Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108548/2/Ki/Pe

Linz, 02.10.2002

VwSen-108548/2/Ki/Pe Linz, am 2. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des RS, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. ML, vom 9.9.2002 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.8.2002 VerkR96-1030-2002, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 27.8.2002, VerkR96-1030-2002, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 6.3.2002 um 22:07 Uhr im Ortsgebiet P L 1472 bei Strkm. 1.045 in Fahrtrichtung Gutau als Lenker des PKW, Kennzeichen , die im Ortsgebiet geltende Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 41 km/h überschritten. Er habe dadurch § 20 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 21,80 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 9.9.2002 Berufung mit dem Antrag, die Berufungsbehörde möge seiner Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einstellen.

In der Begründung wird ua ausgeführt, dass zusätzlich an der Anbringungsvorrichtung für die Ortstafel die Tafel "Mühlviertel Ein merkwürdiges Land" montiert gewesen sei und diese Tafel kein Straßenverkehrszeichen darstelle. Das Ortsgebiet sei daher zum Vorfallszeitpunkt in keiner Weise ordnungsgemäß kundgemacht gewesen, folglich sei auch die Ortstafel ungültig gewesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Telefonisch wurde erhoben, dass seitens der Gemeinde Pregarten die gegenständlichen Zusatztafeln am 9.4.2002 entfernt wurden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen: Ortsgebiet ist das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO). Nur die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" haben die rechtliche Bedeutung der Begrenzung des Ortsgebietes.

Laut § 53 Abs.1 Z17a StVO 1960 gibt das Zeichen "Ortstafel" den Namen des Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift "Erholungsdorf" unterhalb der Ortstafel angebracht werden.

§ 48 StVO 1960 weist in Abs.1 unter Straßenverkehrszeichen auf die §§ 50, 52 und 53 hin.

Gemäß § 48 Abs.4 StVO 1960 dürfen auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger u. dgl.) nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht für eine Kundmachung nach § 25 Abs.2 oder § 44 Abs.4 sowie für die Anbringung der Hinweiszeichen Wegweiser oder die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.2.1996, Zl 95/17/0153 auf seine bisherige Rechtsprechung (E. vom 28.10.1981, Zl 81/17/0047) Bezug genommen und ausgeführt:

"Es ist jede Kombination von Straßenverkehrszeichen und Hinweisschildern anderer Art - also solcher, die in der StVO nicht vorgesehen sind - auf einer Anbringungsvorrichtung im Grunde des § 48 Abs.4 StVO in der Fassung vor der am 23. Juni 1982 in Kraft getretenen 9. StVO-Novelle unzulässig und belastet die betreffende Straßenverkehrsverordnung mit einem Kundmachungsmangel. Für diesen Kundmachungsmangel ist nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Erkennbarkeit des Anordnungsinhaltes des Straßenverkehrszeichens durch das der Straßenverkehrsordnung fremde Hinweisschild beeinträchtigt wird. Mit der 9. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 275/1982, wurde § 48 Abs.4 StVO nur insofern geändert, als Kundmachungen nach § 25 Abs.2 nicht zusätzlich als Straßenverkehrszeichen zählen. Damit ist aber keine Änderung der Rechtslage in Bezug auf Hinweisschilder anderer Art - also solchen, die in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen sind - eingetreten."

Das im gegenständlichen Falle angebrachte Schild "Mühlviertel Ein merkwürdiges Land" stellt kein Hinweiszeichen im Sinne der StVO dar. Die Kombination des Hinweisschildes mit dem Straßenverkehrszeichen "Ortstafel" auf der Anbringungsvorrichtung bewirkt einen Kundmachungsmangel, der der Verordnung ihre Geltung genommen hat.

Da als Ortsgebiet nur das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" (§ 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO) betrachtet werden kann, konnte dem Beschuldigten mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nicht zu Recht vorgeworfen werden, dass er als Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren durfte.

Der Bw hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Das Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

ungültige Ortstafel

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