Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108632/10/Br/Pe

Linz, 03.12.2002

VwSen-108632/10/Br/Pe Linz, am 3. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn AO, vertreten durch Dr. WW, Rechtsanwalt, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18. September 2002, VerkR96-3618-2001, nach der am 3. Dezember 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 150 Euro und die Eratzfreiheitsstrafe auf vier Tage ermäßigt werden.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 15 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit am 19.7.2001 um 17.00 Uhr, als Lenker eines Motorrades, im Bereich einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h (auf der B115, bei Strkm 49.07) eine Geldstrafe von 290 Euro und für den Nichteinbringungsfall fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Bei der Strafzumessung erblickte die Behörde erster Instanz eine massive Verkehrsgefährdung in diesem Ausmaß einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerber gewertet.

2. Mit seiner als fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter eingebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber vorerst die Richtigkeit des Tatvorwurfes und beantragte mehrere Beweise. Unter anderen auch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die Einvernahme namhaft gemachter Zeugen und auch die Durchführung eines Ortsaugenscheins.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land. Ferner wurde Beweis erhoben durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten, sowie der Zeugen RI W und AK anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. An der Berufungsverhandlung nahmen drei Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

Anlässlich der Berufungsverhandlung schränkte schließlich der Berufungswerber nach Beratung mit seinem Rechtsvertreter die Berufung auf das Strafausmaß ein.

3.1. Im Rahmen des Beweisverfahrens konnte festgestellt werden, dass der Berufungswerber (bei optimalen Fahrverhältnissen) gemeinsam mit zwei weiteren Motorradfahrern, den Zeugen K und Z, auf der B 115 in östlicher Richtung unterwegs war. Die B 115 verläuft im Bereich des Messpunktes in einer flachen und übersichtlichen Rechtskurve und geht im Bereich der Zufahrt zu einem in Fahrtrichtung des Berufungswerbers rechts der Bundesstraße gelegenem Anwesen - wo laut der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25.5.1990 zwischen Strkm. 48,884 und 49,140 der Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung 70 km/h kundgemacht ist - in eine Links- und bis zum Standort des Messbeamten wieder in eine ebenso flache Rechtskurve über (Luftbild aus Doris).

Bei der vom Berufungswerber an diesem Tag angeblich erstmals gelenkten Motorrad handelt es sich um ein sehr leistungsstarkes Gerät, welches überdurchschnittliche Fahrleistungen aufweist.

Da angesichts der nach der Einschränkung der Berufung der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, bleiben die gegenständlichen Feststellungen auf die Beurteilung des mit dieser Geschwindigkeitsüberschreitung verbundenen objektiven Tatunwert und die Tatschuld beschränkt.

In der Beurteilung des Tatverhaltens ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser sich offenbar aus der Fahrdynamik dieses leistungsstarken Motorrades resultierenden bloß punktuellen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, andere Verkehrsteilnehmer konkret nachteilig berührt wurden. Der Berufungswerber erklärte etwa glaubwürdig und nachvollziehbar, dass er damals seine erste Fahrt mit diesem damals neuen Motorrad unternahm. Es kann ihm dabei auf der subjektiven Tat- und Schuldebene zugebilligt werden, dass er die Fahrleistung noch nicht ausreichend einzuschätzen vermochte und darin diese Überschreitung zum Teil seine Ursache haben könnte. Er gab an, seit mehreren Jahren bereits Motorrad zu fahren. Da er bislang noch nie negativ in Erscheinung trat, kann ihm insbesondere als Motorradfahrer zu Gute gehalten werden, dass er offenbar nicht notorisch zum Schnellfahren neigt. Bedenkt man ferner, dass bei einem so leistungsstarken Motorrad - welches dem Berufungswerber damals noch nicht so vertraut gewesen ist - im Bereich von nur einer Sekunde von 70 auf 100 km/h und in nur zwei Sekunden von 70 auf 130 km/h zu erhöhen vermag und diese Geschwindigkeiten in der gleichen Zeit wieder abzubauen vermag, ist es nur unschwer nachvollziehbar, dass es schon bei geringsten Unaufmerksamkeiten zu punktuellen Überschreitungen kommen kann. Darin wird dem Beweisergebnis folgend eine schuldmildernde Komponente zuerkannt.

4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

4.1. Grundsätzlich trifft es wohl zu und damit könnte im Regelfall durchaus den erstbehördlichen Ausführungen gefolgt werden, dass mit dem Schnellfahren eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Aus dieser allgemeinen und in den überwiegenden Fällen zutreffenden Betrachtung wäre die hier von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe durchaus gerechtfertigt.

Im gegenständlichen Fall ist jedoch - wie oben bereits festgestellt - davon auszugehen, dass der im Tatbestand - hier in Form eines Ungehorsamsdeliktes - vertypte [geschwindigkeitsabhängige] Unrechtsgehalt empirisch besehen hinter dem für derartige Übertretungshandlungen üblichen Ausmaß erheblich zurückblieb.

Die "Schädlichkeit des Verhaltens" reduziert sich hier im punktuellen Geschehen (was wohl eher selten der Fall ist, aber trotzdem im Einzelfall beurteilt werden muss) auf den bloßen Ungehorsam gegenüber der Gesetzesvorschrift. Der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muss bei rechtsrichtiger Auslegung auf die Umstände des konkreten Falls und nicht formelhaft zur Anwendung gelangen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, dass mit einer schablonenhaften Beurteilung eines Tatverhaltens, Ungleiches in der Sanktionsfolge immer gleich behandelt werden müsste (vgl. h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374).

Weil der Berufungswerber ferner bislang mit Geschwindigkeitsdelikten noch nie negativ in Erscheinung getreten ist - was bei einem Motorradfahrer besonders hervorzuheben ist - bedarf es auch nicht aus spezialpräventiven Gründen einer ein Drittel des Monatseinkommens betragender Geldstrafe. Der Oö. Verwaltungssenat vermeint daher auch mit dem nunmehr festgesetzten Strafausmaß dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können. Unter Bedachtnahme auf das unterdurchschnittliche Einkommen des Berufungswerbers, war die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zur Geldstrafe entsprechend weniger zu ermäßigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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