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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108881/2/Br/Pe

Linz, 17.03.2003

 

 

 VwSen-108881/2/Br/Pe Linz, am 17. März 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn SR, vertreten durch Dr. Gernot Kusatz, Rechtsanwalt, Ringstraße 2, 4600 Wels, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Februar 2003, VerkR96-5508-2002/Her, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und im Nichteinbringungsfall zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

 

"Sie haben als Zulassungsbesitzer den Pkw vor dem 1.8.2002 um 16.30 Uhr im Gemeindegebiet von Thalheim bei Wels auf der öffentlichen Gemeindestraße - Zufahrt zur Jägermühlestraße 1 abgestellt, wobei am Fenster der Fahrertür eine Box mit Visitenkarten mit der Aufschrift "Limousinenvermietung www.traum-hochzeit.com 0676/610 19 46" zur freien Entnahme angebracht war, und dadurch diese Straße zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs benützt, obwohl Sie dafür keine behördliche Bewilligung hatten."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der gegenständliche Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige des GP Thalheim bei Wels vom 1.8.2002, GZ 904/1/2002 PET, den beiden dieser Anzeige angeschlossenen Lichtbildern sowie dem durchgeführten Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen.

 

Mit Schreiben der BH Wels-Land vom 9.9.2002 wurde der Zulassungsbesitzer (und spätere Beschuldigte) aufgefordert,der Behörde bekanntzugeben, wer zuletzt vor dem 1. 8.2002 das Fahrzeug an der im Spruch näher bezeichneten Örtlichkeit abgestellt hat. Daraufhin hat der Zulassungsbesitzer bekanntgegeben, dass das Fahrzeug von ihm selbst dort abgestellt worden war. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.9.2002 wurde dem Zulassungsbesitzer nunmehr die Möglichkeit gegeben, sich zu dem im Spruch näher bezeichneten Vorwurf der Verwaltungsübertretung zu äußern. Der Beschuldigte rechtfertigte sich insoferne, dass das Fahrzeug nicht auf einer öffentlichen Straße abgestellt worden war, sondern auf dem privaten Grund, der zum Restaurant Delphi gehört. Dafür hätte er die Erlaubnis des Grundeigentümers eingeholt. Im übrigen verwies der Beschuldigte auf eine bereits am 24.9.2002 anlässlich der Lenkerauskunft erteilte Rechtfertigung, wonach er am Tag der Anzeigeerstattung im Zuge eines Besuchs des do. Restaurants Delphi das Fahrzeug, welches offenbar zu knapp im Kurvenbereich gestanden hatte, etwas zurückgeschoben hätte.

 

Der im Zuge des Ermittlungsverfahrens zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger gab anlässlich seiner Befragung an, dass das Fahrzeug mit den linken Rädern auf der Fahrbahn gestanden sei, was auch deutlich auf den Lichtbildern erkennbar sei. Über einen Zeitraum von etwa 2 Wochen war das Fahrzeug an der im Spruch angeführten Örtlichkeit abgestellt gewesen. Ob in diesem Zeitraum das Fahrzeug von jemandem gelenkt worden war, könne nicht gesagt werden. An der Fensterscheibe der Fahrertür war eine Kartenbox angebracht, aus welcher Visitenkarten entnommen werden konnten. Diese Box war offenbar zum Zwecke von Anbahnung von geschäftlichen Verbindungen angebracht. Weiters wurde mitgeteilt, dass auch der Anrainer bereits einen Zettel auf das Auto gehängt hatte, wo er den Beschuldigten sinngemäß ersuchte, das Fahrzeug vom Tatort zu entfernen.

 

Eine ebenfalls durchgeführte zeugenschaftliche Befragung des Grundstücksbesitzers bestätigt den auf dem Foto ersichtlichen Sachverhalt. Allerdings wird Fahrzeug als Corvette bezeichnet Nachdem dem Beschuldigten die Ergebnisse der Zeugenbefragungen zur Kenntnis gebracht worden waren, verwies dieser auf den offenbaren Widerspruch des Grundstücksbesitzers, am Tatort sei ein Pkw Corvette abgestellt gewesen. Außerdem sei der Beschuldigte Stammgast im do. Restaurant Delphi und somit könnte die Behauptung, das Fahrzeug sei durchgehend 2 Wochen am Tatort gestanden, jederzeit widerlegt werden, im übrigen könnte auch der Meldungsleger dies nicht mit Sicherheit wissen. Abschließend wurde beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Die Bezirksbauptmannschaft Wels-Land hat hiezu Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich.

 

Grundsätzlich ist durch die Anzeige, den der Anzeige beiliegenden Lichtbildern und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen, dass der Beschuldigte als Besitzer des Pkws mit dem Kennzeichen diesen an der im Spruch angeführten Örtlichkeit abgestellt hat. Auf den Lichtbildern ist weiters zu erkennen, dass das Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt war. Ebenso ist eindeutig die Visitenkarten-Box zu erkennen, die so angebracht war, dass jedermann jederzeit eine Visitenkarte entnehmen konnte.

 

Nach Angabe des Beschuldigten hat dieser das Fahrzeug selbst dort abgestellt, seiner Aussage zufolge sei er zu diesem Zeitpunkt Besucher des naheliegenden Restaurants Delphi gewesen. Hiezu wird festgestellt, dass grundsätzlich als üblich erscheint, dass ein Restaurantbesucher den zu dem entsprechenden Lokal gehörenden angrenzenden Parkplatz benützt. Auf dem Lichtbild ist nicht erkennbar, dass an diesem Dienstag, 1.8.2002, der do. Parkplatz samt gesamter Zufahrtsstraße bereits vollgeparkt war, wie dies ansonsten oftmals der Fall ist.

 

Der Meldungsleger hat weiters über einen Zeitraum von etwa 14 Tagen im Zuge seiner ständigen Außendiensttätigkeit das Fahrzeug am Tatort wahrgenommen, wenn auch nicht mit Sicherheit bestätigt werden kann, dass das Fahrzeug in diesem Zeitraum nicht bewegt wurde, so erhärtet dies doch den begründeten Verdacht, dass das Fahrzeug zu Werbezwecken am Tatort abgestellt wurde. Die dafür erforderliche behördliche Bewilligung liegt nicht vor, auch wurde eine derartige Bewilligung vom Beschuldigten nie beantragt oder das Vorliegen einer solchen vom Beschuldigten behauptet.

 

Die Aussagen des Beschuldigten, welcher sich im Strafverfahren in jeder für ihn günstigen Richtung verantworten kann, ohne etwaige strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, werden insgesamt als reine Schutzbehauptung qualifiziert. Demgegenüber sind die Anzeigen des Beschuldigten glaubwürdig und schlüssig, unterstützt durch die der Anzeige beiliegenden Lichtbilder.

 

Amtsbekannt ist weiters, dass der Beschuldigte die beiden Pkws Corvette und CadiIlac im Rahmen des Unternehmens "www.traumhochzeit.com" vermietet und zahlreiche Werbungen an Straßen angebracht hat. Somit erscheint es schlüssig, dass auch im gegenständlichen Fall ein Werbezweck beabsichtigt war.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Für die Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 VStG beachtet.

Strafmildernd bzw. straferschwerend war kein Umstand zu werten.

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe erscheint notwendig, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Übertretung dieser Norm abzuhalten und besitzt insbesondere auch generalpräventive Wirkung.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle."

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

"In der oben bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Wels Land vom 20.Februar 2003, welches am 25.2.03 meinem Anwalt, Dr.GK zugestellt wurde, nachstehende

BERUFUNG:

Das gegenständliche Strafverfahren wird in seinem gesamten Umfang angefochten.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde ich verurteilt, jedenfalls am 1.8.2002 um 16.30 Uhr im Gemeindegebiet von Thalheim bei Wels auf der öffentlichen Gemeindestraße- Zufahrt zum Restaurant Delphi, Jägermühlstraße 1, meinen PKW als Zulassungsbesitzer, Kennzeichen abgestellt zu haben, wobei am Fenster der Fahrertür eine Box in der Visitenkarten mit der Aufschrift "Limousinenvermietung www.traum-hochzeit.com 0676/6101946" angebracht zu haben und dadurch diese Straße zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs benützt zu haben, ohne dafür im Besitz einer behördlichen Bewilligung zu sein.

 

Die diesbezügliche Bestrafung ist jedoch zu Unrecht erfolgt.

Wie im Sachverhalt bereits festgestellt wurde, habe ich mein Fahrzeug wie bei jedem Besuch meines Stammrestaurantes auch am 1.8.02 besucht und mein Fahrzeug an der inkriminierten Stelle abgestellt, weil es bei einem Fahrzeug mit einer Länge von 7.5 Metern nicht einfach ist, auf dem etwas weiter unterhalb liegenden Parkplatz umzudrehen oder einzuparken, zumal der Parkplatz ziemlich ausgelastet ist und die Fahrzeuge von den Restaurantbesuchern kreuz und quer geparkt werden.

 

Daher war es für mich naheliegend, mein Fahrzeug so abzustellen, dass ein gefahrloses Ausparken jederzeit gewährleistet ist und ich nicht von anderen Parkplatzbenützern am Wegfahren behindert werde.

 

In meiner Rechtfertigung vom 30.9.02 habe ich angegeben, das Fahrzeug auf privatem Grund abgestellt zu haben, weil ich der Meinung war, dass das nördlich an das Restaurant angrenzende Feld auch im Besitz des Restaurants sei. Die ehemalige Gemeindestraße wird seit der Eröffnung der Osttangente als Sackgasse geführt und dient daher nur mehr der Aus- und Einfahrt für die Anrainer.

 

Es ist durchaus möglich, dass mein Fahrzeug mit den linken Rädern etwas in die ehemalige Gemeindestraße hineingeragt hat und zu nahe im Kurvenbereich stand, weshalb ich auch sofort nach dem Anruf des Anzeigers (Gendarmeriebeamter) aus dem Lokal herauskam und das Fahrzeug zurückschob. Der Grund für das Einschreiten des Gendarmeriebeamten war ja offenbar der Anruf eines Anrainers weil ihn das Fahrzeug dort im Kurvenbereich gestört haben mag.

 

Dies teilte der Anrainer auch mit einem Zettel mit, den er an der Windschutzscheibe meines Fahrzeuges angebracht hatte.

 

Nachdem ich sofort mein Fahrzeug aus dem Kurvenbereich entfernt hatte und dies dem Gendarmeriebeamten telefonisch mitgeteilt hatte, meinte dieser, dass er eine Anzeige wegen der am Fahrzeug angebrachten Visitkartenbox erstatten werde.

 

Zu der nun von der Behörde festgestellten und von mir bekämpften Verwaltungsübertretung gem. § 82 Abs. 1 StVO 1960 und § 99 Abs.3. lit.j StVO 1960 halte ich fest:

 

Der Tatbestand der Übertretung nach § 82 Abs. 1 StVO (Bewilligungspflicht) ist dann erfüllt, wenn Straßen zu z.B. Werbezwecken benützt werden oder Tätigkeiten geeignet sein müssen, um Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen beeinträchtigen könnten und dafür keine Bewilligung vorliegt.

 

Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine Box mit Visitenkarten (Größe 5x8cm) geeignet ist, solche Menschenansammlungen herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Straßenbenützer zu beeinträchtigen. Die Fahrzeugbenützer müssten schon von der Hauptstraße (Osttangente) in die Gemeindestraße einbiegen um an das Fahrzeug zu gelangen. Von vorbeifahrenden Fahrzeugen aus der Sicht der Hauptstraße ist diese Box überhaupt nicht zu erkennen.

 

Im Übrigen stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt, dass es nicht strafbar sein kann, wenn ich mit einer Visitkartenbox am Fenster, oder mit einer Beschriftung am Fahrzeug unterwegs bin, ohne Gefahr zu laufen, gegen die Bewilligungspflicht gem § 82 Abs.1 StVO zu verstoßen. Das Fahrzeug stand außerdem auf einem privaten Grundstück. Wenn es mit den beiden linken Rädern etwa 10 cm in die Fahrbahn ragte, kann nicht davon gesprochen werden, dass das Fahrzeug auf einer öffentlichen Straße abgestellt war. Das Fahrzeug war daher nicht auf einer öffentlichen Straße abgestellt und ist daher auch keine Bewilligung gem. § 82 Abs. 1 StVO erforderlich.

 

Auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.3 lit.j wie im Straferkenntnis zur Last gelegt, liegt nicht vor. Die Erstbehörde dachte wohl an lit.d. Da es sich aber um keine Straße handelt, sondern um ein Feld, auf dem das Fahrzeug abgestellt war, ist auch ein Verstoß nach § 99 Abs.3 lit.d nicht möglich.

 

Selbst wenn man diese Umstände negiert, ist mein Verhalten jedenfalls an der untersten Grenze der Strafbarkeit angesiedelt, sodaß hier für den Fall einer Verurteilung in jedem Fall mit einer Ermahnung in Sinne des VStG noch vorgegangen werden hätte können.

 

Insbesondere liegen keinerlei spezial- und generalpräventive Gründe vor, die eine Ermahnung ausschließen würden, weil die Schuld meines Verhaltens so gering ist, wenn ich aufgrund eines entschuldbaren (subjektiven) Rechtsirrtums nicht wusste, dass ich weder ein beschriftetes Fahrzeug noch ein Fahrzeug mit einer Visitkartenbox während des Besuchs eines Restaurants abstellen darf Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ich ein derartiges Verhalten wieder setzen werde, wenn der Tatbestand gem. § 82 Abs.1 StVO tatsächlich erfüllt sein sollte.

 

Auch die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von € 200,- ist bei weitem überhöht, weil gegen mich keinerlei Umstände einer Straferschwerung als Ersttäter anzuwenden sind. Allerdings auf Grund meiner vorgelegten Einkommensverhältnisse sehr wohl strafmildernde Umstände zu berücksichtigen gewesen wären.

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG:

 

Der UVS Oberösterreich möge dieser Berufung Folge geben und

1.) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einstellen,

2.) in eventu über mich eine Ermahnung in Sinne des § 19 VStG aussprechen

3.) in eventu jedenfalls die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen herabsetzen.

 

SR (offenbar mit e.h. Unterschrift des Bw. versehen) 10.3.2003."

 

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mangels strittiger Tatsachenfragen unterbleiben (§ 51e Abs.3 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den oben genannten Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

4.1. Als unbestrittenes Faktum kann hier gelten, dass der Berufungswerber an der oben angeführten Örtlichkeit den zum Verkehr zugelassenen Pkw der Marke Cadillac zum Parken abstellte. Nicht näher nachvollziehen lässt sich aus der Aktenlage jedoch inwiefern sich wegen dieses Fahrzeuges angeblich Anrainer beschwerten bzw. wie deren Beschwerden begründet wurden. Laut Meldung wurde dieses Fahrzeug während einer Zeitdauer von vierzehn Tagen an dieser Örtlichkeit wahrgenommen. Über die am Fahrzeug ersichtliche Fernsprech- bzw. Handynummer wurde mit einem Mann, der sich nicht identifizierte, gesprochen und in der Folge der Berufungswerber über das KFZ-Zentralregister als Zulassungsbesitzer ausgeforscht. Im Verlaufe einer Konfrontation mit dem Sachverhalt durch den Meldungsleger erklärte der Berufungswerber das Fahrzeug lediglich zum Parken und nicht für Werbezwecke an dieser Stelle abgestellt zu haben. Es wurde mehrere Lichtbilder angefertigt und der Anzeige beigefügt (siehe das Bild unten).

Im Zuge des Einspruches bestreitet der Berufungswerber das Fahrzeug an der genannten Örtlichkeit abgestellt zu haben, während er sich in der nachfolgend durchgeführten Lenkererhebung am 24.9.2002 wieder als Lenker des Fahrzeuges bezeichnete. Gleichzeitig erklärte er mit einem Begleitschreiben zur Lenkerauskunft, dass er sich mit diesem Kraftfahrzeug am Tage der Anzeigeerstattung ins Restaurant "Delphi" begeben hatte. Dabei habe er das Fahrzeug auf dem privaten Grundstück des Herrn H abgestellt. Auf Grund eines Anrufes der Gendarmerie habe er das Fahrzeug noch während des Restaurantbesuches etwas zurückgestellt.

Anlässlich einer zeugen-schaftlichen Vernehmung des Herrn H sen. gibt dieser an, sich die Rechtfertigung des Berufungswerbers nicht erklären zu können. Der ebenfalls zeugenschaftlich ein-vernommene Meldungsleger bestätigte inhaltlich, er habe das Fahrzeug mit den linken Rädern auf der Fahrbahn abgestellt wahrgenommen. Ob es innerhalb der zwei Wochen in Betrieb genommen (gelenkt) worden war konnte der Meldungsleger nicht sagen. Der Zeuge H jun. spricht in seiner Zeugenaussage von einem auf seinem Grundstück und mit zwei Rädern auf der Fahrbahn abgestellten Kraftfahrzeug der Type Corvette. Dieser Zeuge tat im Rahmen seiner Vernehmung auch seine Rechtsmeinung kund und vermeinte das Fahrzeug sei für Werbezwecke abgestellt gewesen. Der Berufungswerber wies in seiner abschließenden Äußerung am 13.2.2003 auf die Möglichkeit einer Verwechslung hin und bestritt die vierzehntägige Abstelldauer dieses Fahrzeuges.

Ungeachtet des Umstandes, dass hier wohl davon ausgegangen werden kann, dass der Berufungswerber dieses Fahrzeug zumindest vor dem 1.8. 2002 um 16.30 Uhr lenkte, sodass es um diese Zeit dort gestanden ist, geht der Tatvorwurf aber inhaltlich ins Leere. Der Berufungswerber ist daher mit seinem Berufungsvorbringen im Recht. Die Gestaltung des oben angeführten Fahrzeuges in Verbindung mit dem als Parken zu qualifizierenden Abstellen, lässt durch den Hinweis auf eine Homepage sowie die Entnahmemöglichkeit von Visitenkarten eine verkehrsfremde Verwendung dieses Fahrzeuges nicht erkennen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 82 Abs. 1 StVO ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

 

Eine wörtlich-grammatikalische Interpretation dieser Bestimmung - wie sie die belangte Behörde offenbar vornehmen will - hätte zur Folge, dass (abgesehen von gesetzlichen Ausnahmeregelungen; vgl. § 82 Abs. 3 und 4 StVO) jedwede verkehrsfremde Tätigkeit auf der Straße bewilligungspflichtig wäre. Die Rechtsprechung hält demgegenüber eine teleologische Reduktion für erforderlich. Bereits in den Erkenntnissen vom 15. März 1965, Zl. 1210/64 (vgl. auch VwGH 23. Juni 1969, Zl. 1395/67) hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass diesbezüglich die grammatikalische Auslegung nicht zum Ziele führe. Vielmehr sei der Sinn des Gesetzes maßgebend. Gegenstand der StVO sei die Straßenpolizei. Nach herrschender Lehre verstehe man unter Straßenpolizei die Sorge für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Wegen.

Unter diesem Gesichtspunkt findet die Auslegung des § 82 Abs. 1 StVO 1960 ihre Schranke dort, wo die "Sorge für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Wegen" aufhörte.

Schon bei empirischer Betrachtung scheint der Hinweis nicht verfehlt, dass sich bereits an einer Vielzahl von Fahrzeugen - insbesondere an Aufbauten von Lkw´s - Adressen von sogenannten Homepages angebracht finden, welchen typischer Weise der Charakter einer Werbung iwS nicht abgesprochen werden kann. Keine Auswirkung für den Straßenverkehr kann darin erblickt werden, wenn etwa - so wie hier - an einem Fenster ein Kästchen mit Visitenkarten angebracht ist.

So wurde etwa der Verwaltungsgerichtshof im Verteilen politischer Propagandaschriften - der Beschwerdeführer hatte Flugblätter mit den Golfkrieg 1991 betreffendem Inhalt am Gehsteig verteilt - unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. Juni 1969, Zl. 1395/67, nicht als gemäß § 82 Abs. 1 (erster Satz) StVO bewilligungspflichtig angesehen. Er vermeinte, dass gewerbliche Tätigkeiten und (Wirtschafts-)Werbung in dieser Gesetzesstelle lediglich als Beispiele verkehrsfremder Tätigkeiten angeführt seien.

Der hier offenbar vertretenen Auffassung der Behörde erster Instanz, der Beschwerdeführer hätte hinsichtlich des Abstellens selbst eines zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuges mit dem Hinweis auf eine Internetdomain um eine Bewilligung ansuchen müssen, wobei nachfolgend offenbar untersucht werden sollte, ob diese verkehrsfremde Tätigkeit eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs darstelle, kann nicht gefolgt werden. Damit müsste letztlich jegliche Aufschrift auf einem Fahrzeug einer Bewilligung zugeführt werden (vgl. etwa die zahlreichen Fahrschulfahrzeuge).

Entsprechende Erwägungen sind auch bei der Auslegung des zweiten Satzes des § 82 Abs. 1 StVO anzustellen. Dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers geeignet gewesen wäre, die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen, belegt die belangte Behörde nicht in Ansätzen und ist logisch besehen wohl kaum begründbar.

Der Vollständigkeit halber wird abschließend auch hier darauf hingewiesen, dass mit Blick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1986, Slg. Nr. 10948, auch wirtschaftliche Werbungen den Schutz von Art. 10 Abs.1 MRK genießen (VwGH 28.4.1993, 92/02/0204).

Aus all diesen Erwägungen war ohne auf die weiteren rechtlichen Betrachtungen des Bw einzugehen dieses Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

Hinweis:

 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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