Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240320/2/Gf/Km

Linz, 11.11.1998

VwSen-240320/2/Gf/Km Linz, am 11. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des T F, vertreten durch die RAe Dr. W M, Mag. T M und Mag. M N, gegen das Straf-erkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 21. September 1998, Zl. 101-6/1-33-71483, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 21. September 1998, Zl. 101-6/1-33-71483, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt.

1.2. Gegen dieses ihm am 13. Oktober 1998 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Oktober 1998 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-6/1-33-71483; da sich bereits aus diesem ergab, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, muß der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat derart konkretisieren, daß der Beschuldigte einerseits in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und er andererseits rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. schon VwSlg 11894 A/1985 und die weiteren Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, 969 ff).

3.2. Diesem Erfordernis vermag der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aber nicht gerecht zu werden, wenn dieser wie folgt lautet:

3.2.1. "Sie haben als verantwortlicher Beauftragter der ..... GmbH, Stelzerstr. 5, 4020 Linz, nachstehende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Anläßlich einer Nachschau durch die Lebensmittelaufsicht für den Bezirk B beim .....-Markt, KSt. in O, wurde am 30.9.1997 eine amtl. Probe (250 ml Flasche) 'Bionsen Body Gel' entnommen und samt Probenbegleitschreiben der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz/D. zur Begutachtung übermittelt. Dieses kosmetische Mittel wurde in einem Regal des Verkaufsraumes feilgehalten und befand sich somit in Verkehr.

Gutachten der BALU Linz vom 15.10.97, Zahl 0051111/1997:

'Bionsen Body Gel enthält wertvolle Oligomineralien aus japanischem Thermalwasser. In Kombination mit natürlichen Feuchtigkeitsfaktoren fördern sie die Zellneubildung, unterstützen die natürliche Pigmentation der Haut, stärken die Widerstandskraft gegen schädliche Umwelteinflüsse ..... ..... verzögert bei regelmäßiger Anwendung die natürliche Hautalterung.

Kosmetische Mittel der vorliegenden Zusammensetzung sind nicht in der Lage, die genannten Wirkungen auszuüben. Weder Mineralstoffe noch die genannten Feuchtigkeitsfaktoren weisen solche Wirkungen auf. Auch die übrigen Ingredientien sind verbreitete Kosmetik-Inhaltsstoffe, denen die genannten Wirkungen nicht zukommen. Insbesondere die Pigmentation der Haut wird durch diese nicht beeinflußt. Die Auslobung, daß die Widerstandskraft gegen schädliche Umwelteinflüsse gestärkt werde, ist in ihrer Allgemeinheit irreführend. Von den die Haut schädigenden Umwelteinflüssen steht der Einfluß der UV-Strahlung an erster Stelle. Diesem wird in modernen kosmetischen Mitteln einerseits durch UV-Filter, andererseits durch sogenannte Radikalfänger (wie Tocopherole) vorgebeugt, die die schädliche Auswirkung auf die Hautzellen mindern können. Diese Stoffe sind aber in der vorliegenden Probe nicht enthalten, sodaß sie gerade vor den bedeutendsten schädlichen Einflüssen nicht schützt. Die natürliche Hautalterung kann durch kosmetische Mittel überhaupt nicht verzögert werden, die diesbezügliche Auslobung ist daher irreführend. Kosmetische Mittel können nur die frühzeitige Hautalterung (z.B. die durch UV-Strahlung bedingte im Fall oben erwähnter Wirkstoffe) verzögern.' Die Bezeichnung 'dermatologisch geprüft' bzw. 'dermatologisch getestet' ist eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe.

Die Probe ist daher gemäß §§ 8 lit. f, 9 lit. a, b und 26 Abs. 2 Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen.

Ggst. Ware wurde mit Lieferung vom 2.9.97 durch das Zentrallager der Fa. ..... in P an den .....-Markt in O geliefert und somit in Verkehr gesetzt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 8 lit. f, 9 lit. a, b u. 26/2 iVm § 74/1 u. 5/3 Lebensmittelgesetz (LMG) 1975, BGBl.Nr. 86/1975 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzarrest von 1 Tag 12 Stunden, gemäß § 74/1 u. 5/3 leg.cit.

Ferner haben Sie zu zahlen:

300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet).

500,-- Schilling für Untersuchungskosten der BALU Linz, U.Zahl: 005111/97 vom 15.10.1997.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

S 3.800,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG).
" 3.2.2. Zum einen stellen nämlich schon § 74 Abs. 1 LMG einerseits - wonach u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt - und § 74 Abs. 3 Z. 5 LMG auf der anderen Seite - wonach u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, der zwar nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen des kosmetischen Mittels anpreist, es aber unterläßt, der Behörde trotz entsprechenden Verlangens die wirksamen Komponenten bekanntzugeben - völlig unterschiedliche Delikte dar, sodaß - weil letztlich nur eine Strafe verhängt wurde, im Spruch in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise klarzustellen gewesen wäre, welche dieser Übertretungen dem Beschwerdeführer nun tatsächlich zur Last gelegt wird.

3.2.3. Selbst wenn man an diesem Punkt noch tolerieren könnte, daß die belangte Behörde rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, daß auch § 74 Abs. 3 Z. 5 LMG durch den in dieser Bestimmung enthaltenen Hinweis auf § 26 Abs. 2 LMG in gleicher Weise wie § 74 Abs. 1 LMG das Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel pönalisiert (eine Interpretation, die sich schon im Hinblick auf die unterschiedliche Strafdrohung beider Normen verbietet), wäre aber im Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls eine sachverhaltsbezogene Präzisierung des Umstandes, worin nun eigentlich gegenständlich eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe - entweder i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. a LMG oder (und ?) i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. b LMG - zu erblicken ist, zu fordern gewesen:

Einerseits soll diese in der Bezeichnung "dermatologisch geprüft" oder (und ?) "dermatologisch getestet" gelegen sein, was eine Verletzung des § 9 Abs. 1 lit. b LMG indiziert; andererseits wird dem Berufungswerber angelastet, daß das von ihm vertriebene kosmetische Mittel nicht in der Lage sei, "die Zellneubildung" zu fördern, "die natürliche Pigmentation der Haut" zu unterstützen, "die Widerstandskraft gegen schädliche Umwelteinflüsse zu stärken" und "die natürliche Hautalterung" zu verzögern, womit demgegenüber eine Mißachtung des § 9 Abs. 1 lit. a LMG angedeutet wird. Unter dem Aspekt, daß letztlich lediglich eine - und nicht auch kumulativ eine weitere - Strafe verhängt wurde, hätte die belangte Behörde jedenfalls eine dementsprechende Festlegung für eine dieser beiden Varianten zu treffen gehabt, um dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen (insbesondere unter dem Aspekt, daß solcherart das Recht des Beschuldigten, auf einen spezifischen Tatvorwurf hin gerichtete Entlastungsbeweise anbieten zu können, auch als tatsächlich gewahrt erscheint).

3.2.4. Daß dieser Verstoß gegen essentielle Verfahrensvorschriften offensichtlich durch die unbesehene Übernahme eines Sachverständigengutachtens veranlaßt wurde, vermag das Fehlverhalten der belangten Behörde nicht zu rechtfertigen, mußte diese doch wissen, daß die rechtliche Würdigung ausschließlich ihr und nicht (auch) dem Sachverständigen zukommt; dieser hat sich vielmehr ausschließlich auf die Feststellung von Tatsachen zu beschränken (vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 14. Jänner 1993, 92/09/0201 u.a.).

3.3. Da zwischenzeitlich bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, kam eine Spruchkorrektur durch den Oö. Verwaltungssenat schon von vornherein nicht in Betracht.

3.4. Aus allen diesen Gründen war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straf-erkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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