Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108673/12/Ki/Ka

Linz, 21.01.2003

 

 

 VwSen-108673/12/Ki/Ka Linz, am 21. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des CS, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. WL, vom 12.11.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 31.10.2002, VerkR96-1032/2002/Win, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.1.2003, zu Recht erkannt:

 

I. Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in Bezug auf den Tatort die "Kilometrierungsbezeichnung 148.000" auf "148.900" berichtigt wird.

 

II. Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Bezüglich Faktum 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 8 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 31.10.2002, VerkR96-1032/2002/Win, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 1.4.2002 um 15.20 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kz.: auf der Böhmerwald-Bundesstraße zwischen Strkm.148.260 und 148.000 im Ortschaftsbereich Nößlbach, Gde. Berg b.R., gelenkt, wobei er

1.) trotz Gegenverkehr überholt und hiebei Straßenbenützer behindert habe,

2.) überdies habe er beim gegenständlichen Überholvorgang die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h überschritten.

 

Er habe dadurch 1.) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2.) § 20 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 145 Euro (EFS 72 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 18,50 Euro (ds jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 12.11.2002 Berufung. Es werden die zur Last gelegten Tatbestände bestritten, die verhängten Geldstrafen hinsichtlich der Strafhöhe als nicht gerechtfertigt erachtet und die Aufhebung des Straferkenntnisses bzw Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (verbunden mit einem Augenschein am Tatort) am 16.1.2003.

 

An dieser Verhandlung nahmen der Bw (teilweise), seine Rechtsvertreterin, ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach sowie der verkehrstechnische Amtssachverständige Ing. RH teil. Als Zeugen einvernommen wurden Herr H E und Herr BA.

 

Sowohl der Bw als auch die beiden Zeugen schilderten jeweils aus ihrer Sicht die verfahrensrelevanten Vorgänge, insbesondere wurden auch die wesentlichen Determinanten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens dargelegt. Die Aussagen des Bw bzw des Zeugen E sind in den wesentlichen Punkten deckungsgleich, jene des Herrn A weicht von den erwähnten Aussagen ab, dies sowohl im Hinblick auf den Überholvorgang, als auch im Hinblick auf die von ihm eingehaltene Fahrgeschwindigkeit.

 

Verfahrenswesentlich ist auch die Aussage des Bw, wonach Herr A, als er ihn überholen wollte, die Fahrgeschwindigkeit auf ca. 110 km/h erhöht hat, weshalb er (Bw) noch etwas mehr Gas gegeben habe, um den Überholvorgang beenden zu können.

 

In freier Beweiswürdigung gelangt die Berufungsbehörde dazu zur Überzeugung, dass keine Bedenken bestehen, die Angaben des Bw bzw Herr Es den Berechnungen durch den Sachverständigen zugrunde zu legen, zumal sich diese Aussagen, wie bereits ausgeführt wurde, decken und andererseits der geschilderte Sachverhalt auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht. Herr A, welcher zum Vorfallszeitpunkt eine "L 17 Lenkberechtigung" inne hatte, könnte doch in Anbetracht auf diesen Umstand, jedenfalls was die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit anbelangt, in Bezug auf seine Fahrgeschwindigkeit subjektiv etwas untertrieben haben.

 

Unter Zugrundelegung der Aussagen des Bw bzw Herrn E errechnete der verkehrstechnische Amtssachverständige dann die dem Bw im gegenständlichen Fall zur Verfügung gestandene Gesamtüberholstrecke und kam zum Ergebnis, dass der Überholvorgang aus der Sicht des Bw ca. 100 m vor einem erkennbaren Gegenverkehr abgeschlossen war. Unter der Annahme, dass der Überholvorgang bereits abgeschlossen war, der Gegenverkehr im Ausklang des Kurvenbereiches mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h anzusetzen ist, sei davon auszugehen, dass für den Gegenverkehr keine zwingende Reaktionsaufforderung bestand.

 

Auch diese gutächtlichen Feststellungen, welche nach ausführlicher Befundaufnahme im Rahmen des Augenscheines getroffen wurden, erscheinen der Berufungsbehörde schlüssig und sind daher eine geeignete Entscheidungsbasis.

 

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

I.5.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Verhalten vorhanden ist.

 

Ein Überholen ist demnach in Bezug auf den Gegenverkehr nicht schlechthin verboten sondern nur dann, wenn dieser gefährdet oder behindert werden könnte. Eine derartige Gefährdung oder Behinderung des Gegenverkehrs ist jedoch unter Zugrundelegung des oa Gutachtens eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen auszuschließen und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, dass eine sonstige Gefährdung oder Behinderung von Verkehrsteilnehmern gegeben gewesen wäre.

 

Der unter Faktum 1 des Straferkenntnisses dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt kann sohin nicht als erwiesen angesehen werden, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

 

I.5.2. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Im Bereich des gegenständlichen Tatortes handelt es sich um eine übrige Freilandstraße im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung und es war daher, eine anderweitige Anordnung lag nicht vor, eine Maximalgeschwindigkeit von 100 km/h erlaubt.

 

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren aber auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Bw eingestanden, dass er diese erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat. Der Aussage des Bw gemäß hat Herr A im Zuge des Überholvorganges seine Geschwindigkeit auf 110 km/h erhöht und er (Bw) habe daraufhin noch ein bisschen Gas gegeben, um den Überholvorgang abschließen zu können. Die Annahme, der Bw habe im Bereich des vorgeworfenen Tatortes die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 20 km/h überschritten, ist daher gerechtfertigt und es wird der diesbezüglich dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt auch seitens der Berufungsbehörde in objektiver Hinsicht als erwiesen angenommen. Gründe, welche ihn in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden, konnten keine festgestellt werden. Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

Bezüglich Straffestsetzung (§ 19 VStG) hat die Erstbehörde in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, dass dieses unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erfolgte, eine Strafvormerkung erschwerend und mildernd kein Umstand zu werten war.

 

Dazu wird festgestellt, dass laut vorliegenden Vormerkungen zwar mehrere rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen vorliegen, eine einschlägige Strafvormerkung konnte jedoch nicht festgestellt werden.

 

Trotz Wegfall dieses Erschwerungsgrundes erachtet die Berufungsbehörde jedoch die verhängte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe im gegenständlichen Falle durchaus als für vertretbar.

 

Allgemein wird festgestellt, dass überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle mit gravierenden Folgen sind. Besonders auf Freilandstraßen wird durch ein derartiges Verhalten die Verkehrssicherheit im Besonderen beeinträchtigt. Zum Schutze des Rechtsgutes Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer und im Interesse der Verkehrssicherheit allgemein ist deshalb aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung derartiger Verwaltungsübertretungen geboten.

 

Weiters sind für die Strafbemessung auch spezialpräventive Überlegungen anzustellen. Im vorliegenden Falle ist die festgesetzte Strafe durchaus geboten, um dem Bw das Unrechtmäßige seines Verhaltens spürbar vor Augen zu führen und ihn vor der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die vom Bw im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden in die Überlegungen hinsichtlich Strafbemessung miteinbezogen, eine Herabsetzung erscheint auch aus diesem Grunde nicht geboten.

 

Zusammenfassend wird hinsichtlich Faktum 2 festgestellt, dass der Bw weder bezüglich Schuldspruch noch bezüglich Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb in diesem Punkt der Berufung keine Folge gegeben werden konnte.

 

Die Spruchberichtigung war zur Klarstellung des Tatortes erforderlich. Offensichtlich handelt es sich bei der unrichtigen Tatortbezeichnung im angefochtenen Straferkenntnis um einen bloßen Schreibfehler, welcher den Bw in seinen Verteidigungsrechten in keiner Weise beschränkte und es ist auch auszuschließen, dass der Bw wegen desselben Vorfalles noch einmal bestraft werden könnte. Im Übrigen geht aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen hervor, dass innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist auch bezüglich des genauen Tatortes eine taugliche Verfolgungshandlung vorgenommen wurde, weshalb die Berufungsbehörde ohnedies berechtigt und verpflichtet war, eine entsprechende Berichtigung vorzunehmen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 
 

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