Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108873/8/Br/Pe

Linz, 02.04.2003

 

 

 VwSen-108873/8/Br/Pe Linz, am 2. April 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn LP, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 25. Februar 2003, Zl.: VerkR96-3617-2001/Br, wegen Übertretung nach § 18 Abs.3 StVO 1960, nach der am 2. April 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 11 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 18 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Nichteinbringungsfall zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 16.10.2001 um 08.30 Uhr in Linz auf der Dauphinstraße bei der Kreuzung mit der Hochwangerstraße als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen beim Herannahen an eine Querstraße hinter einer Reihe anhaltender Fahrzeuge auf demselben Fahrstreifen verbotenerweise so angehalten, dass der Verkehr auf der Querstraße behindert wurde.

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Anzeige eines Polizeibeamten, welcher diese Wahrnehmung unmittelbar machte und im Rahmen des Beweisverfahrens dies zeugenschaftlich und unter Beifügung einer Skizze bestätigte.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch erhobenen Berufung. Im Ergebnis führt er darin aus sich hinsichtlich des ihm zur Last gelegten Verhaltens nicht schuldig zu fühlen. Er sei in nicht vorhersehbarer Weise und verkehrsbedingt am Linksabbiegen zur Tankstelle gehindert worden. Ebenfalls vermeint der Berufungswerber seine Position in der vom Meldungsleger angefertigten Skizze zu weit hinten eingezeichnet zu finden. Abschließend beantragt er die Durchführung einer Beweisaufnahme vor Ort und die Vernehmung seines damaligen Beifahrers als Zeugen.

 

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro liegenden Geldstrafe in Wahrung der nach Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Beigeschafft wurde ferner ein Luftbild aus dem System Doris. Der Berufungswerber legte anlässlich der Berufungsverhandlung zahlreiche Fotos von der Vorfallsörtlichkeit vor, welche diese in jeder Richtung hin anschaulicht darstellt. Der Berufungswerber wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung als Beschuldigter einvernommen.

Der Meldungsleger konnte als Zeuge an der Berufungsverhandlung aus dienstlichen Gründen nicht teilnehmen. Ihm ging die bereits am 12. März 2003 zugestellte Ladung aus nicht erklärten Gründen erst am 31. März zu.

 

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit den oben bezeichneten Lkw auf der Dauphinstraße in Richtung Wiener Straße. Auf Höhe der von Links in die Dauphinstraße einmündenden Hochwangerstraße öffnet sich ca. 45 m vor der Wienerstraße der Kreuzungstrichter auf sechs Fahrspuren (lt. Bild: zwei Rechts- und eine Linksabbiegespur aus der Dauphinstraße in die Wienerstraße und zwei Spuren in die Gegenrichtung der Dauphinstraße). In der Annäherungsrichtung zur Wienerstraße ist die Sicht in die Hochwangerstraße durch den bis ca sieben Meter

an die Dauphinstraße heranreichenden Gebäudeblock sehr eingeschränkt.

Dem Berufungswerber kann daher in seiner im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgetragenen Verantwortung durchaus gefolgt werden, wenn er unter Vorlage des umfassenden und sehr

illustrativen Bildmaterials erklärte, dass sein etwa fünfzehn bis zwanzig Sekunden währendes verkehrsbedingtes Anhalten im Einmündungsbereich der Hochwangerstraße für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei.

Dies lässt sich aus dem vom Berufungswerber vorgelegten Bildmaterial anschaulich nachvollziehen. Dieser wollte nach links zur Tankstelle zufahren. Dabei musste er etwa bis auf Höhe des ersten Linksabbiegepfeils auf dem dort drei Fahrspuren aufweisenden Straßenzug vorfahren. In dieser Phase war, wohl wegen der vorspringenden Gebäudekante, die untergeordnete Querstraße ("Zone 30 km/h" sowie mit einem Fahrverbot für Motorfahrräder von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr, ausgenommen Anrainer) wahrnehmbar. Die Fahrzeuge auf der Wienerstraße hatten "Grün". Als dieser Straßenzug in der hier auf Grund des anzunehmenden starken Verkehrsaufkommens wohl im hohen Ausmaß für den vorbereiteten Abbiegevorgang gebundenen Aufmerksamkeit letztlich objektiv erkennbar wurde, war für den Berufungswerber die Position zum Linksabbiegen bereits erreicht, sodass er objektiv besehen überhaupt keine Möglichkeit mehr hatte die kurzzeitige Blockierung des genannten Straßenzuges zu vermeiden. Eine Anhaltenotwendigkeit ergab sich ferner nicht nur wegen der ampelbedingt anhaltenden Vorderfahrzeuge zum Berufungswerber, sondern, wie das obige Bild iSd Verantwortung anschaulich erkennen lässt, wohl auch wegen des von der Wienerstraße in die Dauphinstraße abbiegenden Gegenverkehrs. Somit war dem Berufungswerber in seiner Verantwortung zumindest dahingehend zu folgen, dass ihm an der hier vom Meldungsleger erblickten Blockierung der Kreuzung ein schuldhaftes Fehlverhalten nicht zur Last fällt. Wohl jeder Fahrzeuglenker könnte in diese Situation gekommen sein, ohne dass daraus eine substanzierbare Schuld abgeleitet werden könnte, wenngleich hier auf den ersten Blick der Tatbestand des § 18 Abs.3 StVO durchaus hervorleuchten mag.

Angesichts der hier im Rahmen der Berufungsverhandlung in gut nachvollziehbarer Weise getroffene Sachverhaltsdarstellung konnte letztlich eine neuerliche Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zur Anhörung des entschuldigt an dieser Verhandlung ferngebliebenen Meldungslegers unterbleiben. Seine Angaben bleiben im Ergebnis vom Berufungswerber weitgehend unbestritten, sehr wohl jedoch kam hier der subjektiven Schilderung des Vorfalls verfahrensentscheidende Bedeutung zu.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 18 Abs. 3 StVO 1960 haben die Lenker von Fahrzeugen, wenn auf demselben Fahrstreifen die Lenker hintereinanderfahrender Fahrzeuge anhalten und die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße zurückreicht, ihre Fahrzeuge so anzuhalten, dass der Verkehr auf der Querstraße nicht behindert wird.

Bei Auslegung der genannten Gesetzesbestimmung ist primär von der dieser Vorschrift zugrundliegenden Zielsetzung auszugehen, wonach es eine Behinderung des Querverkehrs durch anhaltende Fahrzeuge zu verhindern gilt. Diese Bestimmung verpflichtet wohl einen sich einer Kreuzung nähernden Fahrzeuglenker, sich schon vor Erreichen der Kreuzung davon zu vergewissern, dass er diese zur Gänze überqueren können werde, m.a.W. dass ein allfälliges Anhalten erst nach Verlassen der Kreuzung mit der gesamten Fahrzeuglänge (samt Anhänger) erfolgen werde (vgl. VwGH 3.10.1990, 90/02/0055). Dieses Gebot wird jedoch nur dann verletzt, wenn diese Möglichkeit im Vorhinein erkennbar ist bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar sein müsste (siehe Grubmann, Kommentar zur StVO, Seite 289, Z9, mit Hinweis auf OGH 13.2.1979, 2 Ob 244/78 und ZVR 1980/58).

Hier wird unter sinnvollem Verständnis für im Straßenverkehr nicht vorhersehbare Konstellationen - eine solche scheint hier in nachvollziehbarer Weise vorgelegen zu haben - auf die Erkennbarkeit eines Rückstaus hingewiesen. An das Gebot zur Einhaltung dieser Schutzvorschrift jedoch darf kein zu einer Erfolgshaftung führender Maßstab angelegt werden.

Vielmehr ist schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, war spruchgemäß zu entscheiden (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum