Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108677/2/Bi/Be

Linz, 04.08.2003

 

 VwSen-108677/2/Bi/Be Linz, am 4. August 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W vom 12. November 2002 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 28. Oktober 2002, VerkR96-3760-2002-Ms, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass im Punkt 2) die tägliche Ruhezeit am 22./23. April 2002 gemäß dem 2. Unterabsatz des Art.8 Abs.2 EG-VO 3820/85 nicht zusammenhängend acht Stunden betragen hat, sondern nur 7 Stunden 30 Minuten, nämlich von 00.15 Uhr bis 7.45 Uhr des 23. April 2002.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) und 2) je 11,60 Euro, insgesamt 23,20 Euro, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen zweier Verwaltungsübertretungen gemäß 1) Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm § 134 Abs.1a KFG 1967 und 2) Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm § 134 Abs.1a KFG 1967 Geldstrafen von 1) und 2) je 58 Euro (je 24 Stunden EFS) verhängt, weil anlässlich einer am 25. April 2002 um 16.45 Uhr im Gemeindegebiet von Braunau/Inn auf der B148 aus Richtung BRD kommend in Fahrtrichtung Braunau/Inn nächst Strkm 36.400 durchgeführten Kontrolle des Sattelzugfahrzeuges (hzGG von über 3.5 t), Kz., festgestellt worden sei, dass er als Fahrer

  1. die erlaubte Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten überschritten habe, zumal am 24. April 2002 die tatsächliche Tageslenkzeit 10 Stunden 25 Minuten betragen habe (laut Schaublatt 24./25. April 2002 - Lenkzeit von 6.50 Uhr bis 21.20 Uhr);
  2. die tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden am 22. April 2002 nicht eingehalten habe, aber keine der Ruhezeiten 8 Stunden zusammenhängend betragen habe, zumal die Ruhezeit nur 7 Stunden 30 Minuten betragen habe (Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes: 22. April 2002, 9.05 Uhr; von 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr: 4 Stunden 0 Minuten; von 00.15 Uhr bis 7.45 Uhr: 7 Stunden 30 Minuten).

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 11,60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass er gemäß Schaublatt 24./25.4.2002 die zulässige Tageslenkzeit überschritten habe, er habe aber von 20.30 Uhr bis 20.45 Uhr eine Terminentladung gehabt. An der Entladestelle sei es ihm nicht möglich gewesen, länger stehenzubleiben und die Ruhezeit sofort anzutreten. Auch vor dem Firmengelände habe keine Parkmöglichkeit bestanden, weshalb er einen eigenen Parkplatz aufsuchen habe müssen. Er habe diesen Notstand dem Beamten sofort mitgeteilt, was dieser aber nicht zur Kenntnis genommen habe. Laut Schaublatt habe er das Fahrzeug gegen 23.00 Uhr abgestellt. Um 00.15 Uhr habe er nur eine Ruhezeitunterbrechung von ca 10 Sekunden durchgeführt, um das Fahrzeug an anderer Stelle zu parken, da es sonst durch ev. umstürzende Paletten hätte beschädigt werden können.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass das vom Bw gelenkte Sattelzugfahrzeug LL-735 BK, zugelassen auf die Z Transporte GesmbH, am 25. April 2002, 16.45 Uhr, bei der LKW-Kontrolle am ehemaligen Grenzübergang Braunau/Inn (B147, km 36.400) kontrolliert wurde.

Dabei wurde festgestellt, dass am 24. April 2002 die Lenkzeit von 6.50 Uhr bis 21.20 Uhr 10 Stunden und 25 Minuten betragen habe - demnach länger als 9 bzw 10 Stunden. Am 23. April 2002 habe die Ruhezeit zwischen 12.00 Uhr und 16.00 Uhr 4 Stunden und von 00.15 Uhr bis 7.45 Uhr 7 Stunden 30 Minuten ergeben, demnach weniger als 8 Stunden zusammenhängend. Der Bw hat sich laut Anzeige gegenüber


dem Meldungsleger RI H, GP, damit verantwortet, er sehe nicht ein, warum er wegen einer einmaligen Lenkzeitüberschreitung Strafe zahlen solle.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S1 sowie der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr.3572/90, Abl.Nr.L353 vom 17. Dezember 1990, S12, zuwiderhandelt.

Gemäß § 134 Abs.1a KFG 1967 sind Übertretungen der Artikel 5 bis 9 der Verordnung (EGW) Nr.3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S1 sowie der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr.3572/90, ABl.NrL353 vom 17. Dezember 1990, S12, auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereichs dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art.2 der Verordnung 3820/85). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von der Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nachweist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 darf die nachstehend "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Gemäß der Definition des Art.1 Z5 leg.cit. ist unter "Ruhezeit" jeder ununterbrochene Zeitraum von mindestens einer Stunde, in dem der Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann, zu verstehen.

 

Gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht (nach dem 1. Unterabsatz) verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen



einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Zu Punkt 1):

Aus dem Schaublatt für den 24. April 2002 ergibt sich zweifelsohne eine Gesamtlenkzeit von 10 Stunden und 25 Minuten, demnach eine Überschreitung um 25 Minuten. Der Bw hat damit argumentiert, er habe nach der Entladung um 20.45 Uhr noch einen Parkplatz suchen müssen, weil im und beim Firmengelände keine Parkmöglichkeit bestanden habe.

Dass der Bw nach der Entladung um 20.45 Uhr bis 21.20 Uhr, also 35 Minuten gebraucht hätte, um einen geeigneten Parkplatz zu finden, ist schon deshalb unglaubwürdig, weil er laut Schaublatt höhere Geschwindigkeiten eingehalten hat; daraus folgt, dass er sicher nicht in der Nähe der Entladestelle einen Parkplatz gesucht, sondern eine relativ lange Strecke zurückgelegt hat. Dass dort tatsächlich kein geeigneter Parkplatz zu finden gewesen wäre, ist schon auf Grund der örtlichen Lage von Plüderhausen, einem Ort mit nur 9.500 Einwohnern, unglaubwürdig. Der Bw hat diesbezüglich nur durch nichts belegte Behauptungen aufgestellt, die nicht zu überzeugen vermögen.

 

Zu Punkt 2):

Dass die Ruhezeit nicht 8 Stunden zusammenhängend betragen hat, ergibt sich ebenfalls zweifelsfrei aus dem Schaublatt vom 22./23. April 2002: das Fahrzeug wurde zunächst um 23.15 Uhr nach ca zweiminütiger Fahrzeug abgestellt, dann nochmals nach ca zwei Minuten kurz bewegt und kurz vor 00.15 Uhr nochmals für etwa zwei Minuten gelenkt. Die Erklärung des Bw, er habe das Fahrzeug umgestellt, damit es nicht von umstürzenden Paletten beschädigt würde, ist nachvollziehbar, unterbricht aber die Ruhezeit, weil er nach der oben angeführten Definition des Art.1 Z5 EG-VO 3820/85 damit nicht über eine ausreichend lange Zeit verfügen konnte, zumal er um 7.47 Uhr des 23. April 2002 die Fahrt antrat. Die Ruhezeit war damit aber erst ab der letzten Bewegung des Fahrzeuges zu berechnen, dh im gegenständlichen Fall um 30 Minuten zu kurz, um sie ergänzend zu den vier Stunden von 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr als 12stündige Ruhezeit im Sinne des 2. Unterabsatzes des Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 werten zu können.

 

Der Bw hat damit beide ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung - die Spruchänderung ist lediglich klarstellend, keine inhaltliche Änderung - zu verantworten, zumal er mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht glaubhaft zu machen vermochte.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.



Die Erstinstanz hat zutreffend die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit - Gegenteiliges geht aus dem Akt nicht hervor - als Milderungsgrund gewertet und hat mangels jeglicher Angaben dazu die mit 1.300 Euro netto monatlich und dem Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw zugrundgelegt, denen der Bw auch in der Berufung nicht widersprochen hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen vor allem den Bw zu größerer Genauigkeit bei der Einhaltung der genannten Bestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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