Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108778/2/Fra/Ka

Linz, 09.07.2003

 

 

 VwSen-108778/2/Fra/Ka Linz, am 9. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn JB vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. OH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25.11.2002, VerkR96-3827-2002, betreffend Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren infolge Eintrittes der Verfolgungsverjährung eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 363 Euro (EFS 150 Stunden) verhängt, weil er am 25.3.2002 gegen 09.25 Uhr im Stadtgebiet von Linz, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere der Autobahn A7 Süd, bis auf Höhe Strkm.9 in Richtung stadtauswärts fahrend das Sattelkraftfahrzeug (Sattelzugfahrzeug-Kennzeichen: , Sattelanhänger-Kennzeichen: gelenkt hat, obwohl das höchstzulässige Gesamtgewicht eines in einem EU-Mitgliedstaates zugelassenen Kraftfahrzeuges von 40.000 kg durch die Beladung um 7.300 kg überschritten wurde; sohin hat er sich vor Antritt der Fahrt, obwohl dies zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass die Beladung des Sattelkraftfahrzeuges den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kratfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

 

Der Bw wendet ua Verfolgungsverjährung ein. Er begründet seine Einwendungen im Wesentlichen wie folgt:

 

§ 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 könne für sich alleine nicht übertreten werden. Diese Bestimmung sei lediglich im Zusammenhang mit § 102 Abs.1 leg.cit. zu lesen, welcher normiert, dass ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen darf, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und der mit diesem zu ziehende Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Durch diese Bestimmung werde sohin nicht der Umstand der Überladung an sich, sondern lediglich die Inbetriebnahme eines überladenen Fahrzeuges inkriminiert, wobei als zusätzliches Tatbestandselement erforderlich ist, dass sich der Kraftfahrzeuglenker nicht in zumutbarer Art und Weise vom Nichtvorliegen einer Überladung überzeugt hat.

 

§ 102 Abs.1 1. Satz 1. Halbsatz KFG inkriminiere genau genommen nicht das objektive Tatbestandsmerkmal der Überladung, sondern verpflichte den Kraftfahrzeuglenker nur, sich im Rahmen der Zumutbarkeit davon zu überzeugen, dass keine Überladung vorliegt. Erst danach dürfe er das Kraftfahrzeug in Betrieb nehmen. Der Verweis auf eine Überladung sei daher für die Erfüllung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung unerheblich. Bedenke man den Wortlaut des § 102 Abs.1 KFG 1967, so würde auch eine Strafbarkeit eintreten, wenn das Fahrzeug nicht überladen wäre, sich jedoch der Lenker vor der Fahrt nicht davon überzeugt hat, ob eine Überladung gegeben ist oder nicht.

 

§ 102 Abs.1 KFG 1967 normiere als Verwaltungsstraftatbestand nämlich kein Erfolgsdelikt, sondern lediglich ein Tätigkeitsdelikt. Wirft nun die Strafbehörde dem Beschuldigten einen bestimmten Erfolg vor, so könne dies keinesfalls die Verfolgungsverjährung unterbrechen. Sofern die belangte Behörde dem Beschuldigten ein bestimmtes Verhalten, nämlich das Lenken des Sattelkraftfahrzeuges in der Aufforderung zur Rechtfertigung zum Vorwurf gebracht hat, so könne auch dies nicht unter die Bestimmung des § 102 Abs.1 KFG 1967 subsumiert werden. Während vor dem Hintergrund des § 102 KFG 1967 lediglich die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges ohne vorherige zumutbare Überprüfung der Beladung strafbar ist, wurde ihm in der Aufforderung zur Rechtfertigung lediglich das Lenken eines überladenen Kraftfahrzeuges vorgeworfen.

 

Die belangte Behörde hat sich mit der Frage der Verfolgungsverjährung auf Seite 4 des angefochtenen Straferkenntnisses auseinandergesetzt. Die belangte Behörde führt dort begründend aus, dass das Lenken eines überladenen Kraftfahrzeuges, ohne gegen die Verpflichtung des § 102 KFG 1967 zu verstoßen, denkunmöglich sei und beinhalte der Begriff "Lenken eines Fahrzeuges" das Faktum, dass die Fahrt bereits angetreten worden sei. Der Bw weist diese Rechtsansicht wegen Verletzung gegen den im Verwaltungsstrafrecht gebotenen Bestimmtheitsgrundsatz mit dem Argument zurück, dass sämtliche für den Verwaltungsstraftatbestand relevanten Sachverhaltselemente in der Aufforderung zur Rechtfertigung bezeichnet werden hätten müssen. Weiters führt der Bw aus, aus dem Umstand, dass ein Kraftfahrzeug gelenkt wird, könne nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass das Fahrzeug vom Lenker auch in Betrieb genommen wurde, da es ja durchaus sein könne, dass das Kraftfahrzeug zunächst von einer Person in Betrieb genommen und dann von einer anderen Person gelenkt wird. Der von der belangten Behörde gezogene Schluss sei nicht geeignet, das Fehlen jener Sachverhaltselemente, die das Tatbestandsmerkmal der zumutbaren Überprüfung der Einhaltung der Beladungsvorschriften betreffen, zu rechtfertigen. Wenn die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Wort "sohin" verwendet, so liege darin nur eine Scheinbegründung, da aus dem Lenken eines überladenen Fahrzeuges nicht zwingend auf die Nichtvornahme einer zumutbaren Überprüfung geschlossen werden könne. Es könnte ja sein, dass der Lenker eines überladenen Fahrzeuges, der das Fahrzeug auch in Betrieb genommen hat, sich in zumutbarer Art und Weise von der Einhaltung sämtlicher Vorschriften überzeugt hat, jedoch aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, in diesem Punkt geirrt hat. Der Bw schließt daraus, dass das Verfahren bereits aus dem Grund des Eintrittes der Verfolgungsverjährung einzustellen sein wird.

 

Der Bw ist mit seiner o.a. Argumentation im Ergebnis im Recht:

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.6.2002, VerkR96-3827-2002, wurde dem Bw das "Zumutbarkeitskriterium" nicht vorgeworfen. Zutreffend führt der Bw diesbezüglich aus, dass die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis im Spruchpunkt vom Text der Aufforderung zur Rechtfertigung ergänzenderweise insofern abweicht, als sie das oa Kriterium in den Spruchpunkt eingefügt hat und sohin es auch die belangte Behörde offenbar für erforderlich erachtet, den Spruchpunkt im Vergleich zur Aufforderung zur Rechtfertigung zu ergänzen, da ansonsten das vorgeworfene Verhalten nicht unter den inkriminierten Tatbestand subsumiert werden könnte. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits mit Erkenntnissen beispielsweise vom 18.4.1995, VwSen-102692/5/Fra/Ka und 18.9.1995, VwSen-103033/2/Fra/Ka ausgeführt, dass die Überzeugungspflicht nach § 102 Abs.1 KFG 1967 nur im Rahmen des Zumutbaren besteht.

 

Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.6.2002 war daher nicht geeignet, die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen. Sonstige taugliche Verfolgungshandlungen wurden während der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthält sämtliche Kriterien nach § 44a Z1 VStG, er wurde jedoch erst außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Der Eintritt dieser Verjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH, verst.Senat vom 19.9.1984, Slg. 11.525A).

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfiel gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

 
4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. F r a g n e r

 
 

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