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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108714/2/Ki/Ka

Linz, 17.12.2002

VwSen-108714/2/Ki/Ka Linz, am 17. Dezember 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des HS, vom 5.12.2002, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 13.11.2002, GZ.: VerkR96-851/02, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass er zumindest am 8.7.2002 um 21.00 Uhr in 4400 Steyr, auf der Fahrbahn vor dem Haus M (welches sich zu 50 % in seinem Besitz befindet), zwei Betontöge (mit den Ausmaßen von ca. 50 cm x 50 cm) - in welchen sich je ein baumähnliche Pflanze befand - aufgestellt habe und er dadurch eine öffentliche Verkehrsfläche benützte ohne die für diese Benützung einer öffentlichen Verkehrsfläche notwendige Bewilligung des Magistrates Steyr eingeholt zu haben. Er habe dadurch § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (EFS 12 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 4 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 5.12.2002 Berufung, er strebt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses an.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt wurde von einem Polizeibeamten der BPD Steyr festgestellt und zur Anzeige gebracht. Der Meldungsleger führte zunächst in seiner Anzeige vom 10.7.2002 an, dass es sich um einen ca. 50 x 50 cm großen Trog handle, welcher auf der Fahrbahn vor der Einfahrt zum Haus M aufgestellt sei.

Die Erstbehörde hat daraufhin gegen den Bw eine Strafverfügung (VerkR-851/02 vom 16.8.2002) erlassen und es wurde ihm spruchgemäß vorgeworfen, er habe es verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass er am 8.7.2002 um 21.00 Uhr, in 4400 Steyr, auf der Fahrbahn vor dem Haus M, einen Trog (ca. 50 cm x 50 cm), in welchem sich zwei Nadelbäume befanden, auf der Straße abgestellt habe und die Straße somit zu einem verkehrsfremden Zweck genutzt wurde, ohne dass die hiezu erforderliche Bewilligung des Magistrates der Stadt Steyr erteilt worden wäre.

Gegen diese Strafverfügung hat der Bw Einspruch erhoben und es wurde in der Folge der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen. Bei dieser Einvernahme stellte der Meldungsleger richtig, dass er vor dem Haus zwei Betontröge festgestellt hat.

Die Erstbehörde hat daraufhin, datiert mit 12.9.2002, das mit Strafverfügung vom 16.8.2002, VerkR-851/02, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt und in weiterer Folge wiederum eine Strafverfügung (VerkR-851/02 vom 12.9.2002) erlassen. Nunmehr wurde dem Bw bei gleichem Tatort und gleicher Tatzeit zur Last gelegt, dass zwei Betontröge aufgestellt gewesen seien.

Diese Strafverfügung wurde vom Bw wiederum beeinsprucht und es ist dann in der Folge das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 13.11.2002 ergangen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß Art.4 Z1 des Protokolles Nr.7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten samt Erklärungen (7. ZP zur MRK) darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

Diese Bestimmung ist natürlich auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Es ist daher zu prüfen, ob im Hinblick auf die neuerliche Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens der Bw in seinem gemäß Art.4 7. ZP zu MRK gewährleisteten Recht darauf, wegen einer vorgeworfenen strafbaren Handlung nach einem Freispruch nicht neuerlich bestraft zu werden, verletzt wurde.

Sache des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung. In Anwendung der zitierten Bestimmung des 7. ZP zur MRK hat die Einstellung des Verfahrens grundsätzlich zur Folge, dass eine Bestrafung wegen derselben Tat den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt und deshalb rechtswidrig ist.

Im gegenständlichen Falle wurde dem Bw zur Last gelegt, er habe eine öffentliche Verkehrsfläche benützt, ohne die dafür erforderliche Bewilligung eingeholt zu haben. Bereits in der Strafverfügung vom 16.8.2002 wurde die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach Tatzeit und Tatort hinreichend konkretisiert. Lediglich hinsichtlich der Tathandlung war der Schuldspruch nicht hinreichend konkretisiert, um den Anforderungen des § 44a Z1 VStG gerecht zu werden. Dieser Mangel bezüglich des Tatvorwurfes hätte jedoch durchaus noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durch eine entsprechende Präzisierung des strafbaren Verhaltens saniert werden können.

Die Berufungsbehörde vertritt somit die Auffassung, dass Sache des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens die tatzeit- und tatortbestimmte bewilligungslose Benützung der öffentlichen Verkehrsfläche gewesen ist und über diese Sache insoferne abschließend entschieden wurde, als das Strafverfahren eingestellt wurde.

Durch die neuerliche Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen dieser "Sache" hat die Erstbehörde den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt, weshalb der Bw in seinen Rechten verletzt wurde.

Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Richtigerweise hätte die Erstbehörde im vorliegenden Falle derart vorzugehen gehabt, dass innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist durch Vornahme einer entsprechenden Verfolgungshandlung eine Konkretisierung des Tatvorwurfes vorgenommen worden wäre.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

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