Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108624/4/Kei/An

Linz, 30.10.2003

VwSen-108624/4/Kei/An Linz, am 30. Oktober 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des S G, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, Splatz, M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 21. Oktober 2002, Zl. S 6979/ST/02, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:

  1. Der Berufung wird im Hinblick auf die Schuld und im Hinblick auf die Geldstrafe keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Ersatzfreiheitsstrafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herabgesetzt wird.
  2. Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Geldstrafe, das sind 87,20 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben am 27.08.2002 um 23.52 Uhr in S, Hstraße n.d. Haus Nr. das KFZ mit dem pol. Kennzeichen S in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,61 mg/l betrug.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs.1 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

€ 872,-, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen, gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zu zahlen:

€ 87,2 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 959,2

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)".

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Im Gegensatz zur Rechtsansicht der BPD Steyr liegt gegenständlich das Tatbild des § 99 Abs.1b StVO und nicht jenes nach Abs.1a vor, da im Sinne der mit der Rechtfertigung vom 13.9.2002 vorgelegten Schreiben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen die Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenze im Ausmaß von 5 % des Meßwertes, zumindest aber 0,02 mg/l vom Meßwert abgezogen werden müssen.

In Anbetracht meiner absoluten (verwaltungsstrafrechtlichen, finanzstrafrechtlichen und strafgerichtlichen) Unbescholtenheit hätte die BPD Steyr die Strafe nach § 20 VStG außerordentlich mildern müssen, worauf nach der Judikatur bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht, eine Geldstrafe von € 600,-- wäre sachgerecht gewesen.

Die in Rede stehende Bestimmung ist meines Erachtens wegen Verstoßes gegen das Selbstbelastungsverbot verfassungswidrig.

Ich stelle höflich den Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der BPD Steyr vom 21.10.2002 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29. Oktober 2002, Zl. S 6979/ST/02, in ein Schreiben des Bw vom 7. November 2002 und in das Schreiben der Bundespolizeidirektion Steyr vom 27. Oktober 2003, Zl. S 6979/ST/03, Einsicht genommen.

Beide Parteien haben ausdrücklich auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet. Deshalb konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden (s. § 51e Abs.5 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 5 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99 Abs.1a StVO 1960 lautet:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z.1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Es erfolgt kein Abzug vom festgestellten Atemalkoholgehalt zugunsten des Bw und der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass ein Wert von 0,61 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft vorgelegen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 6. November 2002,
Zl. 2002/02/0125-5, u.a. zum Ausdruck gebracht, dass "...... die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen nicht vorgesehen ist" und dass "es vielmehr auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte ankommt". Es wird durch den Oö. Verwaltungssenat ausdrücklich auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und auch auf die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Erkenntnis, die für den gegenständlichen Zusammenhang relevant sind, hingewiesen.

Ein Bedenken in verfassungsrechtlicher Hinsicht liegt für das in der gegenständlichen Sache zur Entscheidung zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht vor.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor.

Das Verschulden des Bw wird als Vorsatz qualifiziert. Das Verschulden des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da das Verschulden nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Dies hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: ca. 1.200 Euro pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine.

Auf den erheblichen Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen. Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Es überwiegt der eine oben angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund. Es liegt diesbezüglich aber kein beträchtliches Überwiegen vor. Da nach der Bestimmung des § 20 VStG die Mindeststrafe nur unterschritten werden kann, wenn die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen (oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist - dies trifft im gegenständlichen Zusammenhang nicht zu) und da im gegenständlichen Zusammenhang der oben angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund zwar überwiegt aber nicht beträchtlich überwiegt, konnte nicht die Bestimmung des § 20 VStG angewendet werden und es konnte nicht die Mindeststrafe unterschritten werden.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 872 Euro ist insgesamt angemessen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde durch die belangte Behörde zu hoch bemessen. Sie war durch den Oö. Verwaltungssenat neu festzusetzen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 87,20 Euro, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

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