Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108645/2/Bi/Be

Linz, 14.11.2002

 

VwSen-108645/2/Bi/Be Linz, am 14. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau DI W, vertreten durch, vom 28. Oktober 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 4. September 2002, VerkR96-12112-2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, das Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt wird, jedoch die Geldstrafe auf 75 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich auf 7,50 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz -VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 eine Geldstrafe von 90 Euro (40 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 2. Mai 2001 um 19.48 Uhr den Pkw, Kz (D), auf der A1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt habe, wobei sie im Gemeindegebiet von Schörfling aA bei Km 232.080 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 33 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 9 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Die Bw wendet im Wesentlichen Verfolgungsverjährung - allerdings ohne nähere Begründung dazu - sowie im Hinblick auf ihr Geständnis zur Fahrereigenschaft eine überhöhte Geldstrafe ein.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der genannte Pkw am 2. Mai 2001 um 19.48 Uhr auf der A1 bei km 232.080 mittels stationärem Radar MUVR 6 FA, Nr.1857, zuletzt vorher vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen am 4. April 2000 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2003 geeicht, mit einer Geschwindigkeit von 98 km/h gemessen wurde, obwohl dort auf Grund einer Baustelle nur 60 km/h erlaubt waren. Nach Abzug der in der Gerätezulassung vorgeschriebenen Toleranzwerte ergab sich eine Geschwindigkeit von 93 km/h, sohin eine Überschreitung um 33 km/h, die der Anzeige und dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundelegt wurden.

Laut Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg vom 13. Juni 2001 ist das Fahrzeug auf F W, zugelassen. Dieser hat im Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 28. Juni 2001 mit Schriftsatz vom 8. August 2001 die Bw als Lenkerin bezeichnet. Gleichzeitig wurde eine mit dem selben Datum von dieser unterzeichnete Vollmacht für dieselbe Anwaltssozietät vorgelegt.

Seitens der Erstinstanz wurde der Bw daraufhin mit Strafverfügung vom
4. September 2001, VerkR96-12112-1-2001, der Tatvorwurf wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt und wegen Übertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S (50 Stunden EFS) verhängt. Die Strafverfügung wurde am 31. Oktober 2001 der Bw zHd ihrer rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt, was auch im Einspruch vom 14. November 2001 bestätigt wurde.

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wurde eine Stellungnahme des Meldungslegers samt Radarfoto und Eichschein des stationären Radargerätes vorgelegt. Im Schriftsatz vom 29. Juli 2002 wurde seitens der Bw Verjährung und weiters eingewendet, sie sei durch die plötzliche Baustellenbeschränkung überrascht worden und habe daher die Geschwindigkeit nicht eingehalten.

Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis, in dem bereits auf die Verjährungseinrede Bezug genommen und eine solche verneint wurde

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 zeigt das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Bei km 232.080 der A1 fanden auf beiden Richtungsfahrbahnen zur Zeit des Vorfalls umfangreiche Bauarbeiten auf eine längere Strecke (Generalsanierung der A1) statt, wobei sich aus dem vorliegenden Radarfoto, nämlich der darauf unschwer im Hintergrund zu erkennenden Absicherung und Bodenmarkierung, zweifelsfrei ergibt, dass sich das von der Bw gelenkte Fahrzeug zum Zeitpunkt der Messung unmittelbar vor einem Wechsel der Richtungsfahrbahn befand, der die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h nachvollziehbar macht. Zum Argument der Bw, die 60 km/h-Beschränkung sei plötzlich da und sie selbst so überrascht gewesen, dass sie sie nicht einhalten habe können, ist zu sagen, dass auf Autobahnen schon auf Grund der höheren Geschwindigkeit zu bedenken ist, dass die Abstände, in denen baustellenbedingte Geschwindigkeitsbeschränkungen kundgemacht sind, subjektiv überraschender wahrgenommen werden als bei geringerer Geschwindigkeit, was aber nichts daran ändert, dass diese Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Grund von Verringerungen oder Verengungen der Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn oder einer Überleitung auf die Gegenrichtungsfahrbahn erforderlich sind. Die Geschwindigkeitstrichter sind so aufgebaut, dass der Lenker zunächst die Geschwindigkeit auf 100 km/h, dann auf 80 km/h und dann auf 60 km/h zu verringern hat, wobei 60 km/h, wie im gegenständlichen Fall, nur bei engen Fahrbahnverhältnissen oder bei unmittelbaren Gefahrenstellen vorgeschrieben sind.

Aus dem Radarfoto geht auch hervor, dass beim von der Bw gelenkten Pkw zum Zeitpunkt der Radar-Messung die Bremslichter aufleuchteten, jedoch wurde eben immer noch eine in nicht geringem Ausmaß überhöhte Geschwindigkeit eingehalten.

Zum Argument der Bw, es sei bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, ist auf die Bestimmungen der §§ 31 und 32 Verwaltungsstrafgesetz zu verweisen.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Gemäß Abs.2 beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Gemäß Abs.3 darf, wenn seit dem im Abs.2 bezeichnetem Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind, ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden...

Im gegenständlichen Fall begann die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist - wie bereits von der Erstinstanz dargelegt - mit der Übertretung am 2. Mai 2001 zu laufen und endete demnach mit 2. November 2001.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u dgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte keine Kenntnis davon erlangt hat.

Verfolgungshandlung im gegenständlichen Fall war die konkret gegen die Bw als Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren gerichtete Strafverfügung der - im übrigen örtlich und sachlich zuständigen - Erstinstanz vom 4. September 2001, wobei diese sogar noch innerhalb der genannten Frist, nämlich am 31. Oktober 2001, zugestellt wurde. In der Strafverfügung wurde der Bw zu Handen ihrer bereits zuvor mit 8. August 2001 bevollmächtigten Rechtsvertreter eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StvO 1960 zur Last gelegt, dh die Bw war innerhalb der sechsmonatigen Frist der Tatvorwurf insoweit bekannt, dass sie in die Lage versetzt war, sich entsprechend verteidigen bzw darauf bezogen Beweismittel anbieten zu können. Verfolgungsverjährung ist damit im gegenständlichen Fall zweifelsohne nicht eingetreten.

Die Bw hat damit den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geld- bzw im Nichteinbringungsfall bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw und den Umstand, dass es sich bei der Beschränkung um eine solche wegen einer Baustelle gehandelt hat, als mildernd, jedoch das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung als erschwerend gewertet. Weiters wurde von der Einkommenslosigkeit der Bw ausgegangen und die Strafe gegenüber der Strafverfügung reduziert.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Überschreitung einer wegen einer Baustelle verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung schon wegen der Gefährlichkeit der örtlichen Verhältnisse nicht grundsätzlich mildernd gegenüber aus anderen Überlegungen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen zu sehen, jedoch ist das Geständnis der Fahrereigenschaft der Bw durchaus als mildernd, wobei schon auf Grund des Aufleuchtens der Bremslichter am von der Bw gelenkten Pkw von fahrlässiger Begehung auszugehen ist. Allerdings befindet sich laut Foto vor dem Fahrzeug der Bw ein weiterer Pkw in derselben Fahrrichtung, weshalb das Argument, es sei kein weiterer Verkehr gewesen, ins Leere geht. Allein aus dem Umstand, dass das Straferkenntnis erst im Jahr 2002 ergangen ist, lässt sich kein weiterer Milderungsgrund ableiten.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen war die nochmalige Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt. Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des dafür maßgebenden § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung - wobei allerdings zu betonen ist, dass Einkommenslosigkeit eine Sorglosigkeit im Umgang mit Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht zulässt - und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Verjährung nicht eingetreten - Geständnis der Fahreigenschaft bei deutscher Lenkerin mildernd - Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt.

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