Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108663/2/Ki/Ka

Linz, 27.11.2002

VwSen-108663/2/Ki/Ka Linz, am 27. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des KA, vom 11.11.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29.10.2002, VerkR96-4743-2002, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 29.10.2002, VerkR96-4743-2002, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer des PKW unterlassen, innerhalb von zwei Wochen (25.2.2002 und 11.3.2002) nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitzuteilen, wer am 11.11.2001 um 15.29 Uhr das oa Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat. Er habe dadurch § 103 Abs.2 KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 65 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 6,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 11.11.2002 Berufung mit dem Antrag um Einstellung des Strafverfahrens.

Begründend führte er aus, dass er der Auskunftspflicht nachgekommen sei, er habe der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sehr wohl fristgerecht die geforderte Lenkerauskunft auf dem Postweg zukommen lassen. Die Annahme des Schriftstückes sei jedoch von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit der Begründung verweigert worden, dass dieses nicht frankiert gewesen sei. Da es keine gesetzliche Regelung gebe, dass eine Postsendung frankiert sein müsse, gelte die von ihm zugeschickte und von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck geforderte Lenkererhebung als zugestellt. Er könne somit die Auffassung, dass der Tatbestand des § 103 Abs.2 KFG 1967 erfüllt sei, nicht teilen.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen,

weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

Im vorliegenden Verfahrensakt findet sich der Entwurf eines Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.2.2002, VerkR96-7204-2002, betreffend Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), welches an den Bw adressiert ist. Dieser wurde als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitzuteilen, wer das Fahrzeug, am 11.11.2001, 15.29 Uhr, Ort: Gemeinde Innerschwand, A1 bei km.257.679 in Richtung Salzburg gelenkt/verwendet bzw zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat. Dazu wurde ausgeführt, dass dem Lenker zur Last gelegt werde, er habe als Lenker eines Fahrzeuges entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erl. Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wie folgt überschritten: 60 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit, 81 km/h gefahrene Geschwindigkeit *mittels Messung festgest.*. Weiters wurde der Bw darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Unter Hinweis auf ein für die Rückantwort angeschlossenes Beiblatt (inhaltlich nicht überprüfbar, da nicht im Verfahrensakt aufliegend) wurde der Bw ersucht, dieses auszufüllen und an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu senden. Ein Hinweis auf die ebenfalls gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, falls er als Zulassungsbesitzer die Auskunft nicht erteilen kann, er jene Person zu benennen hat, die die Auskunft erteilen kann, findet sich im oben erwähnten Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht.

Nach Abtretung des Verwaltungsstrafverfahrens von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden gemäß § 29a VStG hat letztere Behörde zunächst eine Strafverfügung und nach einem Einspruch das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskunft darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer, im Falle einer juristischen Person der Verantwortliche gemäß § 9 VStG zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

Dazu ist zunächst zum Berufungsvorbringen im Zusammenhang mit einer nicht frankierten Postsendung, welche die Auskunftserteilung enthalten hätte, an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, festzustellen, dass mit der vom Bw vorgetragenen Argumentation nichts zu gewinnen wäre. Wie die Bezirkshauptmannschaft Gmunden in der Begründung des Straferkenntnisses zu Recht darauf hingewiesen hat, ist die Auskunftspflicht erst dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich rechtlichen Verpflichtungen ist somit der Sitz der anfragenden Behörde.

Es steht wohl außer Frage, dass auch im Falle einer Übermittlung der Auskunft durch die Post der Auskunftpflichtige, das Risiko, dass die verlangte Auskunft bei der anfragenden Behörde nicht einlangt, jedenfalls dann zu tragen hat, wenn er es zu vertreten hat, dass die von ihm aufgegebene Briefsendung nicht den Bestimmungen der Post zur Beförderung von Schriftstücken entspricht, nämlich, dass, wie im vorliegenden Falle, das Poststück nicht entsprechend frankiert war.

Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Briefdienst Inland ist der Absender grundsätzlich verpflichtet, für jede von ihm in Anspruch genommene Leistung der Post, das dafür in diesen AGB vorgesehene Entgelt zu entrichten und die Sendungen entsprechend freizumachen (1.4.1.). Entspricht eine Sendung nicht den Bestimmungen dieser AGB, so steht es der Post ua frei, eine bereits zur Aufgabe gebrachte Sendung dem Absender in jedem Stadium der Beförderung zurückzugeben. Eine Zustellung einer nicht ordnungsgemäß frankierten Postsendung könnte dann erfolgreich sein, wenn der Empfänger die Zahlung übernimmt, wird jedoch die Zahlung vom Empfänger verweigert, so gilt dies automatisch als Annahmeverweigerung (1.5.2.)., d.h., die Postsendung gelangt nicht in die Sphäre des Empfängers.

Es bedarf wohl keiner weiteren Erörterungen, dass nach den postgesetzlichen Vorschriften (inkl. der zitierten AGB) der Empfänger - vorgesehene Ausnahmefälle treffen hier nicht zu - nicht verpflichtet ist, eine nicht ordnungsgemäß freigemachte Postsendung zu übernehmen. Das Risiko, dass eine derartige nicht den Bestimmungen der AGB entsprechende Postsendung den Empfänger nicht erreicht, hatte sohin der Bw als Absender zu tragen und es wäre grundsätzlich davon auszugehen, dass tatsächlich die geforderte Auskunft nicht erteilt wurde.

Über das Berufungsvorbringen hinaus hat jedoch die Berufungsbehörde aus Anlass der Berufung ihre Berufungsentscheidung zu fällen, ohne auf jene Gesichtspunkte beschränkt zu sein, die in der Berufung vorgebracht werden, mit anderen Worten, die Berufungsbehörde hat von Amts wegen auch all jene Umstände zu überprüfen, welche zu einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des Straferkenntnisses führen könnten.

Voraussetzung für eine Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG ist, dass die Behörde ein konkretes Verlangen nach einer Auskunft an den Zulassungsbesitzer richtet bzw dass dieses Verlangen mit den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten vollständig übereinstimmt.

§ 103 Abs.2 KFG sieht als Inhalt der Auskunftserteilung zwei Möglichkeiten vor, nämlich primär die Bekanntgabe, wer das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt gelenkt hat bzw in weiterer Folge, falls diese Auskunft nicht erteilt werden kann, die Benennung jener Person, welche die Auskunft erteilen kann.

Im vorliegenden Falle hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck lediglich eine Anfrage im Hinblick auf die erste Alternative, nämlich das Begehren der Auskunft an den Zulassungsbesitzer, wer das Fahrzeug gelenkt hat, gestellt, bezüglich der Möglichkeit der zweiten Alternative (Bekanntgabe, wer die Auskunft erteilen kann) jedoch keine Erwähnung gemacht. Nach Auffassung der Berufungsbehörde ist daher das verfahrensgegenständliche Auskunftsbegehren (jedenfalls nach den vorgelegten Verfahrensunterlagen) nicht vollständig, sodass für den Bw auch keinerlei Verpflichtung bestanden hätte, dies im Sinne der gegenständlichen gesetzlichen Bestimmung zu beantworten.

Das Verhalten des Bw stellt daher im vorliegenden Falle keine Verwaltungsübertretung dar, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z2 VStG).

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 103 Abs.2 KFG; Auskunftserteilung mittels unfrankierten Postsendung rechtfertigt Annahmeverweigerung durch Behörde und gilt daher als nicht ordnungsgemäß erteilt

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