

 

Dieses Straferkenntnis ist aus mehreren Gründen rechtswidrig:

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit:

A) Inhaltliche Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger Lösung der Tatfrage liegt insoweit vor, als die erkennende Behörde im Zuge der Entscheidungsfindung den Inhalt des Bescheides der BH Eisenstadt-Umgebung vom 17.04.2002, Zl. 10/09/1389/11, gänzlich missachtet hat. Vorbezeichneter Bescheid war im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides bereits formell und materiell rechtskräftig, insbesondere war genannter Bescheid der BH Eisenstadt-Umgebung insoweit verbindlich, als er einen Atemluftalkoholgehalt von 0,39 mg/l beim Beschuldigten zum inkriminierten Tatzeitpunkt am inkriminierten Tatort feststellte.

Trotz iSd § 38 AVG vorliegender Bindung der belangten Behörde an den Akt der BH Eisenstadt-Umgebung stellte die belangte Behörde, abweichend vom Bescheid der BH Eisenstadt-Umgebung, rechtswidrig einen Mindestblutalkoholwert von 0,85 Promille, was einem Atemluftalkoholgehalt von 0,425 mg/l entspricht, fest.

Aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Bindungswirkung und der damit verbundenen zwingend unrichtigen rechtlichen Beurteilung, da bei Beachtung der Bindungswirkung die behördlich angezogene absolute Fahruntüchtigkeit aufgrund entsprechend geringerem Atemluftalkoholgehalt ausgeschlossen wäre, ist das bekämpfte Straferkenntnis daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

 

Beweis: beizuschaffender Bescheid der BH Eisenstadt-Umgebung vom 17.04.2002, Zl. 10/09/1389/11;

 

B) Die Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt in mehrerer Hinsicht vor:

a) Der insbesondere in §§ 37 iVm 45 Abs. 2 und 3 AVG verankerte Grundsatz des Parteiengehörs wurde grob missachtet. Zwar konnte der Beschuldigte in Entsprechung des Ladungsbescheides der BH Eisenstadt-Umgebung vom 03.06.2002, Zl. 300-4767-2002, insoweit Folge leisten, als er am 21.06.2002 im Amtsgebäude der BH Eisenstadt-Umgebung erschien um seine Parteienrechte wahrzunehmen, dort wurde ihm jedoch, entgegen den Ausführungen in der Begründung des bekämpften Bescheides nicht der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht, sondern dem Beschuldigten lediglich mündlich vorgehalten, er habe am inkriminierten Tatort zur inkriminierten Tatzeit einen Atemluftalkoholgehalt von 0,39 mg/l aufgewiesen, was der Beschuldigte bejahte. Zu keiner Zeit hat allerdings der Beschuldigte zugegeben, das Sattelzugfahrzeug, behördliches Kennzeichen, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Festgehalten wird diesbezüglich, dass der Beschuldigte auch keine Niederschrift zur Unterfertigung erhielt und sohin die volle Beweiskraft einer allfällig vorhandenen Niederschrift, welche dem Beschuldigten jedoch bis dato nicht bekannt ist, ohnehin nicht vorliegt.

Durch oben genannte rechtswidrige Vorgangsweise hat die einvernehmende Behörde BH Eisenstadt-Umgebung den gemäß § 37 AVG bestehenden Zweck des Ermittlungsverfahrens, wonach für die Erledigung einer Verwaltungssache der maßgebende Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben ist, verfehlt.

Dies insbesondere deshalb, weil dem Beschuldigten nicht der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und ihm auch nicht eine allfällig angefertigte Niederschrift zur nochmaligen Durchsicht und Unterfertigung vorgelegt wurde.

Der bekämpfte Bescheid ist insoweit durch Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung der Verfahrensvorschriften betreffend Parteiengehör belastet.

Beweis: Einvernahme des Beschuldigten;

b) Aufgrund der im Bescheid der BH Eisenstadt-Umgebung vom 17.04.2002, Zl. 10/09/1389/11, erfolgten Feststellung, wonach lediglich ein Atemluftalkoholgehalt von 0,39 mg/l beim Beschuldigten im inkriminierten Tatzeitpunkt am inkriminierten Tatort vorgelegen sei, hätte die Annahme eines durch Alkohol beeinträchtigten Zustandes jedenfalls zusätzliche Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, dass sich der Beschuldigte in einem die Fahruntüchtigkeit bewirkenden Rauschzustand versetzt hätte, erfordert (vgl. OGH 21.12.1976, 13 OS 150/76, ZVR 1977/179; auch OGH 29.06.1965, ZVR 1966/40). Im Zuge von zusätzlichen Sachverhaltsermittlungen und Feststellungen wäre die Behörde allerdings zum Ergebnis gelangt, dass nicht einmal eine relative Fahruntauglichkeit zum angezogenen Tatzeitpunkt vorgelegen war.

Da bereits die BH Eisenstadt-Umgebung, in weiterer Folge auch die belangte Behörde diese Feststellungen unterlassen hat, ist auch insoweit der Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensschriften, insbesondere der unzureichenden Sachverhaltsermittlung, belastet.

Beweis: wie bisher;

c) Der Beschuldigte hat bereits mit 09.07.2002 per Telefax durch seine rechtsfreundliche Vertretung einen Antrag auf Übersendung einer Aktenabschrift gestellt und ist der bezughabende Akteninhalt bisher, soweit ersichtlich, seinem Umfang nach äußerst gering; trotz telefonischer Urgenz und erneuter Sendung eines Telefaxes an die belangte Behörde mit 15.07.2002 wurde dem Beschuldigten in Nichtentsprechung der jeweils gestellten Anträge keine Aktenabschrift per Post zugesandt.

Die Vorgangsweise der belangten Behörde steht im Gegensatz zum in § 17 AVG normierten Recht der Parteien auf Akteneinsicht und hätte im Sinne der zitierten Bestimmung Abs. 1 leg cit die Behörde auf Kosten des Beschuldigten Kopien anfertigen lassen und diese auf dem Postwege zustellen müssen; all dies noch vor dem Ablauf der Berufungsfrist.

Da dies die belangte Behörde verabsäumt hat, ist der bekämpfte Bescheid auch aus diesem Grunde mit einem Verfahrensfehler behaftet und aufgrund der Verletzung der Verfahrensvorschrift der gemäß § 17 AVG zu gewährenden Akteneinsicht rechtswidrig.

Beweis: wie bisher;

 

C) Aus oben genannten Gründen wird gestellt der Antrag, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben und das wider den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einzustellen."

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in die Verwaltungsakte der Bundespolizeidirektion Linz, Zlen. S-14578/02-VS1 vom 13. September 2002, 14578/02 VS1 vom 5. September 2003 und S-14578/02 VS 1 vom 16. September 2003 und in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung, Zl. EU-10-09-53, Einsicht genommen und am 25. September 2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurden die Zeugen J R, V R, Bezirksinspektor J M und Revierinspektor G H einvernommen und der medizinische Sachverständige Dr. G H äußerte sich gutachterlich.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. § 5 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99 Abs.1b StVO 1960 lautet:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 581 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

4.2. Durch den Bw wurde in der Verhandlung außer Streit gestellt, dass er am 4. April 2002 am Vormittag das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen in Linz ca. 15 Meter vor dem Chemiekreisverkehr von der Aigengutstraße kommend gelenkt hat. Den in der Verhandlung gemachten Aussagen der Zeugen J R und V R wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich auf den persönlichen Eindruck, den beide Zeugen in der Verhandlung gemacht haben und darauf, dass beide Zeugen unter Wahrheitspflicht ausgesagt haben (s. die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG).

Die in der Verhandlung gemachten Aussagen der beiden Polizeibediensteten BI M und RI H werden als glaubhaft beurteilt. Diese Beurteilung stützt sich auf den persönlichen Eindruck, den diese beiden Zeugen in der Verhandlung gemacht haben und darauf, dass sie unter Wahrheitspflicht ausgesagt haben (s. die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG).

Für den Oö. Verwaltungssenat hat sich ergeben, dass im gegenständlichen Zusammenhang das Lenken im Bereich ca. 15 Meter vor dem Chemiekreisverkehr, von der Aigengutstraße kommend, am 4. April 2002 um 09.15 Uhr erfolgt ist. Diese Beurteilung stützt sich auf die in der Verhandlung gemachten Aussagen der Zeugen J R und V R.

Es hat sich für den Oö. Verwaltungssenat vor dem Hintergrund der in der Verhandlung gemachten schlüssigen gutachterlichen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. G H ergeben, dass im gegenständlichen Zusammenhang zur Zeit des Lenkens des Kraftfahrzeuges eine Alkoholisierung des Bw im Ausmaß von 0,85 Promille Blutalkoholkonzentration vorgelegen ist.

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommen Tat (§ 44a Z.1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Eine Bindung des Oö. Verwaltungssenates an die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 17. April 2002, Zl. 10/09/1389/11, liegt nicht vor.

 

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor.

Das Verschulden des Bw wird als Vorsatz qualifiziert. Das Verschulden des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da das Verschulden nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

 

Zur Strafbemessung:

Es liegt eine Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Auf den beträchtlichen Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen. Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird ebenfalls berücksichtigt.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 600 Euro ist insgesamt - auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw - angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

 

5. Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, das sind 120 Euro, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Keinberger
 

 
 

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