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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108844/23/Br/Pe

Linz, 24.03.2003

 

 

 VwSen-108844/23/Br/Pe Linz, am 24. März 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau MP, vertreten durch Dr. TG, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Jänner 2003, Zl.: VerkR96-4728-2002/Fa, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 18. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird im Punkt 1.) bis 3.) Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Im Punkt 4.) wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass zum Zeitpunkt des Lenkens von einem Grad der Alkoholbeeinträchtigung von weniger als 0,6 mg/l jedoch mehr als 0,4 mg/l (§ 5 Abs.1 StVO 1960) auszugehen ist und demnach in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides als Strafnorm § 99 Abs.1b StVO zur Anwendung gelangt. Die Geldstrafe wird auf 700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Tage ermäßigt.
  2.  

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

     

  3. Im Punkt 4.) ermäßigen sich demnach die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 70 Euro; im übrigen entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 und § 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat über die Berufungswerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis vier Geldstrafen (2 x 150 Euro, 1 x 77 Euro und 1 x 1.163 Euro) und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen (2 x 4 Tage, 2 Tage und 20 Tage) verhängt wobei wider sie folgende Tatvorwürfe erhoben wurden:

"Sie haben am 15.02.2002 um ca. 11.20 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden, Ortsgebiet Haid, auf dem "Billa" Parkplatz sowie auf Schulstraße bis zu Ihrer Wohnung das Kraftfahrzeug, PKW Kz. gelenkt, wobei sie

1. nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten haben,

2. es unterlassen haben, nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie unmittelbar nach Verursachen des Verkehrsunfalls den Unfallort verlassen haben,

3. es unterlassen haben, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist,

4. sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden (Alkoholsierungsgrad 0,94 mg/l)."

 

2. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses tätigte die Behörde erster Instanz folgende Erwägungen:

"1. zum Vorwurf gemäß § 4 STVO:
 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort anhält.
 

Das sofortige Anhalten nach einem Verkehrsunfall hat den Zweck, dass der Lenker, nachdem er sich von dem Ausmaß des Verkehrsunfalls überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesonders nach § 4 Abs.1 lit.b und c, Abs.2 und 5 StVO trifft. Steht ein Fahrzeuglenker mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang, ist er verpflichtet, sein Fahrzeug sofort anzuhalten, auch wenn bei dem Verkehrsunfall nur sein Fahrzeug beschädigt wurde (vgl. VwGH 17.06.1992, 91/03/0286). Im gegenständlichen Fall sind Sie den geforderten gesetzlichen Maßnahmen in keinster Weise nachgekommen.
 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang steht, es unterlässt, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er unmittelbar nach einem Verkehrsunfall den Unfallort verlässt und somit den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatgeschehens nicht gewährleistet und gemäß § 4 Abs.5 1. Satz StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Sicherheitsdienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist.
 

Die Mitwirkungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 lit.c StVO besteht dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatgeschehens kommt oder zu kommen hat. (vgl. VwGH vom 23.01.1991, 90/02/0165). Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Identitätsnachweis entfällt und eine Verständigungspflicht gemäß § 4 Abs.5 StVO gegeben ist. Sowohl Ihren Rechtfertigungsangaben als auch den Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass nicht einmal der Versuch gemacht wurde, den Verkehrsunfall bei einer Sicherheitsbehörde zu melden.
 

Ihr PKW war gegenüber dein PKW des Geschädigten geparkt. Die Zeugin P hat Ihren PKW mit dem Kennzeichen als Unfallfahrzeug identifiziert. Aus der Aussage des Herrn D geht hervor, dass Sie ihm gegenüber einige Tage später zugegeben haben, den Unfall verursacht zu haben. In Anbetracht dieses Sachverhaltes erübrigt sich die Beischaffung eines Sachverständigengutachtens, da es als erwiesen anzusehen ist, dass Sie am PKW des Geschädigten angefahren sind. Auch wenn bei Ihrem Fahrzeug kein Schaden entstanden ist, entbindet Sie das noch lange nicht von den obzit. Pflichten des § 4 Straßenverkehrsordnung, da bei dem anderen PKW ein Schaden eingetreten ist.
 

2. zum Vorwurf des § 5 Abs.1 StVO:
 

Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Ansfelden wurde der Unfall am 15.02.2002 um ca. 11.20 Uhr verursacht. Um 11.36 Uhr wurden Sie von den Beamten aufgefordert, einen Alkotest abzulegen. Der Alkoholisierungsgrad betrug in der Folge 0,94 mg/l. Es ist unmöglich in einem so kurzen Zeitraum zwischen dem Fahrtende bzw. der Ankunft in der Wohnung und der Aufforderung zum Alkotest durch Alkoholkonsum einen Wert von unter 0,25 mg/l auf 0.94 mg/l zu erreichen. Es ist erwiesen, dass Sie das Fahrzeug in einem sehr stark alkoholisierten Zustand gelenkt haben müssen.
 

Ihre Rechtfertigungsaussagen sind daher allenfalls als Schutzbehauptungen zu werten. Die Wahrnehmungen in der Anzeige und die der Beamten sind schlüssig und nachvollziehbar. Die Einvernahme der von Ihnen beantragten Zeugin ist hinfällig, da die Behörde ihrer Verpflichtung, alle relevanten Beweismittel aufzunehmen, nachgekommen ist.
 

Aufgrund der Zeugeneinvernahme und des sonstigen oben angeführten Sachverhaltes ist es als erwiesen anzusehen, dass Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen haben. Hiesige Behörde sieht auch keinerlei Veranlassung, weder an den nachvollziehbaren Aussage des unter Diensteid stehenden Gendarmeriebeamten, den anderen Zeugenaussagen noch an den in der Anzeige ausführlich angeführten Sachverhalt zu zweifeln, umso mehr Sie keine konkreten ihrer Unschuld dienlichen Beweise vorgebracht haben.
 

Aus vorstehenden Gründen war daher wie eingangs im Spruch angeführt zu entscheiden.
 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO ist mit einer Geldstrafe von 1.162,00 Euro bis 5.814,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.
 

Gemäß § 99 Abs. 2 lit.a StVO ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwider handelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.
 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO ist mit einer Geldstrafe von bis zu 720 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer sich in anderer als in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 StVO verstößt, insbesondere die Herbeiholung von Hilfe nicht ermöglicht den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

Bezüglich Ihrer für die Strafzumessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging die hiesige Behörde von den Ihnen genanten Werten aus: (Einkommen: ca. 1000 Euro, Vermögen: keines, Sorgepflichten: ein behindertes Kind)

 

Bei der Strafbemessung wurde auf die Gefährlichkeit der Verhältnisse Bedacht genommen (Alkoholdelikt beim Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges).

 
Strafmildernd war kein Umstand zu werten, straferschwerend war ebenfalls kein Umstand zu werten."

 

2.1. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt wie folgt:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt die Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 23.01.2003, zugestellt am 29.01.2003 durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist die
 

BERUFUNG
 

an den unabhängigen Verwaltungssenat.
 

Vorbezeichnetes Straferkenntnis wird seinem gesamten verurteilenden Inhalte nach angefochten. Es wird daher beantragt werden in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben (aufzuheben) und das Verfahren einzustellen, allenfalls das Straferkenntnis aufzuheben und nach Beweisergänzung das Verfahren einzustellen.
 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und es wird dazu Folgendes ausgeführt:
 

Vorerst ist zum "Werdegang" dieses Verfahrens Folgendes festzuhalten: Nach Wahrnehmung eines Termins am 05.06.2002 vor der BH Linz-Land wurde mit Stellungnahme vom 25.06.2002 der Standpunkt der Beschuldigten dargelegt. Es wurden in der Folge am 26.07.2002 MA, am 06.08.2002 DW und am 19.09.2002 MP und PD einvernommen. Eine Einholung der bereits in der Stellungnahme vom 25.06.2002 beantragten Beweise unterblieben. Am 25.09.2002 wurde der Beschuldigten Gelegenheit gegeben, das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen. Nach vorgenommener Akteinsichtnahme am 24.10.2002 wurde in einer neuerlichen Stellungnahme wiederum darauf hingewiesen, dass auf Grund einer offensichtlich einseitigen Betrachtungsweise heraus die von der Beschuldigten beantragten Beweisaufnahmen noch immer nicht durchgeführt wurden. Nach mehr als 3 Monate ohne erkennbare behördliche Tätigkeit wurde schließlich das bekämpfte Straferkenntnis vom 23.01.2003 erlassen, das als sachverhaltsmäßige Grundlage lediglich die angeführten Einvernahmen, nicht jedoch weitere von der Beschuldigten zur Einholung beantragte Beweisergebnisse aufweist.
 

Es müssen keinesfalls rechtsstaatliche Grundprinzipien bemüht werden um klarzustellen. dass eine Vorgangsweise, wie sie gegenständlichenfalls gepflogen wurde, unvereinbar ist mit der Rechtsposition, die jeden Beschuldigten zusteht. Die Behörde kann nicht aus einer einseitigen Betrachtungsweise heraus die Aufnahme von "Entlastungsbeweisen" ablehnen. Wenn, wie im Fall, das Thema "Unfall" eine zentrale Rolle spielt, so ist die Behörde verpflichtet die angebotenen, zugänglichen und möglichen Beweismittel dazu aufzunehmen. Dies umsomehr als allein ein objektives Beweismittel in Form eines KFZ-SV-Gutachtens biete Klarheit zu verschaffen, ob im gegenständlichen Fall tatsächlich ein "Unfall" ist. Wenn die BH Linz-Land die Bedenken, die gegen den Eintritt eines Unfalles nicht in der Lage ist erkennen und würdigen zu können (es wurde in den Stellungnahmen mehrfach angesprochen, dass es sich auch bei laienmäßiger Betrachtung ein Schade, wie er am Fahrzeug D entstanden sein soll, nicht mit einem Anfahren durch den Beschuldigten-PKW erklären lässt). So wäre jedenfalls die BH jedenfalls verpflichtet gewesen, mangels eigener Beurteilungsmöglichkeit und Fachkenntnis sich eines Sachverständigen zu bedienen, noch dazu, wenn dieser Weg deutlich gewiesen wurde. Festzuhalten ist, dass sich am Beschuldigtenfahrzeug minimale Kratzspuren in einer Höhe von 60 cm fanden. Am PKW Opel des D fand sich eine starke Eindellung, wobei die Schadensoberkante auf einer Höhe von 40 cm lag. Es muss nicht besonders betont werden, dass minimale Kratzspuren sich im Laufe der Zeit auf jeder Stelle der Lackoberfläche befinden, ohne dass dies ein Zeichen eines Anfahrens wäre. Mangels eines korrespondierenden Schadensbildes kann die Beschädigung am PKW Dunzendorfer nicht von einem Anfahren des PKW der Beschuldigten stammen.
 

Die Behörde ist nicht berechtigt sich über Beweisanträge einfach hinwegzusetzen. Wie aufgezeigt wäre genug Zeit zur Verfügung gestanden, um die beantragten Beweise aufzunehmen. Mit einer Zeugenaussage in Bezug auf das hier interessierende Thema ist nichts gewonnen, da der subjektive Eindruck, den jemand gewinnt, einer objektiven Rekonstruktion niemals standhält. Dies ist auch der Grund dafür, dass annähernd 100 % der Verkehrsunfälle, die gerichtlicherseits beurteilt werden, nur nach Beiziehung eines KFZ-SV entschieden werden. Auch die Gerichte lehnen eine Beurteilung nach Zeugenaussagen, die sie als subjektive Darstellungen und Eindrücke wiedergeben, als verlässliche ausreichende Entscheidungsgrundlage ab. Allein die BH Linz-Land vermeint offensichtlich diesen Gegebenheiten, dass Zeugenaussagen, auch wenn sie vom Bemühen einer richtigen Aussage getragen sind, stets eine gewissen Skepsis in Bezug auf die objektive Wahrheit entgegenzubringen ist, hinwegsetzen zu können. Im gegenständlichen Fall hätte eine sehr einfache kurze und zeitlich nicht aufwendige Stellungnahme eines Sachverständigen die geforderte Klarheit bringen können und müssen. Es hätte sich durch diese gutachterliche Stellungnahme eines Sachverständigen, die beantragt war und ist, erwiesen, dass es zu keiner Beschädigung des Fahrzeuges D gekommen ist. Damit entfällt das Vorliegen eines Unfalls und sind sämtliche mit diesem "Verkehrsunfall" verbundenen Überlegungen der Behörde völlig unerheblich, da die Prämisse von der sie ausgehen nicht existiert!
 

Wenn in einem Fall wie diesen nicht nur andeutungsweise Hinweise bestehen, dass sich ein Geschehen anders als etwa durch Zeugenaussagen geschildert ereignet hat, sondern vielmehr als eindeutige Anzeichen vorliegen, dass die Zeugenaussagen, die eine Beschädigung des PKW D darstellen, nicht zutreffen können, so führt dies durchaus zur Frage, wie sich eine Behörde ohne Verletzung elementarer Rechte eines Beschuldigten in der Weise, wie gegenständlich vorgegangen, verhalten kann. Die Nichteinholung eines KFZ-SV-Gutachtens ist als grober Verstoß von bestehenden Verpflichtungen einen Sachverhalt in jeder Richtung zu erheben zu werten. Keinesfalls darf eine einseitige Betrachtungsweise dazu Anlass geben vorgreifend zu werten und Beweismittel willkürlich auszuwählen. Der gegenständliche Fall zeigt deutlich auf, zu welchem falschen Ergebnis man gelangt, wenn man sich nur an bestimmte Kriterien orientiert und keine umfassende Beweis- und Sachverhaltserhebung durchführt. Das Ablehnen eines Beweisantrages kann nur unter bestimmten Voraussetzungen als gerechtfertigt angesehen werden. Wenn derart erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit einer zeugenschaftlichen Darstellung bestehen, muss die Möglichkeit durch ein objektives Beweismittel, welches ein SV-Gutachten darstellt, wahrgenommen werden. Bezeichnend ist, dass sich die Behörde etwa nicht veranlasst sah, den PKW-Besitzer D danach zu befragen, ob er vor dem gegenständlichen Vorfall allenfalls bereits einen Unfall hatte, bei dem die an der Stoßstange erkennbare Eindellung entstanden ist. Dass die durch ein Anfahren des Beschuldigten-PKW nicht entstanden sein soll ergibt sich aus den Erhebungen der Gendarmerie. Um eine Klärung, in welcher Weise (mit welchem Fahrzeugteil) sich der Vorfall ereignet haben soll, ist es der Behörde nicht gegangen. Hier reicht es aus entsprechend den Schilderungen der Zeugen, die in Wahrheit keinesfalls das Entstehen eines Schadens dokumentieren (dies wird als Schlussfolgerung in Bezug auf die vorgefundene Eindellung lediglich angenommen) vom Vorliegen eines Unfalles auszugehen. Dies ist allerdings unrichtig und führt dazu, dass die damit im Zusammenhang der Beschuldigten gegenüber erhobenen Vorwürfe nicht berechtigt sind (Punkte 1 - 3 des Straferkenntnisses).
 

Der gegenständliche Fall wirft die Frage auf, weshalb es nicht zur Einholung eines Gutachtens gekommen ist. Zeitliche Gründe können nicht dafür sprechen, andere sind ebenso wenig erkennbar. Selbst wenn die Behörde in vorgreifender Beweiswürdigung der Ansicht gewesen wäre, man könne unter Heranziehung der Zeugenaussagen (die exakt betrachtet nicht bestätigen, dass ein "Unfall" sich ereignet hat) zu Grunde legen, es sei von einem Unfall auszugehen, so hätte nichts gegen eine Bestätigung dieser Ansicht (im Sinne der Behörde) gesprochen. So ergibt sich allerdings ein Bild, dass die Beschuldigte in ihren Rechten beschnitten wurde, welche Vorgangsweise wohl als unhaltbar und unzulässig (in Bezug auf die gebotenen verfahrensrechtlichen Verpflichtungen der Behörde) bezeichnet werden muss. Da im gegenständlichen Fall gerade durch eine Zeugenaussage (die Zeugen Parzer gibt lediglich einen dumpfen Anstoß an, ohne dass ihrer Aussage entnommen werden kann, dass sie eine Beschädigung selbst wahrgenommen hätte) nichts zu gewinnen war, musste auf ein objektives Beweismittel zurückgegriffen werden. Dies umsomehr als bereits die Anzeige deutliche Bedenken gegen das Entstehen eines Schadens herbeigeführt von der Beschuldigten hervorrief. Selbst wenn die Aussage D richtig wäre, dass die Beschuldigte von einem Unfall gesprochen hat, so bedeutet dies immer noch keinen Nachweis, dass sich ein solcher auch ereignet hat und gibt der Behörde nicht das Recht sich über Beweisanträge hinwegzusetzen. Zusammengefasst ergibt sich daher, dass der Sachverhalt, wie er von der Behörde angenommen wurde, unrichtig ist und jedenfalls unvollständig festgestellt wurde. Er wird insoweit bekämpft, als von einem "Unfall", den die Beschuldigte herbeigeführt haben soll, ausgegangen wird. Als Ergebnis eines mangelfreien Beweisverfahrens hätte sich nämlich ergeben, dass die Beschuldigte keinen Unfall im Sinne der StVO herbeigeführt hat, weshalb sämtliche hier im Zusammenhang mit einem Unfall gemachte Vorwürfe nicht zu Recht bestehen.
 

Es wird daher nochmals beantragt, das KFZ-SV-Gutachten zum angesprochenen Beweisthema einzuholen.
 

Auch zum weiteren Vorwurf (4.) des Straferkenntnisses gilt das oben Ausgeführte sinngemäß. Durch die unterbliebene Einvernahme der Zeugin Sr (richtig: S) zum Beweis des Alkoholkonsums nach dem "Unfall" ist wiederum ein Recht der Beschuldigten auf umfassende Sachverhaltsfeststellung verletzt worden. Hätte man die Zeugin S einvernommen, so hätte sich ergeben, dass unter Bedachtnahme auf die Angaben der Beschuldigten sie zum Unfallszeitpunkt jedenfalls keine im verwaltungsstrafrechtlichen Rahmen maßgebliche Alkoholbeeinträchtigung aufwies. Tatsächlich lag zum angeblichen Vorfallszeitpunkt auch keine strafrechtlich relevante Alkoholisierung vor. Diesbezüglich hätte nach Einvernahme der Zeugin eine entsprechende Nachrechnung ergeben dieses Ergebnis gebracht.
 

Es bleibt daher auch dieser Beweisantrag aufrecht.
 

Aus den dargelegten Gründen ist das Erkenntnis der BH Linz-Land verfehlt.
 
Die Beschuldigte stellt durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter folgende
 

BERUFUNGSANTRÄGE:

 
Der unabhängige Verwaltungssenat wolle in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Straferkenntnis beheben (aufheben) und das Verfahren einstellen, allenfalls das Straferkenntnis aufheben und nach Beweisergänzung das Verfahren einstellen.
 
WELS, AM 12.02.2003 Dr. G/Sa

MP"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt nach Übermittlung der Berufung durch den Oö. Verwaltungssenat den Verfahrensakt ohne eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen vorgelegt.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und des im Rahmen des Entzuges der Lenkberechtigung ergangenen Berufungsbescheides des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, vom 7. Februar 2003, Zl: VerkR-394.690/1-2003-Vie/Hu. Ferner wurde Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen GrInsp. W, MP, PD, ES und der Berufungswerberin als Beschuldigte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.3.2003. Eingeholt wurde ferner eine Stellungnahme von der Abteilung Verkehrstechnik, Dipl.-Ing. H, zur Frage der Zurechenbarkeit des am zweitbeteiligten Fahrzeug festgestellten Schadens, sowie eine Überprüfung der vorerst von hier angestellten Berechnung des spezifischen Alkoholgehaltes, der im Rahmen der Berufungsverhandlung glaubhaft gemachten Nachtrunkmenge, durch die medizinische Amtsachverständige der Sanitätsdirektion, Dr. SH.

Hinsichtlich des ergänzend erhobenen Beweisergebnisses, welches den Parteien mit der Abschrift des Verhandlungsprotokolls zugeleitet wurde, ist den Parteien Gelegenheit zu einer Schlussäußerung eröffnet worden, worauf die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter am 24. März 2003 Stellung nahm. Die Behörde erster Instanz verzichtete auf eine Stellungnahme zum ergänzenden Beweisergebnis (AV v. 24.3.2003, 14.10 Uhr).

 

4. Da jeweils keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier trotz eines diesbezüglich nicht gesondert gestellten Antrages in Wahrung der sich aus Art. 6 der MRK ergebenden Rechte auf ein faires Verfahren geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

5. Die 29-jährige Berufungswerberin verfügt über ein Monatseinkommen zwischen 750 und 800 Euro. Sie ist für ein behindertes Kind sorgepflichtig und besitzt kein nennenswertes Vermögen.

Sie wurde am 15.2.2002 zwischen 08.30 und 09.00 Uhr von ihrer Freundin ES, welche auf Einkaufsfahrt in Haid war, besucht. Aus einem bestimmten Anlass wurde im Verlauf des Vormittags eine Flasche Sekt geöffnet und vorerst daraus von der Zeugin S ein Glas und von der Berufungswerberin zwei Gläser getrunken. Es dürfte gegen 10.30 Uhr gewesen sein, als die Zeugin S, so wie sie dies täglich um diese Zeit zu tun pflegt, als sie ihren mitgeführten Hund "äußerln führte". Dies benutzt die Berufungswerberin für eine kurze Einkaufsfahrt zu dem etwa 150 m entfernt gelegenen Billa-Markt. Weil sie in ihrem Fahrzeug der Marke Citroen Berlingo Altglas zur Entsorgung geladen hatte, benützte sie das Auto für diesen kurzen Weg.

Etwa um 11.00 Uhr dürfte es beim Ausparken des Fahrzeuges der Berufungswerberin zu einem geringfügigen Fahrzeugkontakt mit dem dort ebenfalls abgestellten Fahrzeug des Zeugen D gekommen sein. Zu diesem Zeitpunkt befand sich im zuletzt genannten Fahrzeug Frau MP. Diese nahm eine Erschütterung wahr und versuchte der sich entfernenden Berufungswerberin - welche sie als Lenkerin nicht identifizieren konnte - nachzulaufen und notierte sich in der Folge noch das Kennzeichen. Da die Berufungswerberin die Fahrt nach Hause fortsetzte und offenbar den Fahrzeugkontakt nicht bemerkte, verständigte Frau P eine zufällig auf dem Billa-Parkplatz verweilende Funkstreifebesatzung der Autobahngendarmerie Haid. Von diesen Beamten wurde über Funk der zuständige Gendarmerieposten Ansfelden verständigt. Auch von dieser Gendarmeriedienststelle war eine Funkstreifebesatzung (GrInsp. W und Insp. A) in der Nähe unterwegs, sodass sie kurze Zeit später am Billa-Parkplatz zur Unfallaufnahme eintraf. Die exakten Einsatzzeiten konnten mangels Aufzeichnungen auf den Gendarmeriedienststellen Haid und Ansfelden im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht eruiert werden.

Am Fahrzeug von D wurde in der Folge in einer Höhe von 40 cm eine starke Eindellung der Stoßstange festgestellt, welche in weiterer Folge als von der Berufungswerberin verursacht erachtet wurde. An deren Fahrzeug wurden später "minimale Kratzspuren" in einer Höhe von 60 cm festgestellt.

Im Wege des EKIS wurde über das Kennzeichen folglich der Sohn der Berufungswerberin als Fahrzeughalter ausgeforscht. Im Anschluss daran begab sich GrInsp. W mit Insp. A zur Wohnung der Berufungswerberin, welche dort alleine in einem sichtlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand angetroffen wurde.

Die Zeitdauer von der Rückkehr der Berufungswerberin in deren Wohnung nach dem Vorfall am Billa-Parkplatz ist mit etwa einer halben Stunde anzunehmen. Dies ergibt sich einerseits aus der Darstellung der Zeugin S, welche zu diesem Zeitpunkt bereits wieder vom Spaziergang mit ihrem Hund zurück war und an der Haustür wartete. S gab an sich allenfalls noch eine halbe Stunde bei ihrer Freundin aufgehalten zu haben ehe sie noch vor Eintreffen der Gendarmerie in der Wohnung ihrer Freundin nach Hause fuhr. Während dieser Zeit wurde wiederum von der vorher geöffneten Sektflasche getrunken, wobei die Zeugin nach der Rückkehr in die Wohnung noch ein Glas konsumierte und der Rest von der Berufungswerberin konsumiert worden sein dürfte.

Als erster gesicherter Zeitpunkt ergibt sich jener der Atemluftuntersuchung beginnend mit 11.54 Uhr.

Geht man nun davon aus, dass vom Eintreffen der Gendarmeriebeamten in der Wohnung der Berufungswerberin bis zur Verbringung der Berufungswerberin auf den nahegelegenen Gendarmerieposten realistisch besehen zumindest zehn Minuten zu veranschlagen sind, lässt sich daraus durchaus ableiten, dass der Berufungswerberin zumindest eine halbe Stunde nach der Rückkehr von der Einkaufsfahrt als Spanne für einen Nachtrunk vom Rest des Flascheninhaltes - abzüglich von den zwei Gläsern von S und zwei Gläsern der Berufungswerberin vor der Einkaufsfahrt - verblieben. Diese Annahme ist schon dadurch logisch, weil vorerst die Funkstreifenbesatzung von GrInsp. W und Insp. A nach dem Eintreffen am Billa-Parkplatz den Sachverhalt festzustellen und im Anschluss daran noch die EKIS-Anfrage durchzuführen hatten, ehe sich die Gendarmeriebeamten zum Wohnort der Berufungswerberin begeben konnten. Dort war zwischenzeitig die Zeugin S bereits nicht mehr anwesend. Im Rahmen der Berufungsverhandlung vermochte der Zeuge GrInsp. W nicht darzutun, dass die bereits in der Anzeige durch "ca." bezeichneten Zeitangaben auf Aufzeichnungen und nicht tatsächlich auf bloßen Schätzungen beruhten. Daher ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Berufungswerberin bis zum Eintreffen der Gendarmeriebeamten (Meldungsleger) zumindest eine halbe Stunde in der Wohnung war und tatsächlich die bis zur Hälfte geleerte Sektflasche zu Ende trinken konnte. Die Angaben der Berufungswerberin zum Zeitablauf entsprechen jedenfalls mehr den Denkgesetzen als die vagen und nicht näher dokumentierten Zeitangaben in der Anzeige.

 

5.1. In diesem Punkt waren die Angaben des Zeugen GrInsp. W nur wenig aufschlussreich und vor allem nicht dokumentiert. Vielmehr scheinen die Zeitangaben eher nur auf Schätzungen zu beruhen. Diese Schlussfolgerung lässt sich insbesondere aus der Aussage der Zeugin Insp. A - welche an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teilnehmen konnte - vor der Behörde erster Instanz ableiten, wonach sie nach dem Eintreffen am Billa-Parkplatz vom Geschädigten und seiner Freundin (D und P) informiert worden wäre, dass "kurze Zeit vorher" der Vorfall stattgefunden hätte. Diese Zeitumschreibung ist ein relativer Begriff!

Schon bei logischer Beurteilung des Ablaufes, der neben der durchaus mehrere Minuten in Anspruch nehmenden Amtshandlung vor Ort, insbesondere noch von einer EKIS-Anfrage umfasst war, lässt hier durchaus einen früheren Unfallszeitpunkt als wahrscheinlich annehmen, sodass die Angaben der Zeugin S und zumindest die Nachtrunkverantwortung der Berufungswerberin durchaus realistisch scheinen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Anzeige wegen des Verkehrsunfalls erst am 8. März 2002 gelegt wurde und auch dort die Unfallszeit mit "ca. 11.20 Uhr" vermerkt ist, was zum Schluss zwingt, dass hier offenbar von Anfang an genaue Zeiten nicht verfügbar waren. Woraus sich die Annahme des Abstellens des KFZ der Berufungswerberin um 11.10 Uhr ergibt, ist nicht nachvollziehbar. Dies widerspricht der Darstellung von S über die Dauer des Ausganges mit deren Hund.

 

5.1.1. Wenngleich hier durchaus nicht übersehen wird, dass die Trinkverantwortung der Berufungswerberin nicht gänzlich nachvollziehbar ist, zumal mit bloß zwei Gläsern Sekt bei der Berufungswerberin auch nicht die unter Berücksichtigung der Nachtrunkbehauptung verbleibende Alkoholkonzentration erklärbar ist, kann dies jedoch nicht zu einer Beweiswürdigung führen, die den behaupteten Nachtrunk als solchen zu Gänze ignoriert.

Unstrittig ist auch, dass die Berufungswerberin über den Nachtrunk vorerst keine Erwähnung machte, sondern dies erst telefonisch gegenüber Insp. A nach der Amtshandlung getan haben will, was wiederum in der Anzeige nicht vermerkt wurde. Auch dies ist jedoch kein zwingender Beweis dafür, dass ein Nachtrunk etwa nicht stattgefunden hat. Als Grund könnte dafür insbesondere die anzunehmende starke Anflutungswirkung von Sekt auf nüchternen Magen sein. Laut der unter Berücksichtigung des Körpergewichtes der Berufungswerberin mit damals 78 kg erfolgten Rückrechnung einer Nachtrunkmenge von einer halben 0,7 Liter-Flasche-Sekt (Volumsprozent lt. Tabelle Herbich und Meinhart 13,5% bei der Marke Schlumberger) hatte bei der Berufungswerberin einen maximalen Blutalkohol von 0,7 mg/l zur Folge. Laut Rückfrage bei der Landessanitätsdirektion muss zumindest im Zweifel selbst schon nach einer Zeitdauer von 20 Minuten nach dem Konsum dieser Alkoholmenge auf nüchternen Magen von einer vollständigen Resorption ausgegangen werden. Dies bedeutet im Endergebnis und im Zweifel zu Gunsten der Beschuldigten, dass der an ihrer Person gemessene Atemluftwert um diesen Faktor zu reduzieren ist. Daraus folgt unter Annahme eines Verhältnisses BAW und AAG 2:1, dass von 0,94 mg/l 0,35 mg/l in Abzug zu bringen sind, somit als Beweisergebnis nur gesichert gelten kann, dass der Atemluftalkohol der Berufungswerberin zum Zeitpunkt der Fahrt - wenn auch nur knapp - aber dennoch unter 0,6 mg/l lag.

Hinsichtlich des Fahrzeugschadens konnte ebenfalls der Annahme des Zeugen GrInsp. W, welcher den Stoßstangenschaden am Fahrzeug des D der Berufungswerberin zuzurechnen können glaubte, nicht gefolgt werden. Dies wurde klar durch die gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. H, Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung widerlegt, wenn der SV ausführt, dass dieser Schaden angesichts der bei weitem nicht korrespondierenden Höhen und der Art nicht vom Fahrzeug der Berufungswerberin - an deren Fahrzeug im Ergebnis kein Schaden feststellbar war - nicht herrühren kann.

Selbst aus laienhafter Betrachtung ist dies nur unschwer begreiflich. Demnach kann hier trotz des Umstandes, dass es wohl zu einer geringfügigen Berührung gekommen sein muss, von ein Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht ausgegangen werden. Die Zeugin P konnte sich anlässlich der Berufungsverhandlung lediglich an einen "Taucher", aber erstaunlicher Weise an kein Geräusch erinnern. Nur sehr ungenau vermochte die Zeugin dabei auch den Bewegungsablauf des ausparkenden Fahrzeuges zu schildern.

Auch die Feststellungen in der Berufungsentscheidung im Führerscheinentzugsverfahren beschränken sich ausschließlich auf den Hinweis auf die Meldungsleger und die daraus gezogene Schlussfolgerung (Würdigung) durch die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Straferkenntnis. Das Vorbringen der Berufungswerberin - insbesondere hinsichtlich der Verfahrensrelevantz einer Anhörung der Zeugin S - konnte offenbar angesichts des unmittelbaren Bevorstehens des Ablaufes der Entzugszeit zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses keine Berücksichtigung mehr finden.

Das Beweisverfahren blieb somit in entscheidungswesentlichen Bereichen mangelhaft was seitens der Berufungswerberin zu Recht gerügt wurde.

 

5.2. Im Ergebnis lässt sich daher schlussfolgern, das der Aussage der Zeugin S im Hinblick auf die Trinkschilderung der Berufungswerberin durchaus Glaubwürdigkeit zuzumessen ist. Die Zeugin trat überzeugend und glaubwürdig auf, wobei in keiner Phase der Befragung der Eindruck entstand, dass sie mit ihrer Aussage die Berufungswerberin (ihrer Freundin) auf Kosten der Wahrheit begünstigt hätte. Wenngleich hier nach über einem Jahr die Angaben mit jener der Berufungswerberin nicht gänzlich übereinstimmten - etwa, dass die Flasche vor der Einkaufsfahrt in den Kühlschrank gestellt worden wäre, was die Zeugin nicht bestätigte - tut dies der Glaubwürdigkeit keinen Abbruch; im Gegenteil kann darin die Bestätigung einer nicht stattgefundenen Verabredung erblickt werden. Jedenfalls lässt sich die Verantwortung sowohl mit der Aussage der Zeugin als auch mit der zeitlichen Ablaufschronologie gut in Einklang bringen. Dies trotz der nicht zu übersehenden Tatsache, dass die Angaben der Berufungswerberin im Rahmen der Berufungsverhandlung von jenen gegenüber den einschreitenden Beamten und vor der Behörde erster Instanz abwichen.

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Nach § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder

Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Voraussetzung für die Erfüllung der Tatbestände iSd § 4 Abs.1 lit. a und § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes genügt es, wenn ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit "eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden" zu erkennen vermocht hätte. Es reicht wohl die Schuldform der Fahrlässigkeit - für das Erkennen müssen eines VU mit Sachschaden aus (VwGH 11.9.1979, ZfVB 1980/4/1233). Da hier nachweislich von der Herbeiführung eines Sachschadens nicht gesprochen werden kann ist diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren in den im Spruch angeführten Bestimmungen des § 4 StVO nach § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

 

6.1.1. Aus verfahrensökonomischen Erwägungen sei an dieser Stelle erwähnt, dass ein Verstoß im Sinne des § 4 Abs.5 StVO 1960 hier wohl keinesfalls erblickbar gewesen wäre. Allein im Umstand, dass hier die Berufungswerberin den Unfallort verließ - weil sie offenkundig den allenfalls ganz geringfügigen Anstoß tatsächlich nicht bemerkte - wobei sie jedoch schon kurze Zeit später bereits von der Gendarmerie aufgegriffen wurde, ließe sich somit der Vorwurf, "die nächste Gendarmeriedienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt zu haben", wohl nicht stützen (vgl. unter vielen VwGH 19.9.1984, 83/03/0358, ZVR 1985/72). Ein derart Meldepflichtiger kann ja nicht dadurch schlechter gestellt werden, weil zufällig die Gendarmerie bereits innerhalb dieser mit "unnötigen Aufschub definierten Frist" den Betroffenen noch vor seiner Meldung schon mit dem Sachverhalt konfrontiert. Man darf doch nicht gleichsam unterstellen die Meldung innerhalb dieser Frist wäre sowieso unterblieben. Wenngleich es diese Bestimmung streng auszulegen gilt, liegt der Zweck dieser Bestimmung darin, die für die Schadensregulierung erforderlichen Daten mit möglichst wenig Aufwand, sowie der Vermeidung eines unnötigen behördlichen Aufwandes zur Verfügung zu bringen.

6.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der Oö. Verwaltungssenat auch hinsichtlich des Tatvorwurfes der Alkoholisierung zur Auffassung, dass hier von einer wesentlich geringeren Alkoholisierung zum Lenkzeitpunkt auszugehen ist. Im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

An dieser Stelle ist auf Art. 129 B-VG hinzuweisen, wonach die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und der Verwaltungsgerichtshof in Wien "zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen (hoheitlichen) Verwaltung" berufen sind. Maßstab dieser Tätigkeit ist die Gesetzmäßigkeit in materiellem Sinn (Hinweis auf VfSlg. 7000).

 

6.3. Der § 5 Abs.1 StVO 1960 lautet: "Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt."

Nach § 99 1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 581 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Da nunmehr von einem anderen strafsatzbegründenden, jedoch im oberen Bereich liegenden Alkoholisierungsgrad auszugehen ist, erscheint nunmehr eine den gesetzlichen Mindeststrafsatz von 581 Euro (bis 3.633 Euro) um ca. 120 Euro und die Mindestersatzfreiheitsstrafe um drei Tage übersteigende Ersatzfreiheitsstrafe mit Blick auf das eher unterdurchschnittlich anzunehmende Einkommen, insbesondere unter Bedachtnahme auf die schwerwiegenderen Sorgpflichten für ein behindertes Kind tatschuldangemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe konnte mit Blick darauf im Verhältnis zur Geldstrafe geringfügig höher bemessen werden. Die Verhängung der Mindeststrafe konnte jedoch angesichts des im obersten Grenzbereiches iSd Tatbestandes des § 99 Abs.1b StVO liegenden Beeinträchtigung nicht in Betracht gezogen werden.

Abschließend sei festgestellt, dass hier die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig wäre. Mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nicht in Betracht. Ebenso wenig ist hier im anzunehmenden Wissen um eine mögliche Alkoholbeeinträchtigung von keinem geringen Verschuldensgrades und ebenfalls bei Lenken im alkoholisiertem Zustand von keinen bloß unbedeutenden Tatfolgen auszugehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

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