Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240316/2/WEI/Bk

Linz, 11.05.1999

VwSen-240316/2/WEI/Bk Linz, am 11. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dipl.-Ing. E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 15. Juni 1998, Zl. SanRB 96-4-8-1998-He, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 1 iVm §§ 7 Abs 1 lit c), 8 lit f) Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 63/1998) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 15. Juni 1998 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Am 19. August 1997 um 10.15 Uhr wurde vom Lebensmittelaufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Eferding in der J, eine amtliche Probe 'Kombucha' entnommen und an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz zur Begutachtung überbracht.

Die Untersuchung der überbrachten Probe hat ergeben, daß diese nachstehende gesundheitsbezogene Angaben aufwies:

'Reinigt ...... deinen Körper'

'Diesem jahrhundertealten Naturgetränk werden wahre Wunderdinge nachgesagt'

'..... Kombucha zum Wohlbefinden leisten kann'

'Kombucha ..... hilft bei der Aufspaltung von Naturstoffen und kann so die Darmfunktion verbessern'

'..... Kombucha die Erhaltung der Darmflora fördern'

'..... Kombucha ..... zu einer reinen Haut beitragen'

'ganzheitliche Wirkung'

Derartige Angaben sind gemäß § 9 Lebensmittelgesetz ohne bescheidmäßige Zulassung bei Lebensmitteln verboten. Einige der Angaben (betr. 'Wunderdinge', 'Wohlbefinden' u. dgl.) sind aufgrund ihrer Allgemeinheit überdies unrichtig und stellen eine Irreführung des Verbrauchers dar.

Sie haben es daher als verantwortlicher Beauftragter (§ 9 Absatz 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991) des Betriebes Logistikzentrum J, zu verantworten, daß ein Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde, welches gemäß § 8 lit. f Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet beurteilt wurde."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 74 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 lit f LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 50,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 19. Juni 1998 zu Handen seiner Rechtsvertreter zugestellt worden ist, richtet sich die gegenständliche Berufung vom 3. Juli 1998, die noch am gleichen Tag rechtzeitig zur Post gegeben wurde und am 6. Juli 1998 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an.

2.1. Die Berufung rügt Spruchmängel gemäß § 44a VStG und weist darauf hin, daß der Spruch den Ansprüchen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gerecht werde. Außerdem wird Mangelhaftigkeit des Verfahrens eingewendet, da die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen hätte, sondern nur das Vorbringen des Bw referiert hätte. Das Straferkenntnis lasse nicht erkennen, welche Teile des Vorbringens die belangte Behörde feststellt und auf Grund welcher Beweisergebnisse Feststellungen getroffen werden. Die Einvernahme des anzeigenden Marktbeamten werde ausdrücklich beantragt. Das gesamte bisherige Vorbringen in erster Instanz werde auch unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhoben. Zu § 5 VStG wird auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach bei Zweifeln am Verschulden auch diese Frage von Amts wegen zu klären wäre. Der Bw habe ein umfängliches Vorbringen erstattet, auf das die belangte Behörde nicht eingegangen sei. Er habe sein mangelndes Verschulden glaubhaft gemacht. Mehr könne man ohne ein Überspannen der Ansprüche nicht verlangen.

2.2. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Verfahrensgang geschildert und die mit dem rechtsfreundlich verfaßten Schreiben vom 13. Mai 1998 erstattete Rechtfertigung des Bw wiedergegeben. Gegen die Strafverfügung vom 24. Februar 1998, die einen inhaltsgleichen Tatvorwurf enthält, wurde Einspruch erhoben und daraufhin das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

In seiner Rechtfertigung bezeichnete sich der Bw als Leiter der Warenkontrollstelle der J, der auch zum Beanstandungszeitpunkt für die Einhaltung der lebensmittelkennzeichnungsrechtlichen Vorschriften verantwortlich war. Die hoch renommierten Lieferanten der J würden die Verkehrsfähigkeit der Ware und damit auch die Übereinstimmung mit kennzeichnungsrechtlichen Vorschriften bestätigen. Der Bw selbst überprüfe die Ware anläßlich der Einlistung und danach immer wieder nach einem bestimmten System. Er hätte mehrere Mitarbeiter, die ebenfalls Überprüfungen vornähmen. Der Bw sei seit 10 Jahren Leiter der Warenkontrollstelle mit Verantwortung für viele Produkte und Millionen von Waren und sei nach wie vor unbescholten. Die gegenständliche Ware wäre reine Handelsware gewesen, die von einem inländischen Erzeuger, einem hoch renommierten österreichischen Lebensmittelgroßbetrieb, gekauft worden wäre. Der Bw hätte vom Zutreffen der Zusage der Verkehrsfähigkeit bei einem so renommierten Betrieb ausgehen können. Dem Bw könne kein verwaltungsstrafrechtlich faßbarer Vorwurf an der mangelnden Einholung der Bewilligung durch den inländischen Lieferanten gemacht werden, da die J reine Händler und nicht Verpacker seien. § 5 VStG könne nach dem Verfassungsgerichtshof nicht dahin ausgelegt werden, daß der Beschuldigte seine Unschuld nachzuweisen habe. Ein Überspannen der Glaubhaftmachung könne zur Verletzung des Art 6 EMRK führen.

Die belangte Behörde zitiert in ihren Erwägungen zunächst den § 1 LMG 1975 über das Inverkehrbringen. In der Folge stellt sie fest, daß die Tatsache des Inverkehrbringens eines gemäß § 8 lit f LMG 1975 falsch bezeichneten Lebensmittels vom Bw nicht bestritten worden sei. Der Bw habe nur einen verwaltungsstrafrechtlich faßbaren Vorwurf bestritten. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre er aber verpflichtet gewesen, sich über sämtliche mit der gewerberechtlichen Tätigkeit zusammenhängenden Vorschriften zu unterrichten. Da sich die Verpflichtung zur Einhaltung des Lebensmittelgesetzes auf alle Phasen des Inverkehrbringens beziehe, sei unabhängig von der Verpflichtung zur Einholung von Bewilligungen ein schuldhaftes Verhalten gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 1 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs 2 Z 1 LMG 1975 einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen,

wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnet, oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt.

Gemäß § 7 Abs 1 lit c) LMG 1975 ist es verboten, falsch bezeichnete Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe in Verkehr zu bringen.

Nach der Begriffsbestimmung des § 8 lit f) LMG 1975 sind Lebensmittel falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden.

Was unter Inverkehrbingen zu verstehen ist, ergibt sich im einzelnen aus § 1 Abs 2 LMG 1975.

4.2. Im gegenständlichen Fall mangelt es dem von der belangten Strafbehörde erhobenen Vorwurf an der nach § 44a Z 1 VStG notwendigen Bestimmtheit. Weder aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch aus der beeinspruchten Strafverfügung oder einer anderen Verfolgungshandlung geht mit der gebotenen Deutlichkeit hervor, durch welche Vorgangsweise das Inverkehrbringen bewirkt wurde. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß von der Strafbehörde konkretisiert werden, in welcher Form die Inverkehrsetzung geschehen ist (vgl etwa VwGH 17.3.1997, 93/10/0066; VwGH 4.9.1995, 94/10/0150; VwGH 15.6.1987, 87/10/0020). Das angefochtene Straferkenntnis enthält weder im Spruch noch in der Begründung eine derartige Konkretisierung. Daß eine Probe "Kombucha" in der Filiale der J entnommen wurde, ist noch keine deutliche Umschreibung des im konkreten Fall stattgefundenen Inverkehrbringens. Der Hinweis auf die Nichtbestreitung der Tatsache des Inverkehrbringens vermag daran nichts zu ändern. Außerdem war klar, daß das teeähnliche Erzeugnis "Kombucha" schon durch die Auslieferung des Erzeugers oder Importeurs S an die J in Verkehr gebracht worden war.

Gemäß § 74 Abs 6 LMG 1975 ist die Verfolgung einer Person wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs 1 bis 5 leg.cit. unzulässig, wenn gegen sie binnen Jahresfrist keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Da aus der Aktenlage keine ausreichende Verfolgungshandlung ableitbar ist und die Tatzeit mit 19. August 1997 angegeben wird, ist mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher aus Anlaß der Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen, ohne daß auf die Ausführungen der Berufung näher eingegangen werden mußte.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum