Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108541/2/Kei/Pe

Linz, 18.11.2003

VwSen-108541/2/Kei/Pe Linz, am 18. November 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des A G jun., vertreten durch den Rechtsanwalt H K, Hstraße, N, Bundesrepublik Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. August 2002, Zl. VerkR96-978-2002, zu Recht:

  1. Der Berufung wird im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Strafen wie folgt neu festgesetzt werden:

Geldstrafe: 95 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 43 Stunden,

Geldstrafe: 65 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden

Geldstrafe: 15 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden

Geldstrafe: 95 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 43 Stunden

Geldstrafe: 30 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 13 Stunden

Geldstrafe: 15 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden und

Geldstrafe: 65 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Geldstrafen, ds 38 Euro (= 9,50 Euro + 6,50 Euro + 1,50 Euro + 9,50 Euro + 3 Euro + 1,50 Euro + 6,50 Euro), zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie lenkten am 16.1.2002, um 15.05 Uhr das Sattelzugfahrzeug, Kennzeichen M samt Sattelanhänger, Kennzeichen M, im Gemeindegebiet Braunau, auf der B, bei Strkm. und haben

  1. sich als Lenker, vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug (Sattelzugfahrzeug) den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da der auf der letzten Achse rechts außen montierte Zwillingsreifen nicht mehr die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 2 mm auf mindestens drei Viertel der Lauffläche aufwies.
  2. als Lenker nicht dafür gesorgt, dass die Sicht vom Lenkplatz für das sichere Lenken des Fahrzeuges ausreicht, zumal die Windschutzscheibe über das ganze Sichtfeld des Lenkers Sprünge aufwies und dadurch die Sicht für das sichere Lenken nicht mehr ausreichte.
  3. als Lenker den Fahrzeugschein für das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht vorgewiesen.
  4. als Lenker, vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass der von Ihnen gezogene Anhänger (Sattelanhänger) den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da der auf der ersten Achse rechts außen montierte Reifen einen ca. 10 cm langen mit freiem Auge sichtbaren Riss bis zum Unterbau aufwies, obwohl die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen, verboten ist.
  5. und haben sich als Lenker, vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, zumal die links und rechts seitlich angebrachten Fahrtrichtungsanzeiger nicht funktionierten.
  6. als Lenker den Fahrzeugschein für den von Ihnen gezogenen Anhänger einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht vorgewiesen.
  7. und haben sich als Lenker, vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht und so gebaut bzw. ausgerüstet ist, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzung entstehen, zumal durch mangelhafte Dichtung auf Höhe der hinteren Achse der Zugmaschine links und rechts Getriebeöl austrat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

  1. § 102 Abs.1 iVm. § 7 Abs.1 KFG iVm. § 4 Abs.4 KDV
  2. § 102 Abs.2 2. Satz KFG
  3. § 82 Abs.2 1. Satz KFG
  4. § 102 Abs.1 iVm. § 7 Abs.1 KFG iVm. § 4 Abs.4 KDV
  5. § 102 Abs.1 iVm. § 19 Abs.1 KFG
  6. § 82 Abs.2 2. Satz KFG
  7. § 102 Abs.1 iVm. § 4 Abs.2 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von:

  1. 109 Euro
  2. 72 Euro
  3. 21 Euro
  4. 109 Euro
  5. 36 Euro
  6. 21 Euro
  7. 72 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

  1. 48 Stunden
  2. 36 Stunden
  3. 12 Stunden
  4. 48 Stunden
  5. 24 Stunden
  6. 12 Stunden
  7. 36 Stunden

Gemäß 1. bis 7. jeweils § 134 Abs.1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

  1. 10,90 Euro
  2. 7,20 Euro
  3. 2,10 Euro
  4. 10,90 Euro
  5. 3,60 Euro
  6. 2,10 Euro
  7. 7,20 Euro

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,00, das entspricht 14,53 Euro, angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher:

484 Euro."

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Namens und im Auftrag von Herrn A G werden folgende Berufungsanträge gestellt:

  1. Aufgrund der eingelegten Berufung ist das Straferkenntnis vom 02.08.2002 der Bezirkshauptmannschaft Braunau aufzuheben und für nichtig zu erklären.
  2. Herr A G ist vom Vorwurf im Straferkenntnis freizusprechen.
  3. Das Verfahren gegen ihn ist einzustellen.
  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens und der zugrunde liegenden Strafverfügung vom 31.01.2002 sind nicht dem Fahrzeuglenker A G aufzuerlegen.

Es wird Bezug genommen auf die Stellungnahme vom 15.07.2002.

Der Fahrzeuglenker ist vor Fahrtantritt ordnungsgemäß seiner Überprüfungsverpflichtung nachgekommen und hat den LKW-Zug eingehend inspiziert. Bei der Überprüfung waren sämtliche Reifen noch im Bereich der Toleranz und wiesen die notwendige Profiltiefe auf.

Die Reifendefekte sind durch das Überfahren von Schotterwegen entstanden und können dem Fahrzeuglenker nicht angelastet werden.

Die persönliche Situation und die Einkommensverhältnisse von Herrn A G wurden bereits mit Anwaltschreiben vom 15.07.2002 bekanntgegeben.

Der entgegenstehende Sachvortrag auf Seite 5 oben 2. Absatz des Straferkenntnisses vom 02.08.2002 ist nicht nachvollziehbar.

Das dem Betroffenen gewährte rechtliche Gehör als Fahrzeuglenker wäre bei der Entscheidung zu berücksichtigen gewesen.

Im Schreiben des Straferkenntnisses vom 02.08.2002 wird auf den Anwaltschriftsatz vom 15.07.2002 in keinster Weise eingegangen.

Gemäß beiliegendem Statusbericht ist das Anwaltschreiben vom 15.07.2002 am 16.07.2002 in der Zeit nach 7:25 Uhr der Bezirkshauptmannschaft Braunau zugegangen. Die Zustellung erfolgte vorab per Fax und mit Normalbrief.

Da das Straferkenntnis vom 02.08.2002 die Stellungnahme des Fahrzeuglenkers G vom 15.07.2002 nicht berücksichtigt, ist die Strafverfügung in vollem Umfange aufzuheben."

3. In einem mit 15. Juli 2002 datierten Schreiben hat der Bw im Verfahren vor der belangten Behörde vorgebracht (auszugsweise Wiedergabe):

"Bei Fahrtantritt wurden sämtliche Reifen am LKW-Zug überprüft.

Es ist auszuschließen, dass der rechts außen montierte Zwillingsreifen zu wenig Profiltiefe aufwies.

Nachdem die Fahrt teilweise über Schotterwege führte ist davon auszugehen, dass der Reifenabrieb kurzfristig innerhalb weniger Kilometer auftrat.

Nachdem die Fahrt auf unbefestigten Wegen durchgeführt wurde, wurde durch Steinschlag die Windschutzscheibe in Mitleidenschaft gezogen. An Ort und Stelle konnte keine Ersatzscheibe montiert werden, sodass die Weiterfahrt mit der gesprungenen Windschutzscheibe unter äußerster Vorsicht vorgenommen wurde.

Mein Mandant entschuldigt sich, dass der Fahrzeugschein bei der Kontrolle nicht ausgehändigt werden konnte.

Bei Abfahrt des LKW-Zuges vom Betriebsgelände in Haag waren Mängel, geschweige denn Risse am Unterbau der Reifen nicht feststellbar. Es muss somit auch hier davon ausgegangen werden, dass während der letzten gefahrenen 50 Kilometer, die Beanstandungen aufgetreten sind, ohne dass mein Mandant dafür ein Verschulden trägt.

Der unter Nummer 6 genannte Vorwurf wurde bereits unter Nummer 3 behandelt und beantwortet.

Bei Fahrtantritt funktionierten die beiden Fahrtrichtungsanzeiger ordnungsgemäß. Es entzieht sich der Kenntnis meines Mandanten, weshalb diese während der Fahrt ausgefallen sind.

Der von meinem Mandanten gefahrene LKW-Zug wies bei Fahrtbeginn keine mangelhafte Dichtung in Höhe der hinteren Achse der Zugmaschine auf. Somit konnte keinerlei Austritt von Getriebeöl festgestellt werden.

Mein Mandant ist 24 Jahre alt und verdient im elterlichen Betrieb pro Monat 500,00 €.

Er ist nicht verheiratet und hat keine Sorgeverpflichtung gegenüber irgendwelchen Kindern.

Er verfügt auch über keinerlei Vermögen und befindet sich teilweise noch in Ausbildung im Speditionsbetrieb seiner Eltern."

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. September 2002, Zl. VerkR96-978-2002(-Fs), Einsicht genommen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Sachverhalte, die durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten, als erwiesen angenommenen Taten ( § 44 a Z.1 VStG), zum Ausdruck gebracht werden, wurden durch den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen auf Grund der Angaben in der gegenständlichen Anzeige des Gendarmeriepostens Braunau am Inn (einschließlich Lichtbildmappe).

Die objektiven Tatbestände der dem Bw vorgeworfenen Übertretungen wurden verwirklicht. Das Verschulden des Bw wird jeweils (= im Hinblick auf alle sieben Spruchpunkte des gegenständlichen Straferkenntnisses) - ein Rechtfertigungs- oder ein Schuldausschließungsgrund liegt jeweils nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist jeweils nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da die Schuld jeweils nicht geringfügig ist und somit jeweils eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung:

Mildernd wird die Unbescholtenheit des Bw gewertet (§ 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG). Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen:

Einkommen: 500 Euro pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflicht: keine (siehe die Angaben des Bw im Schreiben vom 15. Juli 2002).

Auf den Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird jeweils Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird nicht berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird ebenfalls nicht berücksichtigt.

Die Geldstrafe wurde herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat bei der Strafbemessung von für den Bw günstigeren Grundlagen (Einkommensverhältnisse und Familienverhältnisse) ausgegangen ist, als dies durch die belangte Behörde erfolgt ist.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

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