Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108674/2/Bi/Si/Be

Linz, 28.04.2003

 

 

 VwSen-108674/2/Bi/Si/Be Linz, am 28. April 2003

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des M, vertreten durch RA Dr. P, vom 18. November 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 30. Oktober 2002, VerkR96-8127-2002-Ro, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:
 
 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 87,2 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 und § 20 VStG eine Geldstrafe von 436 Euro (7 Tagen EFS) verhängt, weil er am 19. Oktober 2002 jedenfalls vor 9.32 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Altheim auf dem öffentlichen Parkplatz nächst dem Haus Schulgasse 4 in Betrieb genommen habe, zumal er den Motor gestartet gehabt habe, und sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,65 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 43,60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3. Der Bw macht im wesentlichen unter Hinweis auf seine Rechtfertigung vom 29.10.2002 geltend, er erachte sich durch die Verhängung einer Geldstrafe nach § 99 Abs.1a StVO auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und wegen Anwendung einer verfassungs- weil gleichheitswidrigen Bestimmung (Passus "oder in Betrieb nimmt" in § 99 Abs.1a StVO) verletzt und legt seine Bedenken diesbezüglich unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 25.9.2002, B 1737/01, umfangreich dar.

Beim Starten des Motors handle es sich um einen strafbaren Versuch des Lenkens. Das Gesetz unterstelle, nach dem Starten des Motors das Fahrzeug auch zu lenken, was sich schon daraus ergebe, dass die Strafnorm einen sehr hohen Strafrahmen vorsehe und den Unrechtsgehalt mit dem Lenken des Fahrzeuges gleichstelle. Würde man davon nicht ausgehen, wäre die Mindestgeldstrafe gleichheitswidrig. Im gegenständlichen Fall seien sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch erfüllt, weswegen das in Rede stehende Tatbild nicht erfüllt sei und § 8 Abs.2 VStG zur Anwendung gelange. Lediglich § 102 Abs.4 KFG sei mit Wissentlichkeit iSd § 5 Abs.3 StGB erfüllt, aber nicht verfolgt worden. Ihm habe das Unrechtsbewusstsein hinsichtlich § 102 Abs.4 KFG nicht gefehlt, wohl sei er sich aber nicht des Alkoholdeliktes bewusst gewesen. In der Fahrschule lerne man nicht, dass es auch verboten sei, den Motor in einem solchen Zustand zu starten, selbst wenn man das Fahrzeug nicht in Bewegung setze. Dass man sich beim Inbetriebnehmen eines Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand strafbar mache und mit dem Entzug der Lenkberechtigung rechnen müsse, müsste in entsprechender Weise den Normunterworfenen zur Kenntnis gebracht werden.

Beim bloßen Starten des Motors sei die Verkehrssicherheit nicht gefährdet. Im gegenständlichen Fall lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung bzw für eine Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG vor, zumal, wenn überhaupt, von geringem Verschulden auszugehen sei und Aspekte der Verkehrssicherheit gar nicht gefährdet worden seien. Dazu verweist der Bw auf das Erkenntnis des VfGH vom 27.9.2002, G 45/02, zum GefahrgutbeförderungsG. Er beantragt Verfahrenseinstellung, in eventu die Erteilung einer Ermahnung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.



Daraus ergibt sich - auch vom Bw - unbestritten, dass dieser vom Meldungsleger AI K (GP Altheim) am 19. Oktober 2002 um 9.32 Uhr auf dem öffentlichen Parkplatz nächst dem Haus Schulgasse 4 in Altheim in dem auf ihn zugelassenen Pkw auf dem Fahrersitz schlafend bei gestartetem Motor angetroffen wurde, wobei der um 9.59 Uhr durchgeführte Alkotest einen günstigsten Wert von 0,65 mg/l AAG ergab. Der Bw bestätigte, er habe von 22.00 Uhr des Vortages bis 5.00 Uhr des 19. Oktober 2002 in einem Gasthaus Bier getrunken und sich dann im Pkw schlafengelegt, zumal ihm seine Alkoholisierung bewusst gewesen sei. Ihm sei dann kalt gewesen sei und daher habe er, um die Heizung des Pkw zu aktivieren, den Motor gestartet.

 

Es war daher davon auszugehen, dass der Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug in Betrieb genommen hat.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o oder der Alkohogehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 %o beträgt.

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 ist ersichtlich, dass der Tatbestand nicht erst erfüllt ist, wenn der alkoholisierte Lenker sein Fahrzeug "eine bestimmte Wegstrecke" lenkt, sondern dass es ausreicht, dass der Lenker das Fahrzeug "in Betrieb nimmt". Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt hat (z.B. Erkenntnis vom 16. März 1994, Zl. 93/03/0204, mitweiteren Hinweisen) stellt bereits das Ingangsetzen des Motors eine vollendete Inbetriebnahme des Fahrzeuges dar und zwar auch dann, wenn das Fahren mit dem Fahrzeug unmöglich ist.

Damit wird nach dem Wortlaut der oben zitierten Bestimmung her bereits deutlich, dass es sich beim Starten des Motors, auch bei einem Pkw, der so geparkt ist, das ein Lenken ohne ein weiteres Zutun wie zB das Einlegen des Rückwärtsganges gar nicht möglich ist, nicht um eine Vorbereitungshandlung im Sinn eines Versuches handelt, sondern dass allein mit der Inbetriebnahme bereits ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt ist. Der Gesetzgeber hat damit nicht nur das tatsächliche Lenken eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss pönalisiert, sondern bereits die diesem Lenken in der Regel unmittelbar vorausgehende Handlung, nämlich das Starten des



Motors, unter Strafe gestellt, egal ob der Inbetriebnehmende überhaupt beabsichtigt, das Fahrzeug tatsächlich zu lenken.

 

Der vom Bw eingewendete (strafbefreiende) Rücktritt vom Versuch kann schon deshalb nicht vorliegen, weil bereits der Versuch, also das Starten des Motors, den Tatbestand erfüllt. Ein Abstellen des Motors nach der Beanstandung durch den Gendarmeriebeamten stellt daher die Beendigung des strafbaren Verhaltens dar, nicht einen straflosen Rücktritt vom Versuch.

 

Der Bw hat demnach den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal es nicht Aufgabe der Medien ist, die (nicht einmal neuesten) Bestimmungen der StVO regelmäßig zu wiederholen. Es ist vielmehr Aufgabe des Inhabers einer Lenkberechtigung, sich über von ihm als Teilnehmer am Straßenverkehr zu beachtende Gesetzesbestimmungen entsprechend zu informieren.

 

Mangelndes Verschulden kann der Bw sicher nicht für sich in Anspruch nehmen, zumal es sich bei der ihm zur Last gelegten Bestimmung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die in Walter - Thienel, die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, S. 82, zu E. 139 angeführten hg Erkenntnisse) hat der Bw im Falle von Ungehorsamsdelikten glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Er muss demnach initiativ alles, was für eine Entlastung spricht, darlegen und unter Beweis stellen, um der Behörde eine Beurteilung zu ermöglichen, ob sein Vorbringen geeignet ist, im Falle seiner Richtigkeit seine Schuldlosigkeit zu erweisen. Der Bw hat in diesem Sinne nicht glaubhaft gemacht, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war (VwGH v 21.11.2002, 2002/06/0146, ua)

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1a StVO vom 872 Euro bis 4.360 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit von 10 Tagen bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 



Der Gesetzgeber knüpft seine Überlegungen zur Strafbemessung damit nicht an die potenzielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch eine solche Inbetriebnahme, sondern an den Alkoholisierungsgrad des Inbetriebnehmenden, der wie im gegenständlichen Fall davon abhängt, in welchem Abbaustadium der Alkoholisierung der Inbetriebnehmende vom Gendarmeriebeamten beanstandet - in diesem Fall geweckt - wird.

 

Gemäß § 20 VStG kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, bis zur Hälfte unterschritten werden.

Die Erstbehörde hat bereits die Bestimmung des § 20 VStG zur Anwendung gebracht, indem die bisherige Unbescholtenheit und das Eingestehen der Tat durch den Bw als mildern gewertet und ein beträchtliches Überwiegen dieser Umstände gegenüber fehlenden Erschwerungsgründen zugestanden wurde. Richtig ist, dass der Bw tatsächlich im Pkw geschlafen hat und geweckt wurde. Eine Gefährdung der Verkehrssicherheit allein durch den gestarteten Motor ging daher vom Bw nicht aus, was ebenfalls mildernd war.

Damit wurde in Anwendung des § 20 VStG, dh unter Zugrundelegung eines Strafrahmens von 436 Euro bis 4.360 Euro Geld bzw 5 Tagen bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, - nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates zu Recht - bereits die absolut mögliche Mindestgeldstrafe verhängt, wobei die vom Bw unbestrittenen finanziellen Verhältnisse zugrundegelegt wurden (1.162 Euro netto monatlich, weder Sorgepflichten noch Vermögen). Da bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe die finanziellen Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sind, ist die etwas über der Untergrenze des Strafrahmens liegende Ersatzfreiheitsstrafe angemessen.

Für die Anwendung des § 21 VStG besteht keinerlei Veranlassung, zumal zwar die Tat ohne Folgen geblieben ist, aber von geringfügigem Verschulden - nämlich nicht an der Unterlassung des Lenkens, sondern an der Inbetriebnahme - nicht die Rede sein kann (vgl VwGH v 12.9.1986, 86/18/0059, ua).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 



Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 
 

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