Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108825/4/Br/Pe

Linz, 10.03.2003

 

 

 VwSen-108825/4/Br/Pe Linz, am 10. März 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn SR, vertreten durch Dr. L. P und Dr. P. L, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. Jänner 2003, VerkR96-6051-2002/Her, nach der am 10. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit den o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen zweier Übertretungen nach § 84 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von je 200 Euro und im Nichteinbringungsfall je zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie haben zu verantworten, dass ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 30.8.2002 in Marchtrenk, an der B 1 Wiener Straße, auf Höhe von km 201,700 südlich der B 1 die Werbung www.traumhochzeit.at 0676/6101946

1. Einsehbar für Straßenbenützer in Fahrtrichtung Wels

2. einsehbar für Straßenbenützer in Fahrtrichtung Linz außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 in vom Fahrbahnrand angebracht war."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der gegenständliche Tatbestand ist durch die Anzeige der Gendarmerie Marchtrenk vom 30.8.2002, GZAI/1876/01/2002, weiters 2 Lichtbildern, welche von einem Behördenvertreter angefertigt wurden, in Zusammenhang mit dem durchgeführten Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.10.2002 wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich zu den im Spruch näher bezeichneten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen. Nachdem Ihrem Rechtsvertreter umfassende Akteneinsicht gewährt wurde, wurde am 16.12.2002 eine schriftliche Stellungnahme an die Behörde gerichtet. Darin wurde grundsätzlich ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Werbungen zu den angeführten Zeiten an den angeführten Orten tatsächlich von Ihnen aufgestellt wurden.

 

Allerdings bekannten Sie sich der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht schuldig, zumal die Aufstellungsorte innerhalb des Ortsgebietes von Marchtrenk liegen, sodaß das Tatbestandsmerkmal "außerhalb von Ortsgebieten" nicht zutreffend sei. Aus diesem Grunde beantragten sie die Durchführung eines Ortsaugenscheines. Auch wandten Sie sich gegen den Umstand, dass - obwohl es sich bei der gegenständlichen Werbetafel um EINE Tafel handelt, die zwar (grundsätzlich richtig) in zwei Fahrtrichtungen einsehbar ist - von der Behörde eine Bestrafung in zwei Fällen angestrebt wird.

 

Da aufgrund der Aktenlage keine weiteren Erhebungen und Ermittlungen notwendig waren, konnte das Verfahren damit abgeschlossen werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat hiezu folgendes erwogen:

 

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Eine Ausnahme besteht nur für die Rückseite von Verkehrszeichen im Rahmen der Bedingungen des § 82 Abs.3 lit.f leg.cit.

 

Gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 hat die Behörde Ausnahmen von dein im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Eine solche Bewilligung liegt in gegenständlichem Fall jedoch nicht vor und wird auch vom Beschuldigten nicht behauptet.

Unzweifelhaft und anhand der im Akt befindlichen Lichtbilder dokumentiert befanden sich die im Spruch angeführten Werbungen zur Tatzeit am Tatort, dies wurde auch vom Beschuldigten eingestanden.

 

Die gegenständliche Werbung befindet sich einerseits an einer Straßenstelle, welche in einem Bereich liegt, der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet gehört, andererseits aber in einer Entfernung von weniger als 100 in von der B 1, die an dieser Stelle nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet festgelegt ist. Dieser Sachverhalt entspricht jenem der bereits dem Erkenntnis des VwGH vom 6. Juni 1984 zugrundelag. Auch in den Erkenntnissen vom 23.11.2001, Zl.2000/02/0338 sowie vom 22.2.2002, ZL.2000/02/0303-7 wurde vom Verwaltungsgerichtshof kein Grund gesehen, die wiederholt vertretene Ansicht, dass es in Anbetracht des § 84 Abs. 2 StVO 1960 auf die Entfernung der Werbung vom Fahrbahnrand einer Straße, welche ausserhalb des Ortsgebietes liegt, ankommt, zu ändern.

 

Bereits im Jahre 1984 wurde somit vom Verwaltungsgerichtshof in einem solchen wie dem diesem Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Fall eindeutig auf einen Verstoss gegen § 84 Abs. 2 StVO 1960 entschieden, wodurch der Beschuldigte mit einem Verweis auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum nichts für sich gewinnen kann.

 

Wenn der Beschuldigte sich dagegen wendet, dass trotz einer einzigen Werbetafel zwei Verwaltungsübertretungen verwirklicht worden sind, so ist dazu anzuführen, dass entgegen seiner Argumentation nicht "eine Werbung zufälligerweise von zwei Seiten eingesehen werden kann" sondern: die Werbung zweimal angebracht wurde, und zwar aus dem Grund, dass sowohl Straßenbenützer der B 1 in Richtung Wels, als auch in Richtung Linz die Werbung einsehen können. Wäre nur eine Seite der Werbetafel mit der Werbung affichiert gewesen, so würde nur eine Verwaltungsübertretung vorliegen, im Gegensatz dazu war in verfahrensgegenständlichem Fall die Werbetafel jedoch an zwei Seiten mit zwei Werbungen beklebt, weshalb auch zwei Verwaltungsübertretungen begangen wurden.

 

Schliesslich ist dem Schutzzweck der doch sehr restriktiven Bestimmung des § 84 Abs. 2 StVO 1960 besonderes Augenmerk zu schenken. Schutzzweck ist die Sicherheit des Straßenverkehrs. Mit Besorgnis wird der zunehmend hemmungslose Wildwuchs von Ankündigungen und Werbungen entlang von Bundes- und Landesstraßen festgestellt. Durch diese unzulässigerweise aufgestellten Werbungen wird in erhöhtem Maße die Aufmerksamkeit der Fahrzeuglenker abgelenkt, was immer wieder zu gefährlichen Situationen sowie Verkehrsunfällen führen kann.

 

Für die Bemessung der Strafhöhe iSd. § 19 VStG musste die Behörde die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse schätzen, da der Beschuldigte hiezu keine Angaben gemacht hat-. monatl. Einkommen 1800 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht zu berücksichtigen.

 

Strafmildemd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit im ha. Verwaltungsbezirk zu werten, straferschwerend war kein Umstand.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe erscheint notwendig, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Übertretung dieser Norm abzuhalten und besitzt insbesondere auch generalpräventive Wirkung."

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

"In der außen bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Wels-Land vom 9.1.2003, welches am 14.1.2003 zugestellt wurde, nachstehende
 

BERUFUNG:
 

Das gegenständliche Straferkenntnis wird in seinem gesamten Umfange angefochten.
 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde ich verurteilt, jedenfalls am 30.8.2002 in Marchtrenk an der B 1 Wiener Bundesstraße auf Höhe von km 201,7 südlich der B 1 eine Werbung, und zwar einsehbar für die Straßenbenützer in Fahrtrichtung Wels und einsehbar für die Straßenbenützer in Fahrtrichtung Linz, außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 in vom Fahrbahnrand angebracht zu haben.
 

Die diesbezügliche Bestrafung ist jedoch zu Unrecht erfolgt.
 

Vorerst wird darauf verwiesen, daß ich nicht als Verantwortlicher im Sinne der StVO für die Aufstellung dieser Tafeln betrachtet werden kann.
 

Schon aus gewerberechtlicher Sicht ist offenkundig, daß ich nicht "Verantwortlicher" für die Aufstellung dieser Tafeln bin, im übrigen ist unabhängig davon eine Bestrafung meiner Person nicht gerechtfertigt:
 

Rein subjektiv betrachtet, kann mir insofern kein Vorwurf gemacht werden, als für einen durchschnittlichen normgerechten Menschen durchaus davon ausgegangen werden hätte müssen, daß sich die Tafeln innerhalb des Ortsgebietes befinden.
 

Diesbezüglich ist auszuführen, daß erst am 12. Dezember 2002, zugestellt Mitte Jänner 2003, der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß die Anträge des UVS, die Wortfolge "Werbungen und" sowie die Wortfolge "und Ankündigungen" im ersten Satz des § 84 Abs. 2 StVO negativ entschieden wurde (G 77/02-9 und andere des VfGH).
 

Wenn man nun davon ausgeht, daß seitens des UVS Oberösterreich, einer entsprechend qualifizierten Behörde, sogar Bedenken bestehen, ob hier ein strafbares Verhalten vorliegt, so ist davon auszugehen, daß für einen "Durchschnittsbürger" sehr wohl ein entschuldbarer Rechtsirrtum vorliegen kann.

Es ist daher davon auszugehen, daß selbst im Falle einer Strafbarkeit meines Verhaltens hier aufgrund eines entschuldbarens (subjektiven) Rechtsirrtums das Verfahren einzustellen gewesen wäre.
 

Hiezu ist zu berücksichtigen, daß ich zum Tatzeitpunkt noch nicht rechtsfreundlich vertreten war und daher noch keine Möglichkeit hatte, daß ich hier entsprechende Erkundigungen einhole.
 

Selbst wenn man diese Umstände negiert, so liegt ein Verhalten vor, daß jedenfalls an der untersten Grenze der Strafbarkeit angesiedelt ist, sodaß hier für den Fall der Notwendigkeit einer Verurteilung jedenfalls mit einer Ermahnung im Sinne des VStG noch vorgegangen werden hätte müssen.
 

Insbesondere liegen keinerlei spezial- und generalpräventive Gründe vor, die eine Ermahnung ausschließen, es ist jedenfalls davon auszugehen, daß ich ein derartiges Verhalten nicht mehr setzen werde, sodaß es nicht der Verhängung einer (Geld-)Strafe bedarf, um mich vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
 

Schließlich wird auch darauf verwiesen, daß ich nachwievor auf dem Standpunkt stehe, daß hier ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliegt, es kann wohl nicht angehen, wie bereits in meiner Stellungnahme ausgeführt, daß nur deshalb, weil eine Werbetafel von zwei Seiten einsichtig ist, hier eine "doppelte Strafe" verhängt wird, es stellt dies eine unzulässige Strafkumulierung dar, da man wohl nur auf die Werbetafel an sich abstellen kann und nicht auf die vorhandenen Sichtmöglichkeiten.
 

Im übrigen ist die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von € 200,00 je Werbefläche bei weitem überhöht und hätte für mich als Ersttäter jedenfalls eine - wenn unbedingt eine Strafe verhängt werden muß - eine weitaus geringere Geldstrafe verhängt werden müssen.
 

Im übrigen wird vorsorglich behauptet - die Originalstrafverfügung liegt mir leider nicht mehr vor - wurde ursprünglich nur eine Strafe von € 200,00 verhängt, sodaß eine "Erhöhung" absolut unzulässig ist."

 

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in keinem Punkt der betroffenen Straferkenntnisse eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier zur Klärung der Funktion und der daraus abgeleiteten Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für die hier offenbar im Ortsgebiet - aber weniger als 100 m von der B1 entfernt - angebrachten Werbungen in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den oben genannten Verwaltungsstrafakte der Erstbehörde und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher ein Vertreter der Behörde erster Instanz nach fernmündlicher Entschuldigung nicht teilnahm. Ebenfalls wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des JR als Zeugen.

 

4.1. Unstrittig ist hier, dass die Entfernung dieses wohl als Werbungen im Ortsgebiet von Marchtrenk angebracht zu bezeichnenden Hinweises (siehe unten) zum Fahrbahnrand der B1 weniger als 100 m betrug. Die Örtlichkeit ist dem Oö. Verwaltungssenat aus zahlreichen vergleichbarern Berufungsverfahren mit Bilddokumentationen evident.

Dem Berufungswerber könnte auch darin gefolgt werden, wenn er vermeint, dass sich die gegenständlichen Werbungen zur Gänze im Ortsgebiet von Marchtrenk angebracht fanden und sich damit auf die zwischenzeitig durch die Judikatur des VwGH vorläufig überholte h. Rechtsprechung über den Verbotsumfang des § 84 Abs.2 StVO berufen wollte. Dies kann hier aber auf sich bewenden.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens konnte jedoch eine Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für das Anbringen des im Spruch angeführten Hinweises "www.traumhochzeit........." nicht erwiesen werden. Vielmehr ging aus der Zeugenaussage des in Marchtrenk wohnhaften JR - den Sohn des Berufungswerbers - hervor, dass er die etwa 2,5 m x 2,5 m großen Folien mit der genannten Aufschrift auf einer an der hier genannten Örtlichkeit frei gewordenen "Plakatfläche", in deren Bereich sich noch mehrere derartige Anbringungsvorrichtungen befanden, anbrachte. Da es sich bei diesem Zeugen um den Bruder der Inhaberin des Mietwagengewerbes handelt ist dies durchaus nicht abwegig. Im Gegensatz dazu lässt, sich weder aus der Anzeige noch aus dem Verfahrensakt eine konkret nachvollziehbare Verantwortlichkeit hinsichtlich dieses Tatvorwurfes für den Berufungswerber ableiten.

Laut Mitteilung im Rahmen der Berufungsverhandlung ist nämlich nicht der Berufungswerber, sondern dessen Tochter die Betreiberin eines Mietwagengewerbes welches für Hochzeiten Fahrzeuge anbietet. Auch aus der Anzeige lässt sich nicht nachvollziehen aus welchen Gründen bereits das zur Last gelegte Verhalten dem Berufungswerber zugerechnet wurde. In der Anzeige findet sich lediglich der Hinweis, dass der Berufungswerber diese Werbeeinrichtung (gemeint offenkundig die Trägervorrichtung) errichten habe lassen, nicht jedoch, dass er gleichzeitig auch das Anbringen dieses wohl als Wirtschaftswerbung zu qualifizierenden Hinweises auf eine Homepage bzw. eine Handynummer zu verantworten hätte.

Das dies offenbar nicht der Fall ist, wurde vom Zeugen Jürgen Rappan letztlich unter Hinweis auf die Entschlagungsmöglichkeit und auf seine Wahrheitspflicht als Zeuge dargetan. Für den Oö. Verwaltungssenat ergab sich kein Grund diesem Zeugen nicht zu glauben. Es scheint durchaus naheliegend und demnach auch nachvollziehbar, dass diese Werbung tatsächlich von dem in Marchtrenk wohnhaften Zeugen angebracht wurde. Dahingestellt kann daher bleiben, ob der Berufungswerber allenfalls tatsächlich die Plakatständer anbrachte bzw. hat anbringen lassen. Diese sind jedenfalls nicht vom Schutzziel des § 84 Abs.2 StVO und somit auch nicht von diesem Tatvorwurf umfasst.

Die Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Berufungswerbers vermag letztlich auch dadurch nicht erschüttert werden, wenn dieser in der durch seinen Rechtsvertreter abgegebenen Stellungnahme vom 16.12.2002 das persönliche Anbringen dieser Werbung erklärte. Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte der Rechtsvertreter in nicht widerlegbarer Form, dass diese Darstellung auf ein "Redaktionsversehen" bei der Abfassung der Stellungnahme zurückzuführen wäre. Im Rahmen der Würdigung der Verteidigerpflichten ist eine Nichtbenennung des "wahren Täters" innerhalb der offenen Verfolgungsverjährungsfrist letztlich durchaus als legitim zu sehen. Jedenfalls kann diese nunmehr geänderte Verantwortung bei objektiver Beurteilung nicht die Glaubwürdigkeit des Entlastungszeugen erschüttern.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da hier dem Berufungswerber weder das Tatverhalten (Anbringen) im engeren Sinn noch im Rahmen aus einer Vertretungsbefugnis heraus nachgewiesen werden konnte, war das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Wenn ein Beschuldigter ferner nicht als unmittelbarer "Täter" belangt wird, was hier der Behörde erster Instanz mit der Umschreibung "der Berufungswerber habe es zu verantworten dass ....." offenbar vorgeschwebt sein dürfte, wäre auch dessen Eigenschaft in welcher er "als ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer juristischen Person" zur Verantwortung gezogen wird, im Sinne des § 44a Z1 VStG zu umschreiben gewesen (vgl. unter vielen, VwGH 13.3.1985, 83/03/0296). Somit wäre dieser Tatvorwurf auch mit einem Formmangel behaftet gewesen.

 

5.2. Wenngleich es auf sich bewenden könnte, wird mit Blick auf auch künftig zu erwartende gleichartige Verfahren aus verfahrensökonomischen Überlegungen ausgeführt, dass der in diesem Straferkenntnis von der Behörde erster Instanz zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden könnte.

 

Zur Frage der Kumulation:

Dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung kann ein Kumulationsgebot hinsichtlich der Sichtbarkeit einer bestimmten Werbung [Werbung als eine auf ein Produkt bezogene Präsentation] aus verschiedenen Fahrtrichtungen einer Tatkumulierung unterwerfen zu können, nicht abgeleitet werden. Einer Werbung kann wohl grundsätzlich nur ein auf eine einheitliches Konzept hinauslaufendes Tun zugedacht werden. Es entbehrt auch jeglicher Logik, ein als Plakat gestaltete Werbung durch die beliebige Änderung des Standortes als neues Delikt erblicken zu wollen (vgl. dazu auch zum Begriff des fortgesetzten Deliktes VwGH Slg 7993(A)/71, Slg 9001(A)/76, Slg 9246(A)/77 v. 19.4.1979, 669/78, sowie Erk. des verst.Sen. Slg. 10138(A)/80, sowie Slg 10352/A/80, Zl. 818/80, 861/80, 944/80, 1003/80).

 

Zur Frage der Tatschuld:

Berechtigung käme dem Berufungsvorbringen auch darin zu, dass hier im Licht der bisherigen - den Gegenstand eines Prüfungsantrages beim VfGH Zl. G 177/02-9 bildenden - Rechtsmeinung, wonach Werbungen im Ortsgebiet dem Wortlaut des Gesetzes als Verbot nicht klar ableitbar seinen, das Verschulden des "Täters" in diesem Fall wohl nur als geringfügig bezeichnet werden könnte. Die mit 200 Euro festgesetzten Geldstrafen wären daher insbesondere für einen Ersttäter als bei weitem überhöht zu qualifizieren. Ein wirtschaftlich orientiertes und damit ein an sich gesellschaftspolitisch positives Handeln würde mit einer solchen Geldstrafe in unangemessener Weise pönalisiert. Dabei ist durchaus auf die in diesem Zusammenhang offenkundig divergente Vollzugspraxis hinzuweisen, indem etwa auf der B1 zwischen Marchtrenk und Neubau eine Vielzahl von vergleichbaren Werbungen vorzufinden sind. Ein dadurch bedingtes erhöhtes Unfallaufkommen ist empirisch ebenfalls nicht belegt (vgl. h. Erk. VwSen-107107).

Hinzuweisen ist ferner, dass, wenngleich der Verfassungsgerichtshof den von h. geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verletzung des Analogieverbotes im Strafrecht in Form einer überschießenden Normauslegung nicht folgte, aber dennoch vermeinte "dem einzelnen Rechtsunterworfenen bliebe es unbenommen, nach Erschöpfung des Instanzenzuges beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG zu erheben, sollte er der Ansicht sein, dass die belangte Behörde - allenfalls in Bindung an ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - bei Anwendung des Gesetzes zu einem verfassungswidrigen Ergebnis gelangte."

Wie bereits im Antrag auf Gesetzesprüfung von h. umfangreich durch Bilddokumentationen dargetan, wird auch an dieser Stelle die Problematik aufgezeigt, dass sich Plakatwerbungen in aller Regel unmittelbar im Nahbereich eines Ortsbeginnes (Ortstafel) angebracht finden. Die Entfernung von 100 m von der ins Ortsgebiet führenden Freilandstraße wird damit zwingend unterschritten. Es kann jedenfalls nicht auf einem bestimmten Winkelgrad ankommen, ob eine Werbung hinter oder seitlich einer Ortseinfahrt zu sehen und damit in einem Fall erlaubt und im anderen vom Verbot umfasst ist.

Einmal mehr wird bemerkt, dass die Realität gemäß der nunmehr vorläufig klargestellten Rechtslage - wonach selbst im Ortsgebiet angebrachte Werbungen vom Verbot des § 84 Abs.2 StVO erfasst gelten, wenn diese weniger als 100 m an einer am Ortsgebiet vorbeiführenden Freilandstraße liegen - nicht bezirksweise zu wettbewerbsverzerrenden Istzuständen führen sollte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

Hinweis:

 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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