Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108861/2/Fra/Ka

Linz, 08.01.2004

 

 

 VwSen-108861/2/Fra/Ka Linz, am 8. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn Ing. RB, vertreten durch die Damen und Herren Rechtsanwälte Dr. K gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.2.2003, Zl. S-1028/03 VS1, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 872 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herabgesetzt wird.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, ds 87,20 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.400 Euro (EFS 2 Wochen) verhängt, weil er am 20.12.2002 um 22.40 Uhr in 4600 Wels, Linzer Straße, Höhe Haus Nr., in östlicher Richtung den PKW, Kz: , in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,61 mg/l festgestellt werden konnte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung.

 

Der Bw bringt vor, es sei richtig, dass er am 20.12.2002 im Zeitraum von 21.30 Uhr bis 22.30 Uhr drei Seidel Bier konsumiert habe, also Alkohol in einem Ausmaß, welches nicht annähernd geeignet sei, einen Atemalkoholgehalt von 0,61 mg/l zu bewirken. Zu berücksichtigen sei auch die Tatsache, dass zwischen Trinkende und Atemalkoholuntersuchung ca. 60 Minuten verstrichen sind.

 

Der Bw verweist begründend auf Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenates aus dem Jahre 2002, wonach von einem messtechnisch abgesicherten Ergebnis innerhalb der Verkehrsfehlergrenze von +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l auszugehen ist. Ein Wert von 0,61 mg/l AAG sei im gegenständlichen Fall deshalb nicht anzusetzen, weil bei Zulassung des in casu verwendeten Messgerätes der Marke Dräger 7110 gemäß Punkt 7.1. lit.a die Eichfehlergrenze für den Messbereich 0 mg/l bis 2 mg/l +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l beträgt. Der Bw verweist weiters auf ein Urteil des VG München, Zl. M6bK 00.3083, und auf das darin zitierte Gutachten von Prof. Dr. JW "Die beweissichere Atemluftprobe", veröffentlicht in DAR 1/2000. Im zitierten Urteil des VG München werde im Ergebnis die Konvertierbarkeit einer Atemluftalkoholkonzentration auf die Blutalkoholkonzentration verneint. Nach den im genannten Urteil bezogenen wissenschaftlichen Untersuchungen seien Schwankungen zwischen 0,740 zu 1 bis 3,290 zu 1 nachgewiesen worden. In der deutschen Judikatur werde beim Alkomaten vereinzelt die Grenzwertsicherheit in Frage gestellt und weitgehend als nicht ausreichendes Beweismittel für eine richterliche Überzeugungsbildung erachtet. Weil gemäß der deutschen Rechtslage die Fahrunfähigkeit auf den BAK gestützt wird, müsse wegen der fehlenden Konvertierbarkeit eine formelhafte Umrechnung einer Atemalkoholkonzentration auf eine Blutalkoholkonzentration im Rahmen der Beweiswürdigung ausscheiden. Vor diesem Hintergrund erscheine es jedoch zwingend, den Verkehrsfehler eines Alkomaten im Rahmen der Beweiswürdigung zugunsten des Bw zu berücksichtigen, womit aber bei sachlicher Betrachtung die Messtauglichkeit als solche nicht in Frage gestellt wird. Die fehlende Konvertierbarkeit eines AAK-Wertes zu einem BAK-Wert führe aber zwingend zum Ergebnis, dass ein sogenannter Gegenbeweis (Freibeweis) durch eine Blutabnahme wegen der oben genannten möglichen Abweichungen sachlich nicht haltbar ist. Im zitierten Verfahren gelangte auch das BEV zur Auffassung, dass eine Umrechnung von Atemalkoholmesswerten in eine Blutalkoholkonzentration "weder nötig noch zulässig" wäre und auch nach den internationalen Gepflogenheiten unüblich sei. Damit komme aber im Lichte des oben Gesagten der Frage der Verkehrsfehlergrenze eine besondere Bedeutung auf der Beweisebene zu. Diesbezüglich verweist der Bw auch auf die Stellungnahme des BEV an den Vorsitzenden des UVS Salzburg im Verfahren UVS-3/11.480/6-2000 vom 19.7.2000. Darin wird zur Frage der Verkehrsfehlergrenze die Auffassung vertreten, wonach bei einem bestimmten Testergebnis dieses um 0,02 mg/l sowohl nach oben als auch nach unten abweichen könne. Daraus folge für den gegenständlichen Fall, dass hier bei beiden Messungen (0,61 mg/l) das tatsächliche Ergebnis (gerundet) 0,58 mg/l lauten könne. Somit könne im vorliegenden Fall lediglich eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,58 mg/l als erwiesen gelten. Der Bw kommt unter Hinweis auf obige Ausführungen zum Ergebnis, dass nach Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Eich- und Verkehrsfehlergrenzen vom strafsatzbegründenden Alkoholisierungsgrad gemäß § 99 Abs.1 lit.b (gemeint wohl: § 99 Abs.1b) auszugehen ist, sodass mit dem gesetzlichen Mindeststrafsatz von 581 Euro das Auslangen gefunden werden könne. Für den Fall, dass der Oö. Verwaltungssenat die "No-Tolerance-These" vertrete, beantragt der Bw eine Geldstrafe von 872 Euro. Dies unter Hinweis darauf, dass die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen existieren und sein Einkommen als unterdurchschnittlich zu bezeichnen sei. Der Bw stellt sohin abschließend den Antrag, seiner Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der erstinstanzliche Tatvorwurf bei unverändertem Text im Atemalkoholgehalt auf 0,58 mg/l geändert und die Geldstrafe ermäßigt werde, in eventu der Berufung mit der Maßgabe Folge zu geben, dass die Geldstrafe auf 872 Euro ermäßigt wird.

 

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der Bw in Widersprüche verwickelt, wenn er ausführt, am 20.12.2002 im Zeitraum von 21.30 Uhr bis 22.30 Uhr lediglich drei Seidel Bier konsumiert zu haben, also Alkohol in einem Ausmaß, welches nicht annähernd geeignet sei, einen Atemalkoholgehalt von 0,61 mg/l zu bewirken und er andererseits einen Atemluftalkoholgehalt von 0,58 mg/l zugesteht. Der Bw behauptet weiters, dass der oa. Alkoholgehalt schon deshalb nicht bewirkt werden hätte können, weil zwischen Trinkende und Atemalkoholuntersuchung ca. 60 Minuten verstrichen sind. Da der Bw zwischen Anhaltezeitpunkt und Messzeitpunkt keinen Alkohol konsumiert hat, muss naturgemäß aufgrund der Resorption der Alkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt höher gewesen sein. Auch insofern ist die Argumentation des Bw unschlüssig.

 

Den weiteren vom Bw relevierten Problem ist entgegenzuhalten, dass diesbezüglich eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Im Erkenntnis vom 6.11.2002, Zl. 2002/2/0125 verweist der Verwaltungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung insoferne, als "die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemluftalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen nicht vorgesehen ist"; "vielmehr kommt es auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an" (vgl. z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 14.11.1997, VwSlg.Nr. 14779/A) und "das Ergebnis einer Atemluft nur durch die Einholung eines Gutachtens über einen Blutalkoholgehalt entkräftet werden kann" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 21.12.2001, Zl. 99/02/0097). Der VwGH sah trotz der diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin (Anmerkung: diese decken sich inhaltlich im Wesentlichen mit der hier vom Bw relevierten Problematik) keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Der Oö. Verwaltungssenat schließt sich der im oa Erkenntnis des VwGH vertretenen Auffassung an. Dies hat zur Folge, dass der beim Bw festgestellte Atemluftalkoholgehalt von 0,61 mg/l beweiskräftig ist, zumal der Bw das Ergebnis der Atemluftuntersuchung nicht durch Vorlage eines Gutachtens über den Blutalkoholgehalt entkräftet hat.

 

Die Berufung war daher hinsichtlich der Schuld als unbegründet abzuweisen.

 

I.5. Strafbemessung:

 

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 10 Tagen bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Mangels Angaben des Bw hat die belangte Behörde seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wie folgt geschätzt: Kein relevantes Vermögen, keine Sorgepflichten, monatliches Nettoeinkommen von 1.000 Euro. Mangels Widerspruch legt auch der Oö. Verwaltungssenat diese Verhältnisse der Strafbemessung zugrunde. Zutreffend führt der Bw aus, dass die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Erschwerende Gründe liegen nicht vor. Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand fällt besonders positiv ins Gewicht. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der gesetzliche Grenzwert lediglich um 0,01 mg/l AAK überschritten wurde.

 

Unter Bedachtnahme auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen sowie der weiteren oben aufgezeigten Umstände ist somit die gesetzliche Mindeststrafe als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen. Die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe in Höhe von 1.400 Euro ist im Grunde des § 19 VStG als überhöht anzusehen, trägt sie doch dem Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit sowie den weiteren aufgezeigten Kriterien nicht ausreichend Rechnung.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
 
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

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