Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108885/2/Ki/Ka

Linz, 19.03.2003

 

 

 VwSen-108885/2/Ki/Ka Linz, am 19. März 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des WS, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. GH, vom 17.2.2003, gegen das Straferkenntnis der BPD Wels vom 27.1.2003, GZ. III-S-7.014/02/A, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 27.1.2003, GZ. III-S-7.014/02/A, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 29.5.2002 um 15.10 Uhr in St.Georgen i.A., auf der Westautobahn (A 1) Richtungsfahrbahn Wien, unmittelbar nach dem Ende des Baustellenbereiches Mondsee Höhe Strkm. 258,5, bis unmittelbar vor dem Baustellenbereich St. Georgen, als Lenker des Kraftfahrzeuges, Kz.: 1.) das Fahrzeug mehrmals jäh und für den Lenker eines nachfolgendes Fahrzeuges überraschend abgebremst, wodurch ein anderer Straßenbenützer behindert worden ist, 2.) als Lenker eines Fahrzeuges, das überholt wurde, mehrmals die Geschwindigkeit erhöht, sobald ihm der Überholvorgang angezeigt worden ist oder er den Überholvorgang nach den Verkehrsverhältnissen sonst wahrnehmen hätte müssen. Er habe dadurch § 21 Abs.1 StVO (Faktum 1) und § 15 Abs.5 StVO (Faktum 2) verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 120 Euro (EFS jeweils 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 24 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 17.2.2003 Berufung, es wird beantragt, der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

I.3. Die BPD Wels hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

Im gegenständlichen Falle wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe die inkriminierenden Handlungen auf der Westautobahn (A1), Richtungsfahrbahn Wien, unmittelbar nach dem Ende des Baustellenbereiches Mondsee Höhe Strkm.258,5, bis unmittelbar vor dem Baustellenbereich St. Georgen begangen. In einem Gendarmeriebericht der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oö. (Außenstelle Seewalchen) vom 10.6.2002 ist diesbezüglich als Tatort der Bereich km. 267 bis 258,5 angeführt.

 

Die Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, dass die Tatortbezeichnung nicht die Kriterien des § 44a Z1 VStG erfüllt. Der vorgeworfene Tatortbereich erstreckt sich über 8,5 km (siehe Anzeige vom 10.6.2002) und es ist aus den vorliegenden Verfahrensakten nicht exakt nachvollziehbar, wo tatsächlich die einzelnen Verwaltungsübertretungen, welche lt. Schuldspruch mehrmals begangen wurden, stattgefunden haben. Die Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, dass der Beschuldigte so nicht in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweis anzubieten und es ist überdies auch eine Doppelbestrafung nicht auszuschließen.

 

Bezüglich Faktum 1 ist überdies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 26.4.1991, 91/18/0008) hinzuweisen, wonach die wesentlichen Sachverhaltselemente bei der Übertretung des § 21 Abs.1 sind 1.) das jähe und für den nachfolgenden Lenker überraschende Abbremsen, 2.) die Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer durch dieses Manöver, 3.) dass dieses Manöver aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich gewesen ist. Laut der zitierten Judikatur müssen die drei wesentlichen Sachverhaltselemente vorhanden sein, um in Form einer Verfolgungshandlung die Verjährung zu unterbrechen. Daraus ergibt sich, dass diese drei Sachverhaltselemente auch im Spruch im Sinne des § 44a VStG aufzunehmen sind.

 

Im gegenständlichen Falle fehlt eines dieser Sachverhaltselemente, nämlich, dass das mehrmalige Abbremsen aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich gewesen ist. Es stellt daher auch dieser Umstand einen Spruchmangel im Sinne des § 44a VStG dar.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist aus den dargelegten Gründen mit einem qualifizierten Mangel belastet, dieser ist, da mittlerweile Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist, einer zulässigen Korrektur durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr zugänglich. Es liegt daher ein Umstand vor, der eine Verfolgung des Bw im Hinblick auf die angelasteten Verwaltungsübertretungen ausschließt, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 

Beschlagwortung:

mehrmalige Übertretung des § 21 Abs.1 und § 15 Abs.5 StVO über eine Strecke von 8,5 km - keine hinreichende Konkretisierung des Tatortes

 
 

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