Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108827/2/Bi/Be

Linz, 05.08.2003

 

 VwSen-108827/2/Bi/Be Linz, am 5. August 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vertreten durch Anwaltskanzlei H und Partner, vom 5. Februar 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 20. Jänner 2003, VerkR96-4056-2002, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:
 
 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.1 Z3 lit.a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 145 Euro (68 Stunden EFS) verhängt, weil er vor dem 24. März 2002, 16.30 Uhr als Zulassungsbesitzer den Kraftwagenzug, einer Person (D C) zum Lenken überlassen habe, obwohl dieser keine gültige Lenkberechtigung besessen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 14,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Tatzeit sei mit der Angabe "vor dem 24.3.2002, 16.30 Uhr" nicht ausreichend konkretisiert. Es sei auch nicht möglich gewesen, bei der Zeugeneinvernahme des Lenkers dabei zu sein und an diesen Fragen zu richten. Die Annahme der Erstinstanz, wonach die Strafbarkeit einer Falschaussage dazu führe, dass die Aussage vor der BPD Villach als widerspruchsfrei und glaubwürdig zu werten sei, sei rechtlich nicht haltbar. Nach der Judikatur des VwGH reiche es aus, dass sich der Beschuldigte davon überzeuge, dass der Lenker über eine Lenkberechtigung verfüge, Einsichtnahme in den Führerschein sei nicht erforderlich. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafmilderung oder -nachsicht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

 

Daraus geht hervor, dass G am 24. März 2002 um 16.30 Uhr den genannten LKW samt Anhängewagen, deren Zulassungsbesitzer der Bw ist, auf der A1 bei km 205.300 im Gemeindegebiet Vorchdorf in Richtung Salzburg lenkte. Bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle stellte der Meldungsleger RI fest, dass der Lenker nur über einen jugoslawischen Führerschein der Gruppen B,C und E, ausgestellt am 3. April 2001, verfügte. Bei der Wohnsitzbehörde des Lenkers, der BPD Villach, wurde laut Anzeige in Erfahrung gebracht, dass dieser sich seit mehreren Jahren in Österreich aufhält und der Führerschein nicht mehr gültig ist.

 

Gegen die seitens der Erstinstanz erlassene Strafverfügung vom 23. April 2002 hat der Bw fristgerecht Einspruch erhoben, in der er ohne nähere Darlegung darauf besteht, der Lenker verfüge sehr wohl über eine gültige Lenkberechtigung.

Laut Zentralem Melderegister ist G seit 30. Mai 2001 in Graz mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Über ein Rechtshilfeersuchen der Erstinstanz wurde der Lenker am 29. Juli 2002 bei der BPD Villach zeugenschaftlich befragt und gab an, er habe mit dem Bw vereinbart, dass er den Hendl-Stand in Villach bei der Fa B übernehme, habe am 12. März 2002 beim Bw angefangen und am 23. Juni 2002 aufgehört. Er habe überall in Österreich und auch in Deutschland für die Firma fahren müssen, um Grillwagen zu transportieren. Der Bw habe ihn nie nach einem Führerschein gefragt und er habe seinen bosnischen Führerschein nie vorgewiesen. Er habe den Bw über seine früheren Arbeitsstellen seit 1989 informiert und ihm die Zeugnisse gezeigt.

 

Der Bw führt in seiner Stellungnahme vom 24. September 2002 aus, er habe bei der Einstellung den Zeugen ausdrücklich nach der Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B und C gefragt. Der Zeuge habe das bejaht und zugesichert, ihm eine Kopie der Lenkberechtigung zur Verfügung zu stellen; er habe trotz mehrerer



Urgenzen seine Lenkberechtigung aber nie nachgewiesen. Er selbst habe nicht gewusst, dass der Zeuge nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfüge.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Gemäß § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG 1967 darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer besitzen.

 

Tatsache ist, dass der angehaltene Lenker am 24. März 2002, 16.30 Uhr, keine in Österreich gültige Lenkberechtigung besaß, wobei er seit 12. März 2002 beim Bw arbeitete.

Der Zeuge hat ausgesagt, der Bw habe ihn nie nach einem Führerschein gefragt und er habe ihm seinen bosnischen Führerschein nie gezeigt.

Selbst wenn es sich bei der Einstellung des Zeugen durch den Bw so ereignet hätte, wie der Bw sagt, dass er nämlich den Zeugen nach seiner Lenkberechtigung befragt habe, dieser seine Berechtigung, Kraftfahrzeuge der Klassen B, C und E zu lenken, bejaht habe, aber - zumindest bis zum Vorfallstag - nicht die angeblich vereinbarte Kopie der "Lenkberechtigung" (gemeint wohl: des Führerscheins) dem Bw übergeben habe, so ist daraus für den Bw nichts gewonnen.

Im Hinblick auf den Tatvorwurf, er habe dem Zeugen das Lenken des Lkw samt Anhängewagen überlassen, obwohl dieser nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen sei, bleibt ihm nur die Möglichkeit, sich den Führerschein im Original vom Lenker zeigen zu lassen, um sich ausreichend vom Vorhandensein einer gültigen Lenkberechtigung zu überzeugen. Die bloße Zusage des Zeugen, über die erforderliche Lenkberechtigung zu verfügen, reicht jedenfalls nicht aus, ebensowenig eine bloße Zusage, er werde eine Kopie des Führerscheins bringen. Dass der Bw jemals den Führerschein des Zeugen gesehen hat, hat er nie behauptet. Sollte jedoch die Vorlage einer Kopie ausgemacht gewesen sein, ist der Schluss naheliegend, dass der Zeuge den Führerschein nicht dabei hatte. Daraus folgt aber, dass der Bw weder dezidiert Einsicht in den Führerschein genommen noch die Vorlage der Kopie abgewartet, sondern den Zeugen als Lenker beschäftigt hat, ohne sich entsprechende konkrete Kenntnis davon verschafft zu haben, dass dieser im Besitz einer in Österreich gültigen Lenkberechtigung ist.

 

Zum Berufungsvorbringen im Hinblick auf die Tatzeit ist darauf zu verweisen, dass sich bei einer Übertretung gemäß §§ 103 Abs.1 Z3 lit.a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Tatzeit und Tatort nach dem "Lenken", dh nach Zeit und Ort der Anhaltung, richten (vgl VwGH v 30. Mai 1997, 97/02/0042, v 20. Mai 2003, 2003/02/0055).



Im gegenständlichen Fall enthält der Schuldvorwurf keinen Tatort und die Tatzeit ist insofern zu weit gefasst, als sich die Zeitspanne "vor 24. März 2002, 16.30 Uhr" auf unendlich lange Zeit vor der Anhaltung erstreckt. Ort und Zeit der Anhaltung wäre als zeitliche und örtliche Tatkonkretisierung insofern ausreichend gewesen, als der Begriff "Überlassen" nicht eine Tätigkeit, sondern einen Zustand beschreibt, bei dem der Beginn zeitlich und örtlich nicht feststellbar und somit jedes Lenken mit dem überlassenen Kraftfahrzeug darunter zu subsumieren ist.

Da aber Zeit und Ort einer Übertretung wesentliche Tatbestandsmerkmale sind, deren Ergänzung oder Abänderung nach Ablauf der Verjährungsfrist zu einer unzulässigen Tatauswechslung führen würde (vgl VwGH v 28. Februar 1997, 95/02/0601; v 20. November 1997, 97/06/0170, ua) - die Anzeige wurde dem Bw nie zur Kenntnis gebracht, sodass diesbezüglich jede Verfolgungshandlung fehlt - war im Grunde des § 45 Abs.1 Z3 VStG mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen. Dabei fallen naturgemäß keine Verfahrenskostenbeiträge an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 
 

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