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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108840/2/Br/Pe

Linz, 26.02.2003

 

 

 VwSen-108840/2/Br/Pe Linz, am 26. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau AP, vertreten durch Herrn Kommerzialrat LD, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Fachgebiet 86,90 und 86,90.01, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Jänner 2003, Zl. VerkR96-4773-2002/Pos, wegen der Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und mit der Aufhebung des angefochtenen

Bescheides das Verfahren in den Stand der Erhebung des Einspruches gegen

die Strafverfügung v. 5.3.2002, Zl. VerkR96-4773-2002, gesetzt.

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 66 Abs.4, § 49 Abs.1 und § 71 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde der Antrag der Rechtsmittelwerberin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 12. Juni 2002 abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es der Berufungswerberin nicht gelungen wäre, Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würden glaubhaft zu machen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die von ihrem ag. Rechtsvertreter gegen diesen Zurückweisungsbescheid fristgerecht erhobne Berufung mit folgendem Inhalt:

"Gemäß § 71 Abs. 1 Ziffer 1 AVG 1991 ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war. die Frist einzuhalten.

 

R e c h t s s a t z:

 

Eine Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Unkenntnis einer Zustellung ist dann zu bewilligen. wenn es dem Antragsteller glaubhaft zu machen gelingt, daß vor Kenntnisnahme die vom, Zustellorgan ordnungsgemäß angebrachten Benachrichtigungen durch dritte Personen entfernt worden sind.

 

Die Gesetzesstelle, wie im letzten Absatz zitiert, ist auf die betreffende Person AP anzuwenden, sowie auch der im § 17 Abs. 1 Niederschlag findende Grund, daß der Zusteller Grund 7,ur Annahme haben musste, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 1 regelmäßig, an der Abgabenstelle aufhält. Auch dieser Umstand muß dem Zusteller bekannt gewesen sein, daß die Beschuldigte, AP, Fernfahrerin ist und wochenlang nicht am Zustellort war und hätte er aus diesem Grunde schon das Schriftstück nicht durch Hinterlegung ausweisen dürfen, sondern vielmehr in Kenntnis der Situation dieses an die Behörde mit dem Vermerk, daß die Empfängerin nicht regelmäßig an der Abgabenstelle ist, zurückweisen müssen.

Die Behörde würdigt die eidesstattliche Erklärung der Postbevollmächtigten, Frau MS, als Annahme einer Schlußfolgerung und schmettert damit die Glaubhaftmachung insofern zu unrecht ab, da offensichtlich nicht die Postbevollmächtigte die Benachrichtigung verloren hat, sondern eben eine dritte unbekannte Person diese entfernt haben muß, da die Postbevollmächtigte angibt, keine Hinterlegungsanzeige verloren zu haben bzw. niemals eine erhalten hat, dies deshalb schon, da sie laufend für Frau AP die Poststücke behoben hat.

Es handelt sich demnach nicht um eine Annahme oder Schlußfolgerung, sondern um ein Faktum, daß eine Postnachricht bzw. Hinterlegungsanzeige niemals vorhanden war, oder aber von einer unbekannten dritten Person entfernt wurde, wodurch wiederum das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis ZI.0705/63 vom 28. 02. 1964 greift.

 

ANTRAG:
 
Es ergeht sohin der Antrag, der Berufung vollinhaltlich Folge zu geben, den Bescheid vom 16. 01. 2003 aufgrund falscher rechtlicher Würdigung dahingehend abzuändern, daß dem Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 71 Abs. 1 Folge gegeben wird.
 
AP KR LD"

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und fernmündliche Erhebungen beim Postamt Asten zum Zustellvorgang da sich daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die vorliegende Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet, sowie ein entsprechender Antrag von den Parteien nicht gestellt wurde, konnte gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Über den vorliegenden Rechtsmittelantrag hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 71 Abs.1 Z1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall bringt die Antragstellerin vor, dass sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit als Fernfahrerin zum Zeitpunkt dieser hier verfahrensgegenständlichen Zustellung laut unzweifelhafter Aktenlage nicht persönlich an der Abgabestelle ortsanwesend war. Deren Briefkasten wurde jedoch von einer hierfür von der Berufungswerberin ermächtigten Person offenbar regelmäßig geleert. Dies ergibt sich aus der beigebrachten "Eidesstattlichen Erklärung" an deren Richtigkeit es keine objektiven Gründe für Zweifel gibt.

Dies wurde letztlich auch durch eine Rückfrage beim Postamt Asten bestätigt, wonach die am 12.3.2002 - hier verfahrensgegenständlichen - Rsa-Sendung jedoch nicht behoben worden sei und laut Mitteilung der Post an die Behörde rückgesendet wurde (AV v. 26.2.2003); im Akt findet sich jedoch die angeblich rückgeleitete Sendung nicht. Sehr wohl sei das Postfach jedoch regelmäßig geleert worden. Da hier davon auszugehen ist, dass die Sendung aus der Sicht des Zustellers, der keinen Grund zur Annahme hatte, dass die Abgabestelle von der Berufungswerberin regelmäßig benützt würde, sehr wohl zu hinterlegen war, die Berufungswerberin jedoch nachweislich nicht ortsanwesend war, kann ihr - ungeachtet der nicht mehr klärbaren Frage einer überhaupt bewirkten Zustellung - jedenfalls hinsichtlich der nicht fristgerechten Erhebung des Einspruches ein Verschulden nicht unterstellt werden (vgl. z.B. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Wien 1996, 680).

Von der Strafverfügung hat sie glaubhaft erst durch eine Mahnung des Strafvollzuges der Behörde erster Instanz am 3. Juni 2002 erfahren. Der Wiedereinsetzungsantrag verbunden mit einem Einspruch, wurde folglich durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht am 12. Juni 2002 gestellt.

4.3. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Die Partei hat gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG Umstände glaubhaft zu machen, dass sie an der Verfristung kein oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

Auf Grund des hier darliegenden Vorbringens ist davon auszugehen, dass die Verfristung nicht von der Partei bzw. ihren Vertretern schuldhaft verursacht wurde. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung kommt somit Berechtigung zu.

Gemäß § 24 VStG ist § 71 AVG betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Gemäß dieser Bestimmung (Abs.1 Z1) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Hinweis der Behörde erster Instanz, die Berufungswerberin habe hier ihr fehlendes Verschulden an der Fristversäumnis nicht glaubhaft gemacht, geht hier ins Leere bzw. könnte mit der auf ein Erkenntnis des VwGH vom 28.2.1964, Zl 0705/1963, zu stützen versuchten Begründung einem Betroffenen auch wohl kaum gelingen. Dem entgegen steht die gesetzliche Intention dieses Rechtsinstitutes (vgl. HAUER/LEUKAUF, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 673, Rz 17b mwN). Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch, dass es primäres Ziel der Rechtsordnung zu sein hat, zumindest im Zweifel einer Sachentscheidung zum Durchbruch zu verhelfen und über zu formalistische Auslegungspraxis des Verfahrensrechtes eine Sachentscheidung zu unterbinden.

Da hier von einer rechtswirksamen Zustellung auszugehen war - ob dies auch tatsächlich der Fall war, konnte im Wege der Post nicht abschließend geklärt werden - traf hier die Berufungswerberin an der Verfristung des Einspruches jedoch offenkundig kein Verschulden, da ihr wegen der selbst von der Behörde erster Instanz nicht in Frage gestellten Ortsabwesenheit, die Sendung nachweislich nicht zukam, sodass hier - ausgehend von einer bewirkten Zustellung - zumindest die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als einziges Mittel zu einer Sachentscheidung zu gewähren war.

 

Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben. Das Verfahren wird daher nunmehr als ordentliches Verfahren von der Behörde erster Instanz fortzuführen sein.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 
 

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