Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108672/2/Bi/Be

Linz, 28.11.2002

 

VwSen-108672/2/Bi/Be Linz, am 28. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vom 19. November 2002, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 24. Oktober 2002, VerkR96-6303-2001, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 103 Abs.1 Z1und 134 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV und 2) §§ 103 Abs.1 Z1 iVm 10 und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 50 Euro (14 Stunden EFS) und 2) 29 Euro (8 Stunden EFS) verhängt, weil anlässlich einer Kontrolle am 19. August 2001 um 14.30 Uhr in Mettmach auf dem Parkplatz der Raika festgestellt worden sei, dass er als Zulassungsbesitzer des Pkw nicht dafür gesorgt habe, dass das Kfz den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil

  1. der linke Vorderreifen nicht mehr auf mindestens drei Viertel der Laufläche die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm aufgewiesen habe und
  2. die Windschutzscheibe über die gesamte Breite einen Sprung aufgewiesen habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 7,90 Euro auferlegt.

  1. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Strafen entsprächen nicht seinen finanziellen Verhältnissen; dass die Behörde von 400 Euro Arbeitlosenunterstützung ausgegangen sei, entbehre jeder Grundlage.

Das angeführte Kennzeichen sei ein Wechselkennzeichen und für zwei Pkw zugelassen. Es gehe nicht hervor, welcher Pkw zum Tatzeitpunkt kontrolliert worden sei (Alfa Romeo oder Lancia Dedra).

Durch den Sprung in der Scheibe habe sich keine Sichtbeeinträchtigung ergeben. Auch bei einem Sprung über die gesamte Breite liege, wie im gegenständlichen Fall, nicht zwangsläufig eine Beeinträchtigung der Verkehrs- und Betriebssicherheit vor. Auch sei ihm solches innerhalb der Verjährungsfrist nicht vorgeworfen worden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass am Vorfallstag vom Meldungsleger RI Katzlberger (Ml) beobachtet wurde, dass der auf den Bw zugelassenen Pkw, Lancia Dedra 2000, Kz, vom Bw im Ortsgebiet Mettmach auf dem Raika-Parkplatz abgestellt worden sei. Dabei habe er festgestellt, dass der linke Vorderreifen Winner 210 Performance, 195/50 R15, auf zwei Drittel der Lauffläche absolut kein Profil mehr aufgewiesen habe, die Windschutzscheibe im Sichtfeld über die gesamte Breite einen Sprung aufgewiesen habe, die linke Bremsleuchte defekt gewesen sei und die rechte Schlußleuchte nicht funktioniert habe. Der Pkw sei Baujahr 1992 und in desolatem Zustand. Der Bw habe dem Ml gegenüber angegeben, er habe kein Geld, um den Pkw reparieren zu lassen, kenne aber dessen Zustand.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz ... zuwiderhandelt.

Gemäß § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen entspricht.

Gemäß § 4 Abs.4 KDV muss die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h ... im gesamten Umfang mindestens 1,6 mm betragen.

Gemäß § 10 KFG 1967 müssen Windschutzscheiben und Klarsichtscheiben von Kraftfahrzeugen aus einem unveränderlichen, vollkommen durchsichtigen Stoff bestehen. Sie dürfen Gegenstände nicht verzerrt erscheinen lassen und müssen auch bei Bruch so weit Sicht lassen, dass das Fahrzeug bis zum Anhalten sicher gelenkt werden kann.

Aus der Anzeige ergibt sich eindeutig, dass zur im Spruch genannten Zeit der Pkw Lancia mit dem genannten Kennzeichen vom Ml beanstandet wurde, wobei sogar konkrete Reifen vom Ml beschrieben wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Judikatur davon aus, dass bei Übertretungen der StVO dem Umstand, dass ein Pkw auf ein Wechselkennzeichen zugelassen ist, im Spruch keine Bedeutung zukommt. Er vertritt allerdings die Auffassung, dass, soweit es um die Beschaffenheit eines Fahrzeuges geht, bei der Kontretisierung im Spruch die Umschreibung des Pkw allein nach dem Kennzeichen mangelhaft ist (vgl VwGH v 10.4.1991, 90/03/0162, mit Verweis auf Erk v 23.2.1983, 82/03/0042).

Daraus folgt, dass im gegenständlichen Fall der Pkw zumindest der Marke nach im Spruch umschrieben hätte sein müssen, zumal der nicht dem Gesetz entsprechende Reifen nur auf einem bestimmten Pkw montiert war und nach dem Kennzeichen allein nicht einwandfrei zuzuordnen ist. Die bloße Anführung des für zwei Pkw ausgegebenen Wechselkennzeichens würde den Bw in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigen und nicht vor Doppelbestrafung schützen.

Die im Sinne des § 44a Z1 VStG alle erforderlichen Merkmale enthaltende Anzeige gelangte dem Bw nie zur Kenntnis; weder in der Strafverfügung noch im angefochtenen Straferkenntnis sind den Pkw näher konkretisierende Daten angeführt. Eine Ergänzung des Spruches ist wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung (Beginn19.8.2001, Ende: 19.2.2002) unzulässig.

Gleiches gilt auch für eine Umschreibung gemäß § 10 KFG, zumal in der Anzeige und auch in den weiteren als Verfolgungshandlung anzusehenden Behördenakten nur die (an sich nie bestrittene) Tatsache des Sprunges über die gesamte Breite der Windschutzscheibe angeführt ist, jedoch keine Feststellung darüber, ob nicht für den Lenker trotz des Sprunges eine unverzerrte Sicht auf Gegenstände gegeben war.

Abgesehen von formellen Spruchmängeln ist zu bemerken, dass keinesfalls jemand zu bestrafen wäre, weil er kein Geld für Autoreparaturen hat; er hat dann aber aus logischen Überlegungen der Verkehrssicherheit auch das Verwenden eines derart mit Mängeln behafteten Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu unterlassen.

Aus diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei auf dieser Grundlage naturgemäß auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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